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Dresdner Journal : 23.10.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-10-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186010239
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18601023
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18601023
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1860
-
Monat
1860-10
- Tag 1860-10-23
-
Monat
1860-10
-
Jahr
1860
- Titel
- Dresdner Journal : 23.10.1860
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Ihre kaiserlich Königliche^ Hoheit die verwittwete Frau Großherzogin vou ToS- caaa ist gestern Abend von der WeinbergS-Dilla Ihrer Majestät der Königin Marie nach Dresden zurückgrkehrt und hat da- Königliche Schloß bezogen. Dresden, 21. October. Seine Königliche Hoheit der^ Kronprinz ist heute Vormittag 10 Uhr nach Sibyllen- ort gerrist. Bekanntmachung, den Armenhau-verein zu Strehla betreffend. Nachdem der zu de» Zwecke eine» gemeinschaftlichen Armenhauses in Strehla gebildeten Vereinigung einer größern Anzahl von Rittergütern und Gemeinden in den Amtsbezirken Oschatz und Strehla unter Bestätigung ihrer Statuten die Rechte einer moralischen Person verliehen worden, so wird solche- mit dem Bemerke«, daß der be legte Armenhau-verein vor dem Gericht-amte Strehla seinen Gerichtsstand hat, andurch zur öffentlichen Keuntniß gebracht. Dresden, am 5. October 1860. Ministerium de- Innern, Urhr. v»n Beust. - Schmiedel, S. Nichtamtlicher Theil. U-Seesl»«. Telegraphische Nachrichte«. Aeitrmgsschau. (Wiener Zeitung. — Preußische Ztg.— Time-. — Daily-NewS. — Herald.) Ta-rt-eschichte. Wien: Kaiserliche Erlasse bezüglich der neuen Organisation Oesterreichs. Erzherzog Al brecht. Die Warschauer Reise de- Kaiser-. Tagesbe richt. — Verona: Verbotene Schriften mit Beschlag belegt. Piemontefische Ueberläufer. — Berlin: Der Prinz-Regent nach Warschau abgereist. Prinz Adal bert zurück. Preußische Note nach Turin. — Dessau: Standbild de» alten Deffauer». — Vom Neckar: All gemeiner deutscher Handelstag. — Paris:' Ratifica tion der syrischen Convention. Berathungen über den Zinsfuß. Herr v. Hübner. Dementi. Broschüre über di« Warschauer Zusammenkunft. Militärverwaltung in Algier. Munitlon-tran-port. — Turln: vertraurn»- adresse an den König. — Genua: Crispi'S Auswei sung. — Rom: Lamoricier«. Auswanderung auS Viterbo. — Ancona: Truppe« nach Neapel. — Neapel: Au» dem Lager vor Capua. Engländer al» Menschenjäger. Ein Sohn Garibaldi'- gefangen. Türr erkrankt. Verhaftungen. Cri-Pi und Mazzini abgereist. Reaktionäre Bewegung. Eine Erklärung Saffi'S. — Konstantinopel: Verhaftung. Mord anfall auf einen Polizeichef. Eisenbahneröffnung. — Aleppo: Ruhe. — Beirut: Drusenhäuptlinge cer- nirt. — Hongkong: Vom Kriegsschauplätze. An griff der Rebellen auf Schanghai. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentl. Dienste. Proviuzialuachrichten. (Leipzig. Zittau. Oberwie senthal.) Telegraphische Nachrichten. Wien, Sonntag 21. Oktober, Abends. So eben U7 Uhr Abends fährt Se. Majestät der Kai ser zum Bahnhöfe. Die Straßen, welche der Kai ser durchfährt, find festlich beleuchtet und von einer freudig bewegten Menge durchwogt, welche Se. Majestät mit begeisterte« Hochruf empfängt. Paris, Sonntag 21. October. Rach hier ein gegangenen Nachrichten ans Neapel vom IS. d. M hat bei Jseruia zwischen den Piemontesen und den neapolitanischen Trappen ein Gefecht stattgefunden, bei welche« seitens der Piemontesen 7SV Gefangene gemacht wurde», unter denen sich 2 General« be fanden. (Jsernia liegt im ober« Volturnogebiete an der aus den Abruzzen über Venafro nach der Terra-di-La vor» führenden Straße, 10 deutsche Meilen nordwestlich von Gaeta und 8 deutsche Meilen nördlich von Eapua. Weiteres Vordringen der Piemontesen in dieser Richtung würde Eapua und Gaeta von einander trennen. A.d.R.) Paris, Montag 22. Oktober. Der heutige „Coustitutionnrl" enthält einen Artikel über die Zusammenkunft in Warschau, worin gesagt wird: Gegenwärtig, wo dieselbe Anlaß zu so vielen Cvm- mrntaren gäbe, werd« man mit Interesse verneh men, daß der Kaiser Napoleon einen eigenhändi gen Brief vom Kaiser von Rußland erhalten habe, in welchem der Charakter jener Zusammenkunft in einer Weise erläutert wurde, wodurch ihr jede feind liche Bedeutung gegen Frankreich benommen sei. München, Montag 22. Oktober. Die „Reue Münchener Zeitung" enthält rin Telegramm auS Turin von gestern, wonach dir dortigen Gesaud ten Preußens, Spaniens und Portugals sämmt- lich Vorbereitungen zur Abreise treffen. Neapel, Sonntag 21. Oktober. Die Stim menabgabe über die Annerionsfrage hat begonnen. Warschau, Sonntag 21. Oktober, Vor«. Seine königliche Hoheit der Prinz-Rrgent von Preußen ist soeben All Uhr hier riugetroffen und begab sich in einem offenen Wagen an der Seite des Kaisers von Rußland von dem Bahnhofe nach dem Schlosse Belvedere. Eine wogende Menschenmenge hatte sich versammelt vnd begrüßte den Prinz-Re- gevten mit stürmischen Hurrahs. Warschau, Montag, 22. Oktober, Mittags. Gestern war im Schlosse Belvedere kaiserliche Ka- milientafrl. Abends besuchte der gesammte Hof das Stadttheater. Heute Vormittag 11 Uhr fand große Parade vnd ein Kosakrnmanöver statt. Nach mittags 4 Uhr wird der Kaiser von Oesterreich rivtreffeu. Morgen Abend ist aroßer Ball beim Statthalter Fürsten Gortschakost'. Für den Für sten Hohrnzollern, welcher jeden Augenblick aus Berlin erwartet wird, ist im „Hotel d Augleterrr" Quartier bestellt. ' Dresden. 22. Oclober. In Bezug auf die bereit- erwähnte Note, in welcher da- Pariser Blatt „PayS" die Haltung einiger andern französischen Zeitungen dem Könige von Sardinien gegen über tadelt (vgl. Nr. 246), schreibt die „Wiener Zeitung: „Die Pariser Zeitungsleser mögen am 17. d.M. nicht wenig erstaunt gewesen sein, als sie lasen, wie das „PayS" ganz unerwartet einem Theil der Presse eine scharfe Ermahnung wegen scharfer Beurteilungen des Verfahrens König Victor Emanuel's zukvmmen läßt. „PayS" erinnert sie, daß diese Invektiven „gegen den legitimen Erben eine» der ältesten königlichen Häuser ge richtet seien." E» ist die» jenen Lesern gewiß sonderbar in einem Augenblick erschienen, in welchem „der legitime Erbe eines der ältesten königlichen Häuser" eben eifrigst damit beschäftigt ist, einen nicht minder legitimen ver wandten König vom Throne zu stoßen, nachdem er ihn zuvor durch vorausgeschickte, au» der ganzen Welt zu- sammengreilte Freischärler auS seiner Hauptstadt gedrängt hat und in seine Staaten ohne vorhergegangene Kriegs erklärung mit HeerrSmacht eingefallen ist. Die Unzu friedenheit de» „PayS" muß sich auch gegen das „Journal de St. Petersbourg" richten, welches soeben wieder mit der größten Bitterkeit von dem König spricht, „der seinen Degen dem Ausstande leiht", von Cavour, „der seine Truppen in Neapel einrücken läßt, um den Einwohnern die Freiheit zu geben, für Sardinien zu stimmen." Die „Preußische Zeitung" enthält einen Artikel über die preußische Note vom 13- d. MtS. an Sardinien (vergl. unter Berlin), dessen Hauptstellen folgende sind: „Nach dem Frieden von Villafranca war e» daS Princip der Nichtintervention, welches, den pro visorischen Zuständen gegenüber, die sich im Gefolge des Krieges in Ober- und Mittel-Italien gebildet hatten, von Frankreich prorlamirt und von England unterstützt wurde, und welches die Zustimmung eines großen Theilrs der öffentlichen Meinung Europas erhielt. Aber seltsamer Weise scheint jene- Princip bisher nur dazu gedient zu haben, an die Stelle der österreichischen Herrschaft über die Halbinsel den Einfluß einer Macht zu fetzen, welche da» Centrum Italiens mit starker Truppenzahl besetzt hält und auf deren Einvrrständniß die sardinische Re gierung mit Recht oder Unrecht rechnen zu können glauben mußte, als sie daS kühne Wagniß unternahm, ihrerseits da- Princip der Nichtintervention zu brechen und, die französische Armee zu Rom im Rücken lassend, einer Be wegung zu Hilfe zu kommen, die aus eigenen Kräften sich doch zuletzt unzureichend erwies, den Thron Franz' II. umzustürzen. Den Volksabstimmungen in den Herzog- thümern und in der Romagna werden die in Umbrien und den Marken und in dem Königreich beider Sicilien folgen. Wir wissen es nicht, ob nach dem überraschenden Resultat, welches die Abstimmung der Bewohner Savoyens und Nizza» in diesem Frühjahr ergab, sich in Deutschland noch Anhänger einer Theorie finden, welche altbegründete und mit dem Leben eines Volkes erwachsene Rechte der zufälligen Majorität bestimmbarer Massen preiSgiebt; aber die Rathgrber eines Fürstenhauses, dessen ruhmvolle, mit dem Geist und der Geschichte ihre» Volkes eng verflochtene Traditionen nach Jahrhunderten zählen, haben alle Ur sache, sich gegen ein Princip zu verwahren, das geeignet ist, jedem beliebigen Zwecke als biegsames Mittel zu dienen. ES ist endlich das Princip der Nationalität und die Idee des einigen Italiens, aus welchem das Turiner Cabinet das Recht zu seinem Heereszug gegen die fremd ländischen Truppen im Kirchenstaat und zur Intervention in Neapel abgeleitet hat. Aber die Forderungen jenes Princips gehen noch weiter. In einer Sprache, deren Offenheit und Entschiedenheit nur zu deutlich verräth, welch eine» starken Rückhalts sich Graf Cavour zu er freuen glaubt, hat er Europa erklärt, daß eS keinen dauerhaften und aufrichtigen Frieden genießen werde, bis die vmetianische Frage gelöst sei. Wenn auf Grund des Princips der Nationalität Sardinien cs für sein Recht erklärt, Venedig zu annectiren, welche Beweggründe haben wir zu glauben, daß dieses Motiv der Racenpolitik nie mals vorgxwendet werde« könne, um von Deutschland den Besitz von Wälschtirol oder von der Schweiz den Besitz deS Canton» Tessin als nationales Recht zu revin- diciren? Wenn es Sitte in Europa wird, unter dem Vorwande der Nationalität den Nachbar permanent mit Krieg zu bedrohen, oder ohne Kriegserklärung ihn zu überfallen, welche- Gefühl der Sicherheit können dann noch die Staaten Europas haben, welche, wie die Schweiz oder wie Belgien, aus Elementen verschiedener Nationa lität zusammengesetzt sind? Wir haben eine Reihe von Gesichtspunkten angcdeutet, welche eine Macht wie Preußen veranlassen durften, im Namen des Rechts Verwahrung einzulegen gegen Principien, die in ihrer weitern Ver wendung in den ernstesten Gegensatz zu den realen In teressen der deutschen Nation gerathen können. Wir wissen nicht, ob wir damit die Motive der preußischen Negierung getroffen haben, das aber wissen wir, daß die Politik der selben weder durch liberalistische noch durch legitimistische Sympathien, sondern einzig und allein durch den Gesichts punkt bestimmt wird, die Interessen ihres Landes und Volkes, die Sicherheit des gesammten deutschen Bundes gebiets und die Machtstellung der deutschen Nation gegen über jeder übergreifenden das Gleichgewicht der euro päischen Staatenverhältnisse erschütternden Gewalt mit sorgsamer Wachsamkeit zu wahren. Preußen hat keine Ursache seinen Einfluß für die Restauration unmöglich gewordener Verhältnisse zu verwenden. Aber seine Pflicht ist es, warnend seine Stimme zu erheben gegenüber einer Bewegung, die, je schwieriger es ihr wird, durch innere Organisationen Bestand zu gewinnen, desto mehr dem Impulse oder dem Gelübde zu folgen scheint, ihre Grenzen nach außen vorwärts zu rücken; seine Pflicht ist eS, die Leiter der italienischen Politik daran zu erinnern, daß Preußen nicht gemeint ist, Besitz und Recht der deutschen Nation im Geringsten gefährden zu lasten, oder mit der Wahrung ihrer und seiner Interessen zu spät zu kommen." Die Aeußcrungen der „Preußischen Zeitung" über das anglo-preußische Einvernehmen in Koblenz werden von der englischen Presse im Ganzen wenig wohlwollend ausgenommen. Während nur der konser vative „Herald" die Ankündigung mit Freuden vernimmt und „Daily-NewS" darüber in unmuthigc Aufregung gc- räth, verhält die „Times" sich kühl und neutral, nimmt von der halbamtlichen preußischen Erklärung anscheinend keine Notiz, sondern spcculirt über die Eombinationen der kontinentalen Mächte, als könnten sie England selber nicht berühren, und wünscht nur, daß Napoleon III. nicht von seiner jetzigen „liberalen" auswärtigen Politik sich ab ziehen lassen möge. „Daily-News" sagt: „Wir hätten gern etwa- mehr Licht über die eigentliche Beschaffenheit jener gemeinsamen englischen und preußischen Interessen, von denen das Berliner Organ redet. Wenn ein armer Verwandter so gütig ist, von wechselseitigen Interessen zu sprechen, so pflegt sich der reiche Onkel die Tasche zu- zuknöpfen. Die wohlgedrechselte Phrase erscheint wie daS Gespenst der heiligen Allianz und gemahnt an Sub- sidien und Anleihen. Die Wahrheit gesagt, so hat Groß britannien keine besonder» Interessen mit Preußen ge mein, die eS nicht mit der civilisirten Welt überhaupi gemein hätte. England hat ein aufrichtiges Interesse am Frieden, an der Unabhängigkeit und dem Fortschritt Preu ßens; davon abgesehen aber , sind die „gemeinsamen In teressen" zwischen einem weder sicher gelegenen noch star ken continentalen Staat und einer Seemacht, die den Ocean beherrscht, ein zu einseitiger Handel. Die wahren Interessen Preußens werden am besten thun, für sich selbst zu sorgen. Wir für unser Theil begnügen uns für jetzt, ganz rückhaltlos zu erklären, daß die wahren Interessen Englands darin bestehen, die wahren Interessen Deutsch lands sich in achtunggebietender Ferne zu halten. Eng land kann sich nicht nach der Politik eines Staates rich ten, der nur im Vergleich mit seinem östlichen Nachbarn liberal ist. Preußen muß sich in Warschau nach der Po litik Englands richten. Der Prinz-Regent von Preußen muß dort als Anwalt der Nichtintervention, als der Freund freier Institutionen, als der Fürsprecher eines einigen und unabhängigen Italiens austrcten; sonst wer den die „cordialen Beziehungen" der „Prcuß. Zeitung" — außer im Schooß der Familie — zu nichts führen." Der „Herald" zweifelt nicht länger, daß die Warschauer Conferenz das Vorspiel zu einer harmonischen Coopera tion zwischen wenigstens dreien unter den fünf Groß mächten sein werde. Der Artikel der „Preuß. Zeitung" sei vielsagend und vielvcrheißend. Dies Resultat sei ein sehr glückliches, aber auch höchst nöthigcS, wenn endlich der Herrschsucht L. Napoleon'S und Victor Emanuel's eine Schranke gezogen werden solle. Die Allianz mit Frankreich sei gekündigt, Jsolirung aber wäre für Eng land verderblich. Uebrigens brauche eine Allianz Eng lands mit Preußen oder Englands und Preußens mit Rußland und Oesterreich nicht nothwendig offensiv zu sein. Tagesgeschichtr. Wien, 21. October. Die heutige „Wiener Ztg." enthält die erwarteten allerhöchsten Erlasse bezüg lich der neuen staatsrechtlichen Organisation Oesterreichs, deren Grundzüge bereits auf telegraphi schem Wege gemeldet und von uns mittelst Extrablattes veröffentlicht worden sind. Wir theilen für heute aus denselben Folgendes mit: Kaiserliches Manifest. An Meine Völker! Als Ich den Thron Meiner Ahnen bestieg, war die Monar chie gewaltsamen Erschütterungen preisgegeben. Nach einem Meinen landeSväterlichen Gefühlen tief schmerz lichen Kampfe trat in Meinen Sündern, wie fast überall in den gewaltsam erschütterten Gebieten des Europäischen Festlandes, Feuilleton. K. Hoftheater. Sonntag, 21. Oetober: „Götz v. Berlichtngen mit der eisernen Hand", Schau spiel in fünf Acten von Goethe (neu cinstudirt). -— Eine Wiederaufnahme dieser genialen dramattsirtrn Schil derung alter deutscher Rittrrzeit und einer edelsten Per sönlichkeit in ihr wäre unbedenklich willkommen zu heißen, Venn nicht frühere Erfahrungen dagegen sprächen. Diese» Drama gehört, trotz seiner markigen, urdeutschen Eigen tümlichkeit, doch zu denjenigen Goethe'», welche dem veralten mehr al» andere unterworfen sind und über haupt der Wirksamkeit auf der Bühiie widerstreben. Zur Zeit, al» der jnnge Goethe, von Ghake»peare's allen Fesseln spottender genialer Größe erfüllt und erhoben, diese» Stück geschrieben hatte und sein neuer Inhalt, der so herrlich «»»geprägte deutsche, kräftige Sinn und der Schwung einer mächtigen Dichternatnr die Gemüthrr begeistert«, konnte der Eindruck allerding» rin anderer sein. Auch damal» freilich (1773 in Berlin) erschreckte mit Recht die seenische, bunte Willkür und Zusammen hangslosigkeit diese» geharnischten, kecken Product» einer neuen DichtungSepoch«; aber die markige Wahrheit und freie Natürlichkeit der Gestalten half da- gewohnte Pathos der Tragödie verdrängen. Und die erste Aufführung de» „Götz" bleibt in jedem Falle et« historischer Wendepunkt der deutschen Schauspielkunst, denn von ihr dattrt die Einführung der charakteristischen Costüme und Dekoratio nen. Ed. Drvrient sagt hierüber: „Den Gebrauch, alle Stücke, dir nicht geradezu antik oder morgenländisch waren, in französischer Hostracht zu spiele«, stieß Götzen eisern« Hand über den Haufe«. Im Vtaat-kleide und mit gepuderter Frisur konnten diese Figuren nicht er scheinen, ihre Fehden waren mit dem Galantrriedegrn nicht au-zuftchten. So deckte Goethe » Götz denn schonungslos auf — waS an Lessing's Stücken nur nicht bemerkbar geworden war, weil sie moderne Zustände schil derten —, daß das bisherige konventionelle Costüm nur ein Ergebniß der bisher giftigen conventionellen Poesie und der conventionellen Darstellungswcise gewesen war. Hiermit war des Stückes Mission für das Theater be endet; die Dichtung, die in ihrer kecken Befreiung von allen dramatischen Schranken ihren poetischen Schwer punkt gesucht hatte, widerstrebte jedem Versuche, sie als wahre» Drama einzurichten und auf der Bühne festzu halten. Goethe machte sich selbst 1803 an eine Bühnen bearbeitung, aber da» de- und recomponirte Stück wuchs ihm baber an Länge, obwohl nicht an poetischen Gehalt. Man sah sich sogar genöthigt, diese Bearbeitung in zwei Theilen an zwei Abenden zu spielen. Der alte Götz wurde dadurch gar übel verdorben. Goethe verkürzte diese Neubearbeitung — wie sie auch in seinen Werken (Bd. 35) abgedruckt ist —, und nach dieser leider noch sehr ausgedehnten Umdichtung geschieht auch die hiesige Ausführung. Als bühnenmäßiges Stück hat der Götz dadurch wenig gewonnen, als Dichtungswerk entschieden eingebüßt. Dem Dichter war Derständniß und Stim mung seiner Dichtung entschwunden; der einheitliche reine Ton de» alten schönen Ganzen ist zerrissen und abgeschwächt; die neugedtchteten Scenen sind meist ohne poetische Kraft und putzen die Uebrrrest« fast nur mit gewöhnlicher Theaterroutine auf: so die Schlußscenrn de» ersten Acte» — Götzen» Wunsch, daß Wei-lingen nach Bamberg geht — Götzen» etwa» zu räuberhaftr» Benehmen bet der Grfangennehmung der Nürnberger — der Beginn de» Verhältnisse» zwischen Fran, und Adel heid, dir Scene zwischen Adelheid und Bückingen, die Tischscenr — überall markirt sich eine sehr fühlbare und di« Zeichnung der Charaktere verwischend« Einbuße der ursprünglichen Dichtung. Die Darstellung ist wegen der Personenfülle und der skizzenhaften, locker durch einander geworfenen Scenen eine schwierige; sie war in der Gesammtheit lobenswerth und erwies nur unbedeutende Unsicherheiten. Die Meister leistung de» Abends war die ränkevolle, nach Schein und Herrschaft mit gemeinsten Liebeskünsten strebende Adelheid der Frau Bayer-Bürck: entzückend in den Verführungsscenen mit Franz, erschütternd in der hoch tragischen Schlußscene. Für eine vollendete Wiedergabe heroischer Gestalten, wie des Götz, besitzt die deutsche Bühne jetzt keinen Darsteller. Herr Winger brachte die gerade, biederbe, tapfere und treue Natur deS Götz sehr lobenswerth zur Anschauung; vorzüglich gelangen Momente herzlicher Gemüthlichkeit und männlicher Kraft; daS edle, echt ritterliche, für Freiheit und Recht be geisterte Wesen de» Götz blieb unerreicht, sowie die tragische Bedeutung im Verlaufe seiner Bahn. Die ver schiedenen Repräsentanten der Mannhaftigkeit und Treue, der in der Bearbeitung gesunkene Selbitz, der sich auf opfernde Knappe Lrrse wurden von den Herren Quan- ter und Kramer gut gezeichnet; Georg, das noch in frischester, fast knabenhafter Jugend strahlende Abbild de» Götz und eine am häufigsten weiblicher Darstellung anvertraute Rolle, mußte durch eine männliche Re präsentation wesentliche Umbildung erfahren. Diese un- paffeudriAufgabe einmal angenommen, gab Hr. Jauner den jugendlich kühn Nachstrrbenden lobenswerth; auch Herr Dettmer den von sinnlicher Gier verzehrten und verführten Franz in dessen ersten Scenen; forcirte Kraft- auSbrüche in der Deklamation führen indessen nur zu einer Verflachung und zu sehr äußerlichem Effecte. Die leichtsinnig schwache, leidenschaftliche und ehrlose Natur Wei-lingen» zu zeirhnen, „der rin unvergleichlicher Mann geworden wäre, wenn er nie an den Hof gekommen", versucht« Herr Walther mit Fleiß und verständiger Auffassung, aber ohne völligen Erfolg. Von den übrigen Leistungen seien noch erwähnt Fräulein Berg'» wackere Hausfrau Elisabeth, Fräulein Ulrich's liebevoll weich gestimmte, aber vom Dichter schwach gcstaltetc Marie — besonders in der letzten Scene —; Herrn Mari- milian's ungestümer, ehrsüchtiger, aber freilich zu jugendlicher und auch etwas zu eleganter Sickingen; Herrn Raeder's Erecutionshauptmann des heiligen römischen Reiches und Herrn Porth's Bruder Marlin. Ganz besonders muß das im Ganzen gute Zusammen gehen des Stückes und die möglichste Vermeidung leicht sich ergebender störender Zwischenfälle durch sorgfältige Jnscenirung anerkannt werden. Das vierstündige Schau spiel konnte aber, trotz bedeutender Wirkung einiger Scenen, nur einen wenig befriedigenden und ermüden den Genuß gewähren. C. Banck. -f Am 20. d. M. starb in Dresden, nach kurzen, Krankenlager und im besten Mannesaltcr, der Historien maler Adolph Teichs. Derselbe war aus Braunschweig gebürtig und hatte seine künstlerische Ausbildung in Düsseldorf erhalten. Unter seinen Bildern, in welchen er besonders der realistischen Geschichtsdarstcllung dcr Belgier nachstrebtc, sind „Karl V. an Luther'» Grabe" und „Die Henkermahlzeit der Girondisten" hcrvorzuhebcn, als solche, welche den Künstler in großen Kreisen be kannt gemacht haben. * Die jetzt beendeten Vorstellungen deS Passions- spieleS in Oberammergau in Bayern haben einen Rein ertrag von über 50,000 Fl. geliefert. Es fanden zwanzig und etliche Aufführungen statt, nnd noch bei dcr letzten war die 6000 Menschen fassende Bühne ganz gefüllt. Die Wiederholung findet bekanntlich erst 1870 wieder statt.
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