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Wöchentlich erscheinen tret Nummern. Präniimeranons- Prei« 22; Sgr. (j Thlr.» vierteljährlich, 3 Tblr. für da« ganze Jahr, »hne Er höh» ng, In allen Theilen »er Preußischen Monarchie. für die Man peänumernt auf dies.« Peiblaik der Aüg. Pr. Staat« Zeitung in Berlin in der Expedition lMohren > Strafte Rs. Z4>; in der Provinz f» wie im Ausland« bei dm Wohllöbl. Post-Äemtern Literatur des Auslandes. «-W' 2. Berlin, Montag den 5. Januar I83!>. Frankreich. Politische Betrachtungen über Europa und Deutschland ins besondere. Bom Marquis de Salvo. Bom Marquis de Salvo erschien im Jabre 1834: Man port«- k«m>IIo »u I'upivr» stßtaulii-» »ur «lu« »ujot» yolltigno« <>t littsrairo» sl'-iri» ot ditr:»8bvur^, l^ovrnulij. Namentlich der politische Theil des Buches enthält manche interessante Bemerkungen, von denen hier einige, wohl nicht unpassend, eine Stelle finden. Der Berfa fier ist in seinen Ansichten voll weiser Mäßigung und seine Darstellung ist von Wohl wollen durchdrungen. Als ich in Frankfurt am Main anram (in der ersten Hälfte des Jahres 1833), erhob man noch immer seine Stimmen sür die Einheit Deutschlands, — dieses Utopien aller derer, die zum Deutschen Liberalis mus, der vom Französischen so sehr verschieden ist, sich bekennen Ein po pulär gewordenes Lied gicbt eine vollständige Idee von dem Wesen dieses Patriotismus und zugleich auch eine Vorstellung von der Abneigung gegen Frankreich. Dieses Gedicht ist charakteristisch, es ist zum großen Theile der Katechismus der Gaffensäugcr und liberalen Bierfiedler, ohne daß es jedoch zu Zusammcnrottirungen und Eharivari's führte. (Der Bers, meint Thcod. Körners Lied: „Was ist des Deutschen Vaterland?" u. s. w. ohne jedoch zu wissen, oder besonders zu berücksichtigen, daß es im Jahre 1813 entstanden ist. Es war und ist offenbar ein Kind jener Zeit, und wenn der Marquis davon sagt, daß es im Jahre 1833 noch im Munde des Volkes gewesen, so kann dies höchstens von Frank furt a. M. selbst, von dem er gerade spricht, gelten.) ES ist zu bemer ken, — fährt er sodann fort, nachdem er jenes Gedicht in einer Ueber- setzung mitgelheilt, — daß allen diesen Vaierlandslicdcrn, diesen pa- rnotischcn Gesängen das Siegel strenger Moral und der Charakter einer religiösen Gesinnung aufgedruckt ist; eS giebt sich in diesen Tönen der wahre Erguß eines Deutschen Herzens kund, das begeistert ist vom Verlangen nach National-Unabhängigkeit, nicht aber nach Ausruhr und jener demokratischen Ungebundenbeit', die alle Ordnung umzustürzen droht, di« sich dem Gehorsam gegen die Gesetze entziehen, der Aristokratie ein Grab graben und in dasselbe auch den Thron zwingen will; die das Eigenthum Anderer an sich zu reißen und den Menschen jedes Trostes zu berauben sucht, indem sie mit Gewalt der Domaine der öffentlichen und Privatrechle sich bemächtigt, den Jahrhunderten ihre Annalen, der Geschichte ihre schönsten Seiten, dem Hcldenmuthe seine Lorbeern, den Regierungen ihren Glanz und den Völkern ihre Ruhe und ihr Gluck streitig macht. Wenn man den Nationen das Majorat der Dvnastiecn nimmi, die sie beherrscht haben, macht man sie zu Waisen. Die alten Geschlechter sind für die Völker ein schönes Bcsitzlhum. Ein allgemeines Zollsystem, eine Verwaltung, welche alle Bor- theilc eines freien und dem Deutschen Vaterland« gemeinschaftlichen Han dels vereinigte, ist der Gegenstand aller Unterhaltungen und Wünsche »er klügsten und in den Geschäften erfahrensten Männer. Bor dem Jahre 181L waren in den meisten Staaten des jetzigen Deutschen Bun des Douanen und andere Hemmnisse des Handel« unbekannt, es gab in dieser Hinsicht kein freieres Land, al« Deutschland. Die innere Ver waltung war ungehindert, selbst mitten unter Privilegien und lehnsherr- lichen Siechte» Aber die Kriegsjahr« unter Napoleon hatten die Staaten in Schulden gestürzt, und auch die Fürsten Deutschlands muß ten darauf bedacht sevn, alle Mittel zu benutzen, um sich beträchtliche SlaatS-Einkünfte zu sichern. Die Deutschen Völker hätten cs viel leicht vorgezogen, »och bedeutenderen direkten Abgaben unterworfen zu sevn, die in kurzer Zeit, ein ^Nal für immer, hinreichend gewe sen waren, den Bedürsnissen der Staaten zu genügen, als sich fort während in ihren Spekulationen und in dem Gänge ihrer Industrie ge. hemmt zu sehen. Ein anderes Hinderniß für jenes Verwaltungs-System lag darin, daß die kleineren wie die größeren Staaten Deutschlands, da sie in Ansthung der Industrie einander noch nicht gleich standen, indem die einen mehr Manufaktur-, die anderen mehr ackerbautreibende Staa ten sind, cS vorzogen.-den besonderen Bortheil vor dem Gestimmt-Jn- lercsst Ul« Auge zu fassen. Der Einfluß der praeponderirenden Staaten ist Ursache gewesen, daß dieses Svstem, statt ein Gegenstand der Prüfung und Erledigung von Seilen des Bundestages im gemeinschaftlichen Interesse Deutichlands zu nuldcu, nur der Gegenstand besonderer Diskussionen geworden ist, daher es auch, noch einiger Zeil bedarf, den Reclomalio, nen und Interessen jedes einzelnen Staates in einer allgemeinen Berei nigung zu genügen. Wie sehr man auch bemüht gewesen ist, über den Preußischen Zollverband die Ansichten einiger Staaten zu beunruhigen, gleich al« sey es ei» Mittel zur Suprematie des ihn vorschlagendcn Staates über die anderen, so ist cs doch gewiß, daß er bei der Gesammtheit und den Deutschen Ockonomisten den meisten Anklang finden wird; da er. außer den wirklichen Bortheilen für Handel und 'Industrie, die er durch Befreiung derselben von Tausend inneren Schlagbäumen mit sich führt, jene Gesammthcil der Interessen begründen kann, welche sich der Idee der Einheit Deutschlands nähert, — dieser Einheit, die stets (?) da« Utopien einer träumerischen Politik des Deutschen Bölkes bilden wird, und die, aus manchem Gesichtspunkte unausführbar, es in Ansehung der kommerziellen Interessen nicht ist, indem der Deutsche Bundestag das Problein zu lösen vermag, in Allem, was die.Industrie und die Verwaltung betrifft, die Rechte der verbündeten Völker unter dem Ge sichtspunkte der Einheit zu behaupten. Das Prinzip der Nationalität spricht sich in Deutschland ohne allen Widerspruch kräftiger aus, als anderswo; aber es ist eine Natio nalität, die sich mehr in äußeren Merkmalen, als durch Enthusiasmus kund giebt, und die besonders durch jene Regelmäßigkeit der Sillen und Gewohnheiten hervorgebracht wird, welche man von dem ersten Dorfe am Rheine bis nach Hamburg und an die Gränzen von Polen beobachtet. BemerkenSwcrth ist es', daß die Französische Herrschaft unter Napoleon keine Spuren zurückgelasscn hat, welche eine wirkliche Acndcrung in den Verhältnissen Deutschlands vermuthen ließen; so wenig herrscht cine Sympathie zwischen diesen beiden Nationen. Die Deutschen Völker bangen an ihren Fürsten, an ibren Trach ten, an ibren Feste» wie au einem kostbaren Besitzthume; sie ha ben eine Art von historischer Scheu, die sie an jedem Verlangen nach Umsturz hindert; und schon die Idee de« Umstürze« ist ihnen eben so zuwider, als sie ihren Nachbarn theuer ist. Sic sind gleichsam ihrer Geschichte zu Lehn gegeben, und erscheinen al« deren Leibeigene. Die Ehroniken ihrer gesellschaftlichen Existenz äußern auf sie einen Einfluß, der über die Ideen der Menge Macht genug hat, um ihnen die Sitte« ihrer Vorfahren lieb und achtungswcrth erscheinen zu lassen und sie zu ihrer Nachahmung aufzufordern; so daß sie, weit entfernt, ihre Anna len zu schänden,' indem sie die Leichname ihrer Monarchen ausgraben und, wie Andere e« tbun, die Verbrechen und Sünden derer, die*ihr Vaterland einst verwüsteten, in« Gedächtniß der Gegenwart zurückrusen, sich vielmehr der Ritterlichkeit ihrer Fürsten rühmen und die Geschich ten der alten Deutschen Häuser erneuern, und daß sie, wenn nun die Stimme der Fürsten sich vernehmen läßt, ihnen folgen zu müssen glau ben, wie es einst ihre Vorfahren thalen, die die Schlösser und Paläste als Heiliglhümer der Herrschaft und der Macht ansahen und verehrte«. Die Titel: Fürst, Herzog, Gras u. s. w. üben einen mächtigen Einfluß der Gewohnheit auf das Deutsche Volk aus, der sich, in dem Putze ihrer Pferde und den glänzenden Livreen ihrer Diener, bis auf di« Massen herab erstreckt. Nirgends übt der Anblick eine« GlockenthurmS und einer Kirche einen solchen Einfluß an«, flößt solche Achtung ein, und spricht s» zur Einbildungskraft, als in Deutschland. Man kann sagen, daß die Geschichte Deutschlands zum großen Theile in jencn düster« und wie, dcrhergestelllen Gewölben seiner Dome niedergelegt ist; und die Revolu tionen, welcher Art sie auch gewesen seyn mögen, haben sich nirgend« an diesen Denkmalen einer früheren Civilisatiön vergriffen, die gleich sam die Depositäre der Wechselfälle des Christenthums geworden sind, indem sie durch ihren Schmuck oder durch ihre Einfachheit, durch ihre Reichthümer oder in den Künsten, welche sic zieren, die Verände rungen und die Zeiten ihres Glanzes bezeichnen- Die Säkularisation der Bisthümer in Deutschland hat auf den Geist des nieder» Volkes keinen ungünstigen Einfluß geäußert. Diese Maßregel hat wohl zum Theil die politische Gestaltung einiger Staa ten verändert, aber sie hat aus deu Gottesdienst kein« Einwirkung ge habt. Die Geistlichen sind in Deutschland im Allgemeinen sehr unter richtet, und haben Einfluß auf ^ie unteren Klaffen des Volk«, nicht in politischer Beziehung, wie in Spanicn und Portugal, indem sie sich der Religion als eines'Mittel« bedienen, um die Leidenschaften zu ent zünden, die Gemülber aufzuregen und durch Vereine und Associationen einen moralischen Einfluß und eine Macht der Opposition sich anzueig-