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Ottendorfer Zeitung. Dit „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Zonnadend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch di« Post bezogen l,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Gkrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bl» vormittag m Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Sxaltzetle berechnet Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-MkriLa. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 13. Sonntag, den 29. Januar 1905. 4. Jahrgang. Sertliches und Sächsisches. Dttendorf-Mkrilla 26. Januar lyos. — Der Bezirksausschuß der Königlichen Amtshauptmannschaft Dresden - Neustadt trat unter dem Vorsitz deü Herrn Amtshauptmanns Geh. Regierungsrats v. Craushaar zur zweiten diesjährigen Sitzung zusammen und fand das Gesuch der Firma August Walther und Söhne in Moritzdocf die Erweiterung ihrer Glasfabrik betr., Genehmigung. — Das im Grundbuche für Cunnersdorf Blatt 70 auf den Namen Samuel Ferdinand Berthold Lehmann eingetragene Grundstück soll Donnerstag, den 23- März, vormittags 10 Uhr an der G-richtsstelle im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert werden. — Mit Schluß des Monats Januar gehen in der Hauptsache die Jagden in Sachsen, in Preußen und in Oesterreich zu Ende, da vom 1. Februar an in diesen Ländern die meisten Arten des Haar« und Federwildes gesetzlichen Schutz genießen. Nach sächsischem Jagdrecht treten vom I. Februar an außer den Hasen und Rehböcken auch die Fasanen außerhalb der Fasanerien, die Schnepfen, sowie Hähne von Auer«, Birk- und Haselwild in die gesetzliche Schonzeit ein. In Preußen beginnt zu derselben Zeit die Schonzeit für weibliches Rot- und Damwild und außerdem auch für Auer«, Birk- und Fasanenhennen, Haselwild und Wachteln und in Oesterreich für Rehböcke, Rebhühner und alle Drosselarten. Bis zum 1. März dürfen in Sachsen noch Krammetsvögel, sowie Edel- und Damhirsche geschossen werden. Wildenten bleiben sogar bis zum 15. März jagdbar. — Auf staatsanwaltschaftlichen Antrag wurde die am 11. d. M. verfügte Beschlagnahme der Nummer 121 der „Dresdner Hausfrau" vom 10. Januar aufgehoben. — Die Roheitsvergehen sollen strenger bestraft werden. Die Tierschutzbewegung arbeitet also nicht umsonst. Wie der „Tägl Rdsch.,, aus TierschuOkreisen mitgeteilt wird, hat von berufener Seite die Ansicht autoritativen Ausdruck gefunden, daß die Staatsanwalten bei Tierquälerei wie bei Messerstechereien, Mißhandlung von Kindern rc. nach Möglichkeit auf scharfe Ahndung hin arbeiten lasten- — Die 3. Klasse der 147. Kgl. Sächs. Landeslotterie wird am 8. und 9. Februa gezogen. Die Erneuerung der Lose ist noc vor Ablauf des 30. Januar zu bewirken. Dresden. Eine Ueberraschung wurde einer Frau in Loschwitz zuteil, die bei einer Nachlaßvnsteigerung für einige Pfennige eine alte Ledcrtascke erstanden hatte und in derselben ein Geheimfach mit einem hohen Geldbetrag entdeckte. Der Nachlaß rührte von einer Almosenempfängerin her. — Die im Dienste der Dresdner Orts- krankenkasse stehenden Aerzte erachten nach dem „Leipz Tgb!.", die Stellungnahme des ärztlichen Bezirksvereins zu Dresden, welcher die von der Ortskrankenkasse den Kastenärzten gewährte Pensionsberechtigung als „standes- unwürdig" erklärt und den Ehrenrat mit der weiteren Bebandlung der Angelegenheit be traut hat, als einen ungerechtfertigten Ein griff in ihre Angelegenheiten und Rechte; sie wollen aus dem Wege des vorgeschriebenen Streitoerfahrens die Sache zum Austrag bringen. — Bei Sr. Exzellenz Herrn Staatsminister von Metzsch finden in dieser Saison mit Rücksicht auf die Trauer um den verewigten König Geoch größere offizielle Festlichkeiten nicht statt. Dagegen genügt der Herr Staats- Minister den ihm obliegenden repräsentativen Pflichten durch di.- Veranstaltung einiger Diners im Ministerhotel an der Seestraße. Im Laufe des MonaiS Januar fanden bereits zwei derartige Diners statt und eins weitere sollen folgen. Hierbei treffen in d Hauptsache die hier anwesenden Diplomaten und Staatsdiener, sowie andere hervorragende Persönlichkeiten der Residenz zusammen. Die rste größere Festlichkeit im Ministerhotel soll zum Geburtstage Seiner Majestät des Königs tattfinden. — Ein belauschtes Gespräch bei der am Mittwoch abgehaltenen großen Treibjagd des önigl. Kammerherrn Grafen v. Rex auf ehista, an welcher auch Se. Majestät der önig als Gast teilnahm, wurde, so ist im „Pirn. Anz.„ zu lesen, beim Bekanntwerden viel belacht. Zwei Schulknaben hatten am Eingänge zum Schloßhofe in Zehista woselbst der König gegen 12 Uhr erwartet wurde, josto gefaßt, um ihren Landesvater auch zu ehen. Als dann der König an der Spitze er Jagdgesellschaft mit staubigen Stiefeln und lnfacher Lodenjoppe bekleidet, von dem ersten u-ffeltreiben nach dem Schlöffe zuröckkehrte und an den beiden, ihn mit kritischen Blicken betrachtenden Knaben vorüberkam, meinte der eine derselben in Bezug auf den König: Na der geht gerade »ich schsene!, worauf der andere erwiderte: „Denkste d-nn, der wird in der Woche sein bestes Krämchen anziehen?!" — Als Donnerstag abend gegen 8 Uhr in Striesen der Kartonnagen-Zuschneider Schulze von der Arbeit kam, fand er seine Ehe frau und seine Schwiegermutter von Kohlen oxydgas betäubt vor. Zwei Aerzte vermochten nach längeren Widerbelebungsversuchen nur die Frau Schulze wieder zur Besinnung zu bringen, während dcren Mutter bewußtlos blieb und in das Johannstädter Krankenhaus übergeführt werden mußte. Unvorsichtiges Schließen' der Ofenklappen ist die Ursache zu diesem Unfälle. Loschwitz. Die Errichtung einer Apotheke in Bühlau, in der Nähe des „Weißen Adler" ist vom Ministerium des Innern nunmehr genehmigt worden. Bautzen. Das Eis der Sp^ee, welches in den letzten milderen Tagen brüchig geworden war und zu treiben begonnen hatte, ist zum Stillstand gekommen und der Fluß ist mit Eis wieder völlig bedeckt- Großenhain. Auf eigentümliche Weise kam in Bockwitz ein 3 jähriges Kind uws Leben. Es schlürfte von dem auf dem Tische stehenden sehr heißen Kaffee, wobei ihm ein Schluck in den Kehlkopf kam, so daß derselbe verbrannte. Trotz sofortiger Ueberführung in ein Krankenhaus und der Vornahme einer Operation starb das Kind. Nossen. In das Amtsgerichtsgefängnis wurde der aus Burkersdorf gebürtige Arbeiter Rost eingeliefert. Dieser war in Reinsberg beim Betteln im Grundstücke der Witwe Löffler abgewiesen worden. Daraufhin hatte er beim Weggehen versucht, das Seiten gebäude in Brand zu stecken. Das Feuer wurde jedoch vom Sahn der Besitzerin rechtzeitig bemerkt, sodaß es im Entstehen unterdrückt werden konnte. Der Täter wurde bald eingeholt und verhaftet. Er will den Brand angelegt haben, um ein Unterkommen zu finden. Freiberg. Der Streik eines Teiles der Brauaibeiter des Bürgerlichen Brauhauses dauert nun schon bald 12 Wochen. Freiberg. In der Nähe der Haltestelle Muldenhütten wurde ein unbekannter Mann tm Eisenbahngleise liegend tot aufgefunden. Ob ein Unfall oder Selbstmord vorliegt, konnte noch nicht festgestellt werden Naundorf b. Freiberg. Auf eigenartige Weise wurde hier ein 6 jähriger Knabe vom Tode des Ertrinkens gerettet. Er vergnügte sich mit Schlittschuhfahren und als er von einem Abhange, an dessen Fuße der Mühl graben vorbeifließt, mit seinem Schlitten herabglitt, geriet er in eine Oeffnung des Eises, die in die Eisdecke geschlagen war. Er verschwand sofort mit seinem Schlitten. Au das Schreien der Spielgenosten eilten Leut herbei, denen es gelang, den Knaben an der nächsten „Wasterschöpfe" hervorzuziehen. Wieder belebungsversuche waren auch von Erfolg be gleitet. Leipzig. Das hiesige Kgl. Landgericht sprach den der fahrlässiaen Tötung an geschuldigten Bahnhofsinspektor Heym-Kretzsch mann in Leisnig frei. Es war ihm zur Last gelegt worden, den am 13. Oktober v. I. er folgten Tod des dortigen Brauereibesitzers S. durch Uebeifahrenwecden dadurch verschuldet zu haben, daß er nicht die erforderlichen Vorsichts- uud Warnungsmaßregeln getroffen habe, als er den Dresdner Personen- und einen von Tannsdorf kommenden Güterzug zugleich in die Station einfahren ließ. — Der 27 Jahre alte Mechaniker Johann Müller aus Saalau in Ostpreußen hatte am Abend des 11. November v-I. drei Rovolver- schüffe auf seine Geliebte, die 15 jährige Gertrud Krause in L - Plagwitz, abgefeuert, weil das Mädchen nichts mehr von ihm wissen wollte. Der erste Schuß traf dasselbe in die Kinnlade und riß ihm zwei Backzähne aus; von den beiden anderen Schliffen wurden Rücken und Schultern nur leicht geschrammt, sodaß daß Mädchen nach 14 Tagen geheilt war. Vom Schwurgericht ward Müller wegen verübten Totschlags zu drei Jahren Zuchthaus owie fünf Jahren Ehrenrechtsverlust ver urteilt. Meerane. Ein interessanter Rentenstreit spielt, wie der „Gewerkverein" mitteilt, hier. Nach § 47, Absatz des Jnvaliden- versicherungsgesetzes, kann die Invalidenrente entzogen werden, wenn in den Verhältnissen des Empfängers eine Veränderung eintritt, die ihn als nicht mehr erwerbsunfähig im Sinne des Gesetzes erscheinen läßt. Auf grund dieser Bestimmung wurde dem Appretur Vogel die 1901 gewährte Invalidenrente wieder ent zogen. Der 23 jährige Vogel, von Kindheit an augenleidend, wurde zur Zeit der Renten gewährung als zu 70 o/g erwerbsunfähig be zeichnet. Auf grund einer Denunziation an gestellte Erörterungen ergaben indessen, daß Vogel ebensoviel verdiente, als ein gesunder Arbeiter mit gleicher Ausbildung in demselben Berufe. Gegen die nunmehr erfolgte Entziehung der Rente wandte sich Vogel an das Schiedsgericht mit der Begründung, daß bezüglich seiner Invalidität keine Veränderung emgelreten sei, die als Besserung bezeichnet werden könnte, die ärztlichen Gutachten stellten ogar eine Verschlimmerung gegen früher fest. Vogel ist nahezu blind, er kann schwarz von weiß nicht unterscheiden. Er vermag nur eine bestimmte Arbeit in dem bestimmten Betriebe zu verrichten, in dem er gegenwärtig beschäftigt ist. Dort kennt er die Verhältnisse, dort be kommt er die Arbeit besonders zugerichtet. In einem anderen wenn auch gleichartigen Betriebe, kann Vogel nicht arbeiten, weil da die oben geschilderten Vorbedingungen fehlen. Das Schiedsgericht folgte der von der Versicherungsanstalt ausgesprochenen Auffassung daß selbst ein vollständig Blinder an der Arbeitsstätte wo 'er bekannt sei, als arbeits fähig erachtet werden könne, nicht, und entschied, daß die Verficherunganstalt die Rente weiter zu gewähren habe. Gegen diesen Entscheid will die letztere beim Reichsversicherungsamt Berufung einlegen. Werdau. Verschwunden ist der Kaufmann Max Ermisch, Sohn der Vigognespinnerei besitzerin Ermisch, alleinigen Inhaberin der Firma A. Ermisch. Ueber letztere ist das Konkursverfahren eröffnet worden. Max Ermisch, welcher der kaufmännische Leiter und Generalbevollmächtigte des Geschäfts war, soll bei seiner Flucht nicht nur die ganze GeschäitSkaffe von ca. 1000 Mk., sondern auch alle Geschäftsbücher beiseite geschafft haben. Fürstenwalde Jntereffante Schneebilder bietet der Ort Fürstenwalde bei Lauenstein. Mächtig sind die Schneemasten aufgetürmt. Das Haus eines Bauunternehmers ist völlig von Schneeschanzen umgeben, die bis zur Este reichen. Die Vorderseite des Hauses ist vom Schnee begraben und der Ausgang gesperrt. Die Nachbarn sahen sich genötigt, um die Leute aus ihrer Gefangenschaft zu befreien. Tunnels durch die Schneemauern, die eine Höhe von nahezu sechs Metern besitzen, zu graben, Drei Mann hatten einen ganzen Tag zu tun, um das Befreiungswerk zu voll- bringen. Zwei Tunnel erweiterte man nach und nach auf eine Höhe von anderthalb Metern. Zum Glück waren die Eingesperrten mit Nahrungsmitteln versehen. Wegen des geringen Umfanges der Dachsensteröffnungen war ein Verkehr durch dieselben nicht möglich. Cainsdorf. Am Montag abend ereignete sich in unmittelbarer Nähe der hiesigen Brauerei ein Unfall, welcher leicht schwere Folgen hätte haben können. Ein Hüttenarbeiter von Wilkau von der Arbeit beimkehrend, setzte sich, wahrscheinlich infolge Ermüdung, auf die Barriere, verlor dabei das Gleichgewicht und stürzte rücklings den sehr steilen Damm und über die sich daran schließende drei Meter hohe Mauer hinunter auf das Gleis gerade in dem Augenblicke, als eine Güterzugsmaschine herannahte. Der Gestürzte raffte sich jedoch, die Gefahr bemerkend, wieder auf, fiel dabei nochmals eine zwei Meter hohe Mauer hin unter auf das Eis der Mulde, wo er von Bahnarbeitern aufgehoben wurde. Trotz dieses fürchterlichen Sturzes hat der Arbeiter nur unbedeutende Hautabschürfungen davongetragen. Schwarzenberg. Um einen Stamm Hühner betogen worden ist durch ein Los der Geflügelzüchterverein in Beierfeld. Der Täter ist in einem in Kühnhaide bei Zwönitz wohnenden Gutsbesitzer ermittelt worden, der sich nunmehr wegen Urkunden fälschung zu verantworten haben wird. Plauen i. V. Von einem mit ganz besonderer Dreistigkeit auftretenden Schwindler wurde ein technisches Geschäft in Plauen i. V. hereingelegt. Es erhielt von einem angeblichen Strickmaschinenbesitzer Clemens Spitzner auS Bergen den telephonischen Auftrag, sofort 16 Meter Treibriemen nach dem oberen Bahnhof zu schicken. Der Auftrag wurde prompt ausgeführt und der Riemen am Eingänge zum Bahnhofe von einem Un bekannten mit den Worten: „Das ist wohl der Riemen für Spitzner?" in Empfang genommen. Wie sich später herausgestellt hat, wohnt im nahen Bergen kein Stickmaschinenbesitzer dieses Namens. — In Plauen stahl ein unbekannter Arbeitsloser einem Materialwarenhändler, der ihm aus Erbarmen Beschäftigung gegeben, eine Kassette mit 420 Mk. — Bei der Hörnerschlittenfahrt schwer verunglückt ist in Plauen der König!. Bau gewerbeschüler Rüger. — Unter dem Verdachte, ihr neugeborenes Kind vorsätzlich getötet zu haben, ist in Plauen eine 21jährige Verkäuferin namens Hofmann verhaftet worden. Das Mädchen lengnete zunächst; bei einer Haussuchung in der Wohnung der Beschuldigten wurde jedoch der Leichnam eines neugeborenen Kindes, eingewickelt in einen alten Rock, aufgefunden. Klingenthal. Der Geschäftsgang in der hiesigen Hauplindustrie, der Musikbranche, ließ leider in letzter Zeit viel zu wünschen übrig. Es machen sich die Folgen des russisch-japanischen Krieges für die Exportgeschäfte ungemein fühlbar. Wenn auch jetzt eine Besserung ein getreten ist, sind die Preise doch so herab gedrückt, daß an einen Nutzen nicht zu denken ist. Aus dem Vogtlands. Die Rißfälle, die einzigen Wasserfälle des Vogtlandes bilden jetzt ein herrliches Winderbild. Meterhohe Eismassen ragen aus dem Flußbette empor.