Volltext Seite (XML)
WHeritz-MiW Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. 73. Jahrgang Dienstag, den 28. Mai 1907. Rr. 61. Di« »Weitzrritz-Zeltiwg« erscheint wöchentlich drei mal : Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergchen- dcnAbendenansgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern Mit -chq-Mg-m „2U.st-t-rt.tt M» I-»-- «t» hEMrtschttstUch" M«n-«-.B-!I-,-. Mr dir «xsuahm« -it,«s an bestimm«-- Stell- »»d m, b-ftim>>-t->> wird kr >-- e Veranlnwrtlicher Vedakleur: Paul Jehnr. - Druck und Verlag von Carl Jehne m Dippoldiswalde^ Inserate werden mit 12 Pfg., solche aus unserer Ämtshauptmannschaft mit 10 Pfg. die Spalrzeile oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile 30 bez. 25 Pf«,. Tabellarische und komplizierteJnserate mit entsprechendem Auf- 1g Ma - Alle Postan- — I . >^>"9 Eingesandt, im NLSAUrn Anzeiger ftir Dippoldiswalde und Umgegend. "SS. LV Amtsblatt für die Königliche AmtshauPtmamMst, das Königliche Amtsgericht nnd den Stadtrat zu Dippoldiswalde. . Gesuche um Gewährung von Slaatsbeihilfen für Volksbibliotheken sind unter Benutzung des vorgeschriebenen von der Mauckisch schen Buchdruckerei in Freiberg her ausgegebenen tabellarischen Vordrucks — Nr. 220 — bis längstens den 20. Juni 1907 anher einzureichen. Später eingehende Gesuche können für das laufende Jahr keine Berücksichtigung finden. Nr. 587 v. «gl. Ämtshauptmannschaft Dippoldiswalde, am 23. Mai 1907. ^I^viM^O. Mai bis 4. Juni c. die Bezirksstraße nach Glashütte in Reinholds. 2 vom 3 bis 5 Juni c. die Straße von Reinholdshain nach Reinhardtsgrimma. Der ^'abrverkehr wird währenddessen über Elend beziehungsweise Hilschbach gewiesen. 7 l 7 A Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, am 27. Mai 1907. Oesterreich-Ungarn. In Oesterreich haben nunmehr auch die Stichwahlen stattgefunden und das Bild vervollständigt, welches sich alsbald bei den Hauptwahlen zeigte. Sozialdemokraten und Christlich-Soziale haben noch eine Reihe weiterer Mandate erobert, die ersteren ziehen mit einer Stärke von über 80, die letzteren mit ca. 70 in den Reichsrat ein. An 60 Mandate beträgt der Zuwachs der Sozialisten, die ihre Zahl im Parlament dadurch vervierfacht haben, ein Ausgang, den wohl niemand erwartet hatte. Daß ein Zuwachs erfolgen würde, war ja vorauszu,ehen, da die Wahlreform den bis dahin wenig berücksichtigten minder bemittelten Schichten der Bevölkerung größere Rechte ge währte; aber auf einen solchen Riesenzuwachs hatte nie mand rechnen können, wenngleich seine inneren Ursachen begreiflich sind. Die lange unterdrückte Massenbevölkerung machte eben ihrer Mißstimmung dadurch Luft, daß sie die am weitesten linksstehenden Kandidaten wählte, wofür den besten Beweis die große Menge gewählter tschechischer Sozialisten bildet. Ein anderes charakteristisches Moment war die enorme Einbuße der Nalionalitätsparteien, ein Zeichen, daß man des langen Völkerhaders müde ist, der mit am meisten dazu beigetragen hat, daß Oesterreich in folge der inneren Zerrüttung von seiner Großmachtstellung mehr und mehr herunterging. Auch die Zunahme der christlich-sozialen Mandate kann kaum überraschen, weil eben diese Partei überaus rührig war, während die Fort schrittspartei erstarrt war und sich anscheinend begnügte, ihre Ziele in ihrem Namen ausgedrückt zu lehen. Die Christlich-Sozialen sind eben die Partei des kleinen Mannes, der nicht auf die Sozialdemokratie eingeschworen ist und die Parteileitung tat auch alles, um die Wünsche des Mittelstandes nach Kräften im Reichsrat wie den Einzel- landtagen zu vertreten. Daß die Deutschnationalen völlig unterlagen, ließ sich ziemlich voraussehen, denn die wüsten Hetzereien, welche deren Mitglieder verübten und sich nicht entblödeten, durch widerwärtige Skandale im Parlamente selbst ihre gute Sache bloß zu stellen, mußte jeden an ständig denkenden Menschen abstoßen. So hält ein völlig verändertes Parlament seinen Einzug und die Regierungs politik wird nicht umhin können, diesem Umschwünge Rechnung zu tragen. Als stärkste Gruppe werden die aller Voraussicht nach zusammengehenden Christlich-Sozialen und Klerikalen zweifellos eine Vertretung in der Regierung verlangen und Kaiser Franz Josef wird nicht umhin können, diesem Verlangen aus Gründen der Billigkeit Rechnung zu tragen, da andernfalls jede geordnete parla mentarische Arbeit lahm gelegt werden könnte, da in diesem Falle Christlich-Soziale und Sozialdemokraten unbedingt zusammengehen würden. Wie die sonstige Partei- konjtellation sich gestalten wird, läßt sich heute noch nicht übersehen, die Regierung wird es aller Wahrscheinlichkeit nach versuchen, sich durch Bildung eines Koalitions ministeriums eine genügende Mehrheit im Reichsrate zu sichern, aber derartige zusammengestellte Kabinette tragen meist den Kelm des Zerfalls in sich selbst und es ist trotz dem nie auf eine sichere Gefolgschaft im Parlamente zu rechnen. Ins Gewicht fällt auch die Regelung des Ver- hältnisses zu Ungarn und gerade nach dieser Hinsicht dürfte es unter den völlig veränderten Gruppierungen beträchtliche Schwierigkeiten geben. Es wird voraussichtlich längere Zeit bedürfen, ehe in der Donaumonarchie «ine Klärung «»tritt, und es wäre zu wünschen, daß während dieser Uebergangsperiode die innere Situation sich zum Schaden des Landes nicht noch mehr zuspitzt. Lokales und Sächsisches. " Dippoldiswalde. Der Geburtstag des König wurde hier in der bisherigen Weise gefeiert. Lingeleilet wurde der Fest tag durch Wecken des Militäroereins. Viele Häuser trugen Flaggenschmuck. Nachmittags 5 Uhr versammelten sich im Saale des Hotel» „zum goldenen Stern" gegen 70 Herren zu einem Festmahle, bei dem Herr Bezirksschulinspektor Schulrat Bang folgenden Trinkspruch ausbrachte: Durch die wonnige Maienzeit Zieht ein Blühn und Singen: Oeffne, Herz, dich hoffnungsweit, Heb zum Flug die Schwingen! Welch ein ahnungsreicher Duft Quillt aus allen Bäumen! Leise weht es in der Lust Wie von Zukunftsträumen. Mitten in diesem Maienzauber steht wie in einen von Erde und Himmel geschossenen Rahmen unseres erlauchten Königs Geburtstag. Wer vermöchte an einem solchen Tage In sein Inneres zu verschließen, was ihn bewegt und beglückt. Wer möchte es nicht im Kreise von Gleichgesinnten hinaus pweln m die maienschöne Welt! Zum dritten Male, seit König Friedrich August den Thron seiner BSter bestiegen hat, feiern wir seinen Geburtstag. Mit so hoher, ungetrübter Freude wie heute durften wir ihn aber noch nicht begehen. Liegt es doch gerade über dem ganzen letzt vergangenen Lebensjahre unseres geliebten Königs wie Maicn- licht und Maienduft. Das empfinden besonders wir Bewohner des Dippoldiswalder Bezirkes, dieses naturschönen Gottesländchens, dieser Perle im Sachsenlande, diesem paradiesischen Vorgarten der stolzen Sachsenresidenz: In den sommerlichen Tagen seines letztvergangenen Lebensjahres ist unser allgeliebter König auch bei uns eingekehrt, um uns seiner könAichen Huld zu versichern, aber auch um sich von Hand und Mund seiner Landeslinder sagen zu lassen, daß auf unsern Bergen noch wabre Sachsentreue wohnt. Nimmer wird die Erinnerung an diese Tage in unserm Herzen erlöschen. Und mitten im Winter haben wir mit unserm Könige Tage vo'l Maienhvffnung und Maienfreude, einen Volksflühling er leben dürfen, der In unserm engeren Kre se ein Zehntausend, im ganzen Lande Hunderttausende aus den Fesseln der Verstimmung, der Irrung, des K'einmutes befreit und sie wieder erweckt hat zu neuem s Uchen, fröhlichen, zuversichtlichen, pflichtbewußten, stolzen nationalen Leben, der sie zm ückgeführt hat zu den Idealen der Väter und sic geschart hat um den Thron des Königs. In jenen Tagen hat unser König mit seinem feinen Emp finden für die Schw'ngungen der Volksseele mitgejubelt über den großen Sieg der nationalen Sache, über diese Bürgschaft für den grldenen inneren und äußeren Frieden. Da ist ihm das Herz übergegangen vor Freude in der Erkenntnis, daß das Volk seines Königs Herz erkannt und verstanden hat; und er hat seine innere Bewegung hineingegoßen in ein Wort, das zum ersten Male in einer auch schweren, kampfreichen, hoffnungsfceudigen Zeit gesprochen ist: „Es ist eine Lust, jetzt zu leben!" Wir ver gessen ihm dies-s Wort, mit dem er seinem Volke zugleich ein so ehrenvolles Zeugnis ausgestellt hat, nicht und geben es ihm heute voll Dankes jubelnd und gelobend zurück: „Es ist eine Lust, unter einem solchen Könige zu leben!" Schmücken ihn doch nicht nur die glänzenden Eigenschaften des Fürsten, sondern auch die Tugenden, denen der schlichte Bürger und Untertan nachringt: In ihm vereinigt sich mit der treudeutschen Gesinnung des Bundesfürsten, diesem köstlichen Erbe seines könig!ichen Vaters und seines königlichen Oheims, dem scharfen, praktischen Blicke des Regenten, dem kühnen Mute des Soldaten, der furchtlos die Einsamkeit der Wälder aufsucht und ohne jeden anderen Schutz als den seiner gewinnenden und bezwingenden persönlichen Erscheinung mitten durch erregte Volks mengen wandelt, — die zarte Ehrerbietung des Sohnes, die rührende Fürsorge des Vaters, die Pflichttreue, Schlichtheit und Anspruchslosigkeit des Bürgers, der lebendige, in fruchtbarer Liebe wirksame Glaube des Christen. Wir find so glücklich, aus nächster Nähe Zeugen eines so köstlichen Königslebens zu sein, ja wir stehen hier mitten in einem Stücke Poesie, das die Weltgeschichte aus goldenen Fäden webt. Darum sind wir auch an erster Stelle mit berufen, unsern ge liebten König — mag er unter uns weilen, wenn ihn die Schwüle des Sommers in die aus Baum und Strauch Erquickung atmenden Wälder unserer Berge ladet, oder wenn der Herbst des Frühlings bunte Pracht szu erneuern strebt und des Hift horns Kiang den königlichen Herrn zum Waidwerke ruft, oder wenn des Winters Schnee und Eis unsere Höhen mit blitzendem Gewände schmücken, und zu sausender Schlittenfahrt locken — empfinden zu lassen, daß es uns eine Freude ist, unter ihm zu leben; daß wir ihn herzlich lieb haben. Unberührt nicht nur vom Wechsel der Jahreszeiten, sondern der Zeit überhaupt soll unsere Liebe und Treue sein. Nicht immer maiet das Leben. Auch unter dem besten Könige kommen einmal Tage, die ihm und seinem Volke nicht gefällen. Sie sollen nicht nur unsere Treue, nein, auch unsere Freudigkeit nicht »Indern. Unter diesem Könige und für ihn wollen wir in steter Freudigkeit arbeiten, dienen, opfern, kämpfen nnd — wenn's sein muß — auch sterben. Allewege dem Könige mit Leib und Seele, mit Her, und Hand! Ihn segn« Gott auch Im neuen Lebensjahre! Wir fassen unsere herzinnigen und ehrerbietigen Glück- und Segenwünlchc zusammcn In den gemeinsamen Ruf: Se. Majestät König Friedrich August, unser Allergnädigster Herr, lebe hoch! — Wie einmütig und treu die hiesige Bürgerschaft zusammensteht, wenn cs gilt, den König zu ehren, das zeigte sich in erhebender Weise auch bei der diesjährigen kirchlichen Mitfrier seines Geburtstages am 26. Mai. Auf Anregung des Militärvereins sammelten sich vor Beginn des Gottesdienstes die Vereine und Korporationen der Stadt auf dem Marktplatze zu einem mehrere Hunderte von Teilnehmern zählenden Zuge, oer, reich geschmückt durch Fahnen, unter Musikbegleitung und dem Geläute der Glocken den Weg zur Kirche nahm. Im Gotteshause wußte Herr Superintendent Hempel der Stimmung der Gemeinde beredten und begeisternden Ausdruck zu ver leihen In seiner Predigt über Ap.-Gesch. 2, 38, 39. „Der Tert lehrt uns, so führte er aus, „wie wir des Königs Geburtstag recht feiern, denn er sagt uns: „Tut Buße! Blicket einwärts, vorwärts, aufwärts! Wollen wir königs treue Bürger sein, so müssen wir Glauben halten an Jesum Christum. Fürchtet Gott, ehret den König!' Der Nach mittag des 26. d. M. war gleichfalls der Nachfeier des Geburtstages des Königs gewidmet. Nach einem festlichen Auszuge entwickelte sich auf der Aue das heitere Leben und Treiben eines allgemeinen Volksfestes. Konzert, Vogelschießen, Jugendspiele, Warenverlosung und ein Kas perletheater boten eine Fülle der Freude und Belustigung für jung und alt. — Gestern hielt der Turnverein Dippoldiswalde, be günstigt vom herrlichsten Wetter, sein Anturnen ab. Den von ca. 70 Turnern stramm ausgeführten Freiübungen folgte Gerätturnen in 6 Riegen, welchem sich mehrere Spiele anschlossen. Der der turnerischen Arbeit wie üb lich folgende „Turnerball", in welchem der Vorsitzende des Vereins, Herr Rudolf Reichel, Gelegenheit nahm, auf den stattgehabten Geburtstag unsers allverehrten Königs Friedrich August hinzuweisen, bildete den Schluß dieser Veranstaltung. — Se. Majestät der König haben dem Obersteurr- kontrolleur Steuerinspektor Reichel hier das Ritterkreuz ll. Klasse des Albrechtsordens verliehen. — In der Nacht zum 24. Mai ist in der Brücken mühle eingebrochen und sind Zigarren, Branntwein und ein Gramophon gestohlen worden. Die Täter sind der von dem Kreisgericht Leitmeritz steckbrieflich gesuchte Glas macher Franz Broz und der Reisende Karl Lindner, welche festgenommen und dem König!. Amtsgericht Lauen stein zugeführt worden sind. In diesen Personen sind vermutlich die Einbrecher festgenommen worden, die den hiesigen Bezirk längere Zeit unsicher gemacht haben. Seisersdorf. Herrn Kirchschullehrer Paul Rentsch hier ist vom Ministerium des Kultus der Titel Kantor ver liehen worden. Reichstädt. Am Vorabende des Geburtstages Seiner Majestät unseres allverehrten Königs hatte sich im Saale des nieder» Gasthofes eine Anzahl Herren eingesunden, um ihre Liebe zu König und Vaterland aufs neue zu stärken. Nach begrüßenden Worten wurde des hohen Geburtstagskindes gedacht, und in ein dreifaches Hoch auf dasselbe stimmten alle begeistert ein. Nach dem Gesang des Liedes „Den König segne Gott!" hielt Herr Kirch schullehrer Brückner die Festrede, auf die schroffen Gegen sätze im Leben der Völker, der Konfessionen und politischen Parteien hinweisend, auffordernd, alles kleinlich Trennende hinter den großen Gedanken der Vaterlandsliebe und Herrschertreue hintenanzustellen. Unter dem Klange vater ländischer Gesänge und alter Soldatenlieder, und kurzer Ansprachen, bei denen auch des treuen Freundes unseres Königs, Seiner Majestät des Deutschen Kaisers gebührend gedacht wurde, blieben die Anwesenden noch lange Zeit beisammen. Möge auch durch diese schlichte Feier aufs reue in unserm Orte Vaterlandsliebe und Fürstentreue ge türkt worden sein! Bärenfels. Herrn Oberforstmeister von Lindenau ist der Rang eines Geheimen Forstrates verliehen worden. Lungkwitz bei Kreischa. Herrn Stistssörster L. Schierge st von Sr. Majestät dem Könige das Ritterkreuz II. Kl. »es Albrechlsordens verliehen und durch Herrn Kreis- -auptmann vr. Rumpelt-Dresden überreicht worden. Frauenstein. Aus Anlaß seines Geburtstages haben Se. Majestät der König dem Untersteuereinnehmer Hesse