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4^ Mchmtz-MiW /Ä Verantwortlicher Redakteur: Paul Ithne in Dippoldiswalde, 55. Jahrgang Donnerstag, den 18. April 1889 Nr. 47 W Parlamentarische Rückblicke. Der Reichstag hat sich am vergangenen Freitag nochmals vertagt und zwar bis zum 7. Mai, da es sich als eine Unmöglichkeit herausstellte, die Geschäfte der laufenden Session vor Ostern zu beendigen. Aber dennoch liegt nunmehr der größte Theil der Session, welche bereits am 22. November vorigen Jahres ihren Anfang nahm, hinter dem Parlamente und ein Rück blick auf die bisherige Thätigkeit des Reichstages er scheint um so gerechtfertigter, als schon eine Reihe mehr oder minder wichliger Entscheidungen über die behandelten gesetzgeberischen Stoffe endgültig getroffen worden sind. Gleichsam den rothen Faden, welcher die Session fast vom Anfang an durchzog, bildeten die Verhandlungen über die Alters- und Jnvaliditäts- versicherungsvorlage, die ja überhaupt im Mittelpunkte der gelammten Neichstagsarbeiten steht. Schon die Generaldebatte hierüber ließ die Schwierigkeiten er kennen, welche die unter den Reichstagsparteien herr schenden Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich dieser hochwichtigen Vorlage der Berathung bereiten würden und die weitere parlamentarische Behandlung des tech nisch außerordentlich verwickelten Stoffes zeigte jene Schwierigkeiten immer wieder aufs Neue. Allerdings gelang es der mit der Vorberathung betrauten Kom mission, den Entwurf nach vielwöchentlichen Verhand lungen im Einzelnen fertig zu stellen, dennoch ver mochte das Plenum trotz angestrengter Thätigkeiten den spröden Stoff zur Osterpause nicht vollkommen zu erledigen, vielmehr wird das letzte Drittel der Alters versorgungsvorlage erst nach Ostern zur Berathung kommen. Indessen ist im bisherigen Gange der zweiten Lesung des Gesetzes doch schon über die allermeisten grundlegenden Fragen desselben eine vorläufige Ent scheidung getroffen worden, so daß der Rest der Vor lage das Haus nach Wiederaufnahme der Sitzungen nicht mehr allzulange in Anspruch nehmen dürste. Wie immer, beanspruchte auch diesmal die Feststellung des Neichshaushaltsetats mehrere Wochen, wobei hervor zuheben ist, daß sich die heurigen Etatsverhandlungen des Reichstages gegen diejenigen früherer Sessionen durch eine größere Ruhe und Sachlichkeit vortheilhaft abhoben. Einen bedeutsamen Nachklang fand die Etatsberathung durch den namentlich infolge der Ar tillerie-Vermehrung, der Neuorganisation der Marine leitung und der Vorgänge in Ostafrika nöthig ge wordenen Nachtragsetat, der schließlich mit großer Mehrheit unverändert genehmigt wurde. Im Zu sammenhangs mit dem Nachtragsetat, soweit derselbe sich auf die Forderungen für Ostafrika bezog, stand die kolonialpolitische Vorlage für Ostafrika, welche mit der vorgeschlagenen Niederwerfung deS ostafrikanischen Auf standes durch die Reichsgewalt einen neuen prinzipiellen Zug in die deutsche Äolonialpolitik brachte. Die ge waltige Mehrheit, mit welcher der Reichstag dieser Vorlage zustimmte, bekundete, daß die Negierung auch für die energischere Verfechtung unserer kolonial politischen Interessen auf die Unterstützung des Par lamentes rechnen darf. Von den größeren Vorlagen der Session wurde außerdem das nothwendige Re formen im Genossenschaftswesen anbahnende Genoffen schaftsgesetz definitiv und fast einstimmig genehmigt. Verhältnißmäßig beträchtlich ist die Zahl der erledigten Gesetzentwürfe zweiten und dritten Ranges, von denen zu erwähnen sind die Vorlagen bezüglich des National- denkmales für Kaiser Wilhelm I. und bezüglich der Nationalität der deutschen Kauffahrteischiffe, die Han delsverträge mit der Schweiz und mit San Salvador, die Gesetze über die Aufhebung des Reinigungszwanges des Branntweins und über die Abänderung des Ver- einszollgesetzes, sowie eine Reihe auf Elsaß-Lothringen bezüglicher Entwürfe. Außerdem hatte sich das Haus mit zahlreichen Initiativanträgen des verschiedensten Inhaltes zu befassen, von denen aber bislang nur wenige zur Erledigung, bez. Annahme gelangten. Der Amtsblatt für die Kömalich« Amtshauplmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die KtadtrSHe zu Dippoldiswalde und Irauenstein - In,«rat«, welch« bet da bedeutenden Auflage des Blatter «ine sehr wirk same Verbreitung finden «erden mit 10 Psg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta* bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, nn redaktionell« in-«-. » und es ist an diesem Tage nur der Verkauf von Eß- und Materialwaaren, sowie der Kleinhandel mit Heizungs- und Beleuchtungsmaterial außer der Zeit des Vormittagsgottesdienstes nachgelassen. Theatra lische Vorstellungen, sowie Concertmustken und andere, namentlich mit Musikbegleitung verbundene geräusch volle Vergnügungen an öffentlichen Orten sind in der Zeit vom Gründonnerstag, einschließlich desselben, bis mit Sonnabend in der Charwoche nicht gestattet. L Glashütte. Bei Gelegenheit der Feier des 30jährigen Stiftungsfestes hatte sich der hies. Männer gesangverein die Verpflichtung auferlegt, jedes Jahr mindestens ein Concert zu einem wohlthätigen Zweck zu geben und die Bestimmung über die Verwendung der Einnahme dem Stadtgemeinderath zu überlassen. Das erste diesjährige Concert wird nun den 2. Oster- feiertag im Gasthof „zum goldnen Glas" abgehalten werden. Da das Programm ein sehr gewähltes ist, die Leistungen des Gesangvereins anerkannt muster gültige sind und auch auswärtige Kräfte mitwirken werden, so steht ein genußreicher Abend bevor, der hoffentlich, des guten Zweckes wegen, auch recht günstige Einnahmen aufweisen wird. — Seit fast 14 Tagen befindet sich der Sektions ingenieur betr. des Baues der Müglitzthalbahn hier in Glashütte. Bei Eintritt günstiger Witterung be ginnt das Auskaufsverfahren und im August oder An fang September wird der eigentliche Bau seinen An fang nehmen. Dresden. Die Amtsketten der Rathsmitglieder und Stadtverordneten, wie solche bekanntlich nach altem Muster in verschiedenen preußischen Städten üblich sind, sollen nunmehr auch in der sächsischen Residenz zur Einführung gelangen. Man berichtet von einem im Stadtoerordneten-Kollegium gestellten Antrag, der dem nächst eine weitere Behandlung finden wird. — Der vor Kurzem erwähnte Personen-Son- derzug zu ermäßigten Fahrpreisen nach Berlin wird am nächsten Sonnabend, den 20. April, in Verkehr gesetzt werden. Die Abfahrt erfolgt von Dresden- Altstadt (Böhmischer Bahnhof) Nachmittag 4 Uhr, von Dresden-Neustadt 4 Uhr 15 Min., von Kötzschen- broda 4 Uhr 32 Min., von Coswig 4 Uhr 40 Min., von Priestewitz 5 Uhr 3. Min. und die Ankunft in Berlin Abends 8 Uhr 27 Min. Die Fahrkarten kosten nur 9 M. für II. und 6 M. für III. Wagen klaffe. Dieselben haben eine achttägige Giltigkeit und berechtigen zur Rückkehr beliebig über Zossen-Elster werda oder über Jüterbog!-Röderau; bei Kourier-, Expreß- und Schnellzügen gelten sie gleichfalls, jedoch nur unter Lösung eines Zuschlagbillets. Freigepäck wird nicht gewährt, auch ist Fahrtunterbrechung nicht gestattet. Schandau. Seit dem 12. April ist oberhalb Schmilka, an der Landesgrenze, das königl. Wacht- schiff im Elbstrom verankert und in Dienst gestellt worden, da der jetzige Wasserstand weder der Schiff fahrt, noch den Ueberfahrten Hindernisse bereitet. Auf diesem geräumigen Fahrzeuge haben die Grenzaufseher aus den Elbortschaften Schmilka, Schöna, Krippen und Schandau abwechselnd Stromdienst zu verrichten. Sämmtliche Fahrzeuge, welche vom Dunkelwerden an bis mit früh 5 Uhr die Grenze passiren, werden von dort aus angerufen, revidirt und unter Umständen zum Stellen gezwungen. Während der Hochfluth wurde der Nachtdienst vom Lande aus ausgeübt. Plauen i. V. Der Stand der Saaten im Vogtlands kann im Allgemeinen ein nicht ungünstiger bezeichnet werden. Die Kleefelder und Wintersaaten sind zum größten Theile gut durch den Winter ge kommen und werden sich bei fortdauernder günstiger Frühjahrswitterung recht kräftig entwickeln. Nunmehr geht man ernstlich an die Frühjahrsbestellung, die sich dieses Jahr infolge der lange liegen gebliebenen Schnee decke und wegen der großen Feuchtigkeit in den Feldern Die „«eiSeritz-S-ttun«-' «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabmd. — Preis vierteljährlich 1 R. M Psg., zweimonatlich S4 Psg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern N Psg. — Alle Postan- «alten, Postboten, sowie die Agent« nehm« Be stellung« an. Reichstag kann also schon jetzt auf ein ungewöhnlich zahlreiches Arbeitsmaterial zurückschauen, dessen Durch- berathung er sich mit anerkennenswerthem Fleiß« und großer Gewissenhaftigkeit unterzogen hat, dennoch er warten ihn auch nach Ablauf der Osterpause noch Wochen angestrengter Thätigkeit. Vor Allem gilt es, die Verhandlungen über das Altersversorgungsgesetz vollständig durchzuführen und außerdem wird sich das Haus noch mit einem neuen wichtigen Stoffe, der an gekündigten Straf- und Preßgesetznovelle, zu beschäf tigen haben, während daneben noch eine Reihe von Anträgen und verschiedene kleinere Sachen zu erledigen sind und aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte die in quan titativer wie qualitativer Beziehung so hervorragende Session erst kurz vor Pfingsten zum Abschluß gelangen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Wie bereits an den früheren Charfreitagen, so wird auch morgen Herr Kantor Hellriegel in der erleuchteten Stadtkirche eine geist liche Musikaufführung veranstalten, über welche man das Nähere im Jnseratentheile findet. Das Programm weist im ersten Theile auserlesene Stücke klassischer Musik auf, während sein zweiter Theil aus einer von dem Veranstalter des Concerts selbst kompo- nirten Kantate für Soli, Chor und Orchester besteht. Für eine würdige Ausführung bürgt das Zusammen wirken der besten GesangskrMe von hier und aus der Umgegend. Da das Concert erst um 7 Uhr Abends beginnt, so ist den weiter oben wohnenden Freunden edler Kirchenmusik Gelegenheit geboten, zur Hin- und Rückfahrt den Zug benutzen zu können. Dippoldiswalde. Am 13. April waren 25 Jahre verflossen, daß Fräulein Marie Münzel ununter brochen in der Strohhutfabrik von H. H. Reichel hier zunächst als Näherin, seit nunmehr 10 Jahren aber als Directrice im Garniergeschäft, thätig gewesen war. Nicht nur seitens der Herren Chefs, sondern auch durch die zahlreichen Arbeiterinnen wurde die Jubilarin, welche ihre Stellung stets zu ganz besonderer Zu friedenheit inne gehabt hatte, herzlich beglückwünscht und mit schönen Geschenken erfreut. Möge die treue Arbeiterin dem Hause, das ihre wackere Thätigkeit zu schätzen weiß, noch recht lange ihre Dienste widmen können. — Das zur Vorbereitung des Wettiner Jubel festes bei uns zusammengetretene Komitee hat seine erste Berathung gehalten und sich über die Grund züge der Feier geeinigt. Wir werden nicht verfehlen, unfern Lesern von den Beschlüssen rechtzeitig Kenntniß zu geben, sobald das Programm von dem dazu be stimmten engern Komitee ausgearbeitet sein wird. — Am gestrigen Dienstag beging Herr Bäcker meister August Schneider sein 50jähriges Bürger jubiläum und wurde derselbe aus diesem Anlaß durch eine Deputation der städtischen Kollegien unter Ueber- reichung eines Jubeldiploms Namens der Stadt be glückwünscht. — Auf den Eisenbahnlinien Pirna-Berggießhübel und Potschappel - Wilsdruff wird am 1. Mai der Sommerfahrplan eingeführt werden. (Und Hains berg-Kipsdorf?) — Zwischen Freiberg und Dresden wird Montags und Donnerstags vom gleichen Tage an der Lokalfrühzug bereits 3 Uhr 50 Min., anstatt 5 Uhr, von Freiberg abgelaffen. — Der Gründonnerstag ist kirchlich als ein halber Feiertag zu begehen. Die Bestimmungen des Gesetzes, die Sonn-, Fest- und Bußtagsfeier betreffend, vom 10. September 1870, leiden jedoch auf denselben keine Anwendung, vielmehr ist an diesem Tage jedoch unter Vermeidung störenden Geräusches in der Nähe der Kirchen, der Handels- und Marktverkehr, der Be trieb der Landwirthschaft, sowie der Gewerbe- und Fabrikbetrieb gestattet. Der Charfreitag ist hin gegen als ganzer Feiertag in höchster Stille zu feiern