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Mchmh-MiW Nr. 108 Donnerstag, den 14. September 1893 59. Jahrgang. s Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. „Es fiel ein Reif", wenn auch nicht „in der Frühlingsnacht", so doch immer viel zu früh für alles, was sich der Sommerwärme erfreut. Der gestrenge Herr Winter, er gab am Dienstag Morgen schon für diesmal seine Karte ab, wohl wissend, daß keine Macht der Erde ihn am Regierungsantritte hindern kann. Das Thermometer zeigte um 7 Uhr Morgens noch Null Grad, Wiese und Garten war mit dickem Reis überzogen, dem das zarte Kraut der Gurken, Kürbisse, Georginen und Kartoffeln zum Opfer fiel. Schwarz und zusammengeschrumpft hängt es herab. Auch die letztvergangene Nacht brachte neuen, wenn auch nicht so starken Reif. Wenigstens folgen diesen eingetretenen kalten Nächten herrliche Herbsttage mit reiner Lust und prächtiger Aussicht. — Am Freitag Abend in der zwölften Stunde wurde in eine noch erleuchtete Wohnung der hiesigen Altenberger Straße ein fast faustgroßer Stein derart geschleudert, daß nicht nur ein Fenster zertrümmert, sondern auch dabei das Leben einer Person sehr ge fährdet wurde, da der Stein dicht am Kopfe derselben vorübersauste. In derselben Nacht ist auch an Häusern in Ulberndorf gleicher Unfug getrieben worden, und wahrscheinlich haben denselben drei „Herren" begangen, die in der Richtung vom Oberthorplatz nach Ulbern» darf gegangen sind. Hoffentlich tragen auch diese Zeilen dazu bei, diese gefährlichen Menschen vollends zu entlarven und ihrer angemessenen Bestrafung zu zuführen. — Bestehender Vorschrift gemäß ist in jeder ge werblichen Anlage, welche den Vorschriften der 135 bis 139b der G?werbeordnung unterliegt und in der Arbeiterinnen oder jugendliche Arbeiter beschäftigt werden, von der Ortspolizeibehörde jährlich mindestens eine ordentliche Revision vorzunehmcn. Mit Vor nahme dieser Revisionen find auf Grund der aus H 80, Absatz 2 der Ausführungsverordnung zur Gewerbe ordnung ersichtlichen Ermächtigung im Bezirke der Kgl. Amtshauptmannschast Dippoldiswalde die Herren Bür germeister und Gemeindevorstände beauftragt worden, welche über den Erfolg der fraglichen Revisionen für jede revidtrte Anlage das vorgeschriebene Formular auszusüllen und solches alsbald, und längstens bis Ende Oktober d. I., an die Kgl. Amtshauptmann schaft einzusenden haben. Da den gemachten Wahr nehmungen zufolge der eingangs gedachten Vorschrift bis jetzt in nur ganz vereinzelten Fällen entsprochen worden ist, wird auf dieselbe an dieser Stelle noch besonders aufmerksam gemacht. — Von landwirthschastlicher Seite wird mitgetheilt, daß die in der letzten Zeit vorherrschende rauhe Witterung auch seine guten Seiten gehabt hat, trotz dem die Landwirthe nach dem Gebirgskamme zu noch mit der Ernte zurück sind. Durch die rauhe, ja ost recht kalte Witterung ist die Cikate vernichtet worden. Bekanntlich überwintert die Zwergcikate nicht, son dern legt wie alle Insekten Eier. Dies geschieht meist im Spätsommer. Durch die mißliche Witlerckng ist sie darin behindert worden. Man kann deshalb wohl er warten, das für nächstes Jahr dies schädliche Insekt nicht wieder so häufig vorkommt. — Das „Vaterland" läßt sich aus Dresden Fol gendes schreiben, das auch für unsere Leser Interesse haben dürfte: „Hier bildet in den letzten Wochen der Prozeß der „Dresdner Nachrichten" gegen vr. Liman daS Tagesgespräch, und da hierüber bisher viel Un richtige» berichtet wurde, wollen wir einmal die nackten Thatsachen, die auch für die konservative Partei nicht ohne Interesse sind, hier reseriren. vr. Liman hatte mit den „Dresdner Nachrichten" einen Kontrakt ab- geschloffen, in dem er sich verpflichtete, seine volle jour nalistische Thätigkeit diesem Blatte zu widmen; auf ausdrückliches Ansuchen de» vr. L. wurde dieser Kon- Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmarmschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Paul Ichnc in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem ,Mustrirten llnterhsltuagsblatt". * Mit humoristischer wgchendeilsge „Seifenblasen". H Mit land- und hauswirthschaftlicher M-natsbeilage. trakt bis zum Jahre 1895 ausgedehnt. Herr vr. L. hatte nun aber nicht nur einige politische Broschüren bei dem durch seine antisemitischen Schriften bekannt gewordenen Verlagsbuchhändler Glöß erscheinen lassen, sondern schrieb auch Leitartikel für die „Leipziger Neuesten Nachrichten". Diese letztere Thätigkeit, die gegen den abgeschlossenen Vertrag verstieß, wollten die Eigenthümer der „Dresdner Nachrichten" sich natürlich nicht gefallen lassen und erwirkten einen gerichtlichen Befehl gegen vr. L., nach welchem dieser bei 500 Mk. Strafe für jeden Zuwiderhandlungssall das außer kontraktliche journalistische Schriftstellern unterlassen sollte. Das gefiel natürlich Herrn vr. L. nicht, er wollte dabei sich nicht beruhigen, und es kam nunmehr zur mündlichen Verhandlung vor der Handelskammer des Landgerichts Dresden. Diese öffentliche Verhand lung war nun aber nicht geeignet, Herrn vr. L. im besonders günstigen Lichte erscheinen zu lassen, und das Urtheil lautete denn dahin, daß es bei den festgesetzten 500 Mk. Strafe für jeden Zuwiderhandlungsfall ver blieb. Es kamen bei dieser Verhandlung recht merk würdige Dinge zur Sprache. So wollen wir nur er wähnen, daß gesagt wurde, vr. L. habe den „Leip ziger Neuesten Nachrichten" sein. Ehrenwort gegeben, diese in Bezug auf Lieferung von Leitartikeln nicht im Stich zu lassen. Dagegen sagte ein Zeuge aus: vr. L. habe auch Herrn Kommissionsrath Reichardt, dem Eigenthümer der „Dresdner Nachrichten", sein Ehrenwort gegeben, für die „Leipziger Neuesten Nach richten nicht mehr zu schreiben — und doch habe Zeuge bemerkt, daß er kurz nachher wiederum Artikel für das mehrgenannte Leipziger Blatt verfaßt hatte. Herr vr. Liman hatte inzwischen seinen kontraktmäßigen. Sommer urlaub. Am 1. August sollte er wieder bei den „Dresdner Nachrichten" in Thätigkeit treten; nachdem er 2 Tage lang wieder in der Redaktion thätig ge wesen war, kam am dritten Tage des August an Stelle des Herrn vr. L.ein ärztliches Zeugniß, daß L. so hoch gradig nervös sei, daß er seine berufsmäßige Thätig- kett nicht wieder aufnehmen könne. Er ist auch seit dem nicht wieder in die Redaktion der „Dresdner Nachrichten" zurückgekehrt, obwohl er bei dieser noch in Lohn und Brod steht. Zur besonderen Kennzeich nung dieses Herrn möge die Mittheilung dienen, daß derselbe inzwffchen seit dem 1. August an allen mög lichen Orten: Riesa, Königstein, Lommatzsch, Löbtau rc.. Borträge hält und hierbei für die Gründung eines neuen großen antisemitischen Organs Stimmung macht." — Herr vr. Liman hat vor ca. 14 Tagen bekanntlich auch in Dippoldiswalde in einer Mitgliederversamm lung des deutschen Nesormvereins gesprochen, durch sein fortgesetztes Schimpfen und Raisonniren aber den guten Eindruck bedeutend abgeschwächt, den seine Leit artikel in den „Dresdner Nachrichten" gemacht hatten. Diese Zeitung sowohl, als auch di« „Weißeritz-Ztg." kamen bei seiner Kritik sehr schlecht weg. — Nun, wir waren darüber sehr ruhig, und jetzt, nachdem wir den Artikel des „Vaterland" gelesen, den wir auch unseren Lesern nicht vorenthalten wollten, sind wir es noch viel mehr. — Vom 1. Okt. ab werden die zur Postbesörderung benutzten Privat-Personensuhrwerke zwischen Altenberg und Kipsdorf mit folgendem Gange verkehren: 9., « B. 2,«N. 10,»« N. Adg. Kipsdorf Ank. 6,,° V.I0,« V. 5,-« N. 9,»7 V. 3,7 N. — N. „ Bärcnbiirg Ab«. — V 9,«« B. 5,-°N. 11., B. 4,.« N. 12,» N. Ank. AN-nbergAbg. 5,, V 8,°<>V.4,«°N. Glashütte. Am Sonntag früh, den IO. d. M., entstand in dem in das Wohnhaus des Schuhmacher meisters Lohse eingebauten Ziegenstalle ein Schaden feuer, welches nach rechtzeilig bemerkt wurde und sofort gelöscht werden konnte. 4 Grvßölsa. In der vierten, für dieses Jahr letzten Wanderversammlung, welche am vergangenen Sonntag in der Haidemühle zu WendischkarSdorf ab gehalten wurde, bot der landwirthschaftliche Verein „Wcißrrltz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 28 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserat«, welche Sei d<» bedeutenden Auflage de» Blatte» eine sehr w«r» sam« Verbreitung finden werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen» dein Ausschlag. — Einge sandt, nn redaktionellen LH eile, die Spaltenzeil» 20 Pfg. Großölsa und Umgegend seinen Mitgliedern einen Vortrag des Herrn Oekonom Nitzsche-OberhäSlich, der die landwirthschaftliche Buchführung behandelte. Der in anschaulicher Weise gehaltene Vortrag wurde von der Zuhörerschaft mit sichtlichem Interesse ausgenom men und dem Herrn Referenten am Schluffe Dank und volle Anerkennung gezollt. Dresden. Die feierliche Enthüllung der monumen talen Fahnenmasten am Eingänge der Hauptstraße in Neustadt erfolgt am nächsten Freitag im Beisein König Alberts. Die Masten wurden bekanntlich er richtet zur Erinnerung an den am 15. Sept. 1882 erfolgten Einzug Kaiser Wilhelm I. in Dresden. — Herr Kreishauptmann Freiherr v. Hausen zu Dresden ist vom 11.—30. d. M. beurlaubt und wird während dieser Zeit in den Geschäften der königl. Kreishauptmannschaft durch Herrn Geheimen Regierungs- Rath v. Bose, in den Geschäften der Abtheilung für die Angelegenheiten der königl. Generalkomnitsflon für Ablösungen und Gemeinheitstheilungen durch Herrn Geheimen NegirrungSrath vr. Freiherrn v. Bernewitz vertreten. — Das Ministerium des königl. HauseS hat dem Rathe eröffnet, daß der König seine Genehmigung dazu ertheilt haben, daß die Ausstellung des zur Erinnerung an das Wettiner Jubelfest auf dem Platze am Taschenberge zu errichtenden Denkmals nach dem übereinstimmenden, vom Rathe gebilligten Vorschläge des HofbauratheS Dünger und der ausführenden Künstler erfolge. Das Denkmal wird hiernach vor dem dem Zwinger zunächstgelegenen Vorhofe des PalaiL am Taschenberge zur Aufstellung kommen, und zwar so, daß die die Gegenwart und die Vergangenheit darstellenden Figuren am Fuße des 19 na hohen obeliskartigen Aufbaues dem Residenzschloffe bez. dem Palais am Taschenberge zugewandt sind. — Die in der Umgebung von Annaberg, bezw. Marienberg stattfindenden Manöver der 3. Division werden am 16. September beendet sein, einige Tage früher also als die Uebungen der 1. und 2. Division, welche bekanntlich zwischen Roßwein-Waldheim-Colditz abgehalten werden. Die Rückbeförderung der Truppen erfolgt in der Hauptsache mittelst Sonder zügen, und zwar treffen die der 3. Division angehören den Truppentheile, ausgenommen die Kavallerie und Artillerie, bereits am selben Tage in ihren verschiedent- lichen Garnisonorten ein. Die Verladung der Truppen erfolgt zum größten Theile auf Bahnhof Annaberg, während der kleinere Theil ab Buchholz zur Beför derung kommt. Das Schützenregiment Nr. 108 geht von Annaberg ab und wird in zwei Sonderzügen befördert. Das 2. Jägerbataillon Nr. 13 fährt ebenfalls von Annaberg ab. Von den übrigen der 3. Division an gehörenden Regimentern, bezw. Bataillonen werden das Regiment Nr. 104, sowie das 1. und 3. Jäger bataillon Nr. 12 und 15 ebenfalls in Annaberg, daS Infanterieregiment Nr. 133 dagegen in Buchholz ver laden und ihren Garnisonen Chemnitz, Freiberg, Wurzen und Zwickau mit Sonderzügen zugeführt, woselbst daS Eintreffen Abends Uhr, bezw. >/,1O Uhr, bezw. 11 Uhr und Nachmittags 5 Uhr stattfinden wird. Radeberg. In der beim Augustusbad gelegenen Restauration zum Feldschlößchen spielte am Sonntag Nachmittage der 17jährige Sohn der Besitzerin Wiltwe Furkert mit einer Flinte und bedrohte im Scherze den mit seinem Vater anwesenden 4 jährigen Knaben des Straßcnwärters Angermann. Unglücklicher Weise war das Gewehr mit Schrot geladen und durch den losgehenden Schuß wurde das Kind im Gesichte schwer verletzt; es mußte sofort behufs ärztlicher Behandlung nach Dresden gebracht werden. Furkert wurde beim hiesigen Amtsgerichte eingeliefert. Freiberg. Vom kgl. Landgericht wurde am 11. September der am 28. November 1857 zu Hart-