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Der Finnland-Vertrag wird gekündigt Neun Nertn« ab 1. zamar Ml Berlin. 28. August. Wie die LU. «ou znverläfiiger Seite ersähet, find die in Helflngsors geführten Bcrhand- lnnge« des Bcrtreters des Auswärtigen Amtes, Ministerial direktor Ritter, über die Neuregelung der Handelsvertrags» beziehnngen mit Finnland im wesentlichen abgeschlossen. SS wnrde vereinbart, bah der lausende Hanbelsvertrag ge kündigt wird und am 1. Januar, dem Zeitpunkt des Ab- lausS des Vertrages, ein neuer Vertrag in «rast tritt, der die Vertragszölle sür Butter und andere Molkereiprodukte aus wesentlich höherer Zollgrundlagc als der gegenwärtigen sestsetzr. (G. I. C.). die ihrerseits auf das hinter ihr stehende Banken- konsortium zurückgreift, das zu diesem Zwecke eine Erweite rung erfahren hat. Der Ausschließlichkettsvertrag zwischen der DGH. und GJC., der mit dem bisherigen Kreditabkom men parallel lief, hat eine Einschränkung erfahren, die DGH. wirb künftig ihre Stühungskäufe und die Verwertung des Roggens zu zwei Dritteln durch Vermittlung der GJC. vornehmen, den Rest nach freiem Ermessen aus Handel- und Genossenschaften verteilen. Sie Warschauer Asrarkenserem erWet Nerhandiunkisbeginn über den Preisabbau Berlin, 28. Aug. Der Wirtschaftspolitische Ausschuß des Borlänsigen Reichswirtschastsratcs trat heute zusammen» um «ns der Grundlage des Schreibens des Reichswirtschaftsmint» fterA vom 22. August an den Vorläufigen Reichswirtschaftsrat seine Verhandlungen über die Fragen der Preisbindungen ausznnehureu. Rach längerer Aussprache wnrde« zwei Arbeitsausschüsse mit je 18 Mitgliedern gebildet, von Lenen der erste Ausschuß zuerst die Fragen der Baastos se und Kdanq di« Kragen von Ibohl«, «ali» Lisa«, Treib» Kossen. Düngemittel« n«d anders brr zmeite »uSschnß die PreiSprobkeme de, Marb««»rtt»et «n««»' Heranziehnng von Sachverständigen und Interessenten be, hauchetn toll. Die AnsWÜffe «erbe« sofokt Afrt Arbeiten «Ns»' «rhmen »nd mit größter Beschleunigung durchführen. WMillienen-gcebil stir die RommiMmg Berlin, 28. Aug. Der Kreditvertrag zwischen der Deutschen Getreidehaudelsgelellschaft m. b. H. und der Getreide-Indu strie und -Kommission A.-G. ist nunmehr abgeschlossen und auch bereits von dem Verwaltungsrat der erstgenannten Ge sellschaft genehmigt. Der Vertrag stellt eine Verlänge rung demnächst nblaysenden, der der DGH. einen Kredit von 38 Millionen RM. einräumte, um ein weiteres Jahr dar, umfaßt aber setzt eine Summe von 8 8 Millionen RM. Kreditgeber ist die Getreide-Industrie und -Kommission A.-G. Warschau, 28. August. Am Donnerstag wurde im Warschauer Landwirtschastsministerium die südosteuropäisch baltische Landwirtschaststagung mit einer Reibe des pol nischen Außenministers Zaleski eröffnet. Zum Vorsitzenden der Tagung wurde der polnische Landwirtschaftsmtnister Janta-Polczynskt gewählt. Gin französisch-rumänischer Handelsvertrag Paris, 28. August. Zwischen dem hiesigen rumänischen Gesandten und dem französischen Handelsminister ist gestern ein sranzösisch-rumänischer Handelsvertrag an Stelle des Handelsabkommens vom Jahre 1887 unterzeichnet worden. Er sieht die gegenseitige Meistbegünstigung und Mindestzoll- tarise vor. Revolution auch in Argentinien? Neuyork, 28. August. Wie aus Buenos Aires gemeldet wird, erhält sich dort hartnäckig das Gerücht, daß eine Revolution gegen Präsident Irrig oyen im Gange ist. Die Regierung hat scharfe Abwchrmaßnahmen ergriffen und zahl reiche Truppen in La Plata, etwa 48 Kilometer von Buenos Aires, znsammengezogcn, um nötigenfalls in Buenos Aires einznritcken. Präsident Jrrigoye« hat einen «abinettsrat ein- bcrnfen. «m zur Lage Stellung zu nehmen. Sein Wohnsitz wird von einem starken Polizeiaufgebot mit Maschinen gewehren bewacht. Wie „La Prensa" meldet, ist das Dach des Hauses des Präsidenten Jrrigoyen mit Maschinengewehren versehen worden, da die Spannung unter der Arbeiterbevölkerung im Wachsen begriffen ist. z Irr RMsral stimmt den SemliMsstmm r« Sir SunWhrmigs-kNimmmiom M Notverordnung Berlin, 28. August. (Etg. Drahtmeldung.) Der Reichs rat stimmte heute nachmittag unter dem Vorsitz des Staats sekretärs Schacsscr einem Rcgierungsentwurf für Durch, führungsbestimmungen über die Gemeinbebiersteuer, die Gemcindegctränkesteucr und Bürger st euer zu, an der die Ausschüsse des Neichsrats verschiedene Acnderungen vorgenommen hatte». Durch 8 1 der Vervrb- nung wird u. a. klargclegt, daß bereits bestehende Gemeinde steuern aus den örtlichen Verbrauch von Bier durch die Ver ordnung des Reichspräsidenten vom 28. Juli nicht berührt werden. Diese Gemeindesteuer bleibt so lange in Kraft, wie die in ihnen vorgesehenen Sätze nicht geändert werden. Bei einer Aenderung der Sätze könne« dann allerdings nur die Sätze der Notverordnung erhoben werdeu. Aus der Fassung der Notverordnung ergibt sich, daß die Ein- führung der Gemcindegetränkesteuer die Ausschöpsung der den Gemeinden durch -ie Biersteuer erschlossenen Ein nahmequellen zur Voraussetzung hat. Daher wird im 2 der Durchführungsverordnung ausgesprochen, daß die rhebung der Gcmeindegetränkesteuer nur zulässig sei, wenn bereits die Gemeindebiersteuer erhoben wird. Die Bürger- steuer ist abhängig vom Wohnsitz oder vom gewöhn lichen Aufenthalt. Wer in mehreren Gemeinden einen Wohnsitz hat, ist nach den Durchführungsbestimmungen in jeder dieser Gemeinden mit dem vollen Steuerbetrag steuerpflichtig. Ausgeschlossen von der Bürgersteuer werden jetzt noch Personen, die sich dem Klosterleben gewidmet haben, sofern der Stichtag in ihre Probezeit fällt (Novizen) und Personen, soweit ihnen unter Wahrung der Gegenseitig keit nach allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen oder nach besonderen Staatsverträgen ein Anspruch auf Befreiung von den persönlichen Steuern zusteht. Der LandeSsatz der Ritrgcrfteucr kann nur sür alle Gemeinden einheitlich sest« gesetzt werden. Die Btirgcrstener wird je zur Hälfte am Ist. Jannar und Ist. März fällig. Sie wird erhoben durch Ein» behalte« eines Lohnteiles oder bei der Veranlagung zur Einkommensteuer: «nd von den Steuerpflichtigen, die sowohl dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unter» liegen, die auch veranlagt werbe«, zum Teil dnrch Ein» behalten eines Lohnteilcs, zum Teil bei der Ver» anlagung. Bet Lohnsteuerpfltchtigen hat der Arbeitgeber bet der nächsten aus die Fälligkeit folgenden Lohnzahlung, den zu ent richtenden Bürgersteuerbetrag etnziibchalten und binnen einer Woche an die in der Steuerkarte bezeichnete Gemeinbekasfe obzuführen- Im übrigen liegt die Erhebung der Bürger- steucr den Gemeinden ob. Die Bürgersteuer für beide Ehegatten wird auf der Steuerkarte des Ehemanns an- geforbert. Verläuft die Beitreibung gegen den Ehemann fruchtlos, so ist die Steuer sür beide nachträglich von der Ehefrau einzuso'rderu und einzuziehen. Der Steuerpflichtige kann Einspruch erheben, über den bann das Finanzamt ent scheidet. lieber eine weitere Berufung entscheide» das Ftnanz- gericht. Ferner ist Nechtsbeschwerde an den Retchsfinanzhof möglich. Der Steuerausschuß hat bei der Bürgersteuer über haupt nicht mitzuwtrken. Für die erst vom Rechnungsjahr 1831 ab wirksam werdende Verkoppelung der Gemeinbebiersteuer und der Bttrgersteuer mit den Nealsteuern. bleibt der Erlaß weiterer Durch führungsbestimmungen Vorbehalten. Die jetzt vom ReichSrat beschlossenen neuen Bestimmungen treten mit rückwirkender «rast vom 28. Juli ISSst an in «rast. Der ReichSrat stimmte sodann noch einer Ausführungs verordnung zum Weingesetz zu, die im wesentlichen die bisherigen Ausftthrungsbestimmungen zum alten Weingesetz in Kraft läßt und daran nur einige Aendcrungen und Er gänzungen vornimmt. Ferner genehmigte der Reichsrat die M ü n d e l s i ch e r u n g von Schatzanweisungen, die die Reichsbahngesellschaft auszugeben beabsichtigt. Die Reichsbahn will auf Anregung der Reichsregterung zur Be hebung der Arbeitslosigkeit über das aus der Betriebs- und Finanzlage sich ergebende Maß hinaus Aufträge bis zu 388 Millionen Mark vergeben und zur teilweisen Finanzierung Reichsbahnschatzanwetfungen bis zum Betrage von 268 Mil lionen Mark, die mit S Prozent verzinslich und mit fünf jähriger Laufzeit versehen sind, ausgeben. Diese Anweisun gen sollen zugleich mündelsicher sein. Mt mstloiwNo-ialiitlW Mm ihres Amtes entheben Rordhausen, 28. Aug. Der RegierungSprästdent von Erfurt hat den Mtttelschulkonrektor «lagges nnd den Mittelschnllehrer Meyer in Benneckenstetn vorläufig ihres Amtes enthoben. Gegen beide ist das Diszlplinarver» fahren mit dem Ziel der endgültige« Amtsenthebung eingeleitet worden, da sie entgegen der bekannten preußischen Mmifterialverordnung in letzter Zeit in nationalsozialistischen Versammlungen öffentliche Wahlreden gehalten haben. — Der preußische Regierungssozialismus scheint vergessen zu haben, daß die beste Förderung einer Bewegung die ist, wenn man ihre Mitglieder zu Märtyrern macht. Mit der auch den Beamten gewährleisteten Gewissensfreiheit hat diese Maß nahme nichts zu tun. Der Brotkorb Durch die Hauptverkehrsstraßen der Stadt zwängt sich schwerfällig ein großes Möbelauto. Aber es ist nicht wie sonst in sein bescheidenes Alltagsgrau gekleidet, sondern in die bun ten Flitterfarben eines Wahlplakatcs. Ein grelles Rot ist vorherrschend und wirkt noch greller durch die blendenden Strahlenpfeile der Spätsommersonne. Während alle Passan ten dem Koloß ausweichen, verkünden von den Plakaten des Wagens klobige Buchstaben die Wahlparole der Sozialdemo kratie: „Der Brotkorb wird höher gehängt!" Wahrhaftig. Das ist alles. Ein altes, verlogenes, verlegenes, abgebrauch tes Schlagwort, mit dem die Sozialdemokratie anscheinend die Stimmen der 68 888 Erwerbslosen in Dresden ködern möchte. Das Schlagwort ist alt, uralt. Aber bei jeder Wahl taucht cs wieder aus der Mottenkiste der Partei auf und redet von dem Zollwucher, der angeblich in Deutschland getrieben werde und den zu verhüten die tapfere Sozialdemokratie in diesen Wahlkampf ziehe. Und merkwürdig, obwohl dieselben tapfe ren Sozialdemokraten zwei Jahre lang in der Regierung der Großen Koalition die Maßgeblichen waren, spielen sie sich jetzt als die um das Volkswohl besorgte Opposition gegen ein schändliches System auf. Allerdings, der Brotkorb ist in Deutschland höher und höher gehängt worden. Aber nicht durch sogenannte Zollwucherer, sondern durch die hilflose, von jeder Wirtschaftskenntnts ungetrübte Finanz- und Wirt schaftspolitik der Sozialdemokratie. Der Brotkorb ist den jenigen höher gehängt worden, die unter den Folgen der Un fähigkeit der ministeriellen Größen der Sozialdemokratie heute auf der Straße als Erwerbslose liegen. Er ist ihn?» sogar so hoch gehängt worben, daß sie aus diesem Brotkord heute kaum die paar Krumen erlangen können, die die nackte Fristung des Lebens gewährleisten. Und er ist dem ganzen Volke höher gehängt worden: denn es gibt niemanden, der sich.der von der Sozialdemokratie eingeleitcten blinden Unter- werfungspolittk unter den Willen des Auslandes heute noch entziehen könnte. Kennzeichnet etwas mehr die Ideenlosig keit, die Verkalkung und das schlechte Gewissen der sozialisti schen Bonzokratie, daß sie nach zweijähriger verantwortlicher Negterungstätigkeit aus Angst vor dem Tohuwabohu aus der Verantwortung flüchtete und jetzt in einem Möbelwagen ihre abgebrauchten Wahlschlagworte aus der Vorkriegszeit durch die Straßen spazieren fährt? Klingt das nicht wie ein Hohn auf die arbeitenden Massen? Es ist nötig, daß man diese Politik der Irreführung ein mal in ihrer ganzen Jämmerlichkeit kennzeichnet. Warum versteckt sich die Bonzokratie hinter dem agitatorischen Brot korb? Weil ihr schlechtes Gewissen ihr sagt, daß ihre Politik, stets die Partei des feindlichen Auslandes zu nehmen, uns in die trostlose Lage geführt hat, in der wir heute leben. Um das zu verstehen, ist es notwendig, an das Wort des „Vor wärts" kurz vor Kriegsende 1818 zu erinnern, das da heißt: „Es ist unser fester Wille, die deutsche Kriegsflagge für immer zu streichen, che sie ein letztes Mal siegreich hcimgcbracht wird." Die Sozialdemokratie war damals der Meinung und mit ihr die breiten Massen des deutschen Volkes, baß sie der Verlust des Krieges nichts angehe, denn die Kosten, die Tri bute, würden ja doch nur von den Besitzenden getragen. Durch Jahre hindurch wurde dieser Glaube im Volke erhal ten und genährt. Nicht einmal die Inflation konnte ihn allzu sehr erschüttern, weil die Wähler zu wenig erkannten, daß die letzte tiefste Ursache der Geldentwertung eben auch in der Er- füllungspolittk der unter sozialistischem Einfluß stehenden Nachkriegsregierungen begründet war. Ein Beweis dafür ist die allgemeine Genugtuung, mit der die Dawessonne be grüßt wurde, die nun Deutschland erleuchten und erwärmen sollte. Dann kamen die Reichstagswahlen 1828, die der Sozial demokratie mit ihrer Parole: „Ktnderspeisung statt Panzer kreuzer!" und mit der jetzt wieder aufgcwärmtcn Spekulation aus die Dummheit der Mitmenschen: „Der Brotkorb soll höher gehängt werden!", einen großen Sieg und damit die Verantwortung brachten. Es kam die überstürzte Uoungplan- revision: Hilferdtng aus der Inflation denkbar schlechten An gedenkens wurde abermals mit der Leitung unserer Finanzen beauftragt, mit dem Ergebnis, daß er unsere Delegation in Parts und im Haag unter den Druck seiner leeren Kassen setzte. „Friß Vogel oder stirb!" Vor diese Ent- scheidung hat uns die Kunst des sozialdemokratischen Finanz- 8e1te 9 unä 10