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Lokal-AnZeiger für Ottendorf-Okrilla und Umgegend A» ^v*»»d«frr ZrUrmg- erschekü Dien^ tag, Doimer^ag und Sonnabend. Postscheck-Konto Leipzig Nr. 29148. Schristleitung, Druck u. Verlag Hermann NSHle, Ottendvrf-OKrkkla. Nummer ^0 Mittwoch, den 20. September <922 B«»»g»»Prei»: Monatlich » Mark, bet gnstrllnag durch die Boten ,— Martz. 21- Jahrgangs Leitung, der Lieferanten od. d. Befördennig»» Lbotchdvv») hat der Bezieher keinen Ln- sonech «f Ltesernng oder Nachlieferung der Aettuag M. «»sNiiclyahlimg d. Bczngiprerse». OertlicheK ««d Sächsisches. Vttendsrf»Vkril!a, den zy. Septbr. <922. — Auf das in letzter Nummer unserer Zeitung er schienene Inserat „Elektrisches Licht" wird uns zur Beant wortung der gestellten Fragen von Herrn Gemeindevorfland Richler folgendes mitgeteilt - Nach dem mit dem Elektrizitäts werk Pulsnitz vereinbarten Vertrage ist dieses verpflichtet, das Ortsnetz einschl. der erforderlichen Nebenanlagen, sowie Hausanschlüffe aus seine Kosten bis zum 1. Dezember d. I. in einer Vollkommenheit auszusühren und zu unterhalten, die dem Stande der Wissenschaft und Technik entspricht. Die Arbeiten für dringende Anschlüsse von Großabnehmern und Landwirtschaft find so zu betreiben, daß diese Anlagen bi« 1. November dieses Jahre« sertiggestellt find. Wegen der Einhaltung dieser Fristen find weitere Vorbehalte und Be- dingungen vereinbart worden, auf die hier nicht eingcgangsn werden kann. Nach Z 7 de« Vertrages ist das Werk auch verpflichtet, die Stromlieserung zu den genannten Terminen aufzunehmen. Herr Ingenieur Cana, der Sachverständige der Gemeinde, ist am Bau des Ortsnetzes finanziell nicht beteiligt. Seine Aufgabe besteht darin, den Gemeinderat beim Abschluß des Stromlicserungsvertrages zu beraten und den Bau des Ortsnetzes zu überwachen. Dieser Umstand kann die Firma Rauschenbach, bei welcher Herr Cana wohl beteiligt ist, nicht hindern Privatinstallationen auszuführen. Da« Werk Pulsnitz läßt im Einvernehmen mit dem Gr- meinderat diejenigen Installateure zu, welche den üblichen Anforderungen entsprechen und im Versorgungsgebiete des' Ucberlandwerkc« eine feste Niederlassung haben. Auf diej Installations-Firma Rauschenbach trifft dies aber auch zu. Au« dem hiesigen Orte hat sich bi« jetzt ein Installateur um die Zulassung beworben, über welche das Elektrizitätswerks noch zu entscheiden hat. Es werden sämtliche Installateure' au« dem Veisorgungrgebiet zugelaffen, welche — wie bereit- erwähnt — den zu stellenden Anforderungen (Meisterprüfung) entsprechen. Die im Beisein des Herrn Kirchenpatron Graf Brühl-Renard tagende Kirchgemeindevertreterfitzung gab zu-i nächst ihre Zustimmung dazu, daß die Schulwtese mit Ge-! mrindeland der politischen Gemeinde getauscht wird zu Gunsten des TurnhallcnbaucS. Auch willigte sie ein, daß zwei hiesige Einwohner, die ihre Baustelle der politischen Gemeinde zum Wohnhausbau überlassen haben, durch pacht weise Ü berlassung von Pfarrlehnsgrundstücken entschädigt werden. Die Versammlung ist sich bewußt, daß sie damit dem Standpunk der christlichen Nächstenliebe und des Ent- gegenkvmmenü gegenüber der Allgemeinheit gerecht geworden ist, legt aber Wert darauf zu erklären, daß die Nachgiebig, leit der Kirchgemeinde dann ein Ende haben muß, wenn gewisse Kreise ihre kirchenfeindlichen Bestrebungen fortsetzen sollten. Sie weist dabei den Gedanken des Haffes und de« Rachegefühl«, der dem Ortspfarrer und dem Kirchenvorstand in einer sozialistischen Zeitung zum Vorwurf gemacht worden ist, auf» schärfste zurück und verlangt, daß jeder, der Kritik am Verhalten der Kirche übt, sich selbst sein Verhalten ihr gegenüber zur Prüfung vorlegt. Sie weist aber auch den Vorwurf de« Haffes und der Rache gegenüber Ausgetretener zurück, da jeder Rensch auch nach frei gewonnener Ueber- zeugung zu achten ist. Und diese Achtung verlangt sie von der Allgemeinheit auch sür die Mitglieder der Kirche und der kirchlichen Vereine. Im übrigen steht die Kirchgemeinde- Vertretung auf dem Standpunkte, daß die verschiedenen Weltanschauungen, da fie einmal da seien, sich gegenseitig verstehen lernen müßten, um der schwergeprüften Menschheit die wettere innere Zerrüttung zu ersparen. Ferner wird be schlossen, zur richtigen Festsetzung der Pachtpreise für die Pachtselder eine Kommission einzusetzen und ein Gutachten eine« au«wärtigen Sachverständigen einzuholen. Die Ge bühren sür die kirchlichen Handlungen werden um 100 »/„ mit sofortiger Wirkung erhöht. Ebenso werden die Gehälter der kirchlichen Angestellten im Nebenberuf um 100 °/« erhöht. Schließlich wird zur Mitwirkung im Gemeindediakonie- aurschuß der Ausschuß sür innere Angelegenheiten der Kirch- gemeinde bestimmt und beschlossen, dem Gemeindediakonie- ausschuß wegen der hohen Kosten für eine Gemeindeschwester lieber die Anstellung von Landkrankenpflegerinnen, die im Diakoniffenhause ausgebildet werden können, vorzuschlagen. — Für den ersten Oktober war bei der Eisenbahn eine Erhöhung der Zonentarife um rund fünfzig Prozent und eine Erhöhung der Gütertarife um rund dreiunddrrißig Prozent vorgesehen. Nun hat aber eine Sitzung de« Reichr- eisenbahnrat-Aurschuffes stattgesunden, in der seilen» der« Eissnbahnvmvaltung dargelrgt wurde, daß diese Erhöhung bei weitem nicht mehr den jetzigen Verhältnissen entspreche. Der Reichsvrrkehrsminister ließ mitteilen, er wolle unter allem Umständen für Deckung der Ausgaben sorgen und könne nicht zulaffen, daß die Rechnung der Eisenbahn wieder mit einem Fehlbetrag abschließe. Der Reichsverkehrsminister bestimmte, daß die Personentarife, die am 1. Oktober um 50 Prozent erhöht werden, am 1. November um 100 Proz. der Oktobertarife erhöht werden. Sie werden mit anderen Worten vom 1. November ab das Dreifache der jetzigen Fahrpreise betragen. Die Gütertarife hingegen werden am 1. Oktober nicht um 33 Prozent, sondern gleich um 100 Prozent erhöht. Die neuen Sätze ergeben bei den Personen tarifen ab 1. November etwa da« Fünfundvierzigfache der Friedenssahrpreise, bei den Gütertarifen etwa das Drei- hundertfiebzigfache. E« ist ohne weitere« klar, daß diese Steigerungen, die ja bei den Gütertarifen ganz besonder- hoch find, in da- wirtschaftliche Leben aufs tiefste einschneiden müssen. So sehr man das Bestreben des Reichsverkehrs- minister verständig finden wird, die Eisenbahn wieder sich selbst balanzieren zu lassen, so muß man doch fragen, ob nicht durch Betriebsvereinfachung Ersparnisse erzielt werden könnten durch die sich so hohe Frachtsteigerungen vermeiden lassen. Denn das eine ist klar, daß diese hohe Frachtstetgerung wiederum zu einer Verteuerung aller Preise führen. — Die neuen Postgebühren. Nach den vom Reichr- postministerium herausgegebenen Ausführung-bestimmungen der in den letzten Wochen burchbrratenen und nunmehr all seitig genehmigten Postgebühren kosten vom 1. Oktober an innerhalb Deutschland«: Postkarten im Ortsverkehr 1,50 Mk., im Fernverkehr 3,00 Mk. Ansichtskarten, auf denen Grüße oder ähnliche Höslichkeitsformen mit höchsten« fünf Worten niedrrgeschrirben sind 1,00 Mark. Briefe im Ortsverkehr bis 20 gr 2 Mork, im Fernverkehr bis 20 gr 6 Mark. Drucksachen bis 20 gr 1 Mark. Geschäftrpapiere und Misch- sendungen bis 250 gr 6 Mark. Päckchen bis 1000 gr 12 Mark. Pakete bi« 5 kg Nahzone (bis 75 km) 30 Mark, Fernzone (über 75 km) 80 Mark. Postanweisungen bis 100 Mark 6 Mark. Zahlkarten bis 100 Mark 3 Mark. Gewöhnliche Telegramme für jedes Wort 5 Mark mindestens 50 Mark, im Ortsverkehr für jedes Wort 3 Mark mindestens 30 Mark. Die Jnlandsgebühren für Briefsendungen, Wert sendungen, Postanweisungen und Pakete gelten auch nach dem Saargebiet (jcdcch Päckchen nicht zugelaffen) sowie nach dem Gebiet der Freien Stadt Danzig und dem Memel- gebiet. Die Jnlandsgebühren für Briefsendungen gelten ferner nach Luxemburg und Oesterreich (Päckchen nach beiden Ländern nicht zugelaffen). Die Auslandsgebühren betragen: Postkarten 12 Mark, Briefe bis 20 gr 20 Mark. Ungarn und Tschecho-Slowakei: Postkarten 9 Mk., Briefe bis 20 gr 15 Mark. Zauckerode. Am 10. September wurden hier eiu halber Zentner Staubzucker, ein viertel Zentner Feigen in spanischen Originalpackungen, zehn Stück Kilobüchsen Wurst konserven, zehn Pfund Schokoladenpulver und ein Posten Keks aufgcfmidsn. Der Zuckersack trägt die Bezeichnung des Proviantamtes Wittenberg. Es dürfte sich wohl um Diebes beute handeln. Pirna. Auf einzelnen Ortrfluren der hiesigen Amts- hauptmannschaft tritt der Kartoffelkrebs in einer Weis« auf wie man es bisher noch nicht beobachten konnte. So wurden in der Gemeinde Cunnersdorf bei Hohenstein Kartoffeln ge funden, die vom Krebs vollständig zersetzt waren. Diese Kartoffel-Krankheit, die auf Kalkarmut des Bodens zurück zuführen ist, ist nicht von der leichten Seite zu nehmen, da sie sich äußerst schnell ausbreitet und die ganze Gegend verseuchen kann. Colditz. Die Weihnachtsgans 6 Kühe. Als dieser Tage ein hiesiger Ruheständler in ein Gut de» Dorfes K. kam, sah er eine Anzahl Gänse gravitätisch über den Hof spazieren. Auf die Frage an den Gutsbesitzer V., ob er wohl zu Weihnachten einen solchen „Martinsvogcl" be kommen könne, erhielt er die zustimmende Antwort. Die Sicherheit halber fragte er sodann nach dem Preise, erhielt aber die Antwort, daß sich ein solcher bei den jetzigen Preis- verhältniflen noch nicht bestimmen lasse. Den Gutsbesitzer um wenigstens ungefähre Preisangabe bittend, sagte dieser nach kurzer Berechnung: „Eine Gans kostet jetzt soviel, wie dem Kriege sechs -fette Kühe!" Der Ruheständler setzte sich und verzichtete auf den „Kuhhandel", denn das Exempel stimmte bei Nachrechnung. — Eine 12 pfündige Gan« kostet somit zirka 1920 Mark, eine fette Kuh vor dem Kriege aber 320 Mark, ergibt für 6 Kühe 1920 Mark. Hiernach dürfte sich wohl leider so mancher die Frage nach dem Preise einer Weihnachtsgan« ersparen müssen. Mittweida. Ein 22jährige» Dienstmädchen aus Chemnitz gab hier eine Dtebstahlsgaßrolle auf dem Jahr markt. Es entwendete einem Obsthändler vom Stande weg 10000 Mark und einer Frau die Geldbörse. Es gelang, die Diebin auf dem Bahnhofe aus dem Zuge heraus zu verhaften. Sie verfügte noch über 5000 Mark. Den Rest des gestohlenen Geldes hat das Rädchen in Kleidungsstücken angelegt. — Das Hochwasser der Zschopau hat an der im Bau befindlichen Wafferkraftanlage des städtischen Elektrizitäts werke« dadurch großen Schaden angerichtet, daß ein im Bau befindlicher großer Damm, der die Waffermaffen für da« Ueberfallwchr absperren sollte, weggeriffen wurde. Der Schaden ist ganz bedeutend. Außerdem tritt durch den Dammbruch eine Verzögerung der Arbeiten um etwa sech» Wochen ein. Leipzig. Zu dem Beschluß de» Reichsrate«, da« Markenbrot bereits vom 16. Oktober an nur noch einem ge wissem Kreis von Minderbemittelten zuzuteilen, nimmt der Rat der Stadt Leipzig eine ablehnende Stellung ein. Er betont: Wird der Kreis der Rarkenbrotberechtigten eng ge zogen, so empfindet die Rehrheit der Bevölkerung, von der ein großer Teil dann ebenso notleidend ist, dies als schwere Benachteiligung. Wird der Kreis groß gezogen, und die» scheint der Fall zu sein, da Einkommen von 250000 und weit mehr einbezogen werden sollen, so scheiden nur wenige Prozent der Bevölkerung au» der Markenbrotversorgung au». Dann werden um eines geringfügigen Erfolges willen eine gewaltige Berwaltungsarbeit und hohe Kosten erforderlich. Den Städten wird damit eine Aufgabe aufgebürdet, die von allen Sachverständigen von vornherein al« undurchführbar erkannt ist. Der Rat hat deshalb, nach dem er bereit» vor Wochen Vorstellung bet der Landesregierung erhoben hat, beschlossen gegen die Durchführung der vom Reichsrat be- schloffenen Verordnung aufs entschiedenste Verwahrung ein- zulegen. Schöneck. Eine Leibrente von jährlich 600 Tschecho- Kronen — nach dem jetzigen Stande 27 bi» 30000 Mk. — erhält ein hiesiges junges Mädchen Klara Laux bi« an ihr Lebenscnde ausgezahlt. Die Tante der unvermutet in günstige Verhältnisse gekommenen schlichten Arbeiterin, ein jüngst in Prag verstorbenes Fräulein Seidel, hat der Stadt Asch 60000 Kronen vermacht (nach dem Stande der deutschen Mark etwa 2700000 Mark) und verfügt, daß von diesem Kapital ihrer hier wohnhaften Nichte Jahr für Jahr 600 Kronen, ihrer Dienerin Franziska Marke in Prag aber jährlich 1200 Kronen ausgezahlt werden. Schosdorf. Beim Pilzesuchen sand der Lehrer Geyer die Leichen der beiden 15 und 3 Jahre alten Söhne des Maschinenarbeiters Grau. Beide hatten Schußwunden in den Schläfen. Sie hatten sich am Sonntag von zu Hause entfernt. Neben den Leichen lagen ein Revolver und ein Taschenmesser. Wie sich da» Unglück zugetragen hat, wird wohl nie aufgeklärt werden. Vielleicht hat der ältere Bruder im Scherz auf den jüngeren angelegt, ihn dabei tödlich getroffen und, als er seine Tat sah, sich selbst getötet. Plauen. Der 16 jährige Lehrling eine» hiesigen Stickereigeschäft», der einen Scheck über 30000 Mark zum Ungültigerklären auf die Reichsbauk schaffen sollte, hob statt dessen den Betrag ab, um ihn für sich zu verwenden. Der Schwindel wurde kurz darauf bemerkt und dem Jungen der größte Teil de» Geldes wieder abgenommen. Er stellt« sich jedoch heraus, daß er schon vor einigen Wochen einen Scheck über 683 Mark, mit dem er eine Rechnung bezahlen sollte, unberechtigter Weise eingelöst und den erhaltenen Be trag für sich verwendet hatte. Markneukirchen. Die Wohnungsnot, welche hier besonders krasse Formen angenommen hat, soll dadurch zu bekämpfen versucht werden, daß einzelne Personen, die zu ihren hier oder auswärts wohnenden Angehörigen ziehen, di« Umzugskosten ganz oder teilweise vergütet erhalten, überdies setzt der Stadtrat für Freimachung von Wohnungen Prämien aus, die betragen sollen: für 1 Zimmer mit Küche 7000 Mk, für 2 Zimmer mit Küche 10000 Mark, für 3 Zimmer mit Küche bis zu 15000 Mark und für 4 Zimmer mit Küche bis zu 20000 Mark.