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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redaeteur: I. G. Hartmann. .1? 174 Erscheint mit Ausnahme der Sonn« und Festtage täglich Abend» und ist durch alle Postanstalten zu beziehen. Dienstag, den 29. Juli. Pret- für da» Vierteljahr Thaler. JnsertionS-Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeile 1 Neugroschen. 1856. Amtlicher Theil. Dresden, 22. Juli. Se. Königliche Majestät haben dem Staatsschuldenbuchhalter Friedrich August Vermann in Anerkennung seiner langjährigen und pflichtgetreuen Dienst leistung das Ritterkreuz des Verdienstordens zu verleihen allerqnädigst geruhet. Dresden, 27. Juli. Ihre Majestät die Königin Marie sind heute Nachmittag nach Teplitz gereist. Bekanntmachung. Es sind die bei dem Kurhospitale zu Marienbad für arme Kranke des Königreichs Sachsen gestifteten 2 Freistellen (zu freier Verpflegung, Wohnung und Kur) auf die Monate August und September lausenden Jahres thcilweise noch un besetzt. Diejenigen, welche sich darum noch ^u bewerben beabsich tigen, haben ihre dieSfallsigen Gesuche, unter Beibringung eines Armukhs- und eines ärztlichen Kurbedürftigkeils-Zeug nisses baldigst anher einzureichen. Dresden, den 22. Juli 1856. Ministerium des Innern, Abtheilung für die allq. Versorg-Anstalten. v. Zahn. Weigel. Nichtamtlicher Theil. Ar brr sicht. Tagcsgeschichte. Telegraphische Nachrichten. — Dresden : Die Wirksamkeit der Landrentenbank. — Wien: Vom kaiserl. Hofe. Die Kaiserin zum ersten Male wieder beim Gottesdienste. Zur Haltung Rußlands in der Donau- fürstenthümerfraqe. Das österreichische Eommando in der Moldau aufgelöst.— Berlin: Wiederholter Erlaß der Prinzessinsteuer. Herzog Wilhelm v. Mecklenburg ange- kommen. Der Polizeipräsident von Hamburg zurück. — Königsberg: Staattiminlster A. D. v. Schoen -s-. — München: Gehaltsaufbesserung der Landgerichtsassessoren. — Gera: Der Stadtrath und die geistlichen Holzdepu tate. — Gotha: Die Privatbank hat ihre Thätigkeit be gonnen. — Paris: Der Kaiser zurückerwartet. Tages bericht. — Turin: Meuchelmord in Rimini. — Spa nien: Nachrichten über die Aufstände in den Provinzen. Regierungsmaßcegeln. Rückgang des Aufstands im Nor den. — London: Finanzausweis. Local« und Provinzialangelcftenbeiten. Dresden: Der neuliche Eisenbahnunfall bei Riesa. Zwei Prinzen von Hohenzollern gefirmt. Unfälle. Das große Vogelschießen. GrafHohenthal-Döbernitz-s-. Nochmals das Unwetter vom Freitag. Einnahme der Löbau Zittauer Eisenbahn. Ver mischtes. — Leipzig: Gewitter. Stiftungsfest des Leip ziger Gabelsberger'schen Stenographenvereins. —Wald heim: Selbstmord. Fkuillrton. Vermischtes. Inserate. Taqeskalcnder. Börsennachrichten. Tagesgeschichte. Telegraphische Nachrichten. Paris, Sonnttlq, 27. Juli. Der heutige „Mo niteur" billigt das Verfahren O'Donells — Die In surrection wird scdücher. (5atalonien ist frei, (Yerona hat sich unterworfen, General Ruiz ist über die fran zösische Grenze getreten. General Dulce ist vor Sa ragossa eingetroffcn, hat jede Feindseligkeit auf S Tage aufgeschoben. Der Brigadier Smith hat-fich unrerworfen. Marseille, 26. Juli. (T. D. d. Jnd.) Der „Ear- mel" bringt Nachrichten aus Konstantinopel vom 17. DieBrigade des Generals Bousquet hat, im Begriff nach Frankreich abzuqehen, Gegenbefehl erhalten und bleibt bis zumAbgang des Verwal tungspersonals. Die Tunesen gingen am 16. ab. Die Weigerung derRussen, Kars an die eng lischen Eommissare zu übergeben, bestätigt sich. Balaklava ist den Russen übergeben worden. Man spricht von Spaltungen im Schooße der Grenzregulirungscommission zu Galacz. Turin, 26. Juli. (T.D.d.Jndep.) Im Gebiete von Massa und Earrara im Herzogthume Modena haben heute Aufstandsversuche stattgefunden. Einzelnhe i ten fehlen. Die sardinische Regierung hat Vorsichtsmaßregeln ergriffen. Madrid, Sonnabend,26.Juli,Abends. (T. D. d-Jnd«'p.) Die Stadt Jaca*) hat sich unterworfen. Der Gencralcapitän von Navarra hat die Garnison gewechselt, das Gouvernement der Stadt über nommen und dann seine Truppen zurückgeschickt. *) Jara, fester Platz in Arragonien, am Fuße der Pvrenäen, etwas über 3 deutsche Meilen von der französischen Grenze; zählt etwa 3000 Einwohner. Dresden, 28. Juli. Unsre seit 1831 in Wirksamkeit getretene Landrentendank hat von Ostern des gedachten Jah res bis Michaelis 1855 nach einer jetzt angefertigten Uebcr- sicht ihres Geschäftsbetriebes 31^,162 einzelne JahrcSrenten in einem Gesammtbetraqe von 868,057 Thlr. 19 Ngr. 1,< Pf. übernommen. Der 25facbc Betrag derselben ist als Eapital- entschädlgung in 796!» Posten den Berechtigten mit 21,701,-110 Tblr. 28 Ngr. 5 Pf. gewährt worden und zwar mit 21,317,175 Thaler in Landrentenbriefcn und mit 354,265 Thlr. 28 Ngr. 5 Pf. in baarem Gelbe. Von ihrem Kündigungsrechte ha ben 3104 einzelne Rentenpflichtige Gebrauch gemacht und da her durch Eapitalzahlungen von zusammen 408,808 Thlr. 8 Ngr. 5 Pf. einen Rentenbctrag von 16,352 Thlr. 9 Ngr. 9,« Pf. in Wegfall gebracht. Die am Schlüsse des Michae- listermines 1855 von den Verpflichteten noch abzuentrichtcn- den jährlichen Renten betragen noch 851,705 Thlr. 9 Ngr. 2 Pf. und deren Eapitalsumme 21,292,632 Thlr. 20 Ngr. Durch die wohlthätige Wirksamkeit der Landrentenbank ist daher bereits jetzt ein Capital von 1,412,915 Tblr. 8 Ngr. 6 Pf amortisier und folglich der Werth der rentenpflichtigen Grundstücke sowie die Sicherheit der auf diesen stehenden Hypotheken fast um anderthalb Millionen Thaler erhöht wor den. Durch diese Amortisationen ist der Zeitwerth eines Ostern 1834 von der Landrentenbank übernommenen Capi- tales von 100 Tblr. gegenwärtig bereits bis auf 79 Thlr. 8 Ngr. 6H Pf. berabgesunken. Verluste kann die Renten bank nur durch gänzlichen Untergang der rentenpflichtigen Grundstücke erleiden. Bis jetzt hat dieselbe nur 187 Thlr. 3 Ngr. 2 Pf. aus diesem Grunde abschrriben müssen; und im Ganzen sind bis jetzt nur 532 Thlr. 18 Ngr. 5 Pf. in Rest gekästen worden, ohne daß übrigens der Verlust dersel ben zu fürchten wäre. Der Regieaufwand der Bank betrug seither 4'/8?h der Renteneinnahme einschließlich der von den Orts- und Bezirkssteuereinnahmen in Anrechnung gebrachten Kosten, welche etwa 2'^yh ausmachen. Dieser Aufwand ver mindert sich indessen nach und nach und beträgt schon ge genwärtig mit Einschluß der 2?h Recepturgebühren bei den Steuereinnahmen nur noch 3'/8?h der Renteneinnahme oder des Bruttobetrags der Activrentencapitalien. 26ien, 26. Juli. (W. Bl.) Se. Majestät der Kaiser hat sich gestern Mittag in Begleitung deS Erbgroßherzogs von Toscana mittelst Südbahn nach Wiener Neustadt begeben, um daselbst die Militäretablistements und Akademie zu be sichtigen. — Ihre Majestät die Kaiserin hat gestern zum ersten Male ihre Appartements verlassen und im großen Saale des Schlosses Larenburq dem Gottesdienste beigcwohnt. — Der Erzherzog Karl Ferdinand ist gestern früh von Se- lowitz mittelst Nordbahn hier eingetroffen. — (Fdbl.) Wie wir erfahren, hat Herr v. Danauroff für Herrn v. Balabin Depeschen überbracht, welche sich auf die gegenwärtigen Verhältnisse der Donaufürstenthümer be ziehen. Wenn wir gut unterrichtet sind, hat sich das St. Pe tersburger Eabintt bis jetzt noch gar nicht veranlaßt gefun den, sich im Princip weder für noch gegen das angeregte Unionsproject der beiden Fürstenthümer auszusprechen. Es wird uns vielmehr von glaubwürdiger Seite angedeutet, daß Rußland, die Bestimmungen des Pariser Friedensvertragcs vom 30. Mär; als Basis anerkennend, dem Ausdrucke der öffentlichen Meinung, insofern sie dem wahren Interesse des Landes entsprechen wird, Rechnung zu tragen geneigt sei. Die diesfälligen Berathungen der zusammenlretenden inter nationalen Commission werden überdies die wahre Sachlage zu Tage fördern und ausklären, sowie andererseits möglichen unlauter» Bestrebungen entgegen zu treten wissen. — (A. A.) Das k. k. österreichische Truppencommando in der Moldau wurde mit dem 1. Juli aufgelöst. Der Tcup- pencommandant, Feldmarschallleutnant Graf Paar, hat Jaffa bereits verlassen. — Der k. k. Geheimrath Baron v. Koller, Repräsentant Oesterreichs bej der Donaufürstenthümer-Eon ferenz, ist vorläufig nach Karlsbad abgereist und daselbst be reits eingetroffcn. Es ist sonach wenig Aussicht, daß die Re- gulirungscommission vor dem Herbste ihre Thätigkeit beginnt. — Die Einnahmen der Staarscisenbahn haben in der Woche vom 15.—21. Juli 200,668 Fl. und mithin in die sem Jahre überhaupt 7,512,836 Fl. betragen, was im Ver gleich zum vorigen Jahre bereits ein Mehr von 1,529,325 Fl. ergiebt. Berlin, 27. Juli. Der „St.-A." enthält folgenden an das Staatsministerium gerichteten allerhöchsten Erlaß: Ich will bei der bevorstehenden Vermählung Meiner Nichte, der Prinzessin Louise königliche Hoheit, die herkömmliche Prin zessinsteuer, unter Vorbehalt des Rechts für künftige Fälle, hierdurch erlassen und beauftrage das Slaatsministerium, diese Ordre durch die Gesetzsammlung bekannt zu machen. Marien bad, den 7. Juli 1856. Friedrich Wilhelm, v. Man teuffel. — Der Herr Polizeipräsident Frech, v. Zedlitz ist von Hamburg zurückgekehrt. Wie der „H. C." meldet, hat der selbe daselbst verschiedene Anstalten: die Badeanstalt, Stadt wasserkunst, Rauhes HanS, besucht und auch die Siele be sichtigt. — Se. Hoheit der Herzog Wilhelm von Mecklenburg ist gestern Abend hier eingetroffen und im königl. Schlosse abgestiegen. Er begiebt sich zur Krönung nach Moskau. Feuilleton. Hoftheater. Sonntag, 27. Juli: Faust. Dramatisches Gedicht in sechs Acten von Goethe. Margarethe — Fräulein Seebach vom k. k. Hosburgtheater zu Wien als Gast. Die gestrige Darstellung dieser Traqövie war vielleicht die schönste und entzückendste, welche bisher über die Dresdner Bühne gegangen ist, indem Fräulein Sekbach einen tief ergreifenden, unübertrefflichen Fonds echt deutscher Poesie, reiner, mädchen hafter Empfindung, eine innig bezaubernde Naivetät und ge waltig tiefeS, erschütterndes Erfassen der jugendlichen höchsten LicbeSgluth mit all' ihrer tragischen Folge zu verwirklichen ver mag. Schon bei den vor zwei Jahren ftattqefundenen Muster vorstellungen, welche der rühmenSwerihe Kunsteifer Dingelstcdt'S in München veranstaltete, verkündigte sich da- Talent von Fräu lein Seebach, die von Hamburg auS noch keinen verdienten Namen bekommen hatte, laut und allgemein durch ganz Deutsch land. Bereits damals spielte die Künstlerin daS Gretchen nicht minder erhaben als jetzt, und ohne die Kraft und Frische der neuern Darstellung über die frühere zu stellen, kann ich nur sagen, daß sie in dieser Rolle einfacher und ökonomischer bei der Verwendung ihrer materiellen Mittel geworden ist. Ilm daS Wenige von der Seele loS zu sein, waS der strenge kunstrichter liche RigoriSmuS tadeln könnte, da er nie über die Großartigkeit einer Erscheinung daS peinliche Amt der Kritik vergißt, so sei nur der Wunsch ausgesprochen, daß Fräulein Seebach in den Wahn- finnSsrrnen noch eiwaS zusammengrhaltener und plastisch ruhiger spiele; durch ein längere« Verharren auf einer Stelle und durch noch einfachere Bewegungen wird die Großartigkeit deS Eindrucks concentrirt und erhöht. Ein paar Einzelnbeiten, wie daS Er innern an das Abpflücken der Sternblume, sind wohl sinnreich, aber nicht erhaben poetisch, nicht klassisch stylvoll genug. Eben so gewagt ist ein zu rasches Dazwischensprechen im EonversationS- tone. Hiermit ist aber auch im Wesentlichen alles Einschränkende gesagt und über den Glan; und der dichterischen, gemüther- schüllernden Tiefe deS Eindrucks thut der Kunstkenner wohl, die Kritik auszuheben und sich dem herzinnigen Eindrücke der Schön heit und reproducirenden Dichlungskraft voll und ganz zu über liefern. DaS gejammte Publicum that dies auch, und zwar durchgängig mit einem Tact, der nur durch die Weihe deS über mannenden Eindrucks Hervorgerufe» werden konnte. Während die Künstlerin mit einstimmigem Beifall und lautem Hervorruf nach Verdienst gewürdigt wurde, war man bei vielen Momenten so feierlich gestimmt, daß man den Applaus mit Ueberwindung unterdrückte; so z. V. in der Scene zwischen Gretchen und Valentin, wo die Darstellerin im Schmerze deS WeinenS eine überwältigende Kraft naturalistischer Wahrheit mit den ideellen Anforderungen der Kunst verband und durch den innersten, farbenreichsten Aufschrei der Seele daS Her; der Hörer erweichte. Eben so mächtig wirkten viele Stellen der Wahnsinnscene selbst und über Alles lieblich, treu und echt jungfräulich ist die Dar stellung deS ersten naiven TheileS, in der die Künstlerin einzig ist. Unsre Intendanz würde ihr Verdienst um die Kunst noch steigern, wenn sie die Darstellung deS „Faust" wiederholen ließe; um so mehr ist dieS wünschenSwerth, da Herr Dawison als Mephistopheles einen nicht abzustumpfenden geistigen Genuß ge währt und den Hörer in einer dauernden, genial diabolischen Anregung erhält. DaS HauS war sehr besucht und würde eS bei einer Repetition noch mehr werden. Otto Banck. Aus dem Oberland. Miniaturen von Friedrich v. Gaudy. Berlin, deutsche VerlagSanstalt von Sigismund Wolff. (Schluß aus Nr. 173.) Die schöne Unbekannte nahm sehr bescheiden in einer Ecke deS BallsaaleS Platz. „Ob sic wohl tanzt?" flüsterte eS unter den Herren, und alsbald näherte sich einer auS der Schaar und forderte sie in französischer Sprache auf. „O ich sprech' schon deutsch," war die Antwort. „Aber ich danke schönstens!" ES war reizend, daß sie deutsch sprach, denn nun konnten Diele, denen sonst daS Paradies ihrer Unterhaltung verschlossen geblieben wäre, getrost hineinspazieren. — Aber daß sie nicht tanzen wollte! Erst wiederholten Aufforderungen gelang eS, eine gewisse Scheu und Verlegenheiten zu verdrängen, welche die Blondine vom Tanzen in dieser Gesellschaft zurückzuballen schien, und nun schwebte sie einer Sylphe gleich an der Seile ihre- TänzerS durch den Saal. Es war der nassauische Hof- jagdjunker; die Italienerin, mit der er auf alle PolkaS der Saison abonnirt war, hatte ihn zu der Erlralour beurlaubt — so meinte sie am frühsten zu der Lösung deS quälenden RälbselS zu gelangen. Eben wog Giacomina die Annehmlichkeit dieser GewissenSberuhigung gegen den Gedanken ab, ihren begünstigien Anbeter (längst Hane sie ihren Baler von der Noihwenvigkeit einer,Nachkur in Wiesbaden überzeugt) mit der Fremeen tanzen zu sehen — da schnellte jene Schale plötzlich in die Höhr: der Hofjagdjunker konnte deS TanzenS gar kein Ende finden; bald rechlS, bald links herum, bald vorwärts und bald rückwäriS seine Dame führend, bald wieder auf der Stelle mit ihr in der anmuthigsten Haltung sich wiegend und urplötzlich dann schräg durch den Saal chasfirrnd, um da- Spiel von Neuem zu be