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MdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, D»» -Wilsdruffer Tageblatt- erscheint an ollen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 NM. im Monat, brr Zustellung durch die Boten 2,3tt NM., bei Postbestellung 2 «M. zuzüglich Abtrng- .... gebühr. Linzeinummern 1SNpfg.AllePostanstal.en 2BocheNvllltt für A-ilSdrUss u. I4mgesten0 Postboten und unsereAus. tr^erund Geschaftsstellev ' nehmen zu jeder ^eit Be^ ftetluugen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betrrebsftörun gen bestehr Kein Ansvruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreise». — Nüchsendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, w*enn Porto beittegt. für Lürgertum, Beamte, Angestellte a. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8gespaltene Noumzeile 2V Npfg., die i gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V Nctchs* Pfennig, die 3gespaltene Neklamezeile iw textlichen Teile l Neichsmork. 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Obwohl die Staatsmänner im Haag gar nicht so weit von dem wunderschönen Seebad Scheveningen entfernt waren, zum Teil sogar dort wohnten und nach des Tages heißem Streit die Kühle der Luft und des Meeres genießen konnten, waren sie schon nach ein paar Wochen „konferenz müde". Aber in diesem Jahre wird ihnen nichts geschenkt: an jene Konferenz schließt sich ja gleich die Sitzung des Völkerbundrates in Genf und dort stehen zum mindesten große — Reden in Aussicht. Sogar aus dem Munde der führenden Männer Deutschlands, Englands, Frankreichs usw. Die Tagesordnung gibt zwar keine Veranlassung dazu, aber bekanntlich kommt es bei den Tagungen des Völkerbundes oder seines Rates wenig auf den Wortlaut dieser Tagesordnung an. Viel mehr auf das, was die leitenden Staatsmänner planen oder vereinbaren. Und so munkelt man allerlei von einem Vorhaben Briands, in der Richtung seines neulich proklamierten: Völker Euro pas, vereinigt euch! weiter vorzustoßen. Was ja insofern nicht ganz zu dem Resultat der Haager Konferenz paßt, als unter diesen „Vereinigten Staaten Europas" einzig und allein Deutschland die sämtlichen finanziellen Lasten dieser Staaten Amerika gegenüber zu tragen hat. Man wird den Genfer Vorgängen, der dortigen Tätig keit vor und hinter den Kulissen, jedoch in Deutschland ein nicht übermäßig großes Interesse entgegenbringen. Die Haager Entschlüsse, die Annahme des Young-Planes in der neuen Gestalt durch die deutsche Delegation steht ja ganz im Vordergrund. Schon jetzt, ehe noch die nicht minder wichtigen Einzelfragen dieses Planes — beispiels weise die Organisation und die Funktionen der Inter nationalen Reparationsbank — geregelt worden sind, ist es über die Auslegung gewisser Festsetzungen der Haager Konferenz zu Diskussionen gekommen. Vor allem über die Aufgabe, die Rechte und Zuständigkeiten der im Locarno vertrag geschaffenen, jetzt aber auch noch mit andern Auf gaben betrauten Ko in Mission für das entmili tarisierte Rheinland. Dr. Wirth, der sich jetzt als „Minister für die befreiten — nicht mehr für die be setzten — Gebiete" bezeichnet hat, ist anderer Ansicht als sein Parteivorsitzcnder Dr. Kaas. Dr. Wirth steht ans dem Standpunkt, daß die — alte — Locarnokommission bereits das Recht besessen habe, sich mit etwa auftauchenden Streitfragen der Entmilitarisierung des Rheinlandes zu befassen, im Haag also trotz der ausdrücklichen Heran ziehung der Entmilitarisierungsbestimmungen des Ver sailler Vertrages wesentlich Neues oder Anderes nicht ge schaffen worden sei. Das bestreitet Dr. Kaas, bestreitet, daß schon der Locarnokommission jenes Recht zustande, das ihr — und zwar auf zeitlich unbegrenzte Dauer — erst jetzt zugestandcn sei, sie also nicht bloß eine Ausdehnung ihrer Zuständigkeit, sondern überdies noch ihrer sonstigen Untersuchungs-, Feststellungs - usw. - Rechte erfahren habe. Und schließlich sei jetzt auch die Möglichkeit versperrt, bei Eintreten eines derartigen Streitfalles direkt an den Völkerbund zu gehen, da man jene Kommission in Tätig keit treten lassen müsse. Innerhalb der Zentrumsfraktion des Reichstages, die in Freiburg zusammengckommcn ist, wird diese Diskussion eine Stätte finden. Diese Auseinandersetzung — auch ein Ausdruck der nicht gerade übermäßig freudigen Zustimmung, mit der die Haager Beschlüsse in Deutschland begrüßt werden — erfolgt hinter verschlossenen Türen, ändert auch nichts daran, daß das Zentrum zusammen mit den Parteien weiter links und der Deutschen Volkspartei sicherlich jene Beschlüsse ratifizieren wird. Aber die Zeit bis zu dem Augenblick, da der Reichstag vor die Entscheidung gestellt wird, bietet der Opposition gegen die Annahme des Young-Planes genügend Raum zu offenem Kampf. Der Reichsausschuß für das Volksbegehren — der ja auch über den Young-Plan einen Volksentscheid herbeiführen will — rüstet eifrig für dieses außerparlamentarische Vor gehen, die Opposition sammelt also ihre Truppen für das kommende Gefecht, das ganz zweifellos recht stürmisch ver laufen wird: infolge der vielfach recht unbefriedigenden Haager Ergebnisse wird es die Verteidigung nicht gerade scbr leicht haben. Bei dieser innenpolitischen Auseinandersetzung über die Außenpolitik ist zudem nicht zu vergessen, daß inner halb der Ncgierungskoalition über die Reform der Arbeitslosenversicherung heute noch schwere Disferenzen bestehen, für deren Beseitigung — wenn sie überhaupt möglich ist - mau auch noch einiger Zeit be darf. Diese Einigung über eine wirkliche Reform ist aber fchon deswegen notwendig, weil die Arbeitslosenziffcr bereits wieder im Steigen begriffen, die Finanzlage des Reiches nach wie vor aufs äußerste angespannt ist und man jede Hoffnung aufgeben muß, als Steuerzahler von der Annahme des Young-Plans etwas am eigenen Portemonnaie zu verspüren. Die Arbeitslosenunter stützung hat aber im Laufe des Winters bis zum Ende Juni 1929 alles in allem - einschließlich der werreschaffee- den Erwerbslosenfürsorge usw. — etwa 580 Millionen Mark Reichszuschutz gekostet! „Wenn die Staatsmänner bauen, haben die Jnncn- politiker zu tun" möchte man also ein bekanntes Dichter wort variieren. Freilich wird noch eine nicht gerade kurze, sicherlich auch nicht kurzweilige Zeit vergehen, ehe auch innenpolitisch die Entscheidungen fallen. kombenattentat im Reichstag 25000 Mark für Ermittlung des Täters Nach den zahlreichen Spreng st ossan- schlagen, die während der letzten Wochen in den Pro vinzen Schleswig-Holstein und Hannover sowie im Frei staat Oldenburg verübt worden sind, ist jetzt dieReichs- hauptstadt Schauplatz eines Sprengstoffattentats ge worden. Am Sonntag früh kurz nach 4 Uhr erfolgte a m Reichstag eine weithin hörbare Detonation. Der Tat ort wurde sofort im weiten Umkreis durch Schutzpolizei abgcsperrt. Es wurde festgestellt, daß an der Nordseite des Reichs tagsgebäudes in dem Luftschacht der Außenfront eine Sprengstoffladung zur Explosion gebracht worden war. Die Wirkung bestand in der Zertrümmerung mehrerer Fenster im Keller- und Erdgeschoß und im ersten Stock. Es wurden zahlreiche Reste der Sprengstoffladung, insbesondere Teile einer Weckeruhr und von Taschen lampenbatterien gefunden, die teilweise bis auf die gegen überliegende Straßenseite geschleudert worden waren. Der von der Polizei sofort hinzugezogene Sachverständige, der auch bei der Aufklärung der früheren Sprengstoff anschläge in Oldenburg und Lüneburg als Gutachter tätig gewesen ist, hat an Ort und Stelle eine vorläufige Unter suchung vorgenommen. Nach seiner gutachtlichen Be kundung ist die Sprengstosfladung ähnlich wie die bei den Anschlägen in Oldenburg und Lüneburg vor bereitet gewesen. Ein Zusammenhang des neuesten Berliner Anschlages mit den früheren Sprengstossatten taten ist daher anzunehmen. Der Polizeipräsident hat eine Belohnung von 25 000 Mark ausgesetzt. Von dem Betrage sind 10 000 Mark als Belohnung für die Personen bestimmt, die zur Aufklärung des Sprengstoffanschlages im Reichstag, ins besondere zur Festnahme der Täter, beitragen. Den weiteren Betrag von 15 000 Mark erhalten diejenigen Personen, durch deren Angaben der Nachweis eines Zu sammenhanges des Berliner Anschlages mit den früheren Anschlägen erbracht wird. Für die Aufklärung des versuchten Attentats auf die Wohnung des Regierungsvizepräsidenten Grimpe in Schleswig sind von der Regierung 5000 Mark Belohnung ausgesetzt worden. Damit steigt die Summe, die für die Aufklärung der Sprengstoffattentate in Schleswig-Holstein ausgesetzt ist, nunmehr auf insgesamt 27 000 Mark. „Graf Zeppelin" unterm Heimatswimpel „G r a f Z e p p e l i n" gestartet. Das Luftschiff „Graf Zeppelin" ist am Sonntag morgen um 8.18 Uhr amerikanischer Zeit (13.18 Uhr mitteleuropäischer Zert) nach Friedrichshafen auf- gesticgen. Der Start des Luftschiffes war ursprünglich aus 5 Uhr morgens mitteleuropäischer Zeit angesetzt, mußte aber wegen widriger Bodenwinde verschoben werden. Vor dem Start. Am Sonntag um 4 Uhr morgens mitteleuropäischer Zeit begann der Wind sich zu versteifen. Er wehte mit einer Geschwindigkeit von über 14 Stundenkilometern quer über die Tore der Luftschiffhalle. Es erging ein Auf ruf an 200 Freiwillige aus der Menge der Zu- fchauer zur Unterstützuna der 450 Marinesoldaten und Matrosen. Um 4.25 Uhr 'morgens mitteleuropäischer Zeit wurden die Zeppelinmotoren angeworfen. Da sich aber die Windstärke bis auf fast 32 Stundenkilometer versteifte, wurden die Zeppelinmotoren wieder abgestellt. Als der Start des „Graf Zeppelin" wegen Querwindes vor läufig verschoben wurde, befanden sich die Passa giere bereits seit einer Stunde in ihren Kabinen. Die meisten von ihnen schliefen bereits. Die unvermeidlichen „Blinden". Zwei in der Passagierkabine des „Graf Zeppelin" versteckte jugendliche blinde Passagiere wurden entdeckt und der Polizei übergeben. Kapitän Lehmann hofft, wie es heißt, den „Graf Zeppelin" 20 Tage nach dem Abflug von Friedrichs hafen dort wieder in die Halle zu bringen, was reichlich zwei Tage weniger wäre als der Lakehurst—Lakehurst- Flug und eine Verbesserung des Weltrekords bedeuten würde. Ein Schildbürgerstreich. Ein Photograph aus New Jersey glaubte sich be- kanutlich durch die Zeppelingesellschaft geschädigt, weil er eine Flugkarte bestellt und bezahlt, aber nicht mehr er halten hatte. Er erwirkte bei seinem Gericht einen Pfändungsbeschluß gegen „Graf Zeppelin" für seine Schadenersatzsorderung und mit diesem schickte er einen Gerichtsvollzieher nach Lakehurst, um das Luftschiff bis zur Bezahlung der angeblichen Schuld zurückzuhalten. Es erfolgte nun ein etwas lächerlich anmutender Rechts streit. Das Marineamt gab bekannt, daß, falls die Be hörden von New Jersey das Luftschiff mit Beschlag be legen Wollten, sie es mit eigener Mannschaft ent fernen und eine Unterkunft für das Luftschiff finden müßten. Die Anwälte der Goodyear Zeppelin Company hinterlegten daraus beim höchsteu Gericht von New Jersey eine Bürgschaft in Höhe von 25 000 Dollar, um die Beschlagnahme des Luftschiffes zu verhindern, und zwar eistolgte diese Hinterlegung, nachdem der Unter sheriff die Absicht bekanntgegeben hatte, den „Graf Zeppelin" durch den früheren Zeppelin Piloten Anton Heinen in Besitz nehmen zu lassen. Heinen War vom Sheriff dazu angeworben, das Luftschiff aus dem Schuppen hcrausbringen zu lassen und es an einem großen Baum zu befestigen. Die Außcuhülle des „Graf Zeppelin" durchschossen. Der Oberzellenmaat Kroner entdeckte in der Hülle des „Gras Zeppelin" ein Loch, das, wie Kroner erklärte, sicher lich durch ein Geschoß verursacht wurde. Das Geschoß durchbohrte jedoch nur den äußeren Bezug, ohne die Wasserstoffzellcn zu berühren. Kroner ist der Ansicht, daß das Geschoß während der überfliegung von Texas ab- gcschossen wurde. „Wir gratulieren." Die Vorbereitungen für die Empfangsfestlichkeiten aus Anlaß der Rückkehr des Luftschiffes „Graf Zeppelin" nach Friedrichshafen sind nunmehr in vollem Gange. Die Besprechungen, die hinsichtlich des Festprogramms in Stuttgart zwischen Vertretern der Staatsregierung nnd der Stadtgemeinde Friedrichshafen geführt wurden, haben ihren Abschluß gefunden. Auch auf der Friedrichshafener Werft ist man eifrig beschäftigt, dem „Graf Zeppelin" einen Würdigen Empfang zu bereiten. So hat die Werftleitung u. a. das langgestreckte Dach der Halle des „Graf Zeppelin" mit riesigen Weißen Lettern bemalen lassen, die dem heim kehrenden Luftschiff den ersten Grutz der Heimat cntgegen- leuchten werden mit den Worten: „W irgrat ulie re n !" Severing über -ie Haager Einigung. Vor der Funkindustrie. Bei einem von der Funkindustrie zur Eröffnung der Deutschen Funkausstellung in Berlin gegebenen Bankett nahm Reichsinnenminister Severing das Wort. Severing betonte unter Hinweis auf die Haager Verhandlungen, die nun endlich zum Abschluß gekommen seien, daß bei aller Vorbelastung der deutschen Wirtschaft das deutfche Voll nunmehr seine Souveränität wiedcr- erlangt habe. Freilich müßten wir mit allen zu Gebote stehenden Kräften und mit aller Intelligenz vorwärts- ftreben, damit wir wieder mit anderen Völkern konkur rieren könnten. Das Blaue Band, so erklärte Severing, der Zeppelinweltflug und diese Ausstellung seien drei schlagende Beweise dafür, daß wir wieder unseren Platz unter den Völkern der Erde einnehmen werden, der uns zukommr. Zum Schluß seiner Rede wandte sich der Minister im Zusammenhang mit den Rundfunkproblemen gegen die Behauptung, er sei ein Diktator. Er denke gar nicht daran, aber er sei der Meinung, daß der Rundfunk hohe Kulturaufgaben zu erfüllen habe. Dazu gehörten auch politische Unterhaltungen und dabei werde keinerlei Parteilichkeit walten, sondern jede politische AuffassunH solle zu ihrem Recht kommen. Sie Pariser BeWAng Mische« Briand and Macdonald Paris, 2. September. Zu der Pariser Zusammenkunft des französischen und englischen Ministerpräsidenten, die am Sonn abend nachmittag in dem Rotondesalon des Außenministeriums stattsand, stellen die amtlichen Verlautbarungen sest, daß von der abgeschlossenen Konferenz im Haag und den bevorstehenden Ar beiten in Genf und, wie der sranzvsische Ministerpräsident den Journalisten erklärte, von der „Organisation des Friedens" ge sprochen wurde. Briand habe hinzugesügt, die Unterhaltung habe ihn überzeugt, daß die Haager Konferenz, indem sie alle Mißver ständnisse zwischen Frankreich und Großbritannien zerstreute, den Weg für die fruchtbarste Zusammenarbeit der beiden Länder sür ihr gemeinsames Ideal, das Werk der Besriedung, erösfnete. Dem „Populaire" zufolge bildeten der allgemeine obligato rische Schiedsgerichtsakt und die Möglichkeit, zum Genfer Proto koll von 1924 zurückzukehren, den Hauptgegenstand der Bespre chung Briand—Macdonald. Macdonald habe dem sozialistischen Blatte zufolge den Willen der englischen Arbeiterregierung, den Schiedsgerichtsakt in Kürze ratifizieren zu lasten, dargelegt, wäh rend Briand darauf hinwies, daß die französische Regierung den Ratisizierugsentwurf bereits im Parlament eingebracht habe und die Ratifizierung nur eine Frage von wenigen Wochen sei. Außerdem wurden von Macdonald und Briand auch die Frage