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44. Jahrg Donnerstag, den 5. Mürz 1891. Erscheint in Riesa wöchentlich viermal: DienStag, Donnrr-tag, Sonnabend und Sonntag. — Abonnementspreis vierteljährlich I Mark 2S Pfg. — Bestellungen nehmen alle Salserl Poftanstalten, Postboten, die Expeditionen in Riesa und Strehla (E. Schön), sowie alle Boten entgegen. — Inserate, welche bei dem ausgebrciteten Leserkreise eine wirksame Veröffent lichung finden, erbitten wir uns bis Montag, resp. Mittwoch, Freitag oder Sonnabend Vormittag» v Uhr. — JnsertivnSprei» die dreigespaltcne Lorpu-zeile oder deren Raum 10 Pfg. Telegramm-Adresse: „Elbeblatt-, Riesa. Gcschästsstelle: Kastanienstraße SV. Elbckall und Anzeiger. Amtsblatt der König!. Amtshauptmannschast Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaction verantwortlich:T. Langer in Riesa. 3V. Bekanntmachung. Die in Gemäßheit von Artikel II ß a der Allerhöchsten Verordnung vom 21. Juni 1887 — Reichsgesetz-Blatt Seite 245 flg. — nach dem Durch schnitte der höchsten Tagespreise des Hauptmarktortes Großenhain im Monat Januar dss. Js. festgesetzte und um fünf vom Hundert erhöhte Vergütung für die von den Gemeinden resp. Quartierwirthen innerhalb der Amtshauptmann- schäft im Monat Februar dss. Js. an Militärpferde zur Verabreichung gelangende Marschfourage beträgt: 7 M. 56 Pfg. für 50 Kilo Hafer, 3 - 36 - - 50 - Heu, 2 - 2tt,r - - 50 - Stroh. Königliche Amtshauptmannschast Großenhain, am 28. Februar 1891. v. 347. vr. Waentig. Tu. Sonnabend, den 7. März 1891, von Vormittags s Uhr an, sollen im Hotel zmn „Kronprinz" hier i ncusilberne Taschenuhr, 1 Weckeruhr, Kleidungsstücken, 1 Koffer, 1 Wäschschrank, 2 Sopha's, 2 Näh maschinen (eine davon für das Schuhmachergewerbe), 1 braune Kommode, 1 Schreibsecrctair, 17 Bände Brockhaus Conoersations-Lexicon (13. Auflage), 1 Vertico, 1 Regulator, 2 Bettstellen, 1 Deckbette, 2 Kopfkissen, 2 Blecheimer, Bettwäsche, Porzellansachen, hierauf aber denselben Tag, Rachm. 2 Uhr im Gehöfte des Hausbesitzers Herrn Gustav Walther hier, Kastanienstr., 1 Schubkarre, 1 Wanduhr, 1 Tisch, 2 Bettstellen, 4 Stühle, 1 schwarzer Rock u. A. m. gegen sofortige Bezahlung versteigert werden. Riesa, 3. März 1891. Der Ger.-Bollr. des Kgl. Amtsgerichts. Eidam. i———MM— , > - ' Lagesgeschichte. Wir scheinen in eine vollständige Periode der Klärungen eintretra zu sollen. Kaum hat der Reichs kanzler in nicht mißzuverstehender Weise dem Freisinn Absage ercheilt, jo mied auch schon von den „Berl. Pol. Nachr." mitzecheitt, «« stehe in allernächster Zett eine wettere E and gelang bevor, welche die über die Stellung der Regierung zur Arbeiterfrage erregten Jrithümer in der bündigsten Weise beseitigen und Umstellen werde, daß die Ziele der jetzigen Beig- arbeiterbcwegung mit ihrer internationalen sozialistischen Richtung, weil entfernt davon, den Absichten der kaiserlichen Kundgebungen zu entsprechen, sich in diM direktesten Widerspruch mit denselben befinden und die Regierung daher röthigen, mit voller Energie Front gegen diese Bestrebungen zu machen. W.r haben, so meint die „T N" allen Grund, zu glauben, daß diese Ankündigung zutliff nd ist. Der R ichskanzler hat in seinen letzten Reden geäußert, daß er alle seine Schritte auf ihre sozialpolitische Bedeutung hin prüfe. Er hat zugleich aber auch wiederholt aus die Gefahr eines sozialdemok'atischen Umsturzversuches hingewiesen und die Nothwendigkeit betont, sich auch aus den äußersten Fall einer bewaffneten Vertheidigung der Rechtsord nung vorbereiten zu müssen. Diese Auffassung der Lage läßt eine Kundgebung der gedachten Art sehr naheliegend erscheinen. — Auf alle Fälle ist es er freulich, wenn Klarheit der Beziehungen in einer für Alle erkennbaren Weise geschaffen wird. In der Beurtheilung, welche die Absage des Kanzlers iu d.r freisinnigen Presse ersäh t, wachen sich verschiedene Schattirungen geltend, hier eine Art schmerzlichen Verzichtes, welche noch nicht olle Hoffnung aufgiebt, dort ein kampflustiger Trotz. Die „Frers.-Z." vermuthet, der Angriff des Reichskanzlers habe den Zweck gehabt, eine Spaltung (der „Wasserfiies.l" und „Wadenstrümpfe") in ter freisinnigen Partei hervor- zubringen; daS sei aber eine ganz verfehlte Spekulation. Von ultramontaner Seite bemerkt die „Germania", der ganze Vorgang werde üb>rschötzt. Habe doch der Reichs kanzler auch bei dieser Gelegenheit wiederholt, daß er daS Gute nehme, woher es komme, und so bleibe im Wesentlichen di« scharfe Ablehnung gegen tie Methode des Abz. Richter und die Zudringlichkeiten der Frei sinnigen übrig, während nach wie vor keine Partei als solche, wie es in der Sera Bismarck Sitte gewesen, prost,ibirt sein solle. „Wir beweisen, daß die links liberale Zudringlichkeit sich scharf getroffen fühlt, aber nicht, daß nun ein Theil dieser selben Blätter eine scharfe OppostlionSsttllunz betört, während sie doch thateu, als hätten sie sachliche Anknüpfungspunkte mit der jetzigen Regierung. In dieser Beziehung ist doch am Freitag und Sonnabend nicht- gestört worden." Die „Köln. Bolksztg." schreibt: „Die Rede Caprivi'S machte rn dem bitteren Tone ter Enttäuschung den Eindruck, als ob vie Regierung doch anfangs beabsichtigt habe, sachlich den Freisinnigen etwas entge^enzukommen, in der Methode hat sie eS unzweifelhaft gethan, und man kann der freisinnigen Partei und Presse die An- eleunung nicht versagen, daß sie dafür ihrerseits bisher duich eine ebenso sachliche Behandlung sich dankbar erwiesen hat." In der demokratischen „Franks. Ztg." lesen wir: „ . . . Wir nehmer die Dinge, wie st- sind, d. h. die Eiklärungen des Herrn von Capiivi als eine runde und entschiedene Absage an die Linke, die allen Zwei deutigkeiten im Innern eia Ende machen muß. Wie wir den Herrn Reichskanzler bisher kennen gelernt haben, glauben wir bestimmt, daß er sich nicht etwa vom Augenblick hat bestimmen lassen, sondern daß es ihm und vielleicht noch einer höheren Stelle Bedürf- niß gewesen ist, über die Stellung der Regierung klares Licht zu verbreiten. Das war es ja, waS auch wir unablässig von ihr gefordert haben." Das Blatt sieht weiterhin in der Absage den Entschluß, daß die Regierung es aufgegeben habe, den Wiedeistand, auf den sie bei ihren ersten Versuchen mit einem „neuen Kurs" gestoßen ist, unter Anrufung des Volkes zu brechen, baß sie entschlossen sei, sich der Forderung zu fügen, die ihren Ausdruck in der Parole: „Bismarck'- sche Politik ohne Bismarck" gefunden habe. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm soll, wie man sich in Brüssel erzählt, vom König Leopold von Belgien eingeladen worden sein, während des ange kündigten Besuches der Rheinland« für einige Tage des Königs Gast in Brüssel sein zu wollen. Daß die Kaiserin Friedrich die Ruinen von St. Cloud bei Paris b,sucht hat, wird von der französischen Regierung offiziell Lementirt. Nach sicherem Vernehmen betrachtet die Reichs regierung den französischen Zwischenfall als durch die Anordnung der Paßmaßregel erledigt, sofern k ine neueren Zwischenfälle eintreten. Es liegt zunächst nicht in der Absicht, weitere Maßregeln zu ergreifen. Auch soll der französischen Regierung weder eine Note, noch eine anderweitige, den letzten Voifall betreffende amt liche Mittheilung zugestelll werden. Bei der am 28. v. stattgefundenen Ersatzwahl zum Reichstage in Sonneberg hat der freisinnige Kandidat Witte gesiegt. Von angeblich bester Seite wird der „B. B.-Ztg." genuldet: „Der äußere Schein spricht gegen die Mel dung auS Hamburg, der zufolge die Meinungs äußerungen deS Fürsten Bismarck in Zukunft spär licher fließen würden. Die „Hamburger Nachrichten" der letzten Tage enthalten nicht weniger als 5 Artikel, bei denen die Ansichten deS Fürsten maßgebend für Abfassung und Aufnahme gewesen sein mochten. Gleichwohl kann die ersterwähnte Hamburger Meldung eine gewisse Begründung haben. Wir glauben auS lauterster Quelle zu schöpfe», wenn mir mittheilen, daß ein freundschaftlicher Gedankenaustausch zwischen Berlin und griedrichsruh erfolg ist, — wenn auch nicht in den „letzte» Tagen", s" doch in einer Zeit, die auf das E> scheinen der vielbe merkten Stellungnahme der „Hamburger Nachrichten" gegen wichtige Theile der preußischen Reform- und gegen die deutsche Handelspolitik folgte. Ebenso zu treffend dürste unsere Jnfoimation weiterhin sein, welche bestätigt, daß Fürst Bismarck sich dagegen ver wahrt habe, seinem Nachfolger in der Regierung Schwierigkeiten bereiten zu wollen. Man darf sich der Erwartung hingeben, daß der einmal wieder an geknüpfte Verkehr zwischen Berlin und Friedrichsruh zur Folge hat, daß der Altreichskanzler die Intentionen seines Nachfolgers feiner hin aus unmittelbaren Mit- theilungen zu beurtheilen in der Lage bleibt und daß nun auch die auf ihn zurückgeleiteten Kundmachungen der Presse vor mißverständlichen Auslegungen geschützt sein werben." EL muß abgewartet werben, wie weit sich diese Mittheilung bestätigt. Der „Magdeb. Ztg." schreibt man aus Berlin „Wie nachträglich bekannt wird, hatten die ersten Nach richten über die Vorgänge in Paris in hiesigen höchsten Keeisen eine hochgradige Erregung und Verstimmung hervorgerufen. Man war im ersten Augenblick bereit, die Pariser Ausschreiiungen durch sehr ernste Maß regln zu beantworten, doch ist man noch näherer Kenntnißnahme der Einzelheiten davon zrnückgekommen. Immerhin werden die Bestrebungen auf Herbeiführung b.sftrer Beziehungen zwischen Deutschland und Fraik- reich, welche von hier aus so eifrig angeregt und ge fördert worden waren, vorläufig ruhen." Betreffs der Arbeiterentlassungen auS den Militär werkstätten in Spandau glaubt der „A. f. H." bestimmt zu wissen, daß die Betriebseinschränkungen nur von vorübcrgrhender Dauer siin würden. An zuständiger Stelle soll auch in Erwägung gezogen sein, ob es sich nicht durchführen ließe, den Betrieb in den Königlichen Fabriken beständiger zu g> stallen und die Nachtarbeit nicht wieder einzuführen. Aus der Gewehrsabrik sollen gegen 2000 Arbeiter, aus den ander« n Fabriken etwa ebensoviel Personal entlassen worden sein. Eine Ver mehrung des ArbeiterpersonalS steht jedoch für Spandau wieder in Aussicht: die Armeekonservenfabrik wird allein 800 Personen Arbeit geben. Vom Reichstag. Das Hau» setzte am Montag die 2. Berathung deS Militäretats fort. Zu Kap. 32 Tit-l 3 beantragt di« Commission, statt der von der Regierung für alle berittenen Offiziere geforderten Ver gütung zur Beschaffung von Dienstpserden diese Vergütung nur für die Offiziere der Fußtruppen vom Sekoode- lieutenant bis zum Regimentskommandeur ausschließ lich sowie für die Adjutanten der Feldartillerie zu be willigen. Dadurch werden für Preußen 1,146,698 Mark erspart. Kriegsminister v. Kaltenborn: Di« ve.bündeten Regierungen könnten sich entschließen, von dem System der Äeldrationea abzugehen, wenn die