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72. Jahrgang. ^ 2« Dienakag- 14. Februar 1S23 Gegründet 18SS »ra»1im1>bi-ift! ««bBtbl«« Vv»S»«, Serulvrecher-S»»»»!»!-«««! i SV S^I N« lür NacktqvivrLch», 20 011 D-z-g-.«-lM>, »,"«L LL?««'LS.LLSiE St«,«».««««er >0 >VI»»«t, Du <ln»ria«n wervrn nach iSolbmark vereckn»! die «mivalNv« »» «" >»r«te Kl»,»ler»N»tN^oika - 8»il' »» P'0-, ckr au-wär«, «I,. Aamilienanulaen und Slcllenveluche ohne Ltnzelgen^prene. Lida» i:- Pia,, -ußerlialb V- PI,., di» A- mm beeile AkIamezeN« A», Pia. aunrrdalb rknPIa vilrrlena«l>illir «iPIa Nuow Lulträae aea»n Borau«b»»alila. Echrtttleitung und HauvtaeichSIIsstelle: Maeieuttrub» SS »2 Druck u. Derla, von Vtevtck ck Rrlchardt in Dre»d»n Polticheck-Konto 10SS Dresden dlackdnick nur «it deulltckrr Liuellenanaab» .Dresdner Nach».'' »iläiiia Unverlanale SchrisiHücke werden nichi aulbewadri. ki«uve^ piakior l<un»1»pt«>pl»no» »«II 1S34 dckstdckvi/ütu'1«» tzunIItAtnkckdriünt klalken r, ?r7.r Sautrsni. Konclilorei 8ckmorl Wilsärutter Slrake 20 / ^malienstr. 8-10 Lckmorlb vutter-pfannkucken! eien unri rierNe llsuti man preiweri IM p»ekg««ot>>»1 ^ eck«»«" 6s. rmngviHlr. 13 Viel » Tlltl III8 I-een»pe«cti«e 1028^ dl»!,« poUplntz. »Sr eree»I,»>»««>»!,» - X«e,I»„- uw« v»»- --»»<!» e»»u»rt»»»i,«,-0»»we, «r»«,«.«»», Reue Vertagung der Schulgesetz-Entscheidung Maßnahme« gegen die Landflucht. — Asanith f. - PlSne znr Ansteilvng Sefterreichs. Morgen Wetterberalung -es inler- sraktwnellen Ausschusses. Berlin, 18. Fcbr. Am Montag nachmittag nm 1 Uhr trat der Intersraktionclle Ausschuß zu seiner mit Spannung er warteten Sitzung zusammen, «m die entscheidenden Be ratungen über das Schulgesetz und damit über die gesamte politische Lage vorznnebmen. Rn der Sitzung nahmen, wie wir ersahren, auch Vizekanzler Hergt, Innenminister «eudell und Staatssekretär Plinder teil. In parla mentarische« Kreisen wird nicht angenommen, daß schon heute eine Entscheidung in der einen oder anderen Richtung fällt. ES werden vorerst noch die einzelnen Fraktionen Stellung nehmen müssen. Desgleichen werden auch noch Besprechungen mit deZn Reichspräsidenten not« «ndig sei. — Die Bosprechungen danerten bis kur, vor «Uhr. Sie erstreckte» sich aus de« gesamten ymfgug der strittige« Fragen und konnte» daher noch nicht z « Ende «estihrt werden. Sie werden, wie wir HSrem. am Dicns. ta, vormittag «« 111 Uhr wieder ausgenommen werden. Innerhalb der Beteiligten wurde über die Srg « bn isse, Mt über die besprochenen Themen und Einzelsragen, strengstes Stillschweigen bewahrt. Lediglich ein Kommuniq«, wurde dem amtlichen Wolfs-Büro übergeben, das die Bcr» tagang ««kündigt. Austausch -er For-erungen zum Rbwägcn gegeneinander. Berlin» 13. Februar. Der Ausgang der interfraktionellen Besprechung kann dahin bewertet werden» daß die Ent scheidung zunächst erneut auf die nächsten Tage verschoben worden ist. Die Besprechungen sollen sich nur aus retn schulgesetzltche Fragen, ohne die politische Sette der parlamentarischen Lage zu berühren, bezogen haben. Ueber den weiteren Verlauf verlautet, baß die Parteien in der heutigen Besprechung vereinbart haben, daß sic ihre Forde rungen zu den verschiedenen Paragraphen des Schulgesetzes, bet denen sic nicht zufrtedengcstellt sind, aus- tauschcn, damit die Forderungen dann gegeneinander ab gewogen werden. Dieser Austausch dürfte voraussichtlich noch heute abend erfolgen, so bas, sich die morgen vormittag 10 Uhr beginnende Sitzung des Interfraktionellen Ausschusses bereits mit dieser Liste der unerfüllten Wünsche beschäftigen kann. Wie wir seboch hören, dürfte die Aussprache sich vielmehr säst ausschließlich um den 8 SN des ReichSichnlgesetzes gedreht haben Kendells Kompromiß Vorschlag, dem vetzu- trctcn offenbar hier und da bei den sich gcgenüberstehenden Meinungen eine gewisse Bereitschaft sich zeigte löste aller» dings sofort wieder eine ganze Fülle von verfassungsrecht lichen Bedenken aus. Die anwesenden Fachreferenten konnten sich nicht darüber klar werben, ob der Kenbellsche Vor schlag verfassungsrechtlich tragbar sei ober nicht. So «ipfclten schließlich die heutigen interfraktionellen Verband- lungen in einem mehr oder minder ju-istischen Disput über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Kompromtßvor» schlages. Schah nnd Genossen begnadigt. Berlin, 18. Fcbr. Wie der Amtliche Preußische Presse dienst «itteilt, ist durch Beschluß des preußischen Staats ministeriums vom 18. Februar d. I. die wegen Ermordung des Kansmanus MiimS rcchtökrästig anerkannte Todesstrafe für die Verurteilten Fuhrmann, Ulapproth nnd Schulz in lebenslängliches Zuchthaus, sür den Bcrurteilten Umhoser in eine Zuchthausstrafe von fünfzehn Jahren umgcwandel« worden. Immerhin wird man nicht leugnen können, daß trotz aller juristischer Spitzfindigkeit die Situation hoffnungslos erscheint. Man kann sich des Verdachtes nicht erwehren, daß cS den Kontrahenten weniger aus ein sachliches Kompromiß in der Schulfrage als aus dje ziAxtPpolittsche Perspektive ankam: Wie schieben wir bei der kommenden Ncgicrungskrise der anderen Partei die Schuld in dis Schuhe? In diesem Zusammenhänge ist darauf hinznweisen. daß sich insbesondere der Reichsernährungsminister Schiele entschieden gegen eine Krisencntwicklnna stellt Denn dranßen im Lande spitzt sich die Lage zu und Deutschlands Landvolk er wartet. daß nicht Krisen gemacht werden, sondern daß endlich etwas zu seiner Hilfe unternommen wird. So ist die Krise wenn man noch Lianidattonöschädenschlnßgesetz. Nentner- versorgungsgcsetz, Strafrechtsreform ldie besonders für die Entwicklung der Nnschlußsrage wichtig tsts dazunimmt, ein durchaus zweischneidiges Schwert, »nd Reichspräsident von Hin den bürg, dem offenbar diesmal die Parteien nicht recht gehorchen wollen, wird sich vielleicht entschließen müssen, noch einmal sein Wort in die Wagschale zu werfen. * Berlin, 13. Febr. Nach dem Abschluß der Verhandlungen des Interfraktionellen Ausschusses traten die Reichstagsfrak ttonen der Deutsch nationalen Bolkspartei und des Zentrums zu Fraktivnosihungen zusammen. Die Deutschnationalen nahmen den informatorischen Bericht des Abgeordneten Grafen Westarp über die interfraktionellen Be sprechungcn entgegen und knüpften daran eine Aussprache. Die Deutsche Vvlkspattei ist zu einer Fraktionssitzung auf Dienstag nachmittag cingeladen. Wie verlautet, ist man bei den Deutschnationalen der Ansicht, daß eine sachliche Einigung in der Schulfrage sehr wohl möglich wäre, wenn nicht taktisch-politische Momente de« entgegenständcn. In Z e n t r u m s k r e t sc n sieht man die wetteren Verhandlungen im Interfraktionellen Ausschuß als wenig aussichtsvoll an. Hier ist man der Meinung, daß die wichtigen parlamentarischen Arbeiten, wie nament lich der Etat und bcr Nachtragsetat mit der Landwirtschafts nothilfe, noch vor einer Auflösung dcS Reichstages erledigt werben müßten. Man rechnet damit, daß diese Arbeiten in beschleunigtem Tempo in etwa vier Wochen erledigt sei» könnten, so daß Ende März mit bcr Auflösung des Reichs tages z« rechnen sei «nd die Neuwahlen etwa Anfang Mai stattfinben könnten. «s,uilh -s-. London, 18. Febr. Der liberale Politiker Lord Oxford lAüqnith) ist heute eines sanften Todes gestorben. * Mit ALquith ist wieder einer der führenden Staats- wendet worden, so als Innenminister und als Gchatzkanzler. F» der Vorkriegszeit war er bekannt geworben als der politische Gegenspieler Joe EhamberlatnS. dcS BaterS beS jetzigen Außenministers. Seit 1008 führte ASguith alS Premierminister die englische Regierung, und in dieser Eigen- Ichast sein Land — allerdings aktiv weniger beteiligt als der Außenminister, Sir E Grey — in den grvßen Krieg. Seine politische Führung in den ersten KricgSjahren schien jedoch den Knock-out-Politikern zu schwach, und I» erlag er dem vorwärtsdrängenden Parteifreunde" tzloyd George, der ein Kriegskabinett zusammensteüte und dem Krtegöwtllen des Landes neue Impulse riuzu- flößen vermochte. In Anerkennung seiner Verdienste znm tzvrd Oxford ernannt, zog sich ASqutth aufs politische Altenteil zurück, hatte aber noch wäbrend seiner letzten Lebens- taßre schwere innerparteiliche Kämpfe mit Lloyd George durch- znlechten, I» denen er wieder dem feurigen Walliser unterlag, l'ätte seine ruhigere, mehr zum Friede» geneigte Auffassung de» Sieg davongetragcn. so wäre eS wohl möglich gewesen, daß der Krieg einige Jahre früher ein sür alle beteiligten Völker weniger schreckliches Ende gesunden hätte. ASqutth i hat ein Alter von 78 Jahren erreicht. !L' !Der deutsche Schrill gegen den Lavell-Film. Vorstellungen in Brüssel. Brüssel. 13. Febr. Entsprechend dem Schritte dev beut- n Botschafters in London hat in der letzten Woche anch »er deutsche Botschafter ln Brüssel, Herr von Keller, beim belgische« Außenministerium Vorgesprächen, «m die Bedenken ber bentsche« Regierung gegen eine Ausführung beS englischen Eavell-FilmS znm Ansbrnck z« bringen. Der Gesanbte hat bei diesem Schritt die Besorgnis der bentschen Regierung znm Ausdruck gebracht, baß bi« Ans» ftthrnng eines solchen Films der Entspannung«, Politik, die im Laufe ber letzten Jahre so erfreuliche Fort schritte gemacht habe, abträglich sei« müsse. Wie gemeldet, hat daraus »er Minister beS Aeußere« HymanS geantmortet, baß anch er eine ve ruhig, «g ber Geister sür wünschenswert halte, aber bie belgische Regierung keine Möglichkeit hätte, aus politischen Gründen die Ausführung des Films zu verhindern. Rur die Ge, meinten könnten «inschreitea, wenn bie vfsent» siche Ordnnng baburch gestört werbe. — Wie bie belgische Regier»««, so hat es auch die englische sür wünschenswert gehalten, oaß der Ebvell-Film nicht anfgesührt wirb. Aber keines ber beiden Kabinette «nternimmt ernstlich etma«, «m diesen Wunsch in di« Tat «mzusctzen. Beide Regierungen oerkrieche« sich hinter GesetzeSbeftimmnngen. die sie ohne Zweifel nicht so respektieren würben, wenn eS sich »m Dina« handeln würbe, bie sür sie wichtiger sein würben al» da» bißchen Hetze gegen bie ehemalige bentsche KrtegfNhrnng. Englands Annerionsbeslrebnngen ans Deuisch-Ostasrika. Das System unserer Außenpolitik ist trotz der Wandlung vom Kaiserreich zur Republik das gleiche geblieben. Bor nnd imKriege hat unser außenpolittschesHandeln hauptsächlich im ge duldigen undgläubigenZuwarten bestanden. Auch heute ist esnoch nicht anders. Wir warten und harren von Tag zu Tag darauf, daß der Locarno-Baum Früchte trägt. Und solange die Außenpolitik den Parteien nur dazu dient, ihre inner» politischen Zwecke zu fördern, so lange ist an ein anderes Handeln nicht zu denken und so lange wird Deutschland Objekt der Politik fremder Mächte bleiben. Auch zurzeit schaltet ber innerpolitische Zustand des Reiches durch bi« trotz des dringenden Appells Hindenburgs an bas staatspolt- tische Verantwortungsgefühl der Parteien immer noch nicht bcigelegte Schulkrise jegliche außenpolitische Aktivität aus. Und dennoch hätte das erst kürzlich im Londoner Parlament stattgefundcne Frage» und Antwort, spiel über das Schicksal ber ehemaligen deutschen Kolonie Ostasrika die größte Aufmerksamkeit des Reichstages ersor« der« sollen, nm so mehr, als schon seit Jahrzehnten das eng» lische Oberhaus als Barometer für die weltpolitische Lage gilt. Und es zeigt nichts anderes an, als baß Groß» britannien sich auf den Weg gemacht hat, Deutsch-Ostafrika zu annektieren. Natürlich ist im Oberhaus diese Angelegenheit in diplomatischen, vor» sichtigen, dem „Wcltgewisscn" angenehmeren Worten zur Sprache gekommen. Lord Parmoor gebraucht« nicht bas Wort Annexion, sondern stellte bie Anfrage, ob in Tanganjika Idem Hauptteil des ehemaligen Deutsch-Ostafrika) bie Regie rung „eine Politik der Angliederung" verfolge? Die Ant wort des Regiernngsvertreters bestätigte voll und ganz die warnenden Nachrichten deutscher kolonialer Kreise, die schon seit langem auf diese Absichten Londons aufmerksam gemacht halten, aber tn der weiten Oefsentlichkett und wohl anch im Außenamt unbeachtet geblieben waren. Es ist bereits eine englische Kommission unter Sir Hilton Aoung in Tan ganjika tätig, um die Frage »der Föderation der ostafri kanischen Gebiete" zu untersuchen. Sollte Boung den An schluß des Mandatsgebietes sür möglich halten — führte der Negierungsvertreter aus — so könnte er in der „Annahme dieser Anempfehlung nichts Ungebührliches" sehen. Da England sich in Afrika mit dem gewaltigen Plan des Baues einer Bahnlinie von Kairo nach Kapstadt trägt, die natürlich nur über englischen Boden führen soll, so liegt ber Haüptgrnnd zur „Angliederung" Deutsch-OstafrikaS sicht bar zutage. Ganz abgesehen von dem wirtschaftlichen Gewinns den London ebenfalls aus ber richtigen Entwicklung der oft- afrikünischen Gebiete ziehen kann und den ein Weißbuch über die Voung-Kommisston in hellsten Farben gemalt hat, um ber englischen öffentlichen Meinung die Sache recht zur Augen» ivetbe zu machen. DaS Versailler Gewaltdiktat zwang bekanntlich Deutsch, land auch zn einem Nerzicht auf seine Kolonien. Diesem Raube mußte natürlich ein moralisches Män» telchen umgelegt werben, um ihn vor der Weltmeinung zn rechtfertigen. Die Weltkriegssieger errichteten aus dem berge» hohen Material ber Pressehetzartikel gegen unsere kolont» satorische Tätigkeit den Bau ber kolonialen Schuld, lüge. „Deutschlands Versagen auf dem Gebiete der kolonialen Zivilisation", die Verwendung der Kolonien als Ausgangspunkte sür Raubzüge", bie „grausamen Unter, drückungen" ber Eingeborenen und ähnliche Lügen mehr machten eS den Alliierten unmöglich „Deutschland die Kolo nien -urückgeben". Nun war bereits bet den Pariser Ver handlungen über die FriedenSbedingnngen für Deutschland Englands Streben darauf gerichtet, die besetzten deut schen Kolonien zu annektieren. An Wilsons Einspruch schet» irrten jedoch diese Pläne, denn er hätte diese Aneignung von Kriegsbeute der Oeffentlichkeit seines Landes nicht mund» gerecht machen können, weil sic allzusehr mit seinen path«. tischen Worten vom Völkerrecht tn Gegensatz gestanden haben würden. ES gelang ihm hinsichtlich der deutschen Kolonien das sogenannte Mandates« st em durchzusetzen. An Stelle ber Inbesitznahme durch Annektion trat bie Vermal« tung zu treuen Händen. Die MandatSrechte wurden bann in den Völkerbundssatzungrn genau formuliert. Die Verwaltung wurde als Vormundschaft Uber bie eingeborenen Völker sestgrlegt. Der Mandatar ist für das Wohlergehen nnd die Entwicklung der Eingeborenen dem Völkerbund« gegenüber verantwortlich. Also klipp und klar be»