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WocheMatt für '' Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 244. Reichenbrand, Siegmar, Neustadt nnd Rabenstein. ^ 3S. Sonnabend, den 8. August 1908. Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition Meichenbrand, Nevoigtstraße 11), sowie von dm Herren Friseur Weber in Reichenbrand und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegengenommen und pro Ispaltige Petitzeile mit 10 Pfg. berechnet. Für Inserate größerm Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. " ' 'ne in der Expedition bis spätestens Freitags nachmittags S Uhr, bei den Annahmestellen bis nachmittags S Uhr. An unsere Rabenfteiner! Dem Ehren- und Freudentag des deutschen Volkes, an dem es dem Grasen Zeppelin gelungen war, mit seinem Luftschiff von Friedrichshafcn nach Mainz zu fahren, folgte der Schreckentag des 5. August, an welchem das herrliche Werk, um das uns die Völker des Erdkreises beneideten, durch die Wut der Elemente vernichtet wurde. Vernichtet ist aber nicht der Mut unseres Zeppelin, der bereit ist, sein Werk von neuem zu beginnen und hinanszuführen zur Ehre des deutschen Volkes. Da ist es Ehrenpflicht eines jeden Deutschen, dem Grasen zu helfen und beizutragen sein Schcrflein zu einer Nationalspende, die unseres Zeppelins würdig ist. Allerorten regt cs sich, Beiträge hierfür zu sammeln, Rabenstcin darf nicht fehlen! Das zu diesem Zwecke gebildete Unterzeichnete Komitee richtet daher an alle Rabenfteiner, Männer und Frauen, die herzliche Bitte» das nationale Werk durch Spenden, groß und klein, zu uiitcrstütien und diese baldigst — denn wer schnell gibt, gibt doppelt — an die Gemeindckasse, oder an einen der Unterzeichneten zn zahlen. Gottschling, Schmidt, Weidauer, Wilsdorf, Postverwalter. Rittergutspachter. Pfarrer. Gemeindevorstand. Meldungen im Fundamt. Gefunden: 1 Sege'.tuchdecke, 1 Fahrradlaterne und 1 Soldatenmütze. Rabenstein, am 7. August 1908. Der Gemeindevorstand. Wilsdorf. Bekanntmachung. Am 1. August dieses Jahres ist der zweite Termin der staatlichen Grundsteuer mit 2 Pfg. für jede Steuereinheit fällig. Diese Steuer ist bis spätestens zum 10. August 1908 an die hiesige Ortssteuer-Einnahme adzuführen. Nach Ablauf dieser Frist wird gegen die Säumigen Neustad?,' eingelettet werden. Der Gemcindevorstand. Geißler. Versteigerung. Nächsten Montag, den 10. August 1908 nachm. 2 Uhr, soll das zum Lorenz'schen Nachlasse gehörige Mobiliar als: 1 Kleiderschrank, 1 Kommode, 2 Bettstellen, 2 Federbetten. 4 Stühle, 1 Tisch, 1 Pfeilerspiegel, 2 Uhren, 2 Kisten Werkzeuge, Wäsche, Schuhe und anderes mehr gegen sofortige Be zahlung an den Meistbietenden öffentlich versteigert werden. Neustadt, am 6. August 1908. Der Gemcindevorstand. Gcißler. Bericht über die Sitzung des Gcmcindcrates zu Neustadt vom SI. Zuli I9V8. 1. Don der Zuschrift des Stadtrates Hainichen, die Errichtung einer Polizeischule daselbst betr., nimmt man Kenntnis. 2. Die Bedürfnisfrage zu einem Schankkonzessionsgesuche wird einstimmig anerkannt. 3. Gegen ein Dismembrationsgesuch werden Bedenken in volks wirtschaftlicher Beziehung nicht erhoben. 4. In einer Besitzveränderungsabgaben. Angelegenheit soll von den Abgabenpflichtigen der Nachweis über den erfolgten Verkauf des Grundstückes innerhalb der für Erbanfälle vorgeschricbenen Frist gefordert werden. 5. Zwei Gemeindeanlagen - Gestundungsgesuche finden Berück sichtigung. 2^n anderweit aufgestellten ortsgefttzlichen Bauvo^chriften 7. wird auf ein Hypotheken.^)arlehnsgesuch zustimmende Ent schließung gefaßt. Der Sitzung ging eine solche des Ortsannen-Verbandes voraus, beschließt, - - H 3 2. die Notdürftigkeit einer um Unterstützung nachsuchenden Familie unter Festsetzung des Almosens anerkannt und 3. der Unterbringung eines hier Unterstützungswohnsitzberechtigten in der Bezirksanstalt Altchemnitz und der Übernahme dessen Famllie in die eigene Fürsorge zustimmt, sobald die jetzige Aufenthaltsbehörde erneut Erstattung von Unterstützung für denselben beanspruchen sollte. Rabenstein. Nach den Statistiken des hiesigen Einwohner meldeamtes betrug die -überschriebene Einwohnerzahl am 1. Juli 1908 511«. Im Juli wurden 53 Zuzüge mit einer Personen zahl von 78 und 83 Fortzüge mit einer Personenzahl von 109 ge meldet. sodaß die derzeitige Einwohnerzahl unter Zurechnung von 14 Gcburts- und Abrechnung von 5 Sterbefällen 5094 beträgt. Umzüge wurden 36 gemeldet. Rabenstein. Bei der hiesigen Gemeinde-Sparkaffe wurden im Monate Juli dss. IS. 623 Einzahlungen im Betrage von 33442 Mk. 88 Pf. geleistet; dagegen erfolgten 82 Rückzahlungen im Bettage von 36995 Mk. 04 Pfg. Eröffnet wurden 495 neue Konten, geschlossen 15 Konten. Zinsbar angelegt wurden 5485,45 Mark. Die Gesamtein- uahme betrug 49809 Mk. 77 Pfg., die Gesamtausgabe 44898 Mk. 18 Pfg. und der bare Kaffenbestano am Schluffe des Monats 4911 Mk. 59 Pfg. Der gesamte Geldumsatz im Monat Juli beziffert sich auf S4707 Mk. 95 Pf. Die Sparkasse ist an jedem Wochentage von 8—13 Uhr vorm, und 2—6 Uhr nachm, geöffnet und expediert auch schriftlich. Alle Ein lagen werden mit 3V,o/o verzinst und streng geheim behandelt. Neustadt. Bei der hiesigen Sparkaffe wurden im Monat Juli dsS. Js. 125 Einzahlungen im Betrage von 34300 Mark 96 Pfg. geleistet, dagegen erfolgten 28 Rückzahlungen im Bettage von 6800 Mk. 19 Pfg. Eröffnet wurden 28 neue Konten. Die Gesamtein nahme betrug 59828 Mk. 68 Pfg., die Gesamtausgabe 69305 Mk. 47 Pf., und der bare Kaffenbestand am Schluffe des Monats 523 Mk. 21 Pfg. Der gesamte Geldumsatz im Monat Juli beziffert sich auf 119134 Mk. 15 Pfg. Die Freundinnen. Original-Roman von Irene v. Hellmuth. (Fortsetzung) lNachdruS verboten.) Man gab Wagners „Siegfried". Das gewaltige Werk war längst schon auf das Sorgfältigste vorbereitet ur schon vor Walters „Erkrankung" zur Aufführung auf undigt gewesen. Zum großen Leidwesen aller Theaterfreunde hatte die Vorstellung eine» langen Aufschub erleiden muffen. Kein Wunder, daß jetzt der weite Raum dicht gefüllt war. Die Gestalt des Sängers paßte so recht für den Helden, der dem Dichterkomponisten vorgeschwebt haben mochte. Die kraftvolle hochgewachsene Erscheinung nahm schon so bald sie. .sich a»i ^cr Bi'chne-zeigte. das Arme deL^ZulchauerL- gefangen. Die hohe Begeistening für seine Kunst prägte sich deutlich in jedem Zug dieses schönen Männerantlitzes aus. Atemlos lauschte die Menge dem Gesänge Jung- Siegfrieds. Die Töne kamen so leicht und frei von den Lippen des Künstlers, als koste es ihm nicht die geringste Anstrengung. Er schien völlig aufzugehen in seiner Rolle und dennoch wollten einige scharfe Beobachter bemerkt haben, wie sein leuchtender Blick mehrmals eine kleine Seitenloge im ersten Rang streifte. Dort saßen, — eng aneinander geschmiegt — zwei junge Mädchen in weißen Kleidern. Auch aus der Menge de: Zuschauer richtete sich manches Opernglas auf die reizenden Gesichter. Die eine der beiden Damen saß mit leuchtenden Augen und glühenden Wangen weit vorgebeugt, während die andere mit gleichgiltigem Ausdruck sich wie müde in den Sessel zurücklchnte. Es schien in der Tat, als hätten die beiden Freundinnen seit kurzem die Rollen getauscht. Während Maja sonst kaum eine Minute schweigen konnte, saß sie jetzt still zurückgezogen und müde auf ihrem Platz. Sylvia dagegen plauderte während der Pause» unaufhörlich und schien das veränderte Wesen der Freundin gar nicht wahrzunehmen. Der wundervollen Stimme des Sängers merkte man keinerlei Ermüdung an, obwohl er erst kurz vorher bei der Hauptprobe das gewaltige Werk vollständig mit durchge- sungcn hatte. Er behielt seine Kraft und Frische bis zum Schluß. Ein wahrer Sturm des Beifalls brauste bei den Akt schlüssen und am Ende der Oper durch das Haus. Immer und immer wieder mußte der Vorhang sich heben und Walter sich dem begeisterten Publikum zeigen. Nur allmählich leerte sich der weite, dichtgefüllte Raum und überall vernahm man die Lobeserhebungen der Menge. Der junge Sänger hatte einen großen Triumph gefeiert. Einige Wochen waren seit jener Vorstellung vergangen. Maja war während dieser Zeit nur zweimal in Neulinden gewesen. Das lächelnde Gesicht, das Sylvia jetzt immer zur Schau trug, tat ihr beinahe wehe, obgleich sic natürlich der Freundin ihr Glück von Herzen gönnte. Nur eines fiel Sylvia auf, daß Maja sich niemals nach der kleinen Lilly erkundigte. Sie schien kaum hinzuhören, wenn davon die Rede war, daß Lilly täglich in das Herrenhaus kani und nach der geliebten „Tante" fragte. Maja wußte es unter irgend einem Vorwand stets zu vermeiden, dem kleinen Hause nahe zu kommen. Die Besuche bei der Freundin waren überhaupt immer nur von kurzer Dauer und es schien, als treibe eine heimliche Ungeduld die junge Dame immer wieder fort. Unter diesen Verhältnissen hatten auch Walter und Sylvia einen schweren Stand. Denn der letzteren wurde es nicht leicht, das Haus zu verlassen, wenn ihr nicht die Freundin dabei zn Hilfe kam. Früher waren die Mädchdcn oft stunden lang zusammen durch den Wald gewandert. Jetzt schien Maja auf einnial das Vergnügen an diesen Streifzügen verloren zu habe». Walter sing bereits a», ungeduldig zu werden. Die Heimlichkeit war ihm zuwider. Offen und vor aller Welt wollte er Sylvia seine Braut nennen. Doch das junge Mädchen hielt den Zeitpunkt noch nicht für gekommen. Der Vat«-geigte sich -unzugänglicher emi, 'veFüflM'uet "Min je." Er sprach kauni ein Wort mit der Tochter, und so wagte diese auch nicht, von Ihren Zukunftsplänen zu sprechen. Sie wußte im Voraus, der Vater würde seine Einwilligung zu dieser Verbindung nicht geben. Was sollte dann werden, wenn er eigensinnig bei seinem „Nein" beharrte? Wem würde sie folgen müssen? — Ihrem Herzen, das sic mit allen Fasern zu dem Geliebten zog, oder der Pflicht, die sie bei dem alten, kranken Vater hielt? Durfte sie ihn verlassen? Könnte sie glücklich werden mit dem Gefühl im Herzen, ihre Kindespflicht so schlecht erfüllt zu haben, mit dem Bewußtsein, neuen Kummer auf des Vaters Haupt gehäuft zu haben. Sie konnte es nur schwer möglich machen, Walter zu sprechen, obwohl derselbe fast täglich nach Neulinden kani und um das alte Herrenhaus hcrumstrich in der Hoffnung, Sylvia zu sehen. Der Tante war das auch bereits aus gefallen und sie meldete pflichtschuldigst dem Schwager, daß der Komödiant in auffälliger Weise sich verdächtig mache. Mau könne ihn imnier beobachten, wie er alle Fenster einer genauen Besichtigung unterzog. Frau v. Schinettwitz hielt immer noch an dem Plane fest, daß Sylvia sich mit Hugo v. Trostberg versöhnen und diesen heiraten werde. Deshalb beobachtete sie genau jeden Vorgang und hatte auch bald herausgebracht, daß Sylvia manchmal ohne stichhaltigen Grund das Haus verließ. Das wurde dem Schwager heimlich hinterbracht. So oft nun Sylvia sich anschicktc, hinaus zu gehen, hob der Vater, der jetzt wieder im Lehnstuhl saß den Kopf und fragte: „Wo willst du hin?" Da das Mädchen des Lügens ungewohnt, schon einige mal sichtlich in Verlegenheit geraten war, schöpfte der Alte Verdacht und wußte ein Entweichen des Mädchens geschickt zu verhindern. Er wollte dann gewöhnlich die Zeitung vorgelesen haben oder brauchte eine Taffe Tee — kurz ei» Vorwand war rasch gefunden. So mürrisch und unfreundlich der Befcbl auch erteilt wurde, er bannte Sylvia ans Zimmer. Sie wagte dann nicht, dem Vater zu widersprechen, lind gerade jetzt kam Maja so selten. Was mochte nur mit der Freundin vorgegangen sein? Sie war so seltsam ver ändert. Ihre frühere Munterkeit schien völlig geschwunden zu sein. Sic zeigte sich wortkarg und verschlossen, empfind lich und launisch. Ihre Stimme schlug oft unversehens um. Vor einigen Tagen, als die Freundinnen zusammen einen kleinen Spaziergang machte» und ihnen bei der alten Mühle Herr v. Brandt begegnete, war das Benehmen Majas be sonders eigentümlich und ausfällig. Lilly jauchzte, machte sich von der Hand ihres Vaters los und lief zu der geliebten „Tante" hin. Das gab sonst immer ein lautes, fröhliches Gelächter. Diesmal aber schien Maja ihren kleinen Liebling kaum zu beachten und Herr» v. Brandt sah sie gar nicht an. Der letztere machte eben falls ein furchtbar grinimigcs Gesicht und preßte die Lippen so fest aufeinander als wollte er gewaltsam jedes freundliche Wort zurückdrängen. lind als Lilly sie so traurig ansah und fragte: „Tante Maja, hast du mich nicht mehr lieb? Warum kommst du denn gar nicht mehr zu mir?" Da