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Dresdner Journal : 28.04.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-04-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189704285
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18970428
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18970428
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-04
- Tag 1897-04-28
-
Monat
1897-04
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 28.04.1897
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Vez««»»rei»: Kür Dresden vierte!jährlich: »Marl 50 Pf., bei den Kaiser lich deutschen Posranstalteu vierteljährlich 8 Mark; außer halb de« Deutschen Reiche« Poft- uud Steinpelzuschlaa. Einzelne Rnmmern: lv Pf Erscheinen: Däglich mit Äu-eahm» der Sonn- und Feiertage abends, yernipr -Anschluß: Nr13-L Drcsdnn Aourml. Enkünstsnnsssebützre«»: Für den Raum einer gespal tenen Zelle kleiner «chnft »v Ps Unter „Li»aesa»dt ' die Zeile 50 Ls Bei Tabelle». und Ziffccu'-tz entsprechender Aufschlag. Hent»s«eher. Königliche Expedition des Dresdner Journals Dre-dcn, Zwtngerstr SO. Fernspr.-Anschluß: Nr. 1S-L 1897. ^96. Mittwoch, den 28. April, abends. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben dem Lehrer an der Kunstgewerbesckule und dem Kunstgewerbemuseum zu Dresden Professor Anton io Ermenegildo Donadini den Titel eines HofrateS mit dem Range in der vierten Klasse der Hofrängordnung Allergnädigst zu verleihen geruht. Erutnaungev, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums der Justiz. Bei dem nach dem Reichsgesetze vom 11. Januar 1876 sür da- Königreich Sachsen gebildeten gewerblichen Cachverständigen- vereine sind infolge Ablebens der Professoren Bürkner und vr. Hähnel ernannt worden: der Hoflieferant, Stadtrath Otto Bernhard Friedrich in Dresden, zeither stellvertretendes Mitglied, zum ordentlichen Mitgliede, der Direktor der Porzellan- manusaktur Oberbcrgrath Brunnemann in Meißen und der Professor an der Knnstgcwerbeschule Max Rade in Dresden zu stellvertretenden Mitgliedern. Nichtamtlicher Teil. Ter Wang -er ^reiguiffe in Grirchenland entspricht in aller und jeder Weise dem Bilde, das sich alle einsichtigen Leute vorher im Geiste schon ent woifen hatten. Den früheren übermütigen Rufen: „Es lebe der Krieg", den Phrasen vom „Sterben für das Vaterland" entspricht durchaus die Kopflosigkeit und armselige Verzagtheit, die sich nach dem ersten Mißgeschick bei den kleinen Söhnen ihrer großen Vor fahren eingestellt hat. Unwahrheit und Verlogen heit ist weiter ein selbstverständlicher Zug in diesem unschönen Bilde. Mit lächerlichen Erzählungen von großen Heldenthaten hat man erst aufgewartet, und nun stellt cs sich als immer wahrscheinlicher heraus, daß es überhaupt nirgends zu einem ernstlichen Wider stande der griechischen Truppen den vordringenden Türken gegenüber gekommen ist, es vielmehr von vorn herein an jeder ernsten Zucht ebenso gefehlt hat, wie an einer einheitlichen und planmäßigen Führung. Gegenwärtig ist jedenfalls die griechische Armee so gut wie in der Auflösung begriffen. An ihrer Spitze, am weitesten vom Feind weg, stürzen aber einem sicheren Zufluchtsorte die italienischen Frei willigen zu. In großen Worten von Freiheit, von „Menschenrechten", vom siegreichen Kampfe der „Kultur" gegen die „Barbarei" und ähnlichem Zeuge waren sie ihren griechischen „Freunden" beinahe noch über, und ihre Fahnen schwangen sie und an ihre roten Hemden schlugen sie mit einer Begeisterung und Fertigkeit, daß ihre Gesinnungsgenossen in den andern Ländern sich vor Freude und Stolz kaum lassen konnten. Als aber die Stunde der Gefahr heran nahte, da zeigten sie sich als die armseligsten Gesellen. Wenn doch auch hier und da anderswo einmal die demokratischen Mundhelden und Gernegroße einer solchen Probe auf ihre innere moralische Kraft, auf ihre Willensenergie unterzogen werden könnten! Wie mancher, der heute für die demokratischen „Ideale" mit Begeisterung und in erster Linie ficht, würde da morgen schon vergeblich an seinem Platze gesucht werden! Wie beinahe jeder als untüchtig Befundene von sich die Schuld abzuwälzen und einen andern als Sündenbock vorzuschicben pflegt, so thun es natürlich nunmehr auch die edeln Hellenen. Als „Vollzieher des Volkswillens" sollte bekanntlich der König von Griechenland das kretensische Unternehmen und den Feldzug gegen die Türkei beginnen, im Parlamente und auf der Straße suchte man mit allen erdenklichen Pressionsmitteln den Träger der Krone nach vorwärts zu drängen und nun, da sich die Folgen des eigenen thörichten Verhaltens mit erschreckender Deutlichkeit einstellen, ist es selbstverständlich nur der König und seine Familie, gegen die sich der Unwille des kleingesinnten Volkes richtet! Wer noch eines Beweise- für die Segnungen einer kraftvollen,wennnötig demwandelbaren„Volkswillen"und den parlamentarischen Herrschaftsgelüsten energisch wider stehenden Monarchie bedarf, der müßte ihn wahr haftig in den jetzigen Vorgängen in Griechenland finden. Was die nächsten Tage dort bringen werden, ist unberechenbar. Wie es in Athen schon jetzt aussieht, darüber giebt ein anschauliches Bild der nachstehende Bericht cines englischen Blattes, den die „Köln. Ztg." wiedergiebt: Es ist nicht leicht, mit kurzen Worten den Gemütszustand der Bevölkerung zu schildern, seit mitten in den Siegesjubel über Erfolge von geringer Bedeutung die Unglücksbotschasten hereingebrochen sind. Es ist eine Mischung von Ent täuschung, Unzufriedenheit, Zorn und noch mancher anderen Empfindung, der man noch keinen bestimmten Namen geben kann, die aber nur als im höchsten Grade mißlich zu bezeichnen ist Für den Augenblick ist das Volk bestürzt und verwirrt. ES ist noch über den Sachverhalt im einzelnen unklar und vermag sich noch keinen Begriff von der Bedeutung der Nieder lagen zu machen, die von den Blättern nur im Hauptergebnis gemeldet, aber bisher nicht verständlich dargestellt wurden Am Freilag um Mitternacht hatte sich DclyanniS nach harter Tagesarbeit zur Ruhe gelegt. Um 2 Uhr morgens wurde er durch Telegramme vom Kriegsschauplatz geweckt Ihr Inhalt war so beunruhigend, daß der Ministerpräsident alsbald zum Palaste eilte, wo er bis lange nach Tages anbruch mit dem König und den Ministern in Beratung vereinigt blieb. Nachmittags um Uhr war Larissa bereit» geräumt Nach den Angaben von Augenzeugen war der eilige Rückzug der Flucht ähnlich Vierzehn Geschütze wurden von Len Türken erbeutet und große Massen von Kriegsvorrat. Phersala ist hauptsächlich aus die Stärke seiner natürlichen Lage angewiesen, denn die Masse der Munition war nach Larissa vorgeschoben worden und fiel dort den Türken in die Hände Am Sonntag morgen begaben sich die Minister in den Palast und verlangten einen sofortigen Wechsel im Oberbefehl. Die Auflegung war feit tags vorher noch immer im Steigen. Die Ministerien waren Sonnabend morgen bereits ganz aus den Fugen Lausende Geschäfte blieben sich selbst überlasten. Die Minister waren unaufhörlich in Bewegung vom Telegraphenamte zum Ministerpräsidenten, von dort zum Palaste und wieder in den Kabiuettsrat. Um 4 Uhr nachmittag- trat der ietztere zusammen und tagte bis s Uhr. Keiner von den ganzen Ministern brachte den ganzen Tag bi» iv Uhr abends einen Bisten über die Lippen Die gewöbnlichen großen Osterzeremonien in Kirchen und Straßen mit Prozessionen, Flaggenschmuck und unaufhörlichem Geknatter von Pistolen und Kanonenschlägen lenkten einigermaßen die Aufmerksamkeit von dem großen Tagesereignis ab, doch die zahlreichen Extrablätter mit Meldungen vom Kriegsschauplätze machten stet« wieder ihre Wirkung fühlbar. Das Volk erörterte die Neuigkeiten mit ver haltenem Atem, wie Verschwörer am Vorabende eines großen Ereignisses. Die ausfallende äußere Ruhe ist zum Teile da durch erklärlich, daß man vielfach noch den Einbruch der Türken in Thessalien als zum griechischen Operationsplan gehörig wähnt. Der Gedanke ist, der Feind werde ins Land gelockt, nm dort vernichtet zu werden Als indessen bekannt wurde, daß selbst die angeblich siegreiche Armee in EviruS dringend weiterer Verstärkungen bedürfe und daß die Flotte schleunigst nach Volo befohlen worden sei, nahmen die Dinge eine andere Erscheinung an und die Kritik wurde unter der Nahrung un klarer Gerüchte scharf und schärfer. Ich verbrachte den größten Teil des Tages in den Casös und sonstigen öffentlichen Orten, lauschte den Worten der Ab geordneten, Beamten und Journalisten und war erstaunt über die Ungebundenheit ihrer ölußerungen Die Abgeordneten, mit denen ich mich unterhielt, waren meist Anhänger des Ministeriums, wenn aber ihre Worte ein getreues Bild der Stimmung geben, so sind die Tage der Regierung gezählt Eine der Hauptstützen des Kabinetts im Parlamente hielt vor einem kleinen Kreise seiner Freunde eine äußerst heftige Rede: ,,Unsere Niederlagen", rief er, „werden aus die Übermacht des Feindes geschoben. Warum haben wir aber so wenige Soldaten? Warum haben wir noch nicht die hunderttausend Mann frische Truppen nach- geschobcn, die vor Begierde brennen, ihr Leben für das Vaterland zu opfern? Warum lungern Gendarmen und andere, die heute abgehen sollten, noch in Athen umher? Warum sind so viele erfahrene Offiziere pensioniert worden?" Ein anderer fragte, wer den Krieg-plan aus dem Gewißen habe, uud beantwortete feine eigene Frage, indem er den Namen de- König- ins Gerede zog und zahlreiche wirkliche oder eingebildete Beispiele anführte, wo das willkürliche Eingreifen de» Königs verhängnisvolle Folgen gehabt habe. Besonder- wurde hrrvor- gehoben, daß Admiral KriesiS sich geweigert habe, dem Befehle des Marineministers Folge zu leisten und daß er erst die König!. Bestätigung abwarten wollte. Ein dritter Abgeordneter erklärte mit dürren Worten, der Krieg sei eine bloße Komödie, hinter der man ausschließlich Dynastiemtereflen verfolge. Nach langer Erörterung meinte ein weiterer Abgeordneter, der gegen wärtige Augenblick sei wenig geeignet, heimische Angelegenheiten zu erörtern, aber der Tag der Abrechnung werde schleunigst herannahen und die Verantwortung alsdann auf die rechten Schultern fallen. Inzwischen sei Würde und Ruhe geboten. Ich bedaure, bemerken zu müssen, daß ähnliche Ansichten und Empfindungen selbst unter den Klassen herrschen, die voll ständig unfähig sind, sich von der Bedeutung der Thatsachen Rechenschaft zu geben oder über König und Minister ein Urteil zu fällen Die Lage der KönigSsamilie ist im höchsten Grade peinlich Ihre Sonderintcresfen sind identisch mit denen des Königreichs. Ihre Opfer finden jedoch nicht nur keine Wür digung und Erwiderung, sondern werden nicht einmal in Worten anerkannt. Nach allem, waS ich sehe und höre, wird die Niederlage der Truppen zu ernsten Verwickelungen führen, die ich nicht näher bezeichnen will Phersala soll in gutem Verteidigungszustände sein, und falls die Griechen sich dort halten, mag eine Katastrophe abzuwenden sein. Eine weitere Niederlage dort aber würde den Gang der Dinge beschleunigen und wahrscheinlich zu bedauerlichen Ergebnissen führen, die weder Heer noch Diplomatie wieder gut machen könnte. Ich war erstaunt zu entdecken, daß ein großer Teil der athenischen Bevölkerung im Besitze von Militärwaffen und Munition ist. Die Thatfache wird damit erklärt, daß man nicht wissen könne, was die nächsten Tage bringen würden. — Vom Kriegsschauplätze liegen heule folgende Meld ungen vor: Athen, 26. April Nach Berichten von Augenzeugen verbreitet sich hier die Überzeugung, daß bei Mati ein ernstes Gesucht überhaupt nicht stattgesunden, die griechische Armee sich vielmehr, ohne Widerstand zu leisten, zurückgezogen hat, als die türkische Armee aus dem Meluna-Paß gegen Turnavos hin Lcbouchierie Der Rückzug der Griechen soll sich in voller Auslösung vollzogen haben Auch wird jetzt all gemein behauptet, daß weder gegen Damasi noch gegen einen anderen Punkt der türkischen Ausstellung in Thessalien jemals ersolgreichc Offensivstöße von griechischer Seite stattgrfunden Haden. Die Verluste der Griechen sollen 30S Tote und 700 Verwundete betragen; jedoch herrscht über den Verbleib von etwa 10 ovo Mann noch völlige Ungewißheit — Eine Abordnung aus VoloS hat in Larissa von türkischer Seite be ruhigende Versicherungen darüber erhalten, daß die Truppen der JnvasionSarmee gegen die Bevölkerung Thessalien- nichts Feindliches im Schilde führen. (Teilweise wiederholt.) Athen, 26 April, abends Die thessalische Stadt Trikala ist geräumt. Die türkische Vorhut ist 4 Km diesseits Larissa gesehen worden — Der Kommandant dcS Panzergeschwader SachturiS ist zur Disposition gestellt und durch den Admiral StamatelloS ersetzt worden Larissa, 26. April. In der Stadt herrscht vollständige Ordnung. Türkische Soldaten patrouillieren in den Straßen, — Leben und Eigentum ist völlig gesichert, einige Läden sind bereits wieder geöffnet. Es heißt, bevor die griechischen Truppen geflohen seien, habe der Kronprinz sie gebeten, zu bleiben, und dem Feinde die Spitz; zu bieten, sie HStien sich aber geweigert, es sei ein reguläres „saure, gui pent" gefolgt. Die griechi schen Soldaten machten die Ethnike Hetairia für oas Unglück verantwortlich. Paris. 27. April. Ter „Agence Havas" wird aus Arta von heute früh 6 Ühr gemeldet, infolge der letzten Ereignisse sei der ursprüngliche Plan, nach und nach über Pentepigadia, Janina undMetzowoin Epirus cinzudringen, für den Augen blick ausgegeben worden. Konstantinopel, 27. April. Die von Epirus einge laufenen Nachrichten lauten heute günstiger. Luros ist von den Türken wiedererobert worden; die griechischen Truppen halten nur noch einige Punkte in der Ebene von Potamia besetzt. Eine vom Norden des Bereiches des HI. Corps über Monastir und Janina abgesandte Truppenvcrstärkung vereinigte sich mit einigen Bataillonen der I. epirotischen Division, sodaß ihre Stärke nunmehr 15 Bataillone beträgt, u, d rückt nach Süden vor. Die Räumung der von den Griechen besetzten Punkte ist sicher zu erwarten Die Nachricht, daß eine Division der thessalischen Operationsarmce nach Epirus beordert worden sei, entbehrt jeder Begründung, ebenso die Meldung von der Neuformalion zweier Divisionen. — Wie die türkischen Blätter melden, wird daS Turmschiff „Orokhamie", die Korvette „Nedschem-J-Schesket", der Turmmonitor „Hiszi Rahmat", der Torpidojäger „Pelenkiderja" und zwei Torpedoboote nach den Dardanellen auslausen. Der Rest des Geschwaders liegt unter Dampf. Tagesgeschichte. TreSde», 28. April Se. Majestät der König besuchten gestern abend die Vorstellung der Lustspiele „Mirandolina" und „Herrn Kaudels Gardinenpredigten" im Neustädter Hoftheater. Deutsches Reich. * Berlin Se Majestät der Kaiser sind infolge ver änderter Reisedispositionen gestern nachmittag 5 Uhr von Karlsruhe in Cronberg i. T. eingetroffen und von Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich und von Ihrer König! Hoheit der Prinzessin Friedrich Carl auf dem Bahnhofe empfangen und zu Wagen in da« Schloß Friedrichshof geleitet worden Heute früh werden Sich Se. Majestät nach Schlitz begeben — Einer der offiziösen Wiener „Polit. Correspondenz" au« Berlin zugehenden Meldung zufolge bestätigt es sich, daß Se Majestät der Kaiser dem Fürsten Ferdinand von Bulgarien gelegentlich seines Aufenthaltes in der deutschen Hauptstadt die Beobachtung einer maßvollen Haltung Bulgariens gegenüber der Türk« nachdrücklichst empfohlen habe In gleicher Richtung seien in Kon stantinopel die dortigen Botschafter Rußlands und Frank reichs bei dem bulgarischen diplomatischen Agenten Markow thätig gewesen — Reichskanzler Fürst Hohenlohe ist nach Berlin zurückgekehrt. — Der Bundesrat wird morgen seine durch die Osterferien unterbrochenen Plenarsitzungen wieder auf nehmen — Zum Kapitel Unfallversicherung schreibt die „Deutsche Volkswirtschaftliche Correfpondenz": Das „Bayer. Vaterland" des Hrn. vr. Sigl bringt einen geharnischten Artikel gegen die Rechtsprechung in Unsallversicherungs- sachen, dessen Spitze sich zuletzt gegen den grünen Ttsch des ReichsversicherungsamteS richtet Ein Müllergeselle, 9 Jahre in diesem Berufe thätig, zog sich beim Tragen eines 1^ Ztr schweren Mehlsackes durch AuSgleiten des Fußes einen vorher nicht bemerkbar gewordenen Leisten bruch zu, der sofortiges Eintreten des Arztes benötigte. Pflichtgemäß wird alsbaldige Anzeige erstattet, und der zeitlebens zum halben Krüppel gewordene Mablbeflifsene giebt sich der nach der Meinung des vr. Sigl doch wohl gerechtfertigten Erwartung hin, für seine im Berufe zu- aezogene Erwerbsbeschwerung wenigstens einigermaßen Ent schädigung zu finden, nachdem ja auch in gesunden Tagen seine EinlagSpfennige nicht verschmäht worden seien! Seine Entschädigungsansprüche wurden jedoch sowohl von der Sektion der MüllereiberufSgmoffen- schast als auch von dem angerufenen Schiedsgericht zurück- aewiesen unter Bezug aus eine angebliche Entscheidung des Reichsversicherungsamtes, daß derartige Leistenbrüch« sich langsam entwickelten und erst bei besonderer Gelegenheit zu Tage träten, und daß somit, wenn nicht ganz eklatante Unfallsverhältnisse vorläge«, eine Entschädigung nicht gewährt werden könne. Da» „Bayerische Vaterland" polemisiert dann eingehend gegen diese prinzipielle Ent scheidung des ReichsversicherungsamteS und dessen An wendung auf den vorliegenden Fall und fordert, daß mit Bruchanlage behaftete Arbeiter.vor ihrer Einstellung darauf hin untersucht und die Beiträge der Betreffenden, wenn sie für Bruchschäden keine Entschädigung erhielten, dann entsprechend reduziert würden — Wer mit der praktischen Handhabung der Unfallversicherung nur einigermaßen ver traut ist, wird sogleich bemerkt haben, daß dieses ganze Gebiet Hrn vr. Sigl ein böhmisches Dorf ge blieben ist, denn soviel Worte, soviel Unrichtigkeiten. Erstens werden die Arbeiter zu Unfallversicher ungsbeiträgen gar nicht herangezogen, ja die Ab wälzung der Beiträge oder eines Teiles derselben auf die Arbeiter ist gesetzlich sogar unter Strafe gestellt Die ausgleichende Gerechtigkeit zwischen den Beiträgen und den Entschädigungen der Arbeiter, welche Hr. vr. Sigl ver langt, kann also gar nicht Platz greifen. Dann aber ist der prinzipielle Standpunkt des Reichsversicherungsamt» in der Entschädigung von Leistenbrüchen ziemlich ent gegengesetzt dem geschilderten, denn wenn der verletzte Müllergeselle sich den Unfall thatsächlich durch einen Fehl tritt oder durch AuSgleiten zugezogen hat, so ist damit die wichtigste Voraussetzung für die Entschädigung dieses Leisten - bruchs gegeben, das plötzliche, unvorhergesehene, dem ge wöhnlichen Betrieb fremde Ereignis, welches den Bruch- Lunss und Wissenschaft. Berichte aus den König!. Sammlungen 1896. (Fortsetzung.) Unter den neuerworbenen Bronzen befinden sich zwei Spiegel, welche die beiden Gattungen antiker Spiegel gut erläutern: ein Standspiegel aus Korinth, bei welchem die runde Spiegelscheibe von einer pfeilerartigen Stütze getragen wird, und der Klappspiegel aus Theben, bei welcher sie durch einen reliefgeschmückten Deckel geschützt wird Auf unserem neucrworbenen Klappspiegel schmückt ihn ein Aphroditekopf. Dergleichen Spiegel pflegen zu sammen mit Schmuckgegenständen Frauen und Mädchen ins Grab mitgegrben zu werden In Fällen, wo der gleichen kostbare Grabgaben die Mittel der Angehörigen überstiegen, begnügte man sich mit Nachbildungen in Thon, denen man durch Vergoldung das Ansehen von Metall spiegeln zu geben suchte Ein solches Thonmodell, mit anmutigen Frauen und Erotengruppen in Relief, befindet sich unter den neuen Erwerbungen Die Vergoldung ist an ihm freilich schon verschwunden Unter den Bronzen sind sonst nur noch einige schön geformte Erzgefäße aus Theben hervorzuheben, darunter ein zierliches Sieb Auch kleine aus Marmor gedrechselte Büchsen und Fläschchen sind in die Sammlung gelangt, von denen namentlich diejenigen mit Malereien in bunter Farbe (Fries von Perlhühnern, Epheuranke) zu den Seltenheiten gehören. Von Terrakotten haben in diesem Jahre nur wenige erworben werden können, darunter zwei Halbfiguren von Göttinnen in dem strengen, großen Stile der pheidiasischen Zeit, welche Prof Diez verdankt werden Einige schöne Mädchen- und Erotenfigürchen aus den Gräbern von Tanagra, Korinth (?) und dem klemasialischen Myrina, in denen man z. T. noch die Nachwirkung praritelischer Kunst spürt, sind auch in diesem Jahr unserer kleinen, aber gewählten Sammlung derartiger Terrakotten hinzu gefügt worden Endlich einige geistreiche übermütige Karikaturen in Thon Die Sammlung bemalter Thongefäße, die in unserem Museum bisher am unzulänglichsten vertreten waren, hat in diesem Jahre um mehr als fünfzig Stück aus allen Epochen der Vasenmalerei vermehrt werden können. Freilich sind die meisten dieser Gefäße sehr trümmerhaft erhalten; denn sie sind zum großen Teil erst aus gelegentlich in Italien zu billigen Preisen angekauften Scherbenhaufen entstanden, und zwar in der Werkstatt des Museums selbst, wo sie unter Leitung von vr Herr mann zusammengesetzt wurden Unter den in Griechenland gefundenen Vasen heben wir nur ein paar sür den Toten kult bestimmte Lckythcn aus Eretria auf Euböa hervor, die in zarten Linien und lichten Farben auf weißem Grunde die Begegnung von Jüngling und Mädchen an dem von den Seelen der Abgeschiedenen umflatterten Grabmal darstellen Ferner einige durch edelschlanke Formen und glänzend schwarzen Firnis ausgezeichnete kleine Fläschchen, Kannen und Schalen aus dem am Nordufer des korinthischen Meerbusen« südlich von Delphi belegenen Galaxidhi. Das Hauptstück unter den Werken aus Thon ist jedoch ein großer kleinasiatischer Thonsarg aus Klazomenai am smyrnäischen Meerbusen. Dieses bedeutende Stück, dessen mühsame Reinigung und Zusammensetzung ebenfalls unter Leitung vr Herrmanns erfolgt ist, vertritt diese äußerst seltene, schwer zu erlangende Gattung von Denk mälern in unserer Sammlung zum ersten Male Der Sarg ist von rechteckiger Form und oben offen Seinen au«wärtS gebogenen oberen Rand schmücken ringsum Eierstäbe und Palmettenfriese, die breiten oberen Flächen seines Kopf- und Fußstückes frieSartia angeordnete Kampfe»- varstellungen von Meiftchen, Viergespannen unv Tieren, die teils in dunkelbrauner Farbe auf den gelblich weißen Thongrund aufgemalt sind, teils auf dunklem Grunde ausgespart erscheinen — ein Wechsel der Technik, der ungefähr auf die Mitte des 6. vorchristlichen Jahrhunderts als Entstehungszcit unseres Sarkophages hinweist. Bei der Aufbahrung des Leichnams erschien der Tote im offenen Sarge von diesen reichen Friesen wie eingerahmt. Wurde das Grab zugeschüttet, so deckte man den Sarg mit schlichten Kalksteinplatten Von Bildwerken neuester Zeit sind der Sammlung, teils durch Ankauf, teils durch Schenkung die folgenden zugewachsen 'Joh. Schilling, Marmorbüste des verstorbenen Hrn. StaatsministerS Vr.v Gerber. — Adolf Hildebrand in Florenz, Bronzerelief des Fürsten Bismarck, eine Vor studie zu der Bismarck-Münze desselben Künstlers, welche der Sammlung ebenfalls als Geschenk eines Kunstfreundes zugegangen ist. — E M. Geyger in Florenz, Frauenkopf, Bronzeplakett. — Anton Scharff in Wien, Silberplakett des Hrn O. Klinger, Geschenk des Dargestcllten — Raffaülli, Paris, Studienkopf, Bronzerelief mit durch brochenem Hintergründe. — Charpentier, Paris, Narciß, Bronzerelief für einen Wandbrunnen Derselbe, Edmond Goncourt, Bronzeplakett Derselbe, Pissaro, Zinnplakett — Cheret, Paris, Blumenvase aus Zinn „Liebesdrama" Derselbe, Zinnschale „Libelle". v. Abgüsse. Nach Antiken. Totenopfer, ägypti sches Relief aus der Sammlung Barraeco, Rom Oberteil einer altertümlichen weiblichen Statue aus Kreta — Behelmter altertümlicher Kopf, Sammlung Barracco — Heroisierter Verstorbener, thronend, alter tümliches Grabrelief (?) aus Paros, Geschenk des Hrn. Max Klinger in Leipzig Äpollonstatue strengen Stil», Kassel. — Zwei Köpfe desselben Typus aus der Sammlung Barracco und aus Wien — DiSkoSwerfer nach Myron, Vatikan. — Jüng- lingSkopf myronischen Stil», Berlin — Jüngling»kopf mit Siegerbinde, Erbach. — Jünglingekopf mit doppelt ge schlungener Siegerbinde, früher im Besitz des Kunsthändler» Abbati, Rom. — DiadumenoSkops nach Polyklct, London — Jünalingskopf, Sammlung Barracco. — Athenatorso pheidiasischen Stils, sog Minerva Medici, Paris. — Göttin (Aphrodite?) auf ein altertümliches Idol gelehnt, halb- lebensgroße Statue, Berlin — Sogen Sapphokopf mit bindengeschmücktem Haar, Rom, Villa Borghese. — Weihe relief sür einen heroisierten Jüngling, Berlin. Apollon Sauroktonos, Rom, Villa Albani. — Rumpf des aufgestützten Niobiden, Rom, Kapitol. — Mädchen kopf mit sogen. Melonensrisur, Sammlung Barracco — Medusenkopf (?) skopasichen Stiles, aufblickend, Samm lung Barracco — Themisstatue des Chairestratos aus Rhamnus, Athen - Aphrodite von Melos, Paris, neuer Abguß nach der zerlegten Statue mit allen technischen Marken — Statue eines Hermaphroditen, Berlin. — Kniender Krieger aus DeloS. — Sitzender Dionysos und gelagerter Herakles aus Olympia, überwiesen von der Generalvcrwaltung der Königl. Museen zu Berlin. — Zeus (?) köpf, Berlin — Kops des Zeus Ammon, Berlin. — Sogen. Junokopf un bekannter Herkunft. — Lthenakopf, Sammlung Barracco. — Kopf der Aphrodite Caetani mit den Resten einer In schrift unter dem Schulteransatz, Rom. — Kops des Kentauren Cheiron, Rom. — Gallierkops aus Gise, er gänzt und uneraänzt — Zwei griechische Bildnishermen, Berlin — Sokrateskops. Rom, Villa Albani. — Kops Julius Cäsars (?) aus Ägypten, Sammlung Barracco — Bildniskopf eines Claudier», Erbach — Rumps und Bruch stücke einer in Olympia gefundenen AntinouSstatue, über wiesen von der Generalverwaltung der Königl Museen zu Berlin. — Marmorseffel mit Relief, Rom Palazzo Corsini. Nach neueren Bildwerken. Neuen Michelangelo zugeschriebene Thonskizzen aus dem Nachlaß Prof Ernst Hähnel«, Geschenk von dessen Tochter Frl. Anna Hähnel — Sandsteinrelief der „Geduld" aus dem 18. Jahr hundert, früher über der Thür de« Hause» Kleine Schieß-
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