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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.05.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192305170
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230517
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230517
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-05
- Tag 1923-05-17
-
Monat
1923-05
-
Jahr
1923
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' - B „ lUr Pie <Stadt-u Post-> A»t- ^urchdie PosttnD«utschlandmonall.M.4«0o «"A»»geNprrTSsinsp 24 mm vr wm-Zeilc M ISO, und Bestellgedühren; Ausland M. 8600 mit M au»W.Jnserent.M. 270. Donderpretse: Kainilienanz. v. Priv. Pono Srscheint täglich morgens, autzer Montags. Hühere MW M M M M M M W MM ww-Zeile M. .iO.t^clegcnhcitSan,. lpriv. Natur-u. 2iellenoiig>.i'. mm <U«walt lchltetzt ErMllung aus. SchrOtleilung. Geschäftsstelle, Vl W > M M M M. M E M M M.M. M M M M Aette M. 7ü, Slellengcs mm ^ieue M. 60. amll. Bekannim Toppel Druckerei: Letp»tg, JohanniSgaäe 8 (gernsprecher I7M-17OS2>: VW VV mw-S«lleM.Z00.,.aurw.M.540.Rctl ?2mmbr.mw.ZeileM.75O.,.auSw cvenda und in allen Filialen Anzeigen- und wdonnement« M.l200Au»landSan,.m valulaau»Ichl. BetWiedcrd.Nachlaß. Plötz- Annahme; auch nimmt feder Postamt Bestellungen an. u.Dattnvorsch.unverbtndl.vrsall.-OrtLclpstg. Postscheck!.Lc«pi 3vÜ1. Da» Leipziger ra»«blatt eatdLlt a»ttiche Veraaatmachaaae« de» «ate» der Stadt Leipzt«, de» BaliseivrSsidi«»» L*ip»ia. de» »««»»erichtS Leivsia. saa»1* verschiedener anderer Behörden Ur. IIS Mnrelnummsr LS0 ivisrk voimerslLg, ckea 17. «st 19LS psrn-^usssde 117-lLdrg. Vie Sicherheit der Republik I.. s. Leipzig, 16. Mai. Gestern war an dieser Stelle von der arg losen Gemütsart die Rede, der es der Kanzler der Republik verdankte, sich mit einem der be- kanntesten monarchistischen Abenteurer über- bte „Ertüchtigung der Jugend" unterhalten zu kön- nen, ohne auch nur zu ahnen, wen er vor sich hatte. Ist ähnliche Arglosigkeit dem für das Heereswesen, d. h. vornehmlich auch für den Schutz der Republik verantwortlichen Mitglied des Ministeriums Cuno nachzusagen? Auf jeden Fall muß es die Republikaner mit einiger Be sorgnis erfüllen, wenn Dr. Geßler in der' gestrigen Reichstagssitzung erklärte, die Republik sei heute bereits so „fest begründet"^ um den Zögernden.und Schwankenden das verwirrende Schauspiel jener militärischen Feierlichkeiten geben zu können, bei denen sich der Minister der Republik mit dem für die Monarchie demon strierenden General und dem Angehörigen des vormaligen Herrscherhauses in die Honneurs zu teilen scheint. Da wir nicht allein in der Welt sind und unser Erlebnis auch schon anderen geschah, so brauchen wir uns nur ein wenig in der Geschichte umzusehen, um den Grad der Wahrscheinlichkeit zu ermessen, die der ministeriellen Behauptung von der bereits vollzogenen Festigung unserer Republik innewohnt. Der uns zunächst liegende Präzedenzfall wjrd von Frankreich gelieferr, das im Äptember 1870, ähnlich wie wir im No- vember 1918, von der Monarchie zur Republik überging. Fünf, zehn Jahre später durften die französischen Republikaner die freistaatliche Ver fassung als kaum erst gepflanzt erachten, sorg- fähigster Hege bedürftig. Ja, noch drei Jahr- zehnte nach dec Gründung, um die Jahrhundert- wende, ergab sich für das französische Bürgertum die Notwendigkeit, einen seiner besten Männer zur Bildung eines „Ministeriums der Verteidigung der Republik" gegen monaHchistische Umsturz versuche zu berufen. Im Vergleich damit ist das Maß der Sicherheit, deren sich die deutsche Re publik heute schon rühmen darf, gewiß aller Ehren wert, doch wäre es ein gefährlicher Irr- tum, sie im fünften Jahr ihres Bestandes bereits für so festgewurzelt zu halten, wie die fran zösischen Republikaner es kaum im fünfzigsten erreicht zu haben glaubten. Lin Echo der rechts radikalen Umtriebe verschiedener Benennung, doch im wesentlichen gleicher Zielsetzung, von denen z. B. di- th ü r i n g i s ch e Regierung ln ihrem Bereiche Kenntnis erhielt, ist doch wohl auch dem Reichswehrminister zu Ohren gekom men. Hat er die Gewißheit, auch allen übrigen Ränken auf der Spur zu sein, die von rechts her landauf, landab gegen die Republik geschmiedet werden? Solange er diese Gewißheit nicht hat, sollte er, dessen republikanische Gesinnung nicht fraglich ist, sich der Aeußerungen enthalten, die geeignet sind, die Wachsamkeit der Republikmer abzufchwächen. Für niemanden, der den innerpolitis^n Lnr- wickelungen mit einigem Verständnis verwohnt, kann es dem geringsten Zweifel unterliegen, daß die hauptsächliche Gefahr von rechts droht. Es ist gewiß zu begrüßen, wenn ein zuverlässiger Republikaner, wie der preußische Innenminister S ev erin g es ist, die moralische Rechtfertigung seines Vorgehens gegen die rechtsradikalen Um- triebe auch dadurch noch erbringt, daß er den Uebergriffen zur Linken mit gleicher Entschieden- heit entgegentritt. Und auch unter diesem Ge- sichtspunkt wird man die jetzt von ihm verfügte Auflösung der kommunistischen Hundertschaften gutheißen und anderen auf die staatliche Autori- tät und ihr eigenes Ansehen bedachten Regle- rungen zur Nachahmung empfehlen. Doch darf die Aufmerksamkeit, die sich den linksradikalen Organisationen dieser Art zuwendet, nicht etwa die rechtsradikalen aus dem Auge verlieren, noch sollte man sich draußen im Meich durch das bis in demokratische Kreise hinein umgehende Gereve vom „Sowjet-Sachsen" verwirren und auch nur einen Augenblick von der Gefahr von rechts ab- lenken lassen. Jedem, der in die sächsischen Ver- hältnisse den geringsten Einblick hat, ist es be- kannt, daß ein Sowjet-Sachsen weder in irgend einen! Maße ein gegenwärtiger Zustand ist, noch sich als künftiger ankündigt, obwohl von zartem Mund in einer schwärmerischen Stunde herauf, beschworen. In der Tat war es, wenn wir nicht irren, Frau Zetkin, die zuerst dem Märchen von Sowjet-Sachsen Flügel verlieh. Und das erste M»l wäre es ja nicht, daß die äußerste Linke der äußersten Rechten den Liebesdienst erwies, durch schreckhafte Grimassen ängstliche Bürger in die M« Äste t - Die Besetzung der Rnilin-Zabrik Mannheim, 13. Mai. (Eig. Te I.) Seit gestern hat sich in der Besetzung der Badischen Anilin- und Sodafabrik nichts geändert. Der Betrieb ruht im alten Werk in Ludwigshafen vollkommen. Weder Angestellte noch Arbeiter haben Zutritt. Notstands arbeiten dürfen verrichtet werden. Das Oppaucr Werk ist nicht besetzt. Gestern wurde dort nicht ge- arbeitet, doch soll heute die Wiederaufnahme der Arbeit in diesem Betrieb versucht werden. Don den Spahis sind gestern mehrere Per sonen durch Säbelhiebe verletzt worden. Heute nachmittag 2 Uhr findet im Dereinshause der Badischen Anilin- und Sodafabrik eine Betriebs versammlung statt, in der vom Betriebsrat Bericht erstattet wird über das Ergebnis 6er Verhandlungen mit dem französischen Kommandanten. Die Der- Handlungen betreffen Wiederaufnahme der Arbeit sowie die gestern fällige Gehaltszahlung. Infolge der Besetzung konnten die Gehälter bisher nicht aus- gezahlt werden. Drangsalierung Trier, 16. Mai. Im Bezirk Trier war auf den 8. Mai in Eonz und Karthaus von Smects eine Versammlung der Eisenbahner einberufen worden, zu der jedoch niemand erschien. Daraufhin waren etwa 100 Leute nach einer von den Franzosen aufgestellten Liste aufgcfordert worden, sich am Donnerstag vor mittag 7 Uhr auf der Bürgermeisterei Korthaus ein zufinden. Auch jetzt stellte sich niemand ein. Darauf- hin wurden 40 Familien ausgewiesen. Für den 10. Mai war eine neue Versammlung anberaumt worden, die anfangs von einem zu den Franzosen übergetretencn Eisenbahnsekretär geleitet wurde. In der Versammlung war ein Vertreter des Kreis- delegierten und des französischen Kommissars an- wesend. Jeglicher Erfolg der Versammlung wurde jedoch durch das Eingreifen eines Lisenbahnassistentcn vereitelt, der zum Vorsitzenden gewählt worden war und die Versammlung mit den Worten schloß: „Die Eisenbahner in Karthaus bleibe» der deutschen Sache treu." Der Vertreter des Kreisdelegierten kündigt» wegen des Mißerfolges weitsre Ausweisungen an. Zeste Haltung -er Arbeiter Frankfurt a. R., 17. Mai. (Eig. Tel.) D?r französische Bezirksdelegierte von Höchst ließ sich gestern den Betriebsrat der Höchster Farbwerke kommon und eröffnete ihm, man habe das Werk besetzt, um die Reparationen zuholen, die Frankreich von der deutschen Regierung zu er halten habe. Man hoffe binnen drei Tagen damit zu Ende zu sein und die Werke wieder freigeben zu können. Der Betriebsrat wurde aufgefordert, bei der Fortschaffung der Materialien behilflich zu sein, was dieser aber selbstverständlich ab lehnte. Die Morgenschicht, die um 6 Uhr antrat, durfte nicht mehr in das Werk hinein, ebensowenig wurden die Angestellten zugelaffen. Die Direktoren dürfen den Betrieb betreten, werden ober streng überwacht. Die französischen Truppen, die gestern früh die Badische Anilin- und Sodafabrik besetzten, kamen aus der Richtung von Frankenthal. Um die Abteilung unterzubringen, wurden die neue Realschule und die Rupprechtschule beschlagnahmt. In der letzteren hatten Eisenbahner, die ihre Wohnungen hatten räumen müssen, Zuflucht gefunden. Die Bewohner des Bau- blocks auf der Baugenossenschaft der Perkehrsbeamten in der Nähe des städtischen Krankenhauses wurden gleichfalls von den Franzosen aufgcfordert, die Wohnungen zu räumen. Es handelt sich um etwa 150 Personen. Vie Belgier verhaften Geistliche Buer, 16. Mai. (Eig. Tel.) Die Belgier ver- hafteten heute vormittag drei Betriebsführer der staatlichen Zeche Westerholt, die sich geweigert hatten, dem belgischen Befehl, die Kokereien wieder in Betrieb zu setzen, nachzukommen. Die Belegschaft der Zeche trat in einen 24ftündigen Proteststreik. Am Sonntag hatten die Belgier an die katho lischen Geistlichen von Buer die Aufforde rung gerichtet, den 1t-UH''-Gottcshi«nst auslnll-'n zu lassen, um für diese Zeit für die belgischen Soldaten die Kirche zu, reservieren. Da aber der 11-Uhr- Gottesdienst die Hauptmesse für die Landbevölkerung ist, hatten die Geistlichen das Ansinnen abgelehut. Daraufhin wurden heute vormittag die katho- lischen Geistlichen von den Belgiern verhaftet. '» . Pari», 16. Mai. (Eig. Tel.) Poin- ear4 hat gestern mitgeteilt, daß er am kommenden Donnerstag vor dem Finanzausschuß der Kammer erscheinen werde, um sich über die Kredite für die Ruhrbesetzung zu äußern. Da» Mannheimer Schöffengericht be- schästiate sich am Dienstag mit «inem Nachspiel zu einer bereits längere Zeit zurückliegenden volkspar teilichen Versammlung, in der Admiral Scheer sprechen sollte, die aber von den Kommunisten gesprengt wurde. Bei der Räumung de» Saales »st die Polizei scharf vorgegangen. Der Redakteur der kommunistischen Arbeiterzeitung Lechleiter, der wegen dieser Vorgänge die Polizei und den Mi- nifter Remmel« angegriffen hatte, war daraufhin von 52 Angehörigen der Polizei mit dem Polizei- direktor Dr. Bader an der Spitze wcgen Beleidigung angeklagt worden und wurde nun zu ISO 000 Mark , verurteilt. . Rückfragen nach London Englische Unzufriedenheit mit Berlin Berlin, 1k. Mai. (Gig. Tel.) Wie Vie Deutsche Allgemeine Zeitung mit teilt, hat der Reichskanzler in seiner heu tigen Aussprache mit den Führern der Reichstagsfraktionen die Meldung der Londoner Blätter bestätigt, wonach die Reichsregiernng nach London Rückfra ¬ gen wegen der englischen Antwortnote gerichtet hat. Aus den Aeuhcrungen des Reichskanzlers geht hervor, das; die Reichs regierung von diesen Aufschlüssen ihre weiteren Schritte abhängig macht. Die ReichSregicrung ist geneigt, sich dann nochmals mit einer Rote an die alliierten Mächte zu wenden. Loudon, 16. Mai. (Eig. Tel.) Die Ber- liner Berichterstatter Londoner Blätter kündigen an, daß das Berliner -Kabinett gestern abend be schlossen habe, durch den deutschen Botschafter in London verschiedene Anfragen über die besonders unklaren Stellen in der englischen Antwortnote beim englischen Auswärtigen Amt stellen zu lassen. Der Daily Telegraph, der sich in seinem Leit artikel eingehend mit der günstigen Aufnahme be faßt, die die englische Note in Paris gefunden hat, betont, daß Deutschland die Aufgabe habe, nunmehr den nächsten Schritt zu tun. Ueber das geringe Verständnis, das in Berlin für die englischen Ratschläge, die nicht erst seit Wochen, sondern bereits seit Monaten erteilt worden seien, besteh^, äußert sich das Blatt in fol genden Sätzen: „Die Ueberraschung, die man in Berlin an gesichts des festen und befehlshaberischen Tones der Note Lord Eurzons empfunden hat, war wenigstens echt; denn das deutsche Angebot war beeinflußt von Politikern, die auf Grund ihrer Veranlagung einfach unfähig sind, die einfachsten Stimmungen in der öffentlichen Meinung und die am offenste» zutage liegeirden psychologischen Bedingungen in den anderen Ländern, an die sich ihr Schriftstück richtete, zu begreifen. Da» ist zwar eine alte Ge schichte, aber eine, von der wir auch in Zukunft immer hören werden. In diesem Falle aber war die Ungeschicklichkeit besonders grotesk, denn die deutsche Regierung hatte vor der Absendung ihrer Note Ratschläge erhalten, die keine andere Regie rung fähig gewesen wäre falsch zu verstehen. - Lord Curzon hat in seiner Note zum erstenmal offiziell festgestellt, daß er mehr als einmal in- offizielle Ratschläge für die Beschaffenheit des deutschen Angebots durch den deutschen Botschafter in London der deutschen Regierung erteilt hab« bevor er im Obcrhause an Deutschland die Auf forderung gerichtet hat, ein Angebot zu machen." Das Blatt warnt die deutsche Regierung davor, zu glauben, daß die Verhandlungen mit der Ln- tente auf Grund der Beibehaltung der bisherigen völlig ungenügenden Endzahl herbeigeführt werden können; Verhandlungen seien nur möglich, wenn sich Deutschland bereit zeige, deutlich umschriebene Ga- rantien anzugebcn. Da der Reichskanzler sich leider in verbindlichster Form auf dieses Angebot festgelegt habe, so sei es nicht einzusehen, wie ein befriedigen- des neues deutsches Angebot aufgestellt werden könne ohne vorherige Umbildung der Regie rung. Die Einbeziehung der Sozialdemokraten in die Regierung sei notwendig, um ein solches Angebot herbeizuführen. . Wie unser Londoner Berichterstatter meldet, deckt sich diese Aeußerung des Daily Telegraph mit den Meinungen, die sowohl im englischen Kabinett, als auch bei den Regierungsparteien und auf feiten der Opposition über die Haltung Berlins herrschen, die stellenweise geradezu als „absichtliche Unbelehrbar- keit" hingestellt wird. - Vie Unantastbarkeit ber Reichsbank London, 16. Mai. Im Unterhaus fragte Wise den Schatzkanzler, ob er den Goldbetrag mitteilen könne, der von der Reichsbank in den letzten zwölf Monaten aus geführt worden sei, und ob er Schritte getan habe, um sicherzustellen, daß alles der Republik gehörende, in Deutschland oder im Auslande deponierte Gold der Reparationskommission verpfändet werde. Baldwin erwiderte, er verfüge über keine anderen Informationen als die in der Presse gegebenen be- züglich der Transaktionen der Reichsbank. Diese sei eine unabhängige Einrichtung, deren Guthaben nicht Eigentum der deutschen Regierung seien. Er sei nicht in der Lage, Schritte zu tun, wie sie im letzten Teil der Frage angegeben würden. Zurückhaltung in Paris Paris, 16. Mai. tEig. Testi Da« abwartende Schweigen der französische» Regierung dauert fort. Di« amtlichen Stellen lehnen beharrlich ab, eine Mit- teilung über die voraussichtlich« Weiterentwicklung und die Absichten Frankreichs zu machen. Selbst von der Ausarbeitung eines französisch belgischen Planes i st n i cstt mehr die Rede. Alles deutet darauf hin, daß die französische Regierung für den Augenblick keinerlei Zniftatjpe zu ergreifen gedenkt, sondern die anderen Mächte heran kommen lassen will. Zu den Nachrichten der französischen Bericht erstatter in London, die einen umfassenden Meinungs austausch zwischen Paris und London ankündlgen und eine Wiederannäherung der beiden Regierungen in der Ruhrfrage als sicher hingestellt haben, wurde gestern abend am Ouai d'Orsay bemerkt, die fran zösische Regierung wisse von derartigen Plänen nichts. Man setzte hinzu, es sei wenig wahrscheinlich, daß ein Meinungsaustausch Englands und Frankreichs über die Ruhraktion oevor- stehe. Auch von einer Zusammenkunft zwischen Poln- carö und Bonar Law verlautet an französi'chcn Stellen nichts. Die Pariser Blätter geben die Lon doner Meldungen über die Möglichkeit einer solchen Zusammenkunft ohne Zusatz wieder. Pertinax äußert im Echo de Paris Freude dar über, daß die französischen Sachverständigen, wie der Temps bereits mitgeteilt hat, den Plan einer nationalen Anleihe für die nächste Zeit bci- seitezuschieben und dafür die allmähliche Ueber- nähme von Verzinsung und Amortisierung der ver schiedenen Wicderaufbauanleihen durch Deutschland empfehlen. Pertinax glaubt, daß eine solche Rege- lung den-Interessen Frankreichs in höherem Miße entsprechen würde, als der Empfang riesiger Summe:» in Dollar oder englischen Psundcn, die Frankreich gar nicht verwenden könne, ohne ein zu rasche» Scci- gen seines Franken zu veranlassen und die 350 Mil liarden seiner Staatsschulden zu einer unerträglichen Last zu machen. . Amerika und der Völkerbund London, 16. Mai. (Eig. Tel.) Im Hotel Cecil sprach Lord Robert ' Cecil über die Stellung Amerikas zu dem europäischen Fricdensproblem. Die Vereinigten Staaten legten nach der günstig aufgenommenen Haltung Englands auf der Ab rüstungskonferenz und bei der Rege lung der englischen Schulden den größ ten Wert darauf, nunmehr gemeinsam mit England in außenpolitischen Fragen sich zu betätigen. Sic seien grundsätzliche Gegner einer Politik, welche Konflikte durch den Appell an die Waffen entscheide. In dieser Auffassung stimme die amerikanische Ideen welt mit den Idealen überein, die zur Gründung des Völkerbundes geführt hätten. Wenn Amerika bisher gegen den Gedanken eines Ein trittes in den Völkerbund war, so komme das da her, daß es bisher nicht davon, überzeugt sei, daß die europäischen Völker für den Gedanken eines Friedens durch das Recht gen-innen seien. Es sei in Amerika gefragt worden: Äurum greift der Völ kerbund ini Ruhrkonflikt nicht ein, wenn Eu- ropa tatsächlich im Begriffe ist, friedfertig zu wer den? Hier sei der Prüfstein, an dem Amerika entscheiden wird, ob cs sich an der Lösung außcramerikanischc.r Probleme beteiligen kann. England, auf das Amerika blicke, könne ihm diese Ueberzcugnng vermitteln, indem cs sich bereit erweise, jede Rechts- frage in seinen Beziehungen zu anderen Ländern unter Inanspruchnahme des Völkerbundes zu lösen. Oie amerikanischen vesatzungskosten Pari», 16. Mai. (Eig. Te l.) Ueber die gestrige Sitzung des Komitees für die amerikanischen Besatzung »kosten teilen die Blätter heute mor- gen nähere Einzelheiten mit. Dem Petit Puristen zufolge ist auf Grund der letzten Vorschläge der Alliierten, die der amerikanische Delegierte seiner Regierung übermittelt hatte, eine Einigung zustande gekommen, mit Ausnahme von einem einzigen Punkt, in welchem sich die Alliierten das Recht vorbehalten, das Abkommen zu kündigen für den Fall, daß Ame rika sich entschließen würde, unabhängig von den Alliierten vorzuaehen, um seine Handelsförderungen und seine verschiedenen Schadenersatzforderungen gegenüber Deutschland direkt zu decken, z. B. durch Anrechnung einer Abgabe auf die deutschen Importe. Sie sind der Ansicht, daß die Vereinigten Staaten sich nicht einerseits ihnen anschlicßen können, um eine Regelung der Okkupationskosten durch Vermittlung der Reparationskommission zu erhalten und ander- seits außerhalb der Reparationskommission selbst für die Decnrng ihrer übrigen Forderungen sorgen. Das Komitee hat beschlossen, sich an die Regierungen zu wenden und diesen die Sorge zu überlassen, sich über diesen Punkt zu äußern. Wenn die Alliierten sich entschließen, die von Amerika beanstandete Klausel zu unterdrücken, dann wird das Komitee erst wieder -nsanimentreten, um das Abkommen zu unterzeichnen Wenn jedoch die Alliierten ans ihrem Standpunkt beharren, werden die Verhandlungen unter Um- Mnhen uueher neu begonnen werde» müsse».
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