Volltext Seite (XML)
— ^1Z0. DienStag, 8. August 1848. Dresdner Journal Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Karl Biedermann. Preis für »a« Virrktljahr Tblr. ZnskrtionSzrdäb» re» färdrn Nci'u« «inrr geiraNrae» Zeile S Pf. Dieses Blatt erscheint täglich AdrndS nnd ist bnrch alle Poft- anllalten de« I». «d «»»lande« t» beziehen. Anzeigen aller Art für daS Abend-erscheinende Blatt werden bi- 12 Uhr Mittag- angenommen. Inhalt. Das Dresdner Vogrlschlirßrn. — Tagesgeschichte: Dresden: Sitzung der zweiten Kammer; Widerlegung eine« Gerüchts; Kommunalgardrn,Verein. Crimmitschau: Selbstmord; FeuerSgrfahr; konstitutioneller Verein. Berlin. Schweidnitz. Oldenburg. Lpenrade. Frankfurt. Mannheim Wien. Pesth. Lombardei. Mailand. Verona. Rom. Paris. — Feuilleton. — GrschäftSkalender.—OrtS- kalender. —Angekowmene Reisende. Bekanntmachung. Es hat sich das Gerücht verbreitet, daß mehrere Kinder hiesiger Einwohner spurlos verschwunden seien. Die unter zeichnete Behörde, welcher daran gelegen ist, über den Grund oder Ungrund dieses Gerüchtes naher unterrichtet zu werden, um nach Befinden die in einem Theile des Publikums entstandene Besorgniß widerlegen zu können, fordert hiermit Jedermann, welcher über das Verschwinden eines Kindes Nachricht erthcilen kann, auf, hierüber ungesäumte Anzeige zu erstatten. Da übrigens wahrzunehmen gewesen ist, daß häufig Kinder des jugendlichsten Alters auf den Straßen ohne alle Aussicht gelassen werden, sieht man sich Seiten der unterzeichneten Stadt-Polizei-Deputation veranlaßt, Eltern und Alle, denen eine solche Aufsichtsführung obliegt, vor fernerer Vernachlässigung ihrer diesfallsigen Verpflichtungen mit dem Bemerken zu verwarnen, daß vorkommenden Falls strafend wider sie verfahren werden wird. Dresden, den 7. August 1848. Pie Stadt - Polizei - Deputation. Müller. Das Dresdner Vogelschießen. Das JahreSfest der Dresdner, das Vogelschießen, ist wieder da, zur Freude der Lustigen, namentlich der der elterlichen Zucht und Auf sicht entwachsenen Jugend, zum Aerger aller Ruhe liebenden Bewoh ner der Rampischen und der Ziegelgasse. Es ist wieder da so lärmend und so glänzend, wie nur je. Wenn man hinauSgeht und sieht die Masse der Buden und Zelte, daS immerwogende Gedränge der Men schen, die unendliche Konsumtion des BierS, der Bratwürste und der Beefsteaks, so verräth einem Nicht« von alle Dem, daß wir im Jahre der Noch und der Revolutionen, im Gnadenjahre 1848 leben. Sel ber die Gespräche, die man mit anhört, verrathen die Zeit kaum ander-, ul- daß sich mitunter ein schlechter Wih auf dieselbe mit hineinmischt. Gott sei Dank, das Vogelschießen ist noch nicht politisch geworden. E- ist Das heut zu Tage ein entschiedener Vorzug. Doch wir sprechen davon später, wenn wir unS am Schluffe des Feste- bemühen werden, alle die einzelnen Züge, die wir bemerkt haben, zusammenzufassen und so ein Bild de- Ganzen zu gewinnen. Wenn ich nun ein gründlicher Berichterstatter wäre, so sollte ich den Leser erst durch einen historischen Ueberblick in den Stand setzen, das Vogelschießen „in seiner organischen Entwickelung" zu begreifen. „Schon bei den Völkern des AlterthumS", könnte ich beginnen, „schon bei den Völkern deS AlterthumS kannte man die'Kunst de- Schießen-." Ich könnte nun Juden und Heiden nach Gefallen citiren und mit be lesener Gelehrsamkeit eine Geschichte der Geschütze von der grauen Vorzeit durch alle Epochen de- Mittelalter- hindurch bi- auf unsere Tage herab mit einflechten. Aber so gelehrt bin ich nicht und zu mei nen Lesern habe ich da- gute Zutrauen, daß sie oberflächlich genug sind, nm sich mit dem Vogelschießen, wie eS ist, zu begnügen, ohne sich dämm zu kümmern, wie e- so geworden ist. Also man merkt dem Vogelschießen die Noth der Zeit scheinbar nicht an. Auch diesmal hat es uns wieder eine Unmasse von Frem den gebracht. Ein unglücklicher Lausitzer, den ich sprach, hatte am Abend in 8 Gasthöfen umsonst nach Unterkommen gefragt und war endlich in stiller Resignation wieder auf die Vogelwiese zurückgekehrt. Die Außenseite der Menschen, namentlich der Frauenzimmer, ist nicht weniger herau-staffirt, al- andere Jahre. Man weiß, was unsere DreSdnerinnen darauf halten, wenn auch nicht gut, so doch wenigßens mit einem gewissen LuxuS angezogen zu sein. Auch die RestaurationS- zelte waren gestern am Sonntage dicht gefüllt, am meisten da- große Zelt de- Waldschlößchen-, wo Fel-ner sein ei-gelagerte- Bier schenkt. Zweitausend Menschen finden dort gewiß Platz. Wechseln dieselben alle halben Stunden, und rechnet man täglich nur 8 Stunden, wo eS voll ist, so laben sich dort den Tag durchschnittlich 32,000 Menschen an der Erfindung deS König- GambrinuS. Wenn Jeder davon nur ein Töpfchen trinkt, so macht Da- während der 8 Tage de- Schie-eu- doch 256,000 Töpfchen, und angenommen, daß auf der ganzen Wiese nur viermal soviel Bier getmnken wird, wie in dem Zelte de- Wald- schlößchen-, was gewiß nicht zu viel ist, so beträgt die Bierkonsumtien immerhin über eine Million Töpfchen. Dazu der Grog und Punsch, Wein und Liqueur, den Kaffee nicht zu vergessen, da- Zuckerwaffer und die Limonade, wahrhaftig keine ganz geringe Konsumtion von Flüssig keiten Aber hier wird e- auch sein, wo sich die Ersparntß am letzten geltend macht. Die Inhaber der Würfel- und der Schaubuden da gegen klagen gewaltig über schlechte Geschäfte. Wa- die Schaubuden anbetrifft, so erklärt sich Da- freilich zum Theil au- der großen Kon kurrenz, die sie sich gegenseitig machen, e- sind ihrer gewiß über ein Dutzend. Wir haben unser Möglichste- gethan, um sie alle durch zugehen und unsern Lesern schon heute einen Bericht abstatten zu kön- ' nen, auf dessen Rath hin sie sich in den nächsten Tagen diejenigen