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Man zeigte sich also recht lebendig, draußen und drinnen, und auch die Schupo war genötigt, einigermaßen für „Be wegung" zu sorgen, wobei dann freilich das „Sitzen"- müssen die Folgeerscheinung zu sein pflegt! Nun ist ja Berlin noch nicht das Deutsche Reich und Demonstrationen sind noch nicht der Ausdruck einer über kochenden Volksseele. Aber eine Spannung politi scher Art besteht. Der Graben zwischen der der zeitigen Neichsregierung und dem rechten Flügel der — man muß schon fast sagen: früheren — Regierungs- koalition hat sich ständig und deutlich vertieft, ver breitert. Landvolk-, Deutsche Volks- und Wirtschaftsparte: wollen sich vom Kabinett Brüning distanzieren oder haben das teilweise schon getan. Ihre „Vertreter" in der Regierung werden nicht mehr als von den Parteien dele giert, als Führer anerkannt, denen man Gefolgschasi leistet. So wirkt es sich immer stärker aus, daß die Reichs tagsauflösung durch das Kabinett Brüning ein Vorstoß gegen eine Mehrheit des Parlaments war. daß aber das Resultat dieses Vorstoßes eine Stärkung dieser Mehrheit wurde und nun zum mindesten das par lamentarische Schwergewicht nach rechts hinüber ging. Da Brüning aber eine Stütze für die Jnangriff nähme seines Programms nun weiter und nur weiter links erhalten wird, so erfolgt einAbmarsch seiner Streitkräfte auf dem rechten Flügel. Oder, vorsichtig gesprochen: er kann sich auf diesen Flügel parla mentarisch nicht mehr verlassen; ist von diesem Vielleich: schon im Stich gelassen. Man hat früher viel und nicht ohne Veranlassung darüber geklagt und gespottet, daß die verfassungsmäßig festgelegte Ernennung bzw. Entlassung der Reichsminister „auf Vorschlag des Reichskanzlers" praktisch in eine von ihm unbedingt anzunehmende Prä sentation der Ministerkandidaten durch die Parteien um gewandelt worden sei. Nicht mehr sich selbst suche der Reichskanzler die ihm geeignet erscheinenden Mitarbeiter für die Regierung heraus, sondern er müsse die ernennen lassen, die man ihm durch die Fraktionen namhaft mach! Unstreitig ist dies auch oft genug so geschehen, denn hinter all dem stand ja immer das große Problem der Mehr heitsbildung, der Vermeidung eines Mißtrauensvotums Aber selbst dann, wenn die Parteien ihre eigenen an erkannten Führer in die Regierung „entsandten", fühlte: sie sich durchaus nicht unbedingt an die Entschlüsse diese: Führer gebunden; „Extratouren" solcher Art ge hörten im Reichstag durchaus nicht zu den Seltenheiten Und gerade in entscheidenden Augenblicken fielen bestimmte Parteien auseinander, versagte zum mindesten ein Tei dem Führer die Gefolgschaft. Jetzt hat sich dac gründlich geändert und Dr. Brünings Kabinet versucht im Kampf gegen den „Parlamentsgeist", gegen die Fraktionen, die von eigenem, nach anderen Rich tungen hin gewendetem politischen Wollen erfüllt sind, di Wuc^ seines Programms, also der Regicrungsabsichten zur Geltung zu bringen. Daraus ergibt sich dann ohn weiteres, daß bestimmte Mitglieder dieser Negierung di Pläne „ihrer" Fraktionen nicht mehr milmachen wolle: und können. Besteht also auf Brünings rechtem Flügel unstreitis eine Spannung, die letzten Endes auf das Wahlergebni zurückgeht, so erwächst ihm auf dem linken Flügel in den Ausbruch des Berliner Metallarbeiter streiks eine neue, durchaus nicht nur Wirtschafts- un sozialpolitische Schwierigkeit von vorläufig nicht abseh barem Ausmaß. Angesichts des Grundsätzlichen in dc Entscheidung des Schlichters, der zwecks Herabdrückuw . °-r?^"onskosten eine Lohnkürzung in Vorschlag ,» „ S^eik drauf und dran, seine Nückwir Fi- der politischen Seite hin, also aw der Sozialdemokratie auszuüben. Ol ^'nvarla^ Sturm widerstehen wird neben °°K°°L'L^ d°d-n-°n „ Keill Eingreifen -er Regierung im Berliner MemarbeitekflrM. Berlin, 14. Oktober. Am Dienstag nachmittag waren Gerüchte verbreitet, daß auf die Streikabstimmung der Berliner Metallarbeiter hin die Neichsregierung einzugreifen beabsichtige. Demgegenüber kann mirgeteilt werden, daß irgendwelche Ver handlungen hierüber weder beim Reichskanzler noch beim Reichs- orbeitsminister staltgesunden haben. Höchstwahrscheinlich werden die Arbeitgeber am Mittwoch, wenn der Streik ausgebrochen ist, die Verbindlichteitserk.arung des Schiedsspruches beantragen. Daraufhin erfolgt, wie »blich, eure neue Fühlungnahme des Schlichters mit beiden Parteien, so daß sich die Behörde aus diese Weise in den Lohnstreit einschalten dürfte. HoMmU i« her imere« Politik Ser Kurs der Regierung Brüning. Wer wird Reichstagspräsident? Mit fliegender Eile repariert man die während der Unruhen auf der Leipziger Straße in Berlin und Um gegend eingeschlagenen Fensterscheiben der Geschäfts häuser. Währenddessen fluten noch immer größere Massen in die betroffenen Straßen und die Polizei ist in erhöhter Wachsamkeit, obwohl es sich anscheinend nur um Neu gierige handelt, die sich den Schauplatz der Heldentaten vom Montag ansehen wollen. In seinem Palais empfing Reichspräsident von Hindenburg den preußischen Ministerpräsidenten Dr. Braun zur Besprechung und im Landtagsgebäude wird der Preußische Landtag mit interessanten Verhandlungen eröffnet. Die vollspartei- liche Reichstagsfraktion hat ihre Stellung zur Präsidenten wahl noch nicht endgültig fcstgelcgt, obwohl ihr Führer, der Abg. Dr. Scholz, als Anwärter auf den Präsidentcn- stuhl stark genannt wird. Das Reichskabinett aber hat für nachmittags 5 Uh' eine Sitzung ungesagt, die sich mit der am Donnerstag vor dem Reichstag abzugebcnden Erklärung der Regir rung beschäftigt. Alles das ist wahrlich ein Beweis für die Hochspannung, die sich stärker als je in diesen Tagen auswirkt. In parlamentarischen Kreisen steht man der Wah! des Reichstagspräsidiums, die in der Mitt wochsitzung des Reichstages stattfinden soll, mit Span nung entgegen. Einige Fraktionen haben sich ihre letzte Entscheidung immer noch Vorbehalten, so daß mit Über raschungen gerechnet werden kann. In der Sitzung der Zeutrumsfraktion des Reichstages wurde allerdings einstimmig beschlossen, an der bisherigen Praxis, daß die stärkste Partei den Präsidenten stellen soll, festzuhalten. Diesen Grundsatz wird dte Fraktion auch bei der Wahl des Vizepräsidenten anerkennen unter der Voraussetzung, daß sich die Kandidaten zu der Geschäfts ordnung des Reichstages bekennen und die Parteien sich verpflichten, für den Kandidaten des Zentrums im Prä sidium zu stimmen. Als solcher wurde von der Fraktion einstimmig der Abgeordnete Esser vorgeschlagen. Wie be kannt wird, teilt diese Auffassung auch die Fraktion der Bayerischen Volkspartei. Wie verlautet, hält die Neichstagsfraktion der W i r t s ch a s t s p a r t e i an ihrem Beschluß fest, den Abgeordneten Dr. Bredt aus dem Kabinett zurückzuziehen. Die sozialdemokra tische Reichstagsfraktion wählte die bisherigen Vorsitzenden Dr. Breitscheid, Hermann Müller, Dittmann und Wels wieder. Die Fraktion beschloß den Abgeordneten Löbe wieder als Präsidenten dec Reichstages vorzuschlagen. * Ergebnislose ZraWnsführerbesprechUU Keine Einigung über das Rcichstagspräsidium. Im Reichstage sand auf Einladung des Alterspräsi denten Herold eine Fraktionsführerbespiechung statt, die den Zweck hatte, eine Einigung über die Präsidenlenwah herbeizuführen. Wie verlautet, erklärten die National sozialisten, daß das Recht der stärksten Fraktion aus der Präsidentenposten in der Geschäftsordnung des Reichs tages nicht verankert sei. Die Wahlen hätten eine gan klare „autimarxistische" Mehrheit ergeben Es müsse des halb auch ein antimarxistischer Präsident gewählt werden Von anderen Parteien wurde darauf hingewiesen, daß de: Anspruch der stärksten Fraktion parlamentarische: Brauch geworden sei. Eine Einigung wurde nich' , erzielt. * Mchslan-buni) gegen bas Kabinett. Eine „führungsfähige Reichsleitung" gefordert. Der Bundesvorstand des Reichslandbundes beschloß an Reichsminister Schiele ein Dankschreiben zu richten Ferner nahm der Bundesvorstand eine Entschließung am Der Reichslandbund vermisse im Regierungsprogramm das offene Bekenntnis zur Notwendigkeit der Revision unserer gesamten Reparationspolitik und die zur Heilung der Agrarnot erforderlichen durchgreifenden Maßnahmen Das Programm zeige, daß die Regierung sich von par lamentarisch-parteipolitischer Konjunkturpolitik nicht frei mache. Der Reichslandbuud bittet alle dem Landvolk nahestehenden Parteien, auf die Schaffung einer „füh rungsfähigen Reichsleitung" hinzuwirken. In einer zweiten Entschließung erhebt der Reichsland bund Protest gegen die Erdrosselung der landwirtschafl lichen Selbstverwaltung durch parteipolitische Machen schäften und gegen die erneute Bestätigung eines „ver fassungswidrigen Gewerkschaftsmonopols". Die Wirtschastspartei beySlt sich ihre Handlungsfreiheit vor Berlin, 14. Oktober. Die Reichstagsfraktion der Wirt schaftspartei gibt über ihre mehrstündige Frattivnssitzung am Dienstag nachmittag eine Mitteilung heraus, wonach die Frak tion von der Ablehnung des Rücktrittsgesuches des Ministers Bredt durch den Reichspräsidenten und dem Ersuchen, als Mini ster ohne parteipolitische Bindung Kenntnis nimmt. Die Fraktion hält nach wie vor an ihrer Forderung der Umbildung des Kabi netts im Sinne ihres Schreibens vom Montag an den Reichs kanzler fest. Der Reichsregierung gegenüber behält sie sich nun mehr völlig freie Hand vor. Die Wirtschaftspartei hat damit einen geschickten Mittelweg eingeschlagen, indem sie den Iusiizminister Bredt weder zum Aus tritt aus dem Kabinett noch zum Austritt aus der Fraktion ver anlaßt, sich selbst als Partei aber in eine klare Distanzierung von der Regierung Brüning begibt. Nr. Hugenberg und Nr. Oberfohren an den Reichskanzler. An den Reichskanzler haben Dr. Hugenberg und der deutschnationale Fraktioussührer Dr. Oberfohren ein Schreiben gerichtet, in dem cs heißt: „Angesichts der bevorstehenden Abstimmungen halten wir es für erforder lich, unmißverständlich festzustellen, daß es die Frage der Regierungsbildung und das Regieruugssystem in Preußen ist, die auch jetzt wieder einer politischen Zu sammenarbeit der nichtmarxistischen Parteien zur Lösung der deutschen Frage entgegensteht. Die Abneigung des Zentrums tn Preußen, die Verbindung mit der Sozialdemokratie zu lösen, ist der tiefste und innerste Grund, aus dem heraus die Tribut-, die Finanz- und Wirtschaftskrise Deutschlands jetzt durch die deutsche Verelendung gelöst werden soll statt durch das mutige Anpacken des Tributproblems. Für die durch eine gegenteilige Auffassung bedingte verderbliche Reichspolitik des jetzigen Kabinetts werden wir auch weiterhin keine Mitverantwortung übernehmen und aus diesem Grunde für die eingebrachten Mißtrauensanträge und für die Aufhebung der erlassenen Notverordnung stimmen." PrWMMWe ErkMllWN Hitler;. Berlin, 15. Oktober. In einer dem Berliner Vertreter des International News Service gewährten Unterredung äußerte sich, wie der Lokalanzeiger aus Neuyork berichtet, Adolf Hitler zu dem am Tage der Reichstagseröffnung erfolgten Zerschlagen der Fensterscheiben, das hauptsächlich von Rowdies, Ladendiebrn, Plünderern und kommunistischen Provokateuren vollführt sei. Es habe nichts mit der nationalsozialistischen Bewegung zu tun, die jede Gewaltanwendung mit Ausnahme des von Gott gegebenen Rechtes, der Selbstverteidigung, verwerfe. Die Weiterentwick lung im Reiche hänge von der Regierungsbildung ab. Die par lamentarische Lage zwinge rasch zur Bildung zweier großer Rechts- und Linksblocks. Die Mittelparteien würden bald die eine oder die andere Seite zu wählen haben. Die Welt werde in Bälde zu entscheiden haben, ob sie ein nationalsozialistisches oder ein bolschewistisches Deutschland haben wolle. „Wir verwerfen", so fuhr Hitler wörtlich fort, „alle politischen Tribute und werden sie niemals bezahlen. Versailles, Dawes- und Houngplan sind lediglich ungedeckte Schecks und Deutschland kann niemals die Deckung aufbringen. Wir werden niemals etwas unterzeichnen, was wir nicht holten können, aber wir sind bereit, als Ehren männer vor die Welt hinzuttclen und mit ihr auf gesicherter Grundlage zu verkehren. Wir erkennen die privaten Schulden an und die in Deutschland investierten Kapitalien. Es besteht für sie von unserer Seite keine Gefahr. Unsere ganze Bewegung zielt auf eine deutsche Monrvedoitrin, sie fordert Deutschland für die Deut schen. Ebenso wie Amerika Amerika für die Amerikaner fordert. Wir sind bereit, auf freundschaftlicher Basis mit allen zu ver handeln, die die Gerechtigkeit dieser Forderungen anerkennen. Wenn der Welt das nicht patzt, und sie uns zwingt, weiter zu zah len, so wird sie sich mit dem Gedanken eines bolschewistischen Deutschlands abfinden müssen. Da werden nicht nur die politi schen Tribute verloren sein, sondern ebenso die privaten Schul den." Ner Regierungskommiffar für Wohnungsbau. Ein zusammenfassender Bericht. Der Rcichskommissar für das Wohnungsbauprogramm 1930, Ministerialrat Dr. A.m h o s s, hat einen zusaminensassen- den Bericht über seine Lotigkeit vorgelegt. Es heißt darin u. a.: Für die Durchführung des Programms wurde ein Mittelweg zwischen Zentralisation und Dezentralisation ge wählt. Die Durchführung obliegt den Ländern. Das Reich überwacht die Durchführung durch einen Reichskommisfar. Die Bestimmungen der Länder über die Gcwahrnna von