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Dresdner Journal : 30.08.1889
- Erscheinungsdatum
- 1889-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188908305
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18890830
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18890830
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1889
-
Monat
1889-08
- Tag 1889-08-30
-
Monat
1889-08
-
Jahr
1889
- Titel
- Dresdner Journal : 30.08.1889
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.V 202. Freitag, den 30. August, abends. 188S. vr«iä«> vivrt»IM>rll«d > H »0 tt., d«t »E L»ü«rl. M^rUot» 8 H.; ä«» «isotsoti«» Lvioka» tritt ko«t- «sä iUL»L. ^»tL»Slxiuix»x«dLIlr»>, ^ür äs» 8»aw «ü»«r »«»plOtoi»«» 2«il» ^I«u>rr 8«l»ri1t »0 kk. v»t« „<U» 2«t«> bv ?t. L« 1»d»U«>- lUlö LL»rus»t« sut-pi ^o/ivtU»tz. Lr»«d»iL»»r IR^Uo^ mit ^lULLtull« äsr So»»- »»L k««rt»U« »d«»äi. ^«rUHprsod-^L-ollo«»: Ur. ISN». DreMerZMmal. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Gtto Banck, Professor der (Literatur- und Kunstgeschichte. L»»»^i»e v» ^»ttt»Ll^»»««» »»Mitri», /->. K-n-xtitret«', Oowmi,»iovLr 6»« Ur»»rio«r ^oar»»I», S»»drirx - >«rU»-Vt»» - I^ixnlss - L»»«l-Lr»,I»a -Vr»»e»r, ». N.: ü >»rU» VI« NLwiurff- kr»g I^!x»lg-rr»llkeart »- H. 8tS»et>«! L«<j. s/o««,' k»rI,-L»»»»»-L«rUi>-rr»ot^art ». H-St2ttx»ri: Da»-« L bo.,- L»rU»! D»vat»ci<Md1a»t,- 0«rUt«: S. U«Lor,r: <7. Lc-a«r.er, L»u» ». »u F. Darot L <7«. S»r»»«r»»«r: LS»i^t. Lixoäitio» <tv« t)r«<!»or IrmnuU». Ur««!«», 2Mi»s«r,tr»»« 20. k«r»ipr»vit-XL»ollv«! Ur 18V». Machkekelkunqen auf das „Dresdner Journal" für den Monat September werden zum Preise von 85 Pf. angenommen für Dresden: bei der unterzeich neten Expedition (Zwingersiraße Nr. 20), für auswärts: bei den betreffenden Postanstalten zum Preise von 1 M. In Dresden - Neustadt können Bestellungen abgegeben werden in der Hofmusikalienhandlung des Herrn Adolf Brauer (F. Plötner), Haupt straße 2 und bei Herrn Kaufmann C. Siegmeier (Albertplatz am Alberttheater), woselbst auch Ankündigungen zur Beförderung an unser Blatt angenommen werden, und bei welchen ebenso wie bei Herrn Kaufmann E. Eschler, in Firma Oskar Schröder Nachf., Pillnitzer Straße, Ecke Ziegelstr., dem Bahnhofsbuchhändler Herrn Weigand (böhm. Bahnhof), Herrn Kaufmann Simon, Circusstraße 24, Ecke Pillnitzerstraße, Herrn Kaufmann August Bensch, Schmiede gäßchen 2, Ecke der Hauptstraße, Herrn Kauf mann Lebr. Wesser, Prager Straße 50, und Herrn Kaufmann Otto Fließbach, Striesener Straße 38 einzelne Nummern des „Dresdner Journals" zu haben sind. Ankündigungen aller Art finden im „Dresd ner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung, und es werden die Gebühren im Ankündigungr- teile mit 20 Pf. für die kleingespaltene Zeile oder deren Raum berechnet: für Ankündigungen unter „Eingesandtes" sind die Gebühren auf 50 Pf. für die Zeile fistge stellt. König!. Expedition des Dresdner Journals. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische WachricHLen. Rom, LS. August. (W. T. B.) Der König empfing heute deu türkischen Botschafter PhotiadeS Pcscha in Abschiedeoudienz. Die Ernennung deS Monsignore Piavi zum lateinischen Patriarchen in Jerusalem gilt alö gewiß und unmittelbar bevorstehend. Loudon, 30. August. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der GenrralauSschuß der streikenden Hafenarbeiter fordert durch rin Manifest die Arbeiter aller Ge werke Londons auf, am Montag sich dem Streik anzuschließen, falls die Dockcompagnie nicht bis Sonnabend mittag die Forderungen der Hafen arbeiter vollbewilligt haben sollte. Nach einer Meldung des „Standard" auS Shangai waren infolge einer Überschwemmung in Nordchiua und Japan gegen 5000 Personen er trunken. London, 30. August. (Tel. d. TreSdn. Journ.) Nach einer Meldung deS „Reuterschen BureauS" aus Yokohama sind durch eine Ueberschwemmung in Wakayama bci Osaka an 10000 Personen um gekommen und an 20000 obdachlos geworden. Großes Elend herrscht unter der Bevölkerung. St. Petersburg, 29. August. (W. T. B.) Die Gemahlin deö Großfürsten Wladimir, die Großfürstin Marie Paulowna, hat die Nacht ziemlich gut verbracht und 2 Stunden gut ge schlafen. —' Feuilleton. K. Hoftheater. — Altstadt. — Donnerstag, 29. August, wurde zur Nachfeier von Goethes Geburts tag dessen „Faust", zweiter Teil, gegeben, nachdem in richtiger Weise die Vorstellung des ersten Teils deS Werkes wenige Tage vorher erfolgt war. Die groß artige Dichtung bewahrt auch in der hier üblichen Bearbeitung von Wollheim, welche ihr vielmehr die Physiognomie eines zusammenhanglosen Ausstattungs stückes mit Musik giebt, ihre mächtige poetische Wirkung. DaS Haus war gefüllt; das Publikum folgte mit ge spannter Aufmerksamkeit und reger Teilnahme der Vor stellung, an deren löblichem Gelingen besonders die Leistungen de» Fräulein Ulfrich — Helena —, de» Herrn Porth — Faust — und de» Herrn Wiene — Mephistopheles — hervorragenden Anteil hatten. Den tiefsten Eindruck machte die Helena-Episode, in welcher Fräulein Diacono al» Euphorion sich aus- zeichnete. Die vortreffliche deutliche Aussprache Herrn Wiener läßt eine angestrengte Kraftäußerung de» Or gans, wie sie von ihm in den ersten Scenen und an wenigen anderen Stellen, -. B. am Schluß de» dritten Akts, auSgeübt wurde, nicht nötig erscheinen; die feineren AuSdruckSnüancen im Vortrag der Rede, wie sie beim Mephistopheles wechselooll geboten sind, wer den dadurch unmöglich. Vorzüglich sprach und spielte Herr Wiene die Scene mit dem FamuluS und Bacca- laureu». Leider müssen wir jetzt Fräulein Berg» meisterhafte, tief ergreifende Abführung der „Sorge" entbehren; diese nicht erreichen zu können, kann m- Bukarest, LS. August, abend». (W. T. B.) Die spanische Regierung hat auS SparsamkeitS- rücksichten ihre hiesige Gesandtschaft aufgehoben. Dresden, 30. August. Die Lage auf Kreta. In den Zuständen auf der Insel Kreta ist eine Änderung noch immer nicht eingetretcn. Die hsutige Lage ist beinahe genau die gleiche wie zur Zeit, da die Bewegung zum Ausbruch kam. Allerdings ver fügt der von der Pforte nruernannte Generalgouver- neur Schalir Pascha gegenwärtig über eine sehr an sehnliche Streitmacht, es scheint aber nicht, daß er von derselben denjenigen Gebrauch machen wird, welcher zur baldigen Unterdrückung deS Ausstande» notwendig wäre. Nachdem die europäischen Mächte sich dahin aus gesprochen hatten, daß eS der Pforte überlassen blei ben müsse, mit den Aufständischen fertig zu werden und Schalir Pascha nach der Insel entsandt worden war, hatte der neue Generalgouoerneur die Führer der Aufständischen zu sich entbieten lassen, um von ihnen den Grund ihrer Mißvergnügens zu erfahren. Die Forderungen derselben übermittelte er sodann nach Konstantinopel, wo ein Ausgleich m Aussicht gestellt worden war. Nun kommt plötzlich aus Athen die Meldung, daß die Forderungen von der Pforte zurück- gewiesen worben seien und daß Schaklr Pascha alle weiteren Verhandlungen mit den Ausständijchen abge brochen habe. Diese Nachricht küngt im ersten Augen blick etwas bedrohlich, sie ist indessen nicht ganz so schlimm, als es den Anschein hat. Sieht man die Forderungen der Aufständischen naher an, so wird es begreiflich, daß die Pforte sie verworfen hat. ES sind manche darunter, deren Erfüllung mit einem Verzicht des Sultan» auf die Souveränetät gleich bedeutend sein würde, und andere muten der Pforte zu, ihre mahommedamschen Umerthanen auf der Insel schlfchthm zu verleugnen. Wie die „Neue Freie Presse" in einem diese Vorgänge beleuchtenden Aussatze hervorhebt, wird verlangt, daß der Sultan die finanzielle Unabhängigkeit der Insel anerkenne, da neben, daß die christlichen Aufständischen begnadigt, die Türken aber bestraft und -um Schadenersätze an die Christen verurteilt werden. Das ist gerade so, als ob ein Sieger dem Besiegten seinen Willen auferlegte, während doch in Wirklichkeit die Aussichten der Auf ständischen sehr zusommengeschrumpst sind, seitdem der türkische Truppenbestand beinahe auf 30000 Mann erhöht worden ist. Die kretenfischen Unterhändler spielen ein wenig Regulus; sie halten die beiden Zipfel des Gewandes hin und sagen: der eine enthält unsere Bedingungen, der andere den Krieg. Woher sie dazu den Mut nahmen, begreift man schwer; man kann nur glaube n, daß sie in ihrer Schlauheit von dem Handels- grundsatze ouSgehen, daß man, um viel zu erlangen, sehr viel fordern müsse. Denn daß sie nicht erkannt haben sollten, daß ihre Hoffnung auf eine direkte oder indirekte Unterstützung von außen jeder Begründung ent behrt, ist kaum anzunehmen. Der ganze Verlauf '^r Ereignisse muß sie unbedingt darüber haben, daß die europäischen Kabinette schlossen sind, wegen der kretensischen ^sreitigkeiteu die Orienlfrage nicht ausrollen »7. lassen. Dieser Umstand läßt bei dem von der Pforte an den Tag gelegten gnten Willen, den Forderungen der Aufständischen gerecht zu werden, die Möglichkeit einer friedlichen Beilegung des Streites nicht ausgeschlossen erscheinen. Allerdings scheint, wie die Wiener „Presse" meint, auf der hohen Pforte die Wahrnehmung, daß vorläufig kein wie immer geartetes Einschreiten von seilen der europäischen Mächte zu besorgen sei, den Eifer wieder sehr obgekühlt zu haben, mit welchem anfangs die Beilegung der kretensischen Wirren in Angriff genommen wurde. Ju den maßgebenden tür kischen Kreisen, so sagt das genannte Blatt, verfällt man bei der Behandlung der kretensischen Frage wie der in die althergebrachte, beliebte und sreilich auch gar häufig erprobte Methode, derartige Angelegen heiten zu verschleppen und zu versuchen, ob sie nicht versumpfen. Die Türkei hat mit diesem Geduldspiel schon so oft widerspenstige Bewegungen im Innern zum Erlöschen gebracht und d'e ungeduldige europäische Diplomatie ermüdet, daß sie auch im gegebenen Falle nicht auf dasselbe verzichten mag; sie glaubt wohl, vorläufig habe sie genug gcthan, indem sie in Kreta eine Streitmacht angesammelt, welche numerisch bei nahe so stark ist, wie die Zahl aller waffenfähigen christlichen Bewohner der Insel. Damit ist in der That jeder ernstere Handstreich der Insurgenten gegen einen der wichtigeren Punkte der Insel unmöglich ge macht und eS droht den bewaffneten Banden, sobald sie sich angriffswcije vorwagen sollten, die Vernich tung. Die Insurgenten würden binnen kurzem, wenn die türkischen Bataillone aus den Hafenstädten gegen das Innere des Landes vorrücken wollten, aus allen Positionen in der Niederung zurückgedrängt lein, ohne daß eS irgendwo zu einem ernsteren Zusammenstöße gekommen wäre. Die Erfahrung aus den früheren Aufständen auf Kreta lehrt aber, daß damit die Bewegung noch nicht erdrückt ist, wenn vier Fünfteile des JnselgebietcS, und zwar olle wichtigeren und wohlhabenderen Gaue zur Ruhe nicdergezwungen sind. In den hohen, un zugänglichen G-birgen der Sphakioten finken keine Scharen einen sicheren Zufluchtsort und von dort aus wird mit an sich ganz unbedeutenden Scharmützeln, die von Zeit zu Zeit sich abspielen, dos Fortbestehen des AufftandeS markiert. Dos Übrige bleibt Aufgabe der hellenischen Lärmmacher in den politischen Klubs und in den Redaktionsbureaus von Athen, welche au» jedem Scharmützel, in dem hüben und drüben ein Dutzend Flinten thätig waren und drei Dutzend Patronen verpufft wurden, ohne einem Menschenkmde die Haut zu ritzen, ein bedeutendes Gefecht machen, mit mehr Toten und Verwundeten, als die bei dem betreffenden Geplänkel wirklich beteiligten Leute Finger an den Händen und Zähne im Munde hatten. Diese Nachrichten werden dann in Europa von Blättern, die grundsätzlich der Türkeuberrschaft abhold sind, mit Eifer verbreitet und in jenen Kreisen, in denen man einen Brand im Orient, und wäre er auch noch so unbedeutend, nicht avsgelöscht sehen möchte, weil man ihn zu gelegener Zeit auSnützen kann, weiter verarbeitet. So wurde während des letzten kretensischen Ausstandes 2 Jahre lang dafür gesorgt, daß die Frage auf der Tagesordnung blieb, bis endlich die Mächte dem Spiel ein Ende mochten und den panhellenischen Schürereien das Handwerk legten, wob?: Äli'i-Hs, wie meistens in solchen Fällen, d-.- Pforte eigentlich die Zeche zu bezahlen Diese Erfahrungen soll- t n, wie man möchte, die Pforte genug'am ge° haben, um diesmal die kretensischen Wirren nicht abermals so lange zu verschleppen, bis die Pali- karen im Sphakiottvgebirge und deren Freunde im Auslände allein das große Wort führen. Gerade dir Zurückhaltung, welche die fremden Mächte beobachten — neuerdings zieht auch Frankreich seine Schiffe von der Insel zurück —, sollten eine Mahnung sein, den zuletzt doch nicht unbedenklichen Wirren ein rasches Ende zu machen, und nachdem den Widerspenstigen die Stärke der Türkei kundgethan, durch Zugeständnis billiger Forderungen Ler Opposition ihre Spitze ab- zubrechen. ES liegt dies nicht bloß im Interesse der Pforte allein, eS liegt dies auch im Interesse Euro pas, so weit dasselbe den Frieden erhalten will, und dessen der jetzigen fleißig bemühten Darstellerin dieser Figur nicht zum Vorwurf gereichen. C. B. Zwei Brüder. 20 Erzählung von Sophie Junghan». (Fortsetzung.) „Leupoldt? Sagten Sie nicht so?" wiederholte der Domänenrat mit einem Male aufmerksam. „Dann haben wir uns, glaube ich, erst in diesen Tagen sehr lebhaft mit Ihnen beschäftigt, verehrter Herr. Der Kommission, in der ich sitze — landwirtschaftliche An gelegenheiten, besonder» Fragen, welche die Brennereien berühren, betreffend — lag ein Antrag vor aus all gemeine Einführung eine» so einfachen wie sinnreichen MeßopparatS für den Gehalt de» Branntwein» an Fuselölen — der Erfindung eine» gewissen Hrn. Felix Leupoldt. Habe ich die Ehre, diesen Hrn. Felix Leupoldt zu begrüßen?" Felix verbeugte sich lächelnd. „So jung noch und schon so tüchtig", rief der Abgeordnete in dem biederen Ueberzeugungstone, welcher hauptsächlich für „da» Hau»" bestimmt war, und sah dabei seinem Gegen über in da» jugendliche Antlitz. „Ich gratuliere zu Ihrem hübschen Erfolg, ich gratuliere aufrichtig." „Ich danke Ihnen" sagte Felix. „Jener Erfolg war eigentlich ein Zufall. Ich beabsichtigte die kleine Entdeckung gar nicht, da» heißt, ich arbeitete nicht darauf hin; dieselbe ergab sich nur al» Rebenresultat von Untersuchungen, die «inen völlig anderen, nichts» unmittelbar praktischen Zweck hatten. Sie leuchtete mir aber ein, und so machte ich sie bekannt." Ter Domänenrat sah Len jungen Menschen in halber Verwunderung an. „Nun, machen Sie nur mehr solcher „kleiner Entdeckungen", sagte er. „Sie scheinen eine glückliche Hand darin zu haben. Ha, ha, ha. Wie Ihr großer Fachgenosse Justu» v. Liebig. Vielleicht wird unser junger Freund hier auch einmal ein so berühmter und — reicher Mann, Fräulein Dora. Gar nicht ganz unwahrscheinlich. Ja, ja... Wissen ist Macht, heutzutage mehr al» je ... und nie mand weiß eS besser, al» wir im Reichstage... daher ich vor den Vertretern der exakten Wissenschaften ganz besonders, wo ich sie auch treffe, meinen Hut ziehe!" „Hört, hört!" sagt« Dora, leicht in die Hände klatschend. „Schade, daß der Hut draußen ist, Herr Domäneurat!" Er drohte ihr mit dem Finger. „Spötterin!" In diesem Augenblicke aber nabte die Frau Professor mit auSgestreckten Begrüßung-Händen dem Abgeordneten für Roschenen, und man sah ihr von weitem an, wie ihr ein ganzer Wortschwall auf den Lippen zitterte. Den jungen Leupoldt übersah sie einstweilen. Dora benutzte rasch die Gelegenheit, machte Felix eiu Zeichen mit den Augen und die beiden entschlüpften. Fräulein Berninger führte ihn durch mehrere mit Menschen gefüllte Zimmer hindurch — wobei sie sich einmal umsah, ob Herr Leupoldt ihr auch folge — zu einem kleinen Raum, einer Art Entree, in dem von Möbeln fast nur ein Rohrsosa sich befand. Auch mit der Beleuchtung war da» Stübchen schlecht weggekommen, da dieselbe durch eine kleine, mangel- Hail geputzte Lampe, welche auf einem Eckbrett stand, bewirkt wurde. deshalb trachten muß, daß jeder scheinbar auch noch so geringfügige Keim eine» ernsteren Streitfälle» er tötet wird, bevor er seine zersetzende Wirkung in wei teren Kreisen auSzuüben vermag. Tagesgeschichte. Dresden, 30. August. Das soeben zur Aus gabe gelangte 21. Stück des ReichSgesetzblotte» enthält als einzigen Gegenstand: Nr. 1870) Konven tion zwischen dein Freistaale Salvador und dem deutschen Reich, vom 12. Januar 1888 in spanischer und deutscher Sprache. * Bertin, 29. August. Se. Majestät der Kaiser, welcher in der Nähe Küstrins nach Beendigung der militärischen Übungen noch dem Jagdvergnügen ob- gelegen, ist heute nachmittag von dort wieder in Potsdam eingetroffen. — Hauptmann Wißmann hat über den Tod des Arztes seiner Expedition, vr. Schmelz kopf, einen Brief nach Deutschland gelangen lassen, wonach I)r. Schmelzkopf am 20. Juli d. I. bei einem Versuche, als Arzt wie als Kamerad Hilfe zu dringen, verunglückt ist. Stabsarzt Schmelzkopf befand sich in jenen Tagen an Bord der „München" aus der Fahrt von Bagamoyo nach Dar-es Salaam. Schwerer See gang nötigte den kleinen Dampfer, am Abend de» 19. im Schutz einer Insel vor Anker zu gehen. Ich selbst, so sagt Hauptmann Wißmann in dem betreffenden Briefe, begab mich mit noch zwei Europäern und einigen Schwarzen nach der Insel. Auf der Fahrt dahin sank unser Boot. Wir erreichten sämtlich ge rade noch Grund, nur mit Mühe das Fahrzeug auf den Strand bringend. Die hercinbrcchende kalte Nacht war für uns nut unsern durchnäßten Kleidern ohne Decken oder irgend welche Hilfsmittel doppelt fühlbar und bei den hiesigen klimatischen Verhältnissen g-sund- heitsgefährlich. Da wir denn Landen drei Ge wehre verloren hatten, nur noch ein solche» besaßen und die Insel von den gegenüberliegenden feindlichen Fischerdörfern besucht wird, waren wir gezwungen, nachts zu wachen. Nachdem dar Bcot kalfatert und flott gemacht war, gingen wir in deu frühen Morgenstunden an Bord des Schiffes und er reichten dieses erst, als das Boot abermals unter un» wegsark. Die ersten Worte, welche der Kapitän uns zurief, waren: „Wo ist Or. Schmelzkopf?' Ich er fuhr nun erst, daß Schmclzkopf, welcher unsere Lage erkannt hatte und außerdem glaubte, la er einige Schüsse hörte, wir seien mit den Eingeborenen zu- sammeugestoßen, un» schon am Abend Unterstützung dringen wollte, und zwar schwimmend, denn ein wei teres Boot war nicht vorhanden. Doch gelang es dem Kapitän, ihn von diesem Unternehmen zurückzus halten. Schon um 4 Uhr am f2lZruoen Morgen traf aber Dx. seine endgilttgrn Vorbereitungen Und unternahm das große Wagnis, mit einer Schach tel Nägel zur Bootsreparatur, etw-iL Küssee, einer Flasche Coznoc und Ehiüin versehen, die weite Wasser fläche von 800 m, in welcher noch dazu Brandung stand, zu durch'chwimmen. Wir selbst auf der Insel hatten bei dem noch herrschenden Dämmerlicht nicht» von jenem Vorgang bemerkt und I)r. Schmelzkcps war beim Schwimmen Len an Bord Zurückgebliebenen schon der Seeganges wegen, aus den Augen gekommen. Ter Kapitän hatte darauf dreimal geschossen, und wir sahen, daß er uns mit heftigen Gestikulationen etwas zurie', was wir jedoch der heulenden Brandung wegen nicht verstehen oder deuten konnten. Bis 8 Uhr wurde noch versucht, den Verunglückten aufzufinden, jedoch eS war umsonst. — Von der Entsendung von Handelsreisen den nach Südamerika raten Berichte dort fungieren der englischer Konsuln entschieden ab. Na ürlich br- Dora hatte gezögert, aber unmerklich und nur einen halben Augenblick, als sie gesehen, wie völlig ungestört sie und ihr junger Bekannter hier sein wür den. Jetzt lud sie ihn mit freundlicher Gelassenheit «in, neben ihr auf dem Rohrfofa Platz zu nehmen, und sagte: „Sie solle» mir viel von der Commende erzählen, Herr Leupoldt. Oder hätten Sic die Unterhaltung des Herrn DomänenratS lieber noch weiter genossen?" Felix machte eine unwillkürliche hastige Bewegung. Sie lächelte leichthin. „Er ist übrigens lehrreich", sagte sie, ,,al» um- stündliche» Echo der Meinungen, die gerade um ihn herum gang und gäbe sind. Eine eigene hat er selten, außer waS die Kunst deS Dinieren» und Sou pierens betrifft. Da weiß er, wa» ihm zusagt, und wa» nicht. Aber nun — wie geht e» Ihrer Mutter, und wa» macht Otto?" „Ich habe erst lange, nachdem Sie von uns fort waren, nach und nach erfahren, wir gute Freunde der kleine Bursche und Sie gewesen sind", sagte er zu nächst statt der Antwort. ,Lch möchte Ihnen dafür danken. Der Junge ist ein Liebling von mir." Dora errötete leicht, sie hatte e» wohl gewußt. „Er hat aber etwas Scheue»; daß er Fremden gegenüber so kirre geworden wäre, wie bei Ihnen, war noch nie vorgekommen. Jetzt geht er in Hclbingen in die Schule, ist nur Sonntag» zu Hause und ist lang und mager geworden, wie sich da» in diesem Alter gehört. Die Mutter ist gesund und lebhaft wie immer. Sie spricht oft von Ihnen." „Und Ihr Vater . . hat er . .", etwa» zögernd, „sich jetzt ganz in den Wechsel de» Studium» bei
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