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Die Rekordsahri des „Graf Zeppelin" von Friedrichshafen nach Tokio. Mit der Bewilligung der Riefenflrecke von Friedrichshafen bis Tolio in rund 100 Stunden hat das deutsche Luftschiff .Graf Zeppelin- eine Rekordleistung vollbracht, die bisher weder ein Flugzeug, noch der schnellste Dampfer, noch die Eisenbahn aufzu weisen hat. Tie schnellsten Dampfer der Linien, die den Verkehr zwischen Europa und Ostasien ausrechlerhalten, benötigen von London aus eine Fahrtdauer von durch schnittlich sechs bis sieben Wochen. Mit der Eisenbahn braucht man unter Be nutzung der transsibirischen Route von Friedrichs hafen bis Tokio unter normalen Verhältnissen 14 Tage. Alle Langstreckenrekorde, die bisher von Zeppelin-Lustschiffen oder von Lustschiffen anderer Länder aufgestellt worden sind, sind gleich falls durch den Tolioflug geschlagen worden. Tie Fahrten deS „2. R. Ill-, der jetzigen „LoS Ange le»", und die de» „Graf Zeppelin" von Friedrichs hafen nach Lakehurst waren wesentlich kürzer. Die letzte großartige Leistung des Luftschiffes ist um so höher anzuschlagen als der ,,Graf Zeppelin" nach seiner Landung in Tokio noch einen recht beträchtlichen Vorrat an Benzin aufzuweiscn Halle. Wenn also die Winde, die zeitweilig dem Luftschiff bei nur 70- bis 80prozentiger Ausnutzung dec Ma- schinenkrast eine Geschwindigkeit bis zu 120 km die Stunde ermöglichten, nicht so günstig gewesen wären, hätte da- Schiff dennoch sein Ziel er reichen können. Auch de flugtechnische Glanz- leistung deS deutschen Krieasluftschiffes „I, 59", das im Jahre 19l7 von Bulgarien nach Afrika flog, um Lettow-Vorbeck mit Munition unv Medi kamenten zu versorgen und das in 96 Stunden über 7000 km zurücklegte, ist durch die Ostasien- fahrt deS „Gras Zeppelin" weit übertroffen worden, denn die Flugstrecke, die der „Graf Zeppelin" bewältigt hat, ist nahezu doppelt so groß. Interessant ist noch ein Vergleich mit den Flügen nach Ostasien, die von Flugzeugen bewerk stelligt worden sind. Man erinnert sich noch, daß die beiden amerikanischen Flieger Brock und Schlee 19 Tage brauchten, um mit einem Flug zeug von London nach Tokio zu gelangen, und der Ozeanflieger Frhr. v. Hünescld benötigte sogar einen vollen Monat. Sie Vegeifierun« in Tolio. Reto York, 2». August. .Associated Preb" berichtet aus Tokio, »ab die vtgeistrrungsitrnk«, die sich in der Haupt, stadt Japans bei der «nkunst deS „Graf Zeppelin" abspielte«, wohl lange unvergessen bleiben wer» de«. Als das Heulen der Sirenen die «nknnst d,S Lnftjchtfs» anlündigte, ließ jedermann die Arbeit liegen und eilte, nm sich aus einem HanSdach oder einem sonstigen Aussichtspunkt eine« Platz zu sichern. DaS Luftschiff flog in Begleitung der drct zu seiner vegrühung a»S. gesandte» Flngzeuge in großen «reisen so lang sam und in so geringer Höhe über dem Innern der Stadt dahin, daß die Gondeln und der LchissSname deutlich zu erkennen waren. Die Menge begrüßte daS Schiss mit Händeklatschen und durch Winken mit Tüchern. DaS Lustschiss flog zunächst nach Jokohama weiter, um 2S Minuten später zurücktukrhre« «der dem Flugplatz «asumigaura lag eine von der Hitze hervorgernfrne dünne Dunflschicht, die die Sicht kiutgrrmaße« beeinträchtigte. Schließlich tanchte daS Luftschiff über den Feldern ans nnd wurde vo« de« Masse« mit brausende« va«zai.R«se« begrüßt, Matt«e. kapell, spielt» die de«tsche Rational, Hymne nnd gleichzeitig dröhnte« die Moton« ,i«e» weitere» Fl«gs»»ggksch»ad«rS, daS sich zur Begrüß»« erhob. Bei diese» Masch'»»» besa»d sich »ch da» FI«g»k«g .««wpa , dem Hüarseld «m vergaage«»« J«h« von Europa nach Tokio gesloge» ist. Die nächste «tappe Tokio-LoS Angeles, zu der daS Lustschiss Voraussicht, lieh am Donnerstag starte» wird, dürste etwa vier Tage in Anspruch nehmen. Vorbereitungen für die Weiterfahrt. Tokio, 20. August. DaS Luftschiff „Gras Zeppelin" ist auch weiterhin der Mittelpunkt deS öffentlichen Interesses. Sofort nach seinem Einbringen in die Luftschiff- Halle wurde begonnen, die Brennstoff, und Trag- gaSvorräte wieder aufzusüllen. Man rechnet da mit, daß diese Arbeiien morgen beendet sein werden. Wenn das Welter günstig ist, wird das Luftschiff am Donnerstag früh zur dritten Etappe seinerWeltreise starten. Inzwischen werden den Offizieren und der Mannschaft des „Zeppelin»" die Sehenswürdig keiten der Stadt gezeigt und Unterhaltungen ge boten. Ter Kaiser hat durch den Verkehrs- Minister vr. Eckener und elf Mann seiner Besatzung silberne Vasen überreichen lasten, die mit den kaiserlichen Chrysanthemen geschmückt sind. * Französische Blätterstimmen zum Zeppelin-Flug. Die meisten Pariser Blätter begnügen sich damit, die Telegramme über den glücklichen Verlauf der Zeppelinfahrt nach Tolio, die auch den begeisterten Empfang in Japan schildern, wiederzugeben. Ter „Mat in" bezeichnet die Zmücklegung der Strecke Friedrichshafen —Tokio als eine prachtvolle Tat, während der „Figaro" von einer prächtigen Überquerung Europa» und des asiatischen KontinenIS spricht. Der „Petit Parisien" erktäite, Or. Eckener, ein Luftschiff- sührer ohnegleichen, hat den Sieg über die Elemente davongelrogen. TaS „Oeuvre" schreibt: Die Fahrt Friedrichshafen—Tolio ist mehr als eine Tat, sie ist ei« Triumph. Der Flug um die Welt bedeutrt die Herstel lung regrluMigrr Lustvrrbinkunge« zwischen Deutschland und Japan und zwischen Deutsch, land und Amerika Deutschland steht a« derSPitze deS Fortschritte» der HandrlSluftschissahrt. Ter „Sxzelsi or" schreibt: Erkennen wir an daß der „Graf Zeppelin" eine einzig da- stehende Leistung vollbracht hat. Ter „Ami du Peuple" sagt: Bon Friedrichs- Hafen nach Tokio in vier Tagen, während die schnellsten Dampfer mehr als 40 Tage brauchen: an der Gegenüberstellung dieser beiden Ziffern wird in weitestem Maße bester al» durch alle anderen Argumente der Wert der Leistung be schrieben, die vr. Eckener vollbracht hat. Amerikas Begeisterung über ven Zeppelinstug. New York, 20. August. Die über alles gelungene Fahrt des deutschen Luftschiffes „Gras Zeppelin" von Friedrichshafen nach Tokio hat in der gesamten amenkanischen Öffentlichkeit höchste Begeisterung aukgelöst. Die großen Zeitungen veröffentlichen ununterbrochen Extraausgaben über die Ankunft und Landung deS Luftschiffe». , Londoner preffestimmen. London, 20. August. Der schnelle und erfolgreiche Verlaus de» zweiten Teile» de» Weltfluge» de» „Graf Zeppelin von Friedrichshafen nach Tokio findet in den eng lischen Abendblättern einen ziemlich bescheld««en Widerhall. Die Länge der Berichte wie ihre Aus machung und Placierung deuten nur auf ein zweitklassiges Ereignis hin. Tiese geringe Beachtung mag zum Teil mit technischen Gründen zusammenhängen wegen deS späten Einlaufens der Nachrichten. Sie ist aber wenigsten» bi» zu einem gewissen' Grade beeinflußt durch daS Bestreben, den beiden immer noch nicht fertigen eigenen Luftschiffen nicht bereits vorher alle Ruhmes- Möglichkeiten zu nehmen Beiden Luftschiffen ist stillschweigend die Aufgabe zugedacht, dem deutschen Zeppelin den Rang abzuloufen. Gin deutscher Sieg. Im vorigen Jahre flieg Nobile mit seinem Lufischiff zum Nordpol auf. Au» Stolp in Pommern übermittelte uns daS Radio alle Einzel heiten der Abfahrt. BorsLußlorbeere« wurden in gewaltige« Mengen ausgeieü» Eta vom Papst gesegnete» Kreuz wurde für den Abwurf am Nord pol mitgenommen und die italienische Fahne sollte über ihm an dem Tage wehen, wo Italien in den Krieg eingetreten war. Mussolini hatte schon entsprechende Reden gehalten und das faschistische Italien hoffte auf einen gewaltigen Prestigesieg. AlS Gras Nobile heimkehrte, gab es keine Fahnen weihe und keinen Radioempsang mehr. In der Nacht des Mißerfolges endigle die Expedition. Bei der Fahrt deS „Grafen Zeppelin" über den asiatischen Kontinent gab r» keine Vorschuß lorbeeren. Fast in der Stille, möchte man sagen, vollzog sich die Abfahrt. Nur die Tatsache wurde mitgeteilt, und der eine oder andere Berich« von unterwegs gegeben. EmpfangSbegeisterung und Radioempsang setzten erst nach vollendeter Fahrt ein. Und jetzt übersieht man auch erst die ganze Größe der Leistung. Von Friedrichshafen bis Tokio in vier Tagen! Tie sibirischen Schnellzüge brauchen sür diese Strecke vierzehn Tage. Benutzt man den Dampfer, so dauert die Reise sieben Wochen. Wenn je, dann erleben wir eS bei dieser Gelegen heit, in welch märchenhaftem Ausmaß moderne Technik Entfernungen verkürz«. Tie Begeisterung in Tokio versteht man. Japan ist dem euro päischen Kontinent um 75 Proz. nähergekommen. Natürlich läßt sich jetzt noch nicht im einzelnen sagen. waS sich für praktische Folgerungen aus der hier zum erste» Male bewiesenen Möglichkeit eines LuftschiffverlehrS über den asiatischen Kontinent hinweg ergeben werden. Aber alle Welt ahnt, daß wir am Anfänge ganz neuer Entwicklungen stehen. Gelegentlich der Amerikareise de» „Zeppelin" gab e» Zweifler. Dampfschiff und Flugzeug schienen nicht viel weniger zu leisten. Tie Fahrt über Asien läßt sich von keinem anderen Verkehrs mittel nachahmen. Ta» Flugzeug braucht unter wegs Stützpunkte und bleibt deshalb von allerlei wirtschaftlichen und politischen Bedingungen ab hängig. „Graf Zeppelin" dagegen ist al» wahrer Souverän ter Lust in der ganzen Läng-richtung von einem Ende Asiens zum andern geflogen. Er hat eine wahrhaft direkte Verbindung zwischen Berlin und Tokio geschaffen; eine verkehr-technische zunächst; daß damit aber zugleich kulturelle, wirt schaftliche und politische gegeben sind, liegt auf der Hand. Die Lustschiffhalle in «asimugaura hat früher in Jüterbog gestanden- Al« wir sie 1922 an Japan abliefern mußten, wer hätte daran gedacht, daß ein deutscher Zeppelin in direktem Fluge von Teutschland au» diese» Werk deutscher Hände auf japanischem Boden Wiedersehen würde. So hat sich da» Werk Zeppelin» selbst übertroffen. Gewiß werden künftig bei Luftfahrten über Asien nicht immer die gleichen günstigen Bedingungen bestehen. Aber da» Luftschiff kam auch noch mit so großen Kraft- reserven in Japan an, daß es ohne Zweifel mit erheblich größere« Schwierigkeiten hätte fertig I «erden könne». Ter „Gras Zeppelin" hat immer gehalten, was er versprach; auf seiner ersten Amerikafahrt hatte er eine Havarie, wie sie auch der größte Ozeandampfer haben kann, auf der abgebrochene» Amerikafahrt dieser Frühjahrs war er das Opfer eines mißglückten Experiments, dessen Ausgang nicht zu Lasten des Systems geschrieben werden kann. DaS System hat sich bewährt — und nicht erst in den letzten beiden Jahren. ES hatte seine Vollkommenheit schon erreicht in jenem Jahr 1917, als ein Marinezeppelin von Bulgarien nach Zen- traiafrika und zurück flog, über eine Strecke von 7000 km ' Der „Graf Zeppelin" wird weitere Beweise seiner Zuverlässigkeit erbringen, da» ist seine Ausgabe. Aber das Maß der Beweise ist schon jetzt voll. ES ist endlich an der Zeit, die praktischen Folgerungen aus seiner Entwicklung zu ziehen, vre auf zweieinhalb Jahrzehnte ziel- bewußter Arbeit zurücksieht. In Amerika wird Eckener mit dortigen Finanz- leuten verhandeln, auch die Japaner werden in dem Besuch nicht nur einen Akt der Höflichkeit sehen Und Deutschland? Soll gerade Deutsch land darauf verzichten, seinen Zeppelinen den Weg zum Weltverkehr zu eröffnen? Sollte sich in Deutschland keine Finanzgruppe finden, die energisch den Bau von Zeppelinen betreibt, damit endlich einmal eine Lustschrffflotte vorhanden ist, mit der ein regelmäßiger Streckendienst aufgezogen werden kann? Die neue Arheitslosenver-rdmm-. A«» de« «ntnnrrs der «eich-regier*»«. Berl«»-, 20. August. Über den Juhalt des gestern vom Reichs- kabinett verabschiedeten Gesetzentwurfs zur Reform der Arbeitslosenversicherung, au» dem von amt licher Seite noch keine Einzelheiten bekannt- gegeben sind, teilt der Demokratische Zeitungs dienst u a. mit: Ter vorliegende Gesetzentwurf enthält 67 Än derungen und eine ausführliche Begründung, in der die finanzielle Lage der Rcicksanstalr sür Arbeitslosenversicherung geschildert wird. Auf Grund der gemachten Erfahrungen hat das Arbeits- Ministerium in dem Entwurf weiterhin Neu fassungen vorgenommen, die den Mißbrauch der Arbeitslosenversicherung ausschließen sollen Bei den vorgeschlageren Änderungen handelt es sich um vier Hauptpunkte und zwar um die Veränderung der Wartezeit, um die Anrechnung der Renten, um die Neuordnung auf dem Gebiete der Kranlenoersicherung und schließlich um die allgemeine Staffelung bei den Saisonarbeitern. Für diese vier Punkte ist eine finanzielle Berechnung über die Hohe der Ersparnisse dem Entwurf beigegebsn. Tiefe Berechnung ergibt, daß zum wesentlichsten Teil daS vorhandene Defizit von 270 Millionen beseitigt wird — dieses Defizit wird aber nicht ganz beseitigt, eS bleibt vielmehr eine Lücke, und diese Lücke zu schließen, ist die Aufgabe der gesetzgebenden Körperschaften, de» ReichSrat» und deS Reichstags Die finanzielle Neugestaltung der Arbeitslosen- Versicherung ging aus von einer Arbeitslosigkeit von 1,1 Millionen; sür die fünf Wintermonate vom 1. November bi» 31. März ist mit 1V- Mil lionen Arbeitsloser gerechnet. Der Gesamtaufwand sür die Arbeitslosenversicherung wird aus 1l19 Mil lionen beziffert. Tavon sind bisher eingegange« 840 Millionen. Ter Gesetzentwurf sieht eine Beitragserhöhung um >4 Prozent vor, und zwar ist diese Erhöhung auf 1^ Jahre begrenz». Durch die Beitrags erhöhung werden jährlich 140 Millionen Mark mehr aufkommen. Ta- sind insgesamt 980 Millionen« Der Rest muß durch Ersparnisse, wie sie der Ge setzentwurf Vorschläge, zu decken sein. Die Neu ordnung der Arbeitslosenversicherung soll mit dem 1. November 1929 in Krast treten. Hoch keine Tariferhöhung der Reichsbahn. Berlin, 19 August. Wie wir von zuständiger Stelle erfahren, ist die Frage einer Tariferhöhung der Reichsbahn noch nicht entschieden. Bei der von einer Berliner Abend- zeituna erwähnten Besprechung hat e» sich lediglich um die rein technische Frage gehandelt, wie eine etwaige Tariferhöhung im Falle der Genehmigung durchzuführen sein werde. ES handelte sich ledia- lich um eine vorbereitende Besprechung. Die Deutsche Reichsbahngesellschast ist darüber unter- richtet, daß eine Entscheidung nicht vor dem 15 Sep tember dieses Jahre» zu erwarten ist. Sächsische Slaalszeümg Staatsaryerger für den Zreistaat Sachsen Nr. 193 Dresden, Dienstag, 20. August 1929 Ankündigungen: Die 32 ruw breite Grundzeile oder deren Raum 35 Pf, di« 66 rum breite Bruudzetle oder deren Raum im amtlichen Teile 70 Pf., unter Ein gesandt 1 RM. Ermäßigung aus GeschästSanzeigen, Familienuachrichten und Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittag- 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Verkaufsliste von Holzpflanzen aus den Staatsforstrevieren. Verantwortlich für die Redaktion: I. v.: vr. Fritz »la« der in Dresden. Erscheint Werktag« nachmittag» mit dem Datum de» ErsLeinunaat«... Fernfvrete^ r^ b Mark. Einzelne Nummern 15 Pf. . ^^tSstrlle Nr. 21295 - Schriftleitung Nr. 14574, on o Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140.