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Die Lon-oner Tagung -es Obersten Ankes. Beginn -er Derhan-lungen. u« das zukünftige Schicksal Europas. London, 7. August. Heute vormittag um 1t Uhr habe» di« Berhandlnnge» zwischen Lloyd George. Poincarü, Echanzer u«d de« Vertreter» der übrige« alliierten Mächte »« das znkünstige Schicksal Europas begonnen. Frankreich» England, Belgien» Matten, Japan als Leiinehmer. lEigner Draßtbericht der „Dreedn. Nachrichten".) PariS, 7. August. Die Erkenntnis, daß es sich bei den Londoner Besprechungen um eine Tagung des Oberste« Rates handelt, scheint nunmehr auch der französischen Presse »n komme«. Wie der „Jntransigcant" meldet, vergröbert sich nicht «nr bas Programm der Londoner Tagung, sondern auch die Zahl der Teilnehmer. Nach der Anssprache zwischen Frankreich und England, die zuerst stattsinde« wird, dürste eine Besprechung zwischen Frankreich und Belgien folgen. Auch Italien und ,1apau werden in London vertreten sein, f» daß es sich, so schreibt das Blatt, tatsächlich «m eine T a« gnng deS Oberste« Rates handeln wird. Anch Amerika wird vielleicht durch einen Beobachter vertreten sei«. Anlerre-ungen mtt PoinearS »der die Ausgleichsznhlungen. London. 7. August. Die belgischen Teilnehmer der Londoner Konferenz. Ministerpräsident TheuntS und Außen- minifter Jaspar, hatten gestern nachmittag eine Unterredung mtt Poincarü, und man glaubt, daß sich diese Unterredung um einen Ausgleich der auseinandergehenden Meinungen in der Frage der Ausgleichszahlungen drehte. In dem gleichen Sinne soll der italienische Aubenminister Schanzer, der sich vor seiner Abreise gegen die französischen Retorsionen ausgesprochen hat. auf der gemeinsamen Reise von Parts «ach London Poincarü zu beeinflussen versucht haben. Der bekannte Volkswirtschaftler KeyneS hat gestern in einer Rebe ausgeführt, das einzige Mittel, um die augen blickliche Finanzlage zu retten, sei die Anwendung folgender vier Grundsätze: 1. Ein sofortiges Moratorium für Deutschland von min destens einem Jahre. 2. Einberufung einer internationalen Konferenz, um baS Problem der Reparationen und der interalliierten Schuld zu diskutieren. 8. Aufgabe des Planes der Verbündeten, die Pensionen durch Deutschland bezahlen zu lasten. 4. Sofortige Räumung der besetzten Gebiete. Sin Moratorium für zwei Jahre? London. 7. Aug. Der politische Mitarbeiter der „Westminster Gazette" schreibt: Wie ich höre, hat man auf britischer Seite ei« Moratorium für zwei Jahre vorgeschlagen. In -er Zwischenzeit müssen die Natural- Nef«««ge« in unvermindertem Umfang stattsinde«. (vtb.) Frankreichs Sandtungssreihelt aus -er Lon-oner Konferenz. (Eigner Drahtbericht der „DreSdn. Nachrichten'.) Paris, 7. August. Ueber die Handlungsfreihett, die sich Poincarü in seinen Londoner Verhandlungen Vorbe halten wird, schreibt der „Jntransigcant": Es ist in der Tat richtig, daß wir allein handeln müssen, wenn es zum Aeutzer- sten kommen sollte. Poincarü wird in London ein Pro- gramm des selbständigen Vorgehens vertreten. Der französische Ministerpräsident ist bereit, sich mit der eng lischen Regierung über gewisse Prinzipien und Kon zessionen zu verständigen, die eine gemeinsame Regelung der Reparationsfrage erleichtern. Wenn man aber die kürz- lichen Debatten im Unterhause gelesen hat, dann kann man sich nicht darüber wundern, bah Frankreich, welches den heißen Wunsch einer Verständigung mit England habe, »m von Deutschland bezahlt zu werden, trotzdem entschlossen ist, allein zu handeln, wenn gewisse Alliierte, auf die zu zählen es berechtigt tst, sich den Schwierigkeiten unserer finanziellen Lage verschließen, aus der wir herauskommc» müssen. PoinearSs Waffe. London, 7. Aug. „Observer" schreibt in einem Leit artikel zu den beginnenden Verhandlungen u. a.: Frank reich werde sich während der Verhandlungen sehr hartnäckig zeigen. Poincarü habe sich mit einer Waffe versehen, mit der er sich gut anskennt. Er habe auf die Balfour-Nvte mtt einem Ultimatum geantwortet, besten rechtliche Zulässigkeit in diesem Augenblicke zweifelhaft ist. Er weiß, daß Sank tionen den Markkurs nicht wieder Herstellen, sondern gründ lich zerstören werden und damit auch die Reparationen in der in Aussicht genommenen Form. Nach vier Jahren weiß England noch nicht «nd Frankreich weiß es vielleicht auch «och nicht, ob die französische Politik die Wiederherstellung des zerstörten Gebietes oder den Ruin Deutschlands an strebt. Lloyd George hat seinen Entschluß kundgegeben, sich jedem derartigen Plan zu wibersetzen. Der erste Be- weis für eine ehrliche Reparationspolitik wäre die An nahme eines Moratoriums sowohl für die Reparationen als anch für die Borkrtegsschuldcn. Wenn das am Montag er reicht werden sollte, würbe die Konferenz bereits mehr Er trag einbringen, als alle früheren ReparationSkonferenzeu. sW. T. B.) Englische Hoffnungen. London, 7. Aug. „Daily Chronicle" schreibt in einem Leitartikel: Die heute beginnenden Besprechungen werben hoffentlich eine bessere und praktischere Auffassung kund tun als die, welche in den letzten Auslastungen der französischen Presse gegen die englischen Staatsmänner zum Ausdruck gekommen ist. Vielleicht ist der verhältnis mäßig beschränkte Charakter der von der fran zösischen Negierung vorgeschlagenen Netorsionsmatznahmen ein gutes Zeichen. Werden schärfere Maßnahmen, von denen bereits die Rede war, vor der Konferenz ergriffen, so wäre für eine Einigung eine ungünstige Atmosphäre ge schaffen. Aber auch so könne die britische Negierung den Versuch, unabhängig vorzugehen, nicht unterstützen, ebenso wenig wie bas die belgische Negierung tut. (W. T. Ä.) Die Auseliran-ersehung Bayerns mit -em, Reiche. (Von unserem Donberberichterstatter.) München, 7. Aug. Hier wird erklärt, daß die An gelegenheit Berlin-München keinerlei Ber schär» f« « g. wie verschiedentlich geheim «nd offen behanptet wirb» erfahre» hat. München hat dnrch dt« beide« Reicksmiuister Dr. Gehler und Fehr genau erfahre«, wie man in Berlin denkt und welche Haltung man dort einnimmt. Berlin wieder wird heute durch die beide« Reichsminister hören» wie man sich die Entwicklung in München denkt. Zwischen beiden Anschauungen klaffen Klüfte, die nun durch Ver handlung«« überbrückt werden sollen. Es wird sich darum drehen, ob man in Berlin die Augelegenheit zur weitere« Erledigung Fachrefereute« übergibt. I« diesem Kalle wird die bayrische Regierung ebenfalls ihre Fachrefereute« nach Berlin entsenden. ES war sehr klng von der bayrischen Regierung, bah sie zu der Aussprache mit de« beide« Reichs» minister« auch die Führer der hinter der Regier»»« stehen de» Koalition hi»,«gezogen hat. Erneute Gerüchte über eine Reife Graf Lerchensel-s nach Berlin. Berlin, 7. Aug. Nach den in Berlin eingetroffenen Nachrichten darf es nunmehr als ziemlich sicher angenommen werben, baß der bayrische Ministerpräsident Graf Lerchen- selb zur Beratung der zwischen dem Reich und Bayern schwebenden Fragen im Lause dieser Woche doch noch nach Berlin kommt. Der Tag seiner Ankunft steht aber noch nicht esst. —^ Erklärungen der Deutschen BolkSpartei ln Bayern. München, 7. Nngust. Dr. Strcsemann hatte am Sonn abend eine mehrstündige Aussprache mtt den Vertrauens- männern der Deutschen BolkSpartei in Bayern. Das Ergeb- niS war die Annahme von drei Resolutionen. Die erste spricht Dr. Strcsemann als Führer für eine ziel klare Politik und staatSmännische Leitung der Partei vollstes Vertrauen aus, desgleichen der ReichstagSfraktion der Deutschen BolkSpartei für ihr tatkräftiges und erfolgreiches Eintreten für die bayrischen Belange bet der Verabschiedung der Reichsschutzgesetzgebung, begrübt die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft als Voraussetzung einer Besserung der parlamentarischen und politischen Lage tn^ Reiche, spricht der Regierung offen das Vertrauen aus und erwartet, baß b e t voller Wahrung der bayrischen Interessen nichts unternommen wird, wa- den Bestand deS Reiches und die Geschlossenheit des deutschen Volke- gefährden könnte. Die «oette Entschließung, die von Strcsemann selbst entworfen ist, befaßt sich mit der außenpolitischen Lage und lautet wört lich: „Der Vertretertag begrüßt die Einmütigkeit der Reichs regierung und der deutschen Parteien in der Zurückweisung der Drohungen Frankreichs und vertraut, daß das deutsche Volk der ihm angedrohten Gewaltpolitik seinen einmütigen, unbeugsamenWtllenzur Verteidigung seiner unver- äußerlichen Rechte auf den Fortbestand eines politisch und wirtschaftlich selbständigen Deutschlands entgegensetzen wird." Die dritte Entschließung erklärt sich einverstanden mtt der Unterstützung, die die Organe deS Wahlkreises Oberbayern- Schwaben der Neichspartet gewährt haben. Durch diese Erklärungen wird die Unstimmigkeit aus der Welt geschasst, die zwischen der Deutschen Volkspartet tu Bayern und im Reiche wegen der Haltung der Reichs- tagSfraktton zum Reichöschutzgesetz bestanden bat. Der Ae Ichskan^l ler über Deutschlands e. Paris, 7. Aug. Der „New Hork Herold" veröffentlicht eine Unterredung seines Berliner Korrespondenten mtt dem Reichskanzler Dr. Wirth, -er auSführte, Deutschland könne unmöglich seine Goldzahlungen weiter leisten, da ihm seine Vorkrtegseinnahmen nicht mehr zur Verfügung stünden. Goldzahlungen hängen ab von der Ausfuhr. Mit dem Verkauf der deutschen Handelsflotte und einer Vermin derung der Produktion und einer Beschränkung der Absatz gebiete betrüge die deutsche Ausfuhr nur noch knapp SO Prozent der Vorkrtegsausfuhr. Anderseits müsse Deutschland augenblicklich 40 Prozent seines Brot getreides etnführen, statt 28 Prozent im Jahre 1914, wodurch die Einfuhr von Rohstoffen um ebensoviel zurückgehe. Deutschland könne seine Zahlungen nur dann fortsetzen, wenn es eine internationale Anleihe erhalte. Im Auslände mache man sich eine falsche Vorstellung, wenn man behauptet, es genüge, um größere Summen in Gold zu erhalten, wenn Deutschland neue Steuern erhebe. Die Entwertung der Mark sei derartig, baß das Ausland die gesamte deutsche Industrie für wenige Milliarden Dollar kaufen könne. Dies wäre aber eine schlechte Kapitalanlage, denn das Ausland könnte höchstens 2 Prozent Zinsen in Gold herauSwtrtschaften. Alle Behauptungen von einem angeb lichen Wohlstand in Deutschland seien falsch. Man könne dies deutlich daran erkennen, daß der Fleischverbauch in Deutsch land auf 70 Prozent deS Konsums deS letzten FriedenS- jahreS gesunken sei. I Dollar (ämillcii): 7S2.S0 > Die Sequestrierungen in Elsatz-Lokhringe«. lEigner Drahtbericht der »DreSdn. Nachricht««".) Paris, 0. Aug. Die Blätter betonen, daß die Sequestrierungsmatznahmen des, Oberkommissars von Elsaß-Lothringen eine gewiss« Erregung hervor- gerufen haben, und daß die zahlreichen Deutsche« die Ab geordneten bestürmen, sie möchten für die Zurücknahme deS Dekrets Sorge tragen. Ein rechtssozialistisches Blatt stellte heute abend fest, daß noch drethunderttausend Deutsche, die in Elsaß wohnen, von dieser Maßnahme betroffen werden, und daß wirtschaftliche Erschütterungen zu erwarten sind. Die Stimmung im Elsaß. Paris, 7. Aug. Stach Straßburger Meldungen de» „Matin" herrscht im Elsaß in deutschen Kreisen eine außer- ordentliche Aufregung, da man trotz der offiziellen Widerrufe die Mastenauswetsung von Deutschen befürchtet. An der Grenze beutet alles darauf hin, baß die Sanktionen unmittelbar bevorstehen. Im Laufe der Nacht zum Sonntag zum Montag wurde die Paßkontrolle mit größter Strenge durchgeführt. Die Unterpräfektcn der Grenzbeztrke haben besondere Anweisung erhalten und wurden aufgefordert, unter keinen Umständen ihre Posten zu verlassen. Nach dem „Matin" haben die in Straßburg anwesenden Abgeordneten einen Brief an Poincarü gerichtet, in dem sie seine Auf merksamkeit auf die Unzuträglichketten lenken, die aus falsch angewandten Sanktionen entstehen könn ten. Mtt Unzufriedenheit stellt bas Blatt fest, baß mächtige Einflüsse sich zugunsten gewisser unliebsamer Deutscher be merkbar machen, die sich bereits auf der Liste der zur Aus weisung bestimmten Deutschen befunden hätten. Die öffent liche Stimmung im Elsaß hoffe aber, daß dieses Werk der Gerechtigkeit und sozialen Gesundung durch nichts aus- gehalten werde. Jur Abwendung der Relorsivnsmahnahmen. Berlin, 7. August. Nach Mitteilungen von unter richteter Sette wird die Reichsregierung die Forderungen und Ansprüche Frankreichs, deren Nichterfüllung mit An wendung von Netorsionsmatznahmen bedroht ist. von der Nechtöabteilung des Auswärtigen Amtes prüfen lasten, die darüber wahrscheinlich noch beute ein Kommunique ver- öffentlichen wirb. Poincarös Unzufrie-enhett mil -er Saarregierung. Naoul z« nachgiebig. (Eigner Drahtbertcht der „Dresdn. Nachrichten".) Paris, 6. Aug. Im Anschluß an die Sitzung des Landes- rates des Saargebietes machte sich in französischen politischen Kreisen eine gewisse Erregung bemerkbar. Der Präsident des Saargebietes ist letzthin von Poincarü empfangen wor ben. Schon vor einigen Tagen hörte man Gerüchte darüber, daß die französische Negierung mit der Politik des Negicrungsausschusses im Saargebiet, insbesondere aber mit der Politik der französischen Negierung, nicht einver standen sei. Man ist der Ansicht» daß der französische Ver treter sich in verschiedenen Punkten als allzu entgegen kommend verhalten habe. Man warf ihm vor. tu der Form nicht geschmeidig genug und in der Sache zu nachgiebig gewesen zu sein. Man wir- nicht fehlgehen, wenn man an- ivimmt, -atz Poincarü dem Präsidenten des Regierungs- komitees des SaargebteteS derartig« Vorhaltungen ge macht haben wird. Dieser dürste ihm darauf erwidert haben, daß er vom Völkerbünde abhängig sei und daß diesem gegen» über eine andere Politik als die von ihm «Ingeschlagene un möglich gewesen sei. Die in der deutschen Presse wicder- gcgebenen Gerüchte über eine Abdankung deS Präsidenten Raoul sind verfrüht. Poincarü wird vor seiner Rückkehr aus London in dieser Frage keinerlei Entscheidungen treffen. Die französische Regierung möchte aber auch de« Völker bundsrat nicht vor den Kopf stoßen und wird sich infolge dessen vielleicht mit der Politik chrer Vertrete- tw Saar- gebiet einverstanden erklären. Poincars» -er Kriegshetzer. Das nächste Heft der „Süddeutschen Monatshefte", sch äm Mittwoch, den 9. August erscheint, trägt Len Titel „Poincarü" und beschäftigt sich eingehend mtt besten Politik vor dem Kriege, vor allem im Jahre 1912. In dem Heft findet man die unwiderleglichen Beweise dafür» baß Poincarü als Außenminister nicht au der für die Erhaltung deS europäischen Friedens so wesentlichen Annäherung der Mächtegruppen gearbeitet hat und insbesondere der Her stellung eines guten Verhältnisses zwischen Frankreich und Deutschland sich mtt aller Kraft wtdersetzte. während deS Balkankrieges sogar direkt die Eutfachung deS Weltbrandes betrieben hat. Von ungeheurer Bedeutung sind zahlreiche bisher noch unbekannte Depeschen und Dokumente, vor allem die Protokolle der Beratungen der GeneralstabSchefS der russischen und französischen Armee aus den Jahren 1911,1912 und 1913, die in deutscher Uever- setzung jetzt zum ersten Mal der Oeffentlichkett bekannt werden sollen. Aus diesen Protokollen ersieht man. daß der Krieg gegen Deutschland und Oesterreich-Ungarn fyste- matisch vorbereitet war. Das erste Ler drei Protokolle ist unterzeichnet vom Generalstabschef der russischen Armee I. Gtltnsky, dem Generalstabschef der französischen Armee Dubait, und dem französischen Kriegsmintster Messtmt. DaS zweite Protokoll trägt die Unterschriften deS russischen GeneralstabSchefS Gtlinsky. deS Generalstaböchef der fran- zösischen Armee I. Ioffre und deS französischen Kriegs- Ministers A. Millerand. Das Protokoll der dritten Kon ferenz endlich tst gezeichnet vom Generalstabschef der russischen Armee I. Gtltnsky. und dem GenernlstabSq chef der französischen Armee I. Jo ff re. Lin Buch Lloyd George» über den Weltkrieg. Berlin, 7. Aug. Nach einer Londoner Meldung der „MontagSpost" bestätigt -er politische Mitarbeiter der „Sun- day Times", daß Lloyd George im Begriffe ist, ein Buch über die diplomatische Geschichte deS Welt- krtegeS zu schreiben. Man glaubt, Laß die BerSf' -reit« * . lickuua b« inr LrüLiob« 10S»