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Ottendorfer Zeitung. Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- rag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Host bezogen 1,20 Mark. Druck und Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag w Uhr. Inserate werden wK w Pf. für die Spaltzetle berechnet. Tabellarischer Satz nach be- sonderem Tarif. Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 109. Sonntag, den 1t. September 1904. 3. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Gttendorf-Dkrilla, io. September ISO^. — In der Nacht zum Freitag entstand in den am Cunnersdorfer Bahnhof gelegenen der König!. Sächsischen Staatsbahn gehörigen Gebäude ein Schadenfeuer, welches auf den danebenstehenden Niederlagsschuppen des Herrn Spediteur Katzschmann Übergriff. Infolge Wassermangel waren die brennenden Gebäude nicht zu retten. Nur den am Tge vorher niedergegangenen Regen war es zu danken, daß das Feuer nicht den angrenzenden Wald ergriff. Da sich in dem Niederlagsschuppen eine Menge Kohlen und Briketts befand, so hielt das Feuer noch den ganzen gestrigen Tag an. — Zum 8. September, Mariä Geburt zieh'n die Schwalben furt! Wenn die Schwalben es mit ihrer Abreise auch nicht auf Tag und Stunde allzu genau nehmen, so ist doch mit dem September die Zeit gekommen, in der sie uns verlaffen, nicht um heimwärts zu ziehen, wie es in dem vielgesungenen Volksliede heißt, sondern nur den Wmter über dahin zu gehen, wo ihnen das Finden von Nahrung leichter gemacht ist. Und das ist im Süden. Daheim aber ist und fühlt sich die Schwalbe weit eher bei uns, als in den fernen heißen Ländern, was sich auch in ihrem ganzen Wesen und Gebühren ausspricht. Denn hier bei uns singt und jubelt und brütet sie hier allein ist ihr in Fülle geboten, was sie da unten fast völlig entbehren muß: ein naher Anschluß an den Menschen und Zulaß und und freudige Aufnahme in dessen Haus. Und so wird Brehm wohl recht haben, wenn er sagt, daß die Schwalben nur notgedrungen die Wanderung nach dem Süden antrilt. sonst bliebe sie wohl ganz gern für immer bei uns. Flug übungen macht vor allen Dingen jetzt die zweite Brut, die erst im August flügge geworden ist. Im Geleit der Eltern sammelt sich jetzt das liebe Völklein, genau wie Brehm erzählt, mit anderen Familien derselben Art, bis in einer Nacht, die bestimmt ist, alle von dannen ziehen. — Es herbsteltl Auch die Staatsbahn- Verwaltung kann sich dieser Tatsache nicht ver schließen, denn mit Rücksicht auf die bevor stehende kühlere Jahreszeit hat sie bereits ihre beteiligten Dienststellen angewiesen, die sämtlichen der Personenbeförderung dienenden Züge so auszurüslen, daß vom 15. September bis 15. Mai jederzeit geheizt werden kann. — ES wird die Gründung eines christlichen Textilarbeilerverbandes für Sachsen und Thüringen geplant, der sich an den rheinischen anschließen soll. Lausa. Der Zweigverein Klotzsche - Lausa des Bezirlsvereins Dresden-Land hielt am Mittwoch eine Versammlung im „Hennigschen Gasthofe" ab, weiche durch die Anwesenheit des Herrn Schulrat Dr. Lange Königlicher BezirkS- schulinspektor für Dresden 111, ausgezeichnet wurde. Das Hauptinteresse nahm der Vortrag des Herrn Lehrer Kirchner-Klotzsche in Anspruch welcher über das Verhältnis der Natur wissenschaften zur Geschichte sprach. Königsbrück. Ein Diebstahl im Amts gerichtsgebäude. Dieser jedenfalls nicht allzu häufig vorkommende Fall ist in der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch hier passiert. Die Spuren, welche die Diebe hinterlassen haben, sind von der Hofseite des Gebäudes sichtbar. Durch Benutzung einer im Grund stück befindlichen Leiter sind die Einbrecher nach dem Zimmer der Gerichtsdiener emporgekletteri und haben sich dort durch Eindrücken einer Fensterscheibe Eingang in das Innere des Amtsgerichts verschafft. Die Diebe nahmen nur gefundenes bares Geld und ließen Brief marken u. s. w. unberührt. Las zum Auf sprengen der Behältnisse benutzte Beil ließen sie am Tatort zurück. Der ganze Diebstahl lagt darauf schließen, daß die Diebe mit den Verhältnissen ziemlich vertraut gewesen sein muffen. Dresden. Das hiesige königliche Amts gericht sucht gegenwärtig die Erben eines Vermögens in der Höhe von ca. 66 000 Mk. Es handelt sich um den Nachlaß des am 11. Januar 1903 hier verstorbenen Privat mannes Julius Albin Heger. — Vor der III. Ferienstrafkammer des hiesigen Kgl. Landgerichts unter Vorsitz des Herrn Landgerichtsdirektors Abbe begann heute Vormittag die für mehrere Tage anberaumte Verhandlung gegen den Kaufmann Geheimen Kommerzienrat Victor Karl Richard Hahn in Dresden wegen Vergehens nach Z 9 Absatz I des Reichsgcsetzes vom 5. Juli 1896, betreffend die Pflichten der Kaufleute bei Aufbewahrung fremder Wertpapiere (sogenanntes Depotgesetz), Unterschlagung und Untreue, gegen den Kauf mann Karl Oskar Kühn in Blasewitz wegen Beihilfe zur Untreue und Unterschlagung, sowie gegen den Kaufmann Fritz Hahn in Dresden wegen Begünstigung. Als Verteidiger fungieren für Victor Hahn Rechtsanwalt Dr- Felix Zehme aus Leipzig und Rechtsanwalt Lr. Heymann von hier, für Kühn Rechts anwalt Weller von hier. Zur Aufklärung des Sachverhaltes sind 45 Zeugen vargeladen. — Ein Bahnsteigschasiner des Neustädter Bahnhofes hatte in letzter Zeil bemerkt, daß zu wiederholten Malen nach Ankunft des" Leipziger Fernzuges ein Reisender an den Ausgang ge kommen war und unter dem Vorwande höchster Eile und dem Vorgeben, er habe im Schank raume des Bahnhofes etwas liegen lassen, sich mit einer Bahnsteigkarte Durchgang verschafft hatte. Am 6. d. M. hat sich dersFall wieder holt. Diesmal hat der Schaffner beobachtet, daß der Reisende nicht wieder zurückgekommen ist, sondern den Bahnhof verlaffen hat. Die hiesige Kriminalpolizei hat noch an demselben Tage die Person ermittelt und festgenommen. Bei einer Durchsuchung seiner Kleider und nach weiteren Durchsuchungen in seiner Leipziger Wohnung wurden 16 Stück zum Teil gelochte, zum Teil ungelochte Fahrkarten gefunden. Es handelt sich um mehrfacheFuhrgeldhinterziehungen wobei der Täter am Abfahrtsorte eine Fahr karte auf kurze Entfernung gelöst hatte, weiter gefahren ist und ^am Ankunftsorte eine früher bereits gelöste Ortsbahnsteigkarte vorgezeigt hat. Es kommt hauptsächlich die Strecke Dresden—Leipzig in Frage. — Die Prinzessin Alice von Bourbon, ge schiedene Frau des Prinzen Friedrich von Schönbung-Waldenburg, befindet sich seit drei Wochen mit ihrem 2^ Jahre alten Sohn Ferdinand und dessen Wälerin, einem Mädchen aus Dresden, in Neapel. Die von einem Wiener Blatte verbreitete, uns schon recht sonderbar anmutende Geschichte von einer Pilgerreise des Ehepaares, das sich wieder versöhnt haben sollte, nach Rom war erfunden. An eine Wiedervereinigung des rechtskräftig geschiedenen Ehepaares oder an eine bloße Aussöhnung ist nicht zu denken. Der Vater der Prinzessin Kronprätentent Don Carlos, hält sich mit seiner zweiten Frau in Venedig auf, während ihr Bruder als russischer Offizier gegen die Japaner ficht. Meißen. Der Ehrenrai des hiesigen ärzt lichen Bezirksvereins hat wieder einen Arzt, Dr. med. Pfeifer, wegen Verstoßes gegen den Z 1 der „Standesordnung" verurteilt. Die betreffende Bestimmung lautet: „Jeder Arzt ist verpflichtet, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und durch sein Verhalten in der Berufstätigkeit wie außerhalb derselben die Ehre und das Ansehen seines Standes zu wahren " Man kann sich kaum eine dehn barere Bestimmung wie dieselbe denken. Dem Angeklagten wurde das Wahlrecht und die Wahlfähigkeit zu den vom Vereine zu be wirkenden Wahlen auf die Dauer von drei Jahren aberkannt, ferner hat er auch die Kosten des Verfahrens zu tragen. Um was es sich gehandelt hat, ist aus der geheimen Fehme nicht bekannt geworden. Großenhain. Ueber einer Wohltäterin der Armen, einer wahrhaft edlen Frau, schloß sich Donnerstag nachmittag der Grabhügel, zn dem man in langem Trauerzuge, in dem wohl keine der Persönlichkeiten, die dem HauS Zschille je nahegestanden, fehlte, die Leiche der Frau Louisie verw. Herrmann Zschille geleitet». Mit der in Großenhain alt angesessenen, hoch angesehenen Familie der Toten trauern die Armen sind Alten, die Mütter der Kinder, die in der Amalienstiftung eine Heimstätte gefunden haben. Daß das Wirken Frau Zschilles auch ein weithin anerkanntes gewesen, dafür legte die ihr durch Verleihung der silbernen Carola- Medaille von allerhöchster Stelle zu teil ge wordene Auszeichnueg Zeugnis ab. Schandau. In den letzvergangenen Tagen sind bei günstigeren Wafferstandsverhältniffen der Elbe 8 beladene Obstzillen von Böhmeu nach Deutschland eingefahren, die am hiesigen Hauptzollamte - zur Abfertigung gelangten. Außerdem verschiffte man auf kleineren Elb- fahrzeugen von Schmilka-Schöna aus Klötzer, Kohlen und Sandsteine bis nach hier und Königstein hinunter. Mühlberg a. d. Elbe. Bekanntlich bildet der Lachsfang die Ernte der Elbsischer. In diesem Jahre war der Ertrag desselben ein ziemlich befriedigender. Wäre nicht der über aus niedrige Wasserstand der Elbe auf den Zug der Lachse und den Lachsfang selbst von so ungünstigem Einflüsse gewesen, so wären die Fangergebnisse noch reichlichere gewesen. Wurzen. Am Dienstag Abend nach Ein bruch der Dunkelheit ist hier von einem Un bekannten im Alter von 40 bis 45 Jahren auf den an der nach Falkenhain führenden Straße gelegenen Feldern ein schweres Sittlichkeits verbrechen an zwei Mädchen im Alter von fünf und drei Jahren verübt worden. Hilbersdorf b. Chemnitz. Ein Schild bürgerstückchen, daß seinerzeit viel belacht wurde hat nunmehr unangenehme Folgen gehabt. Die freiwillige Ortsfeuerwehr war eines Abends durch schmetternde Hornsignale zu einer Hebung zusammenberufen worden. Als diese beginnen sollte, fand man jedoch zum allgemeinen Staunen das Spritzenhaus leer. Der Gemeinde vorstand hatte die Spritze an einen Garten besitzer zum Besprengen der Beete verborgt. Die Uebung fand natürlich nicht statt und jetzt hat die freiwillige Feuerwehr infolge dieses Vorkommnisses den Beschluß gefaßt, sich auf zulösen. Rodewisch. Am Dienstag mittag wurde in der Lenkschen Fabrik hier die dort be schäftigte Arbeiterin Anna Rosa Schmidt mit einem Schraubenschlüssel zu erschlagen, und dann durch eine Schnur zu erdrosseln versucht. Die Verletzungen der Schmidt sind erheblich, sie ist nicht vernehmungsfähig. Der Täter ist der in der Fabrik mit beschäftigte Arbeiter Albin Seifert aus Stützengrün. Er ist flüchtig. Bräunsdorf. Das Hängen probieren wollte jedenfalls der im 13. Lebensjahre stehende Schulknabe Ficke von hier. Er wurde in einer Kammer der elterlichen Wohnung als Leiche in einer von der Decke herabhängenden aus einem Ledergürtel bestehenden Schlinge oorgefunden. Olbernhau. Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich am Dienstag in der Gläserschen Hohlmaßfabrik. Durch ein Stück eines ge sprungenen Schleifsteines wurde der Arbeiter Preißler so schwer verletzt, daß er verschied. Einem anderen Arbeiter wurde durch die umhergeschleuderten Stücke ein Bein so schwer verletzt, daß es wahrscheinlich wird abgenommen werden muffen. Rothenkirchen. Tödlich verunglückt ist hier der Sattlermeister Gerischer aus Schön- heida. Er stürzte mit dem Rade und schlug mit derart großer Gewalt mit dem Kopfe an eine Barrierestange auf, daß er eine schwere Wunde am Kopfe davontrug, die den Tod des Verunglückten zur Folge halte. Wohlbach. Im hiesigen Pfarrhause legte ein Einbrecher aus Aerger darüber, daß seine Versuche, den Geldsckrank zu öffnen, miß glückten, Feuer im Zimmer an. Glücklicher weise wurde es bald gemerkt und konnte ge löscht werden, ehe größerer Schaden angerichtet war. Mylau. Als der Bademeister der hiesigen Badeanstalt in der Nacht zum Sonntag von einem Gange nach der Stadt zurückkehrte, be merkte er, daß sich auf der Treppe, die zum Bassin für Schwimmer führt, ein Mann be fand. Der Bademeister, der zufällig mit einem Gewehr versehen war, fragte den Unbekannten, was er jetzt hier zu suchen habe; doch ehe er sich versah, kam die Person auf ihn zu und stach ihn mit einem Messer in den Arm. Der Ge troffene versetzte dem Messerhelden mit dem Gewehre einen Stoß vor die Brust infolgedessen fiel sein Gegner in das Wasserbassin. Der Bademeister konnte sich jedoch um ihn nicht be kümmern, da er sich sofort heftig blutend in ärztliche Behandlung begeben mußte. Vermut lich hat man es mit Einbrechern zu tun, denn in dem Moment da der Messerheld in das Wasser stürzte, ergriffen zwei Männer, die wahrscheinlich Schmiere gestanden hatten, die Flucht. Plauen. Von zwei Feuersbrünsten wurde am Mittwoch abend unsere Stadt heim gesucht. Zuerst war ein großes Schadenfeuer im Stadtteil Reusa ausgebrochen, wobei zwei Wohnhäuser und vieles Mobilar vom Feuer vernichtet wurden. Arg gefährdet war das Reusaer Rittergut, welches in unmittelbarer Nähe der Brandstelle liegt. — Ein weit größeres Schadenfeuer herrschte nach Be wältigung des obigen Feuers im Stadtteile Chrieschwitz. Dort war zur neunten Abend stunde im Pferdestalle der Henkelschen Brauerei das Feuer entstanden und verbreitete sich auf das anliegende Waltersche Rittergut, welches einen gewaltigen Komplex umfaßt. Die sämtlichen Wirtschaftsgebäude, Ställe, Scheunen, Wohnungen für das Gesinde usw., waren rettungslos verloren. Nach etwa einer halben Stunde glich das Besitztum einem mächtigen weithin sichtbaren Flammenmeer. Die Flammen griffen auch auf ein Wohnhaus über und legten es auch in Schult und Asche. Der Feuerwehr gelang es, das Brauereigebäude und die anliegende Häuser zu halten. Leider hat das gefräßige Element die gesamte diesjährige Ernte, die gesamten Futtermittel, die meisten Wirtschaftsgeräte und -Gegenstäude vernichtet. Nur mit größter Aufopferung und eigener Lebensgefahr konnte das zahlreiche Groß- und Kleinvieh gerettet werden. Die Feuerwehr hatte die ganze Nacht hindurch zu arbeiten. De: Schaden beträgt gegen 100 000 M- — 1851 Wohnungen sind bis jetzt in diesem Jahre hier gebaut worden. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres wurden 2811 Wohnungen ereichtet. Der Wohnungsmangel ist nun auch hier verschwunden, die Mitpreise sind jedoch noch immer sehr hoch. — Der hiesige Stadtgemetnderat wird sich demnächst mit einer bemerkenswerten Frage be schäftigen. Man beabsichtigt nämlich, um einen Wunsche der hiesigen Handwerksmeister nach zukommen, die Mitglieder des Stadtgemeinde- rateS bei der Vergebung städtischer Arbeiten auszuschließen. Zunächst beschäftigt sich der betreffende Ausschuß mlt dieser Angelegenheit, dann kommt sie vor das Plenum. Im Stadt gemeinderat wird diese Frage lebhafte Debatten zeitigen, denn Stadtverordnete deuteten in der letzten Sitzung bereits an, daß, wenn im obigen Sinne beschloßen würde, viele Stadt verordnete auf das Amt eines Stadtverordneten verzichten werden, um sich vor geschäftlichen Schädigungen zu bewahren.