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Auerthal -Zeitung. Lokalblatt für Aue, Auerhammer, Zelle« Klösterlein, Meder- u. Oberpfannenstiel, Lauter, Bockau, Bernsbach nnb die ««liegenden Ortschaften. Srschen« »NNW-»», Aretta«» u «»«»lag*. «donnementSprei» mcl. der 3 weribvollen Beilagen vierleljährlich mit Bringerlohn 1 Mk. 2V Pf. vurch di« Post 1 M. 28 Pf. Mit 3 illrrstrirterr Neiötättern: Deutsches Kamitienölatt, Hute Heister, Zeitspiegel. Beraniwortlicher Redakteur: Gmtl Hr-rm«tstrr in Aue (Erzgebtrge). Redaktion u. Trpedition: Au«, Marktstraß«. Inserate di« einspaltig« CorpuSzeile 1v Pf«, die volle Seite 30, >/z S. 20, >/« St. 8 Mk. bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Postanstalten und LandbriestrLger , nehmen Bestellungen an. No. 100. Freitag, den 25. August 1893. 6. Jahrgang. Sonntagsruhe Aue. Wir bringen hierdurch zur öffentlichen Kennlniß, daß am Jahrmarktisonntag, den 27. August ds». Js. wegen des zu erwartenden größeren Geschäftsverkehr« die Geschäfts zeit für olle HandrlSgewerbe auch aus die Zeit von 1—4 Uhr und 4—8 Uhr Nachmit tag» ausgedehnt werden kann. Aue, am 23. August 1893. Der WclLb der Stadt. vr, Kretzschmar. Khn. Unsere deutschen Landsleute in Böhmen befinden sich in gedrückter Stimmung. Die deutschen Landstriche haben MißwachS, während die südlicher gelege nen tschechischen Gegenden leidlich davon kommen. Und «ährend der deutsche Bauer in dieser Notlage Mühe hat, die Steuern sür das Reich avszubringeu werden ihm auch noch 39 Prozent Zuschlag sür den böhmischen LandeS- fond» auserlegt, dessen JahreSeinnahmen in einer der Ge- rechtigkeit geradezu hohnsprechenden Weise zwischen tsche chischen und deutschen Landesteilen verteilt werden. So «erden von den etwa 12 Millionen Gulden, welche die Steuerträger für den LandeSfond« in diesem Jahre auf» zubringrn baden und wovon aus die Deutschen minde stens zwei Fünftel fallen, vom tschechischen Nationalmuse- um K7200o fl-, vom kunstgewerblichen Museum 300000 fi., verschlungen. Von den Unterstützungen für wissen- schastliche Vereine entfallen aus die Tschechen 24 aus» Tau send, auf die Deutschen 4. Für Straßenbau wurden im verflossenen Jahre den tschechischen Landesteilen 140 den deutschen 39 vom Tausend zugewendet. Zu den 10000 Gulden welche die Stadtväter Prags sür die reintsche« chischen Straßentaseln bewilligt Haden, würden natürlich die deutschen Bürger auch etwa 4000 fl. deizusteuern haben. Diese Beispiele zeigen, was die Tschechen ten Deutschen gegenüber unter Gleichberechtigung verstehen. Ein Bauer schreibt: „ES will Abend werden, eS sieht rings umher au-, wie vor einem Hagelschlag, überall schwarze unheil verkündende Wolken I Wissen Sie, verehrter Herr Doktor, «ie eS heute schon im Bauernstände ausfiehl? W'ffen Sie, baß sozialistische Agitatoren von Dorf zu Dorf, von HauS zu Haus ziehen, daß unter ihrer Fahne schon ein großer Teil des GciverbesstandeS, ein beträcht licher der Bauernschaft einherzieht? Wissen Sie, daß an ¬ tisemitische und fortschrittsfeindliche Elemente sin Volke einhcrwandern und in Wort und Schrift die Heiltinktur des Rassenhasses auSstreuen. Wir stehen vor «nem gro ßen Kampfe, vor einem nationalen und Kulturkämpfe; sollen wir in Schanden bestehen, weil man uns nicht fechten lehrte? — Warum treten unsere Abgeordneten nicht dem übermütigen Tschechentum an der Spitze ihre- Volkes entgegen? Geben Sie un» eine Antwort, bald, gleich, damit es nicht zu spät wird! Das neue Jahr, bas parlamentarische, muß uns in reger Thätigkeit finden; sonst werden sie bald wirkungslos verhallen, die uns jetzt noch heiligen Worte: Deutsche in Böhmen seid einig und stark!" Politische Nachrichten. Deutschland. Berlin, den 23. August, — Wenn heute in Deutschland ein Gesetz erlassen würde: „da« Auflegen ausländischer Anleihen in Deutsch land ist verboten", so würde es ein arge» Gezeter geben. Und doch wäre es ein wohlthätigeS Gesetz. Milliarden gehen dem deutschen Volke durch auswärtige Anleihen ver loren. Da» „Südd. Bank- und Handelsblatt" hat eine Berechnung aufgestellt, was das deutsche Volk in den leh ren 10 Jahrdn durch die Anleihen von neun fremden Staaten verloren hat. Die Tabelle vergleicht den Ein- süyrungSkurS mit dem Kurs am 1. August dieses Jahres nach runden Ziffern und Durchschnitt-kursen und berech net darnach den Verlust: Argentinien 160713181 Mk. Chilenische Geldanleihe 6941207 Mk. Griechische Anleihe 229368000 Mk. j Jtal. Kirchenanl. 18370000 Mk. I Mexikan. Anl. 64966200 Mk. Rumänische Anl. Serbische Anl- Spanische Rente Portug. Anl. 12880160 Mk. 18400000 Mk. 6260000 Mk. , 245774200 Mk. Gesamtverlust: 780667948 Mk. In dieser Übersicht werden nur 9 Staaten aufg-sührl, doch ist selbst von diesen neun nicht einmal jede Emission berücksichtigt. So sind — um einige Beispiele anzufüh ren — verschiedene italienische Städte-Auleihen und Lose, russische Werte, Madrider Lose, türkische und «gyptische Anleihen u. a. m. ganz außer acht gelassen, obwohl e» leider nur zu sehr bekannt ist, daß bei allen diesen Wer ten ungezählte Millionen verloren gegangen sind. ES sind ferner die berüchtigten amerikanischen Eisenbahnwerte und die sogenannten Mortgage BondS nicht berücksichtigt, an denen nicht Millionen, sondern Milliarden eingebüßt werden. Aber wir glauben, daß schon die oben verzeich neten neun Staaten genug sprechen. Seit Anfang der 80er Jahre haben deutsche Groß- und leider auch Klein kapitalisten an diesen Staaten allein nahezu 761 Millio nen verloren; jedes Jahr hat uns somit etwa 70 Millio nen gekostet — also mehr als b,e viel umstrittene neue Militärvorlage verlangt. Ein bekannter Nationalökonvm meinte einmal, mit den Summen, die wir ourch die Aus länder eingebüßt, hätte man gut die gesamte deutsche Reichsschuld tilgen können. Man muß dem Manne recht geben. — Das Gerücht von einer Zusammenkunft deS deut schen Kaisers mit dem Zaren erhält sich in den Blättern. Neuerdings schreibt ein« Kopenhagener Zeitung, Laß der Besuch des Kaiser» Wilhelm in Schloß FredenSborg im Herbste, zu welcher Zeil noch der Kaiser von Rußland dort weilen wird, trotz zahlreicher Ableugnungen al» sicher angesehen werben könne. Der Besuch Kaiser WilhelmS würde nur «inen Tag dauern, Kopenhagen würde er nicht besuchen, vielmehr würde der Kaiser seine Aacht in Hel- sNachdruek ver,ölens. Ileuilletou. Erik Torstenskiöld. Eine Erzählung aus dem Badeleben ' von Cath ari n e M e her. (Fortsetzung.) Er konnte mich dabei so hübsch ausfragen über mein länd liche» Leben, meine Tages- und Stundeneintheilung, meine Umgebung und Gesellschaft und mir so treffende Winke geben, wie ich mein« Einsamkeit zu verschönen,jm Stande sei, daß ich ihn unwirlllürlich fragen mußte: * „Aber Herr Torstenskiöld, wannn fliehen Sie denn ein Leben, da» Sie so reizend zu gestalten, so hübsch auSzu- malen verstehen und von dem ich überzeugt bin, daß eS Sie beglücken würde/ „ES ist ein faustischer Zug in meinem Wesen, ein mir angeborener, oft ganz unerklärlicher Drang, nach nebel- basten Bildern und Dingen zu jagen. Ich kann die Spiele einer kindischen Phantasie nicht los werden — ich verstehe nicht, waS c» beißt, weit- und meuschrnkundiger zu «erde», ich nehme Alles in mich auf, aber es bleibt auf meine äußere Handlungsweise so ganz einflußlos. Es ist, al- ob meine Ansichten vom Leben und Dasein mir tn die Seele gegossen, für immer und unabänderlich darin fixirt wären und al» ob die Welt, die vor weinen Augen liegt, reine Vorstellung und «eiter nicht» sei. Ich glaube- e» liegt die» daran, daß ich bei dem mächtigsten Thaten- drang doch eigentlich bisher nicht- qethan habe und der überflüssigste Mensch von der Welt bin. E» kommt mir alles so^grau in grau gemalt vor, ich weiß nicht, was schön und häßlich, was Genuß und Ent behrung, wa» Glück und Unglück ist, ich kenne weder Freu de noch Schmerz, ich liebe nichts und hasse nichts, bin ganz empfindloS — und die» alle» bis auf einen einzigen Punkt —" Er stockte. Ich errieth weshalb. Er wollte von Jnge- borg sprechen. „Ich hab« eine Schwester, der gegenüber ich allein ei nen dunklen Begriff davon habe, was Liebe sein muß, die allein für mich aus der vor mir liegenden Welt heraus- tritt, deren Wohl- oder Uebelbefinden mich allein aus mei ner Empfindungslosigkeit erwachen macht — und wie hes- tig und leidenschaftlich erwachen machen kann, daS werden Sie, gnädige Frau, wohl zur Genüge erfahren haben." Ich zitterte. Klara und ihr Verlobter sahen sich kopf schüttelnd an und ahnten, daß hier «in Geheimniß ver borgen läge, zu dessen Lüftung ich Erik alle Anstalten treffen sah. Ein flehentlicher Blick meiner Augen verhin derte sie. Auch erschien der Doktor, tänzelte durch die Menge und versuchte, einige seiner stereotypen Redensarten an den Mann zu dringen. Er fand in mir rin sehr dankbares Publikum, denn ich hatte noch zu viel Furcht vor seiner Schwatzhaftigkeit. So verstrich der schöne Abend, der noch viel schöner gewesen wäre, wenn ich mit Erik hätte allein sein können. Aber konnte ich denn da», so lange er in so wunderbarem Kostüme in öffentlicher Gesellschaft erschien? — Nach fünf zig Stnttden seiner Bekanntschaft «ar er mir noch immer ein Räthsel und in diesem Punkt« ist er e« mir di» aus den heutigen Tag geblieben. Wenn un» der Doktor nicht gestört, säße ich gewiß noch bei ihm, dacht« ich, »ährend wir un« zum Ausbruch rüsteten, und hätte mich auch viel besser amüstrt, al» bei dieser nichtssagenden Musik. Der Heimweg entschädigte mich ein wenig. Rosenberg und Klara eilten un» voraus, ließen uns immer weiter hinter sich zurück. Ich frug Erik, wir er sich amüstrt habe. „Ich kann die ganze Welt bei Ihnen vergessen, gnä dige Frau — und wenn ich dann jo dummes Zeug spreche, sind Sie allein daran Schuld —" „Das ist wenig schmeichelhaft für mich —" „Das mag sein, aber eS muß Sir nicht drtrübrn. Ich befinde mich, seitdem ich Sie um mich sehe, in einem Zu stande, der mein ganzes Denk- und Empfindungsvermögen über den Haufen zu werfen droht. „Ich habe mich bisher nie um Menschen bekümmert — wozu auch? erschienen sie mir doch alle wie todte Puppe» und ich allein nur als lebendig. Das ist seit kurzem an der» geworden. Der Eindruck der vorgestrigen Nacht mit allen seinen schauerlichen und süßen Bildern ist ein sehr gewaltiger gewesen, meine Krankheit, mein Fieberfall, waren nicht« als da« heftigste Aufleuchten einer in Flam men gesetzten Phantasie. „O! wie Sie so süß schlummernd auf dem Sopha ruh ten, mit dem zarten Lächeln des Seelenfrieden« auf Ihrer Stirn, so ganz vergessend Welt un» mich, war es «in Eindruck so groß und furchtbar, als ob der Dämon der Lieb« lausend Fackeln in meinem Gehirn entzündet, al- ob eine ganze Welt von Begriffs- und Vorstellung-Ver mögen darüber in Rauch aufgegangen sei. Er «ar un heimlich still in meinem Zimmer, ich hörte jeden Ihrer Athemzüg«, jeden Schlag Ihres Herzen» — ich stand vor Ihnen, kniete vor Ihnen nieder mit dem vollendetesten Wahnsinn im Gehirn. Ich erinnert« mich dr» Eindruck« der Tijian'schen Venu» — aber «a» wollte da» sagen I