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Sächsische Schweiz Tagcszelinng für die Landgemeinden Altendorf, Kleingießhübel, Klciuhcnucrs- dors, Grippen, Lichlcnhain, Mittclndorj, Ostrau, Porschdorf, Postclwih, Prossen, Ralhmaunsdorf, Mcinhardtsdors, Schmilka, Schöna, Waltersdorf, Wcndtschfährc, sowie für das Gcsamlgcbicl der Sächsischen Schweiz, Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung Alma Hieke, Inh. Walter Hieke. Verantwortlich: Walter Hieke. Anzeigenpreis (in NM.): Tic 7gcspallcnc 35 mm breite Pctitzcilc 2» Pfg., siir auswärtige Auftraggeber 25 Pfg., 65 mm breite Neklamczcilc 80 Pfg. Tabel larischer Say nach besonderem Tarif. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt. Anzeigenannahme siir in- und ausländische Zeitungen. Ständige Wochenbeilaaen: „Unterhaltung und Wissen", „Das llnterhaltungsblatt", „Das Leben im Bild" „Nie Hrau und ihre Welt", Illustrierte Sonntagsbeilage: - Nichterscheinen einzelner Nummern infolge höherer Gewalt, Streik, Aussperrung, Betriebsstörung berechtigt nicht zur Bczugspreiskürzung oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung. Bad Schandau, Mittwoch, den 20. Januar 4932 Nr. 46 26. Jahrgang „Zurzeit zwecklos" Im August vorigen Jahres wiesen die Sachverstände gen des Wiggin-Ausschusses in ihrem Gutachten auf die Krisenlage der Welt hin und stellten als Ursache die Ver schiebung des finanziellen und wirtschaftlichen Gleichgewichts durch die deutschen Reparationszahlungen fest. Um weiteres Unheil zu verhüten und von der Menschheit den Albdruck der Krisenenttvlckluiig zu nehmen, empfahlen sie den be teiligten Regierungen schleunigste Beseitigung der Krisen ursachen. Sachlich vorsichtiger, in der Tendenz aber über einstimmend urteilten die Baseler Sachverständigen des Sonderausschusses. .Eile tut not" das war sür beide Sach- »erständigengruppen der Leitgedanke der die Negierungen -u schnellstem Handeln veranlassen sollte. Inzwischen sind »ier Wochen dahingegangen. wurden aber lediglich damit ausgefüllr, daß sich die Welt widerwillig zwar, aber schließ- »ich doch stillschweigend den französische» Willen aufzwingen ließ, der von einer neuen Reparalionskouserenz zur endgültigen Lösung der unheilvollen Neparationsfrage nichts missen will. Selbst die Erklärung des Reichskanz lers, daß Deutschland zurzeit keine Reparationen zahlen könne und aller Voraussicht nach auch in Zukunft keine .zahlen werde, haben nicht vermocht, Frankreich von seinem Ziele abzubringcn, die von Deutschland beantragte und »on der Mehrzahl der Hauptgläubigerländer als notwendig erkannte internationale Konferenz zur Lösung der Reparationsfrage unmöglich zu machen. Man hat die Kanzlererklärung, die wiedergab, was in Deutschland »on links bis rechts als Binsenwahrheit angesehen wird, in Frankreich lediglich dazu benutzt, um die Weltmeinung irrezuführen und eine Empörung zu heucheln, die an dc? Tatsache zusammenbrach, daß der französische Botschafter über die ofsizielle Regierungsmeinung in Deutschland mit aller Deutlichkeit noch nor dem britischen Botschafter in Kenntnis gesetzt worden mar Was vor acht oder sechs Wochen in der ganze» Welt für «'nie Selbstverständlichkeit gehalten wurde, daß nämlich der nichts zahlen kann, der nichts hat. ist Home saft schon ein überwundener Standpunkt. Ein von Havas verbreitetes Communiquö läßt keinen Zweifel mehr daran, daß Frank reich seinen Willen durchgesetzt hat, die Lausanner Kon ferenz als „zurzeit zwecklos" hinzustellen. Man schützt fran zösische innenpolitische Erwägungen vor. um zu begründen, daß es heute einer französischen Regierung unmöglich sei. sich vor Durchführung der französische» Wahle» in der Re- paralionsfrage irgendwie zu binden. Deshalb läßt man er klären, daß Frankreich den, englischen Vorschlag zur Ver- kngerung des Hoover-Moratoriums um ei» halbes oder Aar um ein ganzes Jahr zustimme, so daß lediglich die Sachverständigen der beteiligten Länder in Lausanne noch die Einzelheiten der Moratoriumsverlängerung festziistellcn hätten. Es scheint, als ob über diese Entwurzelung der Lausanner Konferenz zwischen Paris und London bereits eine Vereinbarung zustande gekommen ist Von den übri gen Staaten erwartet man offenbar keinerlei Schwierig keiten, und Deutschland muß sich nach der Auffassung der Pariser Machthaber wie bisher dem Pariser Diktat beugen. Es gibt leider auch in Deutschland gewisse Kreise, die für diesen französischen Vorschlag eine Entschuldigung finden. Sie übersehen geflissentlich, daß sich dahinter nicht nur ein taktischer Sieg der französischen Diplomatie, sondern eine sehr ernst zu nehmende Durchsetzung der französischen Machtpolitik verbirgt, da mit der Verlängerung des Hoover- Moratoriums trotz allem eine Zahlungsverpflichtung Deutschlands gegenüber dem ungeschützte» Teil der Tribute verbunden ist. Bekanntlich hat Frankreich auch bei dem ersten Moratoriumsfall diese Zahlung durchgcsetzt dergestalt, daß der betreffende Teil buchmäßig von Deutschland ge leistet und in Form einer Anleihe a» die Reichs bahn sofort wieder an Deutschland zurückgeflossen ist. Die Schuld als solche bleibt dadurch aber bestehen. Sollte tat sächlich durch eine französisch-englische Vereinbarung unter Ausschaltung der Lausanner Konferenz eine Verlängerung des Hoover-Moratoriums diktiert werden, so bedeutet das in der Praxis eine völlige Veiseiteschiebung der Baseler Sach verständigenempfehlungen über die Zahlungsunfähigkeit Deutschlands und eine Nichtachtung der Kanzlererklärung über die Unmöglichkeit Deutschlands, weitere Zahlungen zu leisten. Bevor also überhaupt seststeht, ob und unter welchen Voraussetzungen die neue Tributkonferenz zusammentritt, be reitet sich bereits ein ähnlick)es DiktatderGläubiger- staaten gegen Deutschland vor. In einer französischen Presseauslassung ist die „Zwecklosigkeit" des Zusammentritts der Lausanner Konferenz u. a. auch damit begründet wor den, daß vor einer Klärung der politischen Verhältnisse in Deutschland „es unmöglich sei, zu einer detaillierten endgül tigen Lösung des Reparations- und Kriegsschuldenproblems" zu gelangen. In Frankreich will man offenbar die Probe aufs Exempel über die Durchschlagskraft der nationalen Be wegung in Deutschland machen. MM man dort wirklich nicht erkenne», auf welche» Siedepunkt die politischen Ver hältnisse in Deutschland unter dem Einfluß der französi schen Machtpolitik gestiegen sind? Will man das deutsche Volk zu Tate» herausfordern, die aus der Verzweiflung geboren sind? Noch ist cs Zeit, de» Weg der Verminst zu beschreiten n»d der dringenden Empfehlung des Baseler Gutachtens Rechnung zu tragen. Es ist eine gewagte Politik, die von einer Einigung zwischen England und Frankreich ausgeht und damit hofft, Deutschland erneut zwingen zu können, eine Verpflichtung zu übernehmen, von der feststeht, daß sie nicht gehalten werden kann, aber auch nicht mehr übernom men werden wird. Frankreich, das soeben durch seinen Ministerpräsidenten Laval erklären ließ, daß cs nicht daran denkt, auf einen „Rechtsanspruch" zu verzichten, treibt ein gewagtes Spiel. Hoffentlich gibt es aber noch vernünftige Elemente in Frankreich, die die verantwortlichen Leiter der französischen Politik an die Gefahr erinnern, vor der Europa steht. KrankreiG vlervt unnaGgievig Laval forbei-t in feiner Negierungserkiärung Aufrechterhaltung des Tributplans und verteidigt die französische „Gicherheitü"-Thefe Paris, 2(1. Januar Vas französische Parlament hat die Erklärung der neuen Regierung entgegengenommen. Sie wurde von Ministerprä sident Laval in der Kammer und vom Justizminister Berard im Senat verlesen. In der Erklärung heißt es u. a.: Unsere Regierung steht vor großen außenpolitischen Aufgaben. Sie wird zwei Problemen, die gegenwärtig Gegenstand internationaler Erörterung sind, sich widmen müssen: Die Reparationen und die Einschränkung und Herabsetzung der Rüstungen. Die Krisis, deren Auswirkungen Frankreich infolge der gegenseitigen wirtscl-aftliche» Abhängigkeit der Nationen auch spürt, hat nicht nur die öffentliche Meinung der Völker in Verwirrung gebracht, sondern auch zahlreiche Systeme wachgerufim, die eher auf doktrinärer Einbildungskraft als auf der Realität der Tatsachen begründet sind. Die Welt ist nach Formeln begierig, die ihr Heilung versprechen. Sie nimmt leider mit zu großer Bereitschaft die Theorien auf, die ei» Universalheilmittel bringen wollen. Die Annullie rung der Reparationen und der Kriegsschulden würde auf diesen Geisteszustand zurückgehen. Wir können für die Zukunft keine Lösungen annehmen, die, ohne die Krise beschwören zu können, Frankreich in seinen wesentlichen Interessen und in seinen durch frei ge schlossene Vertrage betonten Rechten treffen würden. Wir werden das Recht auf Reparationen nicht verjähren lassen. Plan fordert von uns aber eine Entlastungsquittung zu- Funslen unserer Schuldner. Wir habe» eine doppelte Pflicht, nämlich gegenüber den Generationen, die den Krieg miterlebt haben, eine Pflicht der Rechtschaffenheit, die darin besteht, nichts von unseren Guthaben zu opfern, ohne einen entsprechenden Erlaß un serer eigenen Schulden; und gegenüber den kommenden Generationen haben wir eine Pflicht der Vorsicht, nämlich alle Abkommen von einem gerechten Ausgleich der Produk tions- und Existenzbedingungen abhängig zu machen. Dieses Gleichgewicht märe zerstört, wenn nach überwundener Krise das Mißverhältnis zwischen den finanziellen und steuerlichen Lasten, die die Völker in ihrer Aktivität belasten, Frankreich bei der Konkurrenz auf dem Weltmarkt in einen Zustand unbedingter Unterlegenheit versetzen würde. Die Regierung wird bei allen bevorstehenden Verhand lungen zur Anpassung der in Kraft befindlichen Vereinba rungen über die Kriegsschulden an die Periode der wirt schaftlichen Depression weiterhin sich streng an diese grund- sählichen Prinzipien halten, die das französische Parlament stets gebilligt hat. Die Regierungserklärung behandelte dann weiter die wirtschaftliche Lage in Frankreich, die Arbeitslosigkeit und die Budgetverabschiedung. Sie ging dann zum Abrüstungs problem über. Die Konferenz für die Einschränkung und Herabsetzungen der Rüstungen werde am 2. Februar zu sammentreten. Den Erfolg der Abrüstungskonferenz denke sich Frank reich nur in einem bestimmten Rahmen, nämlich der Ach tung des Begriffes des Vertrages, der Schiedsgerichtsbarkeit, der BHtimmung des Angreifers, des gegenseitigen Beistan des, also der Sicherheit. Ls wäre verkehrt, etwa irgendwie mit Schwäche oder Müdigkeit seitens Frankreichs und damit mit dem Verzicht auf diese Grundsätze rechnen zu wollen. Der Wille Frankreichs, den Frieden zu organisieren, schließe beides aus. Unter dem Schlagwort „Deutschland soll zuerst wählen" ist in französischen Nechtskreisen eine lebhafte Stimmungs mache dafür im Gange, die Kammerwahlen nicht vor den Preußenwahlen stattfinden zu lassen. Es handelt sich dabei m erner mm« in» ein gegen 0le tranzoiitcben Sozialisten gerichtetes innerpolitisches Manövers da letztere den Wunsch geäußert haben, die Wahlen nach Möglichkeit zu beschleuni- nen. Außerordentliche Befriedigung in Varis. Paris. Die scharfe K a m ni c r c r k l ä r u n g Lavals iindel in Pariser politischen Kreisen ein lebhaftes Echo. Von rechts bis Wei: in die Mittclparlcicn hinein herrscht au- s-.rordcnlliche Befriedigung, und man hebt hervor, daß Laval die Haltung Frankreichs noch einmal klar zusammcngcsaßl und jeden Zweifel an dc» Absichten der Regierung ansgcräumt hat. Laval, Tardieu und Flandin würden an den „Rechten" Frank reichs nicht rütteln lasse» und mit einem Höchstmaß von Ener gie zu den bevorstehenden Konferenzen gehen. Es sei nicht die Ecwohnhcit des Ministerpräsidenten, leere Worte zu gebrau chen, oder sich durch Widerstände in der Verfolgung der fran zösischen Ziele hemmen zu lassen. Die Regierungserklärung babe das Programm für die Behandlung der Tribut- nud Ab- rüstungssrage eindeutig dargelegt, und Laval könne in dieser Beziehung der Unterstützung der Nation sicher sein. Es ist ohne weiteres klar, daß der französische Minister präsident seine Programmerklärung in dieser schroffen Form abgegeben hat, nm sich vor der Kammer aus ciuc starre und unnachgiebige Haltung scstzulegcn und sich bei ihr die nötige Rückendeckung zu holen. Nach dieser Rede sind vom deutschen Standpunkt aus alle etwaigen Illusionen überflüssig. Verlliner Vläiter zur ^reuierungü erkMrung «avuiS. Berlin. Zu der scharfen Regierungserklärung Lavals, die sich gegen jede Streichung der Tribute und gegen jede Ab rüstung richtet, nehmen vurläusig nur wenige Berliner Blätter ausführlich Stellung. Allgemein wird darauf hingewicsen, daß die Erklärung schlechte Aussichten siir die kommenden Konferen zen eröffnet. Vor allen Dingen wird aber hervorgchvbcn, dast zum erstenmal ein französischer Ministerpräsident und Außem Minister zugegeben habe, daß die Tribute lediglich dazu da sind, dem deutschen Volke die Ent faltung seiner Fähigkeiten in friedlichem Wettbe werb mit anderen Völkern n n mögt ich zn machen. Tlndieu-Bmü-Boncour! Frankreichs Delegation für die Abrüstungskonferenz. Paris, 20. Januar. Unter Lavals Vorsitz fand ein Kabinettsrat statt, in ocm der Text der Regierungserklärung fcstgelegt wurde. An dem Kabinettsrat schloß sich ein Ministerrat unter dem Vorsitz des Präsidenten der Republik im Elyseö an. Mini sterpräsident Laval unterbreitete die im Kabinettsrat fest gelegte Regierungserklärung dem Ministerrat, der außer dem die Tagesordnung der nächsten Sitzungen im Parla ment festlegte. Der RUnIsterrat Hal sodann die Zusammensetzung der französischen Delegation für die Abrüstungskonferenz fest- gelegl. Die Führung der Delegation übernimmt Kriegs minister Tardieu. Senator Paul-Boncour ist sein Stellver treter. Stimfan führt Abrüftungsdelegation Washington, 20. Januar. Präsident Hoover hat Staatssekretär Stimson mit dec Führung der amerikanischen Delegation bei der Abrüstungs konferenz beauftragt. Staatssekretär Stimson wird indessen nicht sofort nach Genf gehen. Zunächst wird der Botschafter Gibson die De legation führen. Botschafter Dawes kann infolge seiner Er nennung zum Präsidenten der Reconstruction Finance Cor poration nicht nach Genf gehen.