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für Schauspieler „Litauische Claviere” (nach Johannes Bobrowski) wird noch in diesem. Jahre an den Staatstheatern Dresden uraufgeführt. Eine neue Oper „Van Gogh" (nach Alfred Matusche) befindet sich gegenwärtig in Arbeit. Sein Klavierkonzert f-Moll op. 21 vollendete Fryderyk Chopin ebenso wie das e-Moll-Konzert op. 11 im jugendlichen Alter von kaum 20 Jahren, Die Uraufführung des Werkes, bei der der Komponist den Solopart selbst übernommen hatte, fand am 17. März 1830 in Warschau statt. Obwohl das f-Moll-Konzert bei seiner späteren Veröffentlichung im Jahre 1836 der polnischen Gräfin Delfina Potocka gewidmet wurde, war es ursprünglich unter dem Eindruck seiner Jugendliebe zu Konstancja Gladkowska, einer Opernsängerin am War schauer Nationaltheater, entstanden. Das Konzert, mit dem Chopin übrigens auch in Paris debütierte, knüpft zwar in seiner formalen Anlage und in tech nischer Hinsicht an die virtuosen Klavierkonzerte der Zeit an, zeigt sich aber in seiner Tiefe des Gefühls, seiner Poesie, seiner reich figurierten, typischen Melo dik und in seiner bezaubernden jugendlichen Frische und Leichtigkeit bereits als echtes Werk seines Schöpfers. Der erste Satz (Maestoso) entwickelt sich in seinem Verlauf zu einem ausgeprägt virtuosen Musikstück. Auf zwei kontrastierenden Themen, einem betont rhythmi schen und einem eher lyrisch-ausdrucksvollen, aufbauend, bringt der Satz in seiner Durchführung statt einer Verarbeitung dieser Themen im Sinne drama tischer Spannung und Entspannung eine reiche Ausdeutung des thematischen Materials durch die Erzeugung wechselnder Stimmungen, wobei das Soloinstru ment mit glitzernden Passagen, brillanten Läufen und feinen, arabeskenhaften Ornamenten die Grundgedanken virtuos umspielt. Das folgende Larghetto gehört zu Chopins poetischsten Einfällen überhaupt. Dieser schwärmerisch-innige Satz, der von einem bezaubernden Nocturne eingeleitet wird, scheint in seiner wundervollen, liedhaften Melodik, seiner damals ganz neuartigen harmonischen Sprache den von verhaltener Erregung durchglühten Ausdruck reinster, zärt lichster Gefühle widerzuspiegeln. Nach einem leidenschaftlich-bewegten Mittel teil (Appassionato) erklingt noch einmal, jetzt ganz zart und verträumt, der Ein leitungsteil des Larghettos. Das Finale des Werkes (Allegro vivace) ist ebenso wie der Schlußsatz des e-Moll-Konzerts in freier Rondoform angelegt und von tänzerischem Schwung erfüllt. Drei polnische Volkstänze bestimmen die rhythmi sche Gestaltung des wirkungsvollen, elegant-bravourösen, aber auch lyrischer Episoden nicht entbehrenden Satzes, Neben dem ständig wiederkehrenden Hauptthema, einer Melodie im Rhythmus des Kujawiaks, eines nicht übermäßig schnellen Tanzes im 3 / 4 -Takt mit unregelmäßigen Akzenten auf dem zweiten oder dritten Taktteil, begegnen Teile in Mazurkaform und endlich in der feu rigen, glanzvollen Schlußcoda auch der Rhythmus des wirbelnd dahinjagenden, raschen Obereks. Für eines seiner „vorzüglichsten" Werke hielt Ludwig van Beethoven seine 7. SinfonieA-Durop. 92, die tatsächlich auch von ihrer triumpha len Uraufführung an bis heute stets ein Lieblingswerk des Publikums wie der Dirigenten gewesen ist und schnell eine außerordentliche Popularität errungen hatte, wenn es auch anfangs, durch die Kühnheit und Neuartigkeit dieser faszinierenden, aber höchst eigenwillig gestalteten Komposition bedingt, nicht an kritisch ablehnenden Stimmen fehlte. Die von Beethoven 1811 begonnene (einzelne Skizzen reichen schon in frühere Jahre zurück) und 1812 vollendete Sinfonie wurde zusammen mit der naturalistischen Programm-Sinfonie „Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria" in einem Wohltätigkeits konzert zugunsten verwundeter bayrisch-österreichischer Soldaten, die Napoleon 1813 in der Schlacht bei Hanau geschlagen hatte, am 8. Dezember 1813 in Wien uraufgeführt. Als hochbedeutender künstlerischer Beitrag des vom „reinen Gefühl der Vaterlandsliebe" durchdrungenen Meisters zum Befreiungs kampf gegen die napoleonische Herrschaft steht das aufrüttelnde, Elan und aktivierende Kraft ausstrahlende Werk gewiß mit der Zeit seiner Entstehung in ideellem Zusammenhang, wenn es sich hier auch weniger um direkte programmatische Bezüge handelt. Das Grundelement eines vitalen, pulsierenden Rhythmus, der sich als alles beherrschende, alles gestaltende Kraft erweist (cha rakteristischerweise gibt es in der ganzen Sinfonie, ebenso wie in der „Achten", keinen langsamen Satz), aber auch eine interessante, neuartig bereicherte Har monik, eine eng verzahnte Thematik und eine überaus großzügige, kühne Linien führung schufen zusammenwirkend hier ein strahlend-glanzvolles Werk über schäumender Lebensfülle von festlicher Heiterkeit bis zu ausgelassenstem, wild entfesseltem Taumel, in dem Beethoven in schöpferischer Entwicklung zu absolut neuen Ordnungen und Formungen vorgedrungen ist. Mit einer breit angelegten, wie abwartend wirkenden langsamen Einleitung, die unmerklich zum Hauptsatz (Vivace) hinführt, beginnt der erste Satz. Das lebens sprühende, in punktiertem Sechsachtelrhythmus stehende Hauptthema durchzieht als dominierende rhythmische Grundfigur den gesamten, wechselvollen Stim mungen unterworfenen Satz, der trotz an sich frischen, hellen Charakters doch bereits, ähnlich wie später das Finale, reich an schroffen dynamischen Kontrasten, kühnen Modulationen, starken Ausdrucksspannungen und Steigerungen ist. Der zweite Satz, von Beethoven als erster entworfen, bildet das Kernstück der Sinfonie und erregte von Anfang an besondere Aufmerksamkeit und Begeiste rung. Dieses von tiefer Empfindung beseelte, wunderbare a-Moll-Allegretto ist in erweiterter dreiteiliger Liedform angelegt; während der erste Teil ein ernstes Thema in gleichsam gebrochenem Marschrhythmus bringt, dem als Gegenstimme eine innige, ausdrucksvolle Melodie der Celli und Violen beigegeben ist, wird im gesangvollen, freundlichen Mittelteil besonders der Gegensatz zwischen Moll und Dur wirksam. Nachdem am Schluß noch einmal die Marschweise aufgenommen wurde, schließt das Stück, wie es auch begonnen hatte, mit einem fragenden Quartsext-Mollakkord. Im dritten Satz, einem verhältnismäßig ausgedehnten Scherzo, fällt die damals innerhalb einer A-Dur-Sinfonie ungewöhnliche Wahl der Tonart F-Dur auf. Der lebensfrohe, kapriziöse Presto-Satz rauscht in funkelnder, sprühend-jugendlicher Ausgelassenheit an uns vorüber, zweimal kontrastierend unterbrochen von einem lyrischen, liedhaften Trio-Teil, dessen Thema einem Zeitgenossen Beethovens zu folge einem österreichischen Wallfahrtsgesang entnommen sein soll und dessen besonderer Effekt eine sogenannte liegende Stimme, hier der Klang des fest gehaltenen Tones a, darstellt. Voller bacchantischem Überschwang gibt sich schließlich das stürmische Finale. Vor allem die Kühnheiten, die zahlreichen melodischen und metrischen Wieder holungen, die Orgelpunkte, und überhaupt die „Aufgeknöpftheit“ dieses ausge lassenen Satzes wurden Anlaß für kritische Äußerungen der Zeitgenossen, und man hat ihn einmal sogar als „Gipfel der Gestaltlosigkeit" bezeichnet. Ein ungestümer Ausbruch heftiger Leidenschaften, von elementarem Rhythmus umtost, trägt aber gerade das in jubelndem Tutti endende Finale des Werkes charakteristischste Züge der eigenwillig-genialen Persönlichkeit seines Schöpfers. Dr. habil. Dieter Härtwig Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Spielzeit 1975/76 - Chefdirigent: Günther Herbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna - 111-25-12 2,85 T. ItG 009-38-76 EVP 0,25 M (•IniikoarrrooMio 9. PHILHARMONISCHES KONZERT 1975/76