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Anzeiger «»-> Elbeblatt für Riesa, Strehla und deren Umgegend. Wochcuschrist zur Belehrung «ud Unterhaltung. —* ' - —— ! - « 40» Freitag, den 17. Mai 188V Tagesbericht. Cöln, 2. Mai. Kinkels Rede. (Schluß.) Ich weiß nicht, vb es war ist, was der erste fienge von Brühl sagt. Der Zeuge Schlönbach cheint bei seiner genauen Bekanntschaft mit solchen Häusern die Wohnung des Mannes besser zu ke»- een, als er selbst. Ich weiß nur, daß dieser Proletarier arm ist, noch ärmer geworden durch -iesen Prozeß, der ihm sein letztes raubte, daß hm nichts geblieben ist, als seine arbeitsamen Hände, und das die Eiterbeule des Proletariers «uS nicht schändet. Noch nie ward eine große Kdee dadurch erniedrigt, daß sich die Zöllner und Länder zu ihr bekannte», und wenn jene Schmäh- «ng keine Bcrläumdung ist, so nehme ich auch diese Schmach auf mein Haupt. Eine andere Frage aber ist, ob wir jetzt nach unserer Niederlage strafbar find nach den Artikeln »es Gesetzes. Wir sind es nicht! Jene Gesetze, Gegeben unter einer absolutistisch - militärischen Monarchie, passen nicht für der. cönstitutionellen Staat, in welchem dem Bürger die Waffen in die Hand gegeben sind, nicht zu sonntäglichen Para den, sondern zum Schutze der verfassungsmäßigen Freiheit. ES ist un« nicht eingefallen, eine Ver« kassung vmzustürzen, weder die preußische, noch die zu Frankfurt gegebene, für die wir ja käm pfen wollten! Wir wollten den Bürgerkrieg nicht erregen, wir wollten dem Bürgerkriege vorbeugen, der in Iserlohn Wehrlose mordete, die preußische Landwehr gegen die Schützen auf dem Thurme pl Durlach trieb, der einen Dort» zum Tode und »inen Corvin zum Spinnrad verdammte. Mein« Herren! Wir find nicht strafbar, weil die Voraussetzungen nicht wahr sind, unter denen ote Strafbarkeit eintritt. Hätten wir ein Com- plot gebildet, oder ein Attentat unternommen; hät ten wir gesagt: Auf! nach Siegburg zum Zeug haussturme! auf! nach Elberfeld! selbst dann wür den wir nicht strafbar, höchstens unglücklich sein. Über das ist alles nicht einmal der Fass. Die Hertheidigung hat das hinlängliche dargethan, und ich will auf da« Detail der Anklage nicht nahe» eingchen. Ich glaube aber, daß es Ihnen schon klar geworden, ehe Sie «ine Rede von dieser Seit» gehört haben. Nur einen Punkt muß ich «och hervorbeben. Man hat gegen uns wenigstens dreihundert Menschen als Zeugen vernommen; wenigstens tausend Menschen haben un« damals gesehen und gehört. Aus jenen dreihundert hat man Ihnen diejenigen vorgcführt, die am ungün stigsten für uns anssagten. Der Instructions-Rich- ter hat seine Schuldigkeit im weitesten Sinne fit« than, und doch Haden von dieser Masse nicht «W, mal zwei auch nur in einem einzigen gravire»O den Punkte übereingestimmt. Auf solche Grünh« und Beweise gründet man die dreifache Anklage, deren jede ein Todesurtheil in sich schließt. Mem» Herren! Ich kann von diesem ernsten Borwurtt nicht in einen Ton der Rührung übergehen. Alex Vorwurf, aufgereizt zu haben, fällt von mei««W Haupte, ich will es sagen, damit ein Unternehm« aufgeklärt werde, an welchem ich selbst Antheil nahm, von dem ich aber Andere znrückhielt. Am Tage des 1v. Mai riß der Sturm der Bewegung Stück für Stück von meinem Herzes Um S Uhr ging ich noch in gewohnter Weife ikS Universitäts-Gebäude, um meine letzte Vorlesung zu halten. Um 6 Uhr kamen die erschütternden Nachrichten von Elberfeld und Düsseldorf und fielen zündend in meine Seele. Ich fühlte, daß ich handeln mußte. Ich ging in mein fiueRicheß Haus, nahm Abschied von meinem Amte, dem ich seit zwölf Jahren lebte; nahm Abschied von meinem Weide, für dessen Besitz ich schon einmal mein Lebensglück eingesetzt hatte; nahm Abschied v«i meinen schlafenden Kindern, die wo bl nicht träumt ten, daß sie in dieser Nächt ihren Vater verliere« würden. Als ich von den Gefühlen dieses Au genblick» erfüllt, die Schwelle überschM, da sagt« ich mir, daß ich das thun dürfe, weil di» 2^*4 der ich lebte, mich aufrecht erhalten werde, »daß aber kein anderer Gatte, kein anderer Vater da durch untergeht» dürfe. Ju diesem Gefühle trat