Volltext Seite (XML)
MMeMiM MM Erscheint wöchentlich drei Mal: Dinstags, Donnerstags und Sonnabends. Preis vierteljährlich 1 Mark, durch die Post bezogen 1 Mart 25 Pf. — Einzelne Nummern 8 Pf. — Jnsertionsgebühren pro kleingespaltene Zeile für Abonnenten 7 Pf., für Nichtabonnenten 10 Pf. Bei mehrmaliger Insertion entsprechender Rabatt. — Jnseraten-Annahme bis Abends 5 Uhr des vorhergehenden Tages. — Rsclamen im Redactionstheil pro Zeile 20 Pf. — Geeignete Beiträge sind stets willkommen. 14. Für August und September werden Abonnements zum Preise von 7V Pf. frei in's Haus, bei Abholung zum Preise von KV Pf. von den Austrägern wie in der Expe dition jederzeit entgegengenommen, und erhalten neu eintretende Abonnenten den Anfang der Er zählung, soweit der Vorrath reicht, wie die bis 1. August noch erscheinenden Nummern gratis geliefert. Exp d. „Waldenburger Anzeiger," Obergasfe 41. Politische Rundschau. *Waldenburg, 31. Juli 1878. Die Wahlen haben nun im ganzen Deutschen Reiche stattgefunden. Noch sind wir nicht im Besitze von Nachrichten, die über das allgemeine Resultat Meldung bringen, sodaß über den Aus fall der Wahlen noch nicht geurtheilt werden kann. Muthmaßen läßt sich zwar, daß im Großen und Ganzen wohl die Conservativen auf Kosten der Nationalliberalen sich verstärkt haben werden, daß sie aber noch lange nicht eine Partei von solcher Stärke bilden werden, auf welche sich die Reichsregierung stützen könnte. Und grade das war der Hauptzweck der Reichstagsauflösung, die somit ihren Zweck verfehlt haben dürfte. Die Ultramontanen werden in der alten Stärke wie der in der Arena erscheinen, vielleicht auch die Fortschrittspartei, die Nationalliberalen werden möglichenfalls in Alt- und Neuliberale getrennt werden, während die Socialdemokraten wohl einige Sitze verlieren dürften. Etwaige Wahl- resultate, die heute Nachmittag noch eingehen, werden wir weiter hinten unter eigner Rubrik bringen. FkMtton. Die Engelsstimme. Erzählung von Kans Wachenl-nsen. lFortsetzung.) Voll freudigster Ueberraschung schaute die Mutter sie an. In diesem Augenblick war's ihr, als sei Alles gut. Botmer trat ihr entzückt entgegen. Er durfte ihre Hand nehmen und an die Lippen führen. Er hörte ein „herzlich willkommen!" von ihren Lippen; er achtete in seiner Freude nicht darauf, daß der Druck seiner Hand nicht erwidert ward. Er schien das Herz so voll zu haben, und das füllte nur die Wonne des Wiedersehens aus. Die Mutter ließ sie Beide allein. Sie ging, um unbemerkt ihre Freudenthränen zu weinen. Elsbeth schien diesmal damit zufrieden. Sie duldete, daß Botmer sich neben sie auf das Sopha setzte, und blickte ihn so offen und ernst fragend an, hörte ihm so zufrieden zu, als sei auch sie glücklich in diesem Wiedersehen. „Ich bin auch während meiner kurzen Abwe senheit so voni Glück begünstigt gewesen," erzählte er mit glänzenden Augen, „daß ich wirklich schon anfange, mich vor meinem Glück zu fürchten ..." Donnerstag, 1. Augnst Der Kaiser ist am 29. Juli um 12'/e Uhr mit der Großherzogin und der Prinzessin Victo ria von Baden im strengsten Jncognito von Groß beeren nach Teplitz abgereist, woselbst die An kunft '/.Z Uhr erfolgte. Am Tage vorher em- fing der Kaiser auf Babelsberg sämmtliche in Berlin anwesende Mitglieder des Staatsministeri ums und richtete eine längere Ansprache an die selben, der man eine besondere Bedeutung bei legt. In Teplitz sind großartige Vorbereitun gen zum Empfange getroffen worden. Die Stadt war reich geflaggt, vorwiegend in den preußischen und den deutschen Farben, und allerwärts mit Kränzen und Guirlanden decorirt. Der Bahn hof, auf welchem der kaiserliche Zug hielt, war durch die Feuerwehr vollkommen abgesperrt. Der Zug hielt unmittelbar vor dem Ausgange des Bahnhofes, von dem ein aus exotischen Gewäch sen und Blumen gebildeter Weg, in dessen Mitte ein aus Kornblumen gefertigtes prangte, nach dem kaiserlichen Hofwagen führte. Vordem Bahnhofe wurde der Kaiser von den Spitzen der Behörden und den Gemeindevertretungen von Teplitz und Schönau unter Führung des Statt halters von Böhmen begrüßt. Vom Bahnhofe aus fuhr der Kaiser im offenen Wagen nach dem Herrenhause, überall von der dichtgedrängten Volksmenge mit enthusiastischen Kundgebungen empfangen. Im Herrenhause war Fürst Clary zur Begrüßung des Kaisers anwesend, vor dem Herrenhause war eine aus dem bürgerlichen Schützencorps gebildete Ehrenwache aufgestellt. Bei Ankunft des Kaisers wurde auf dem Herren hause die kaiserliche Fahne aufgehißt. Bald nach seinem Eintreffen im Herrenhause erschien der Kaiser auf dem Balcon und wurde mit unauf hörlichen jubelnden Zurufen begrüßt. — Der Auf enthalt des Kaisers in Teplitz soll bis 22. Au gust dauern und demselben unter sonst günstigen Verhältnissen eine Nachkur in Gastein folgen. Elsbeth schlug betroffen das Auge nieder; sie wußte, wie sehr er Ursache hierzu habe. „Die Engagements, in die ich mich vor der Abreise noch einließ, sind wunderbar reich für mich ausgefallen. Sie sagten mir, Elsbeth: wage! und ich that es im Vertrauen auf den Schutzgeist, den ich hier zurücklasse. Ich habe bereits genug für nicht nur ein forgloses, sondern ein ziemlich glänzendes Leben. Ich will mein Glück nicht mehr auf die Probe stellen, denn nimmer würde es so fortgehen können. Ich kehre vom Rhein zurück. Ich habe mir dort ein schönes Landhaus mit allem Comfort, herrlichem Garten und pracht vollem Blick auf den Strom erworben, das ich Ihnen, Elsbeth, zu bieten wage, sobald mich das einzige beglückende Wort hierzu berechtigt, auf das zu hoffen Sie mir den Muth gegeben. Ich denke mir, fern von allen Geschäften, die mich doch Tag und Nacht in fieberhafter Spannung erhalten, ein Leben voll Wonne nnd Glückselig keit, das zu theilen ich auch ihren Eltern Vor schlägen würde, wennesderVater über sich gewinnt, einer Amtsthätigkeit zu entsagen, die seinem Alter bereits drückend zu werden scheint ... Ich will Sie nicht drängen, Elsbeth, Ihren Entschluß nicht überstürzen, will Ihnen nicht ausmalen, wie ich mir dieses Leben in unmittelbarer Beziehung zu der schönen Gottes-Natur, im Verkehr mit frohen, zufriedenen Menschen vorstelle! Ihr Herz, Els beth, soll sprechen, wenn es die Zeit gekommen 1878. Aus staatsanwaltschaftlichen Kreisen verlautet Folgendes: Neben den zahlreichen durch die sozialdemokratischen Organe publizirten Unter stützungen, welche der sozialdemokratischen Agitation zufließen, erhält diese Agitation Sei tens sehr wohlhabender Leute, welche jedoch nicht wünschen, daß ihre innigen Beziehungen zur Sozialdemokratie bekannt werden, namhafte, ja sehr bedeutende Zuschüsse. So ist nunmehr er mittelt worden, daß ein früher in Frankfurt a. M. ansässig gewesener, sehr reicher Mann, der gegenwärtig in Hamburg als Rentier lebt, seit Anfang Juni für Wahlzwecke und sonstige Agita tionsmittel im Interesse der Sozialdemokratie, ferner in der Form von Darlehnen, Vorschüssen und Geschenken an die sozialdemokratische Partei aus seiner eigenen Kasse zusammen 30,000 Mark verwandt hat. Dieser so bedeutenden Beiträge ist bisher in keinem sozialdemokratischen Organe irgend welche Erwähnung geschehen, trotzdem diese Organe zum Beweise der regen Betheiligung der Bevölkerung an der Agitation die eingegangenen Geldbeträge regelmäßig veröffentlichen. Neben jenem reichen mit den Sozialdemokraten sympa- thisirenden Herrn, giebt es noch andere wohl habende Leute, welche im Geheimen die sozial demokratische Agitation unterstützen. So wird das kommunistische Blatt „Egalitö" in Paris an geblich von einzelnen der deutschen sozialdemo kratischen Partei angehörigen wohlhabenden Per sonen durch namhafte Beträge fortdauernd unter stützt. Die von Fürst Bismarck angebahnte Confe- renz der deutschen Finanzminister in Hei delberg wird nächsten Montag stattfinden. Es wird sich namentlich um Besprechung der geplan ten Steuerreform handeln. Wie das „Deutsche Mont.-Bl." erfährt, beab sichtigt die deutsche Reichsregierung eine Anzahl von Mitgliedern des kaiserlichen Patent ¬ glaubt, aber ich bin kühn genug, in Ihren schönen Augen lesen zu wollen, daß ich auch ferner hoffen darf und daß der Moment nicht allzu fern . . ." Ihm war's, als umwölke sich Elsbeths Stirn. Er unterbrach sich plötzlich, schaute sie innerlich bebend an. Elsbeth war in der That in einer Aufregung, die zu beherrschen sie Mühe koste'e. Ihre Hand zitterte, wie sie in ihrem Schooße lag, sogar die Rose an ihrem Busen. Sie hatte aber Geistesgegenwart genug, sich durch eine schnelle Bewegung Herauszureißen, denn sie fühlte, daß Botmer betroffen war. „O, fürchten Sie nichts!" sagte sie lächelnd aufschauend, jedoch seinen Blick vermeidend. „Sie sind so edel, Botmer, so aufopfernd in Ihrer Herzensgute! Verzeihen Sie einem Mädchen die Ueberrafchung! Ich sagte Ihnen ja schon, ich bin oft recht kindisch und man muß viel Nachsicht mit mir haben . . . Meine Gedanken waren eben . . . Sie schilderten mir meine Perspective, die zu fassen mir so überwältigend . . ." „Es war verzeihlich, Fräulein Elsbeth!" sagte Botmer niedergeschlagen, denn es war ihm, als meine er, ihre Gedanken müßten ganz anderswo gewesen sein als da, wohin er sie zu führen in so freudigen Worten versucht. „O nein, nicht verzeihlich, Botmer!" Sie reichte ihm die Hand, die er furchtsam in der seinigen behielt, deren Wärme aber electrisch und wieder- belebend auf sein Herz wirkte. „Es war kindisch,