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«ud Valienimrzer Anzeiger Amtsblatt für das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Waldenburg. 216 1908 Mittwoch, Seu 1V. September streben nach Einvernehmen und mit gutem Willen zu der- ausgedehnten Handelsbeziehungen, die es mit diesem Lande der Welt das Gefühl der Detente zu geben, das diese so ledigung der Marokkoangelegenheit (bis „ lies Aufteilung Ma- Frankreich hat auf Grund der mit England geschloffenen nötig hat. Unser Land will trotz der Bitterkeit seiner Er-' rokkosl") ganz auszuschaltcn? Neiile die ia bei Leibe nickt etwa nene» i. st... l st. Mußte nicht unser Kaiser innerungen an den Werken des Friedens mit aller Welt, erst mit Einsetzung seiner eigenen Person bei seinem Besuche schon seit Jahren unterhält, billigerwcise verlangen kann? Hat man nicht statt dessen versucht, Deutschland bei Er bes Friedens zu arbeiten, aber nicht indem wir errungene Vorteile wieder die Franzosen in ihrem Revanchewahn Auch wir Deutsche haben, wenn ich Nationen am Werke auf unsere Kosten, preisgebcn, wie es von uns verlangen. handeln? Weshalb bemüht es sich nicht, gleich uns zu handeln und "Waldenburg, 15. September 1908. Französisch- Herzbeklemmungen. ii. Ich unterbreite also ihm, der deutschen Meinung, (als Wenn Erzberger die deutsche Gesamtmcinung charakterisierte) ihrem vernünftigen Urteil, ihrer Weisheit und ihrem Ge ¬ in Marokko andeuten, daß Deutschland nicht gewillt sei, sich bei Seite schieben zu lassen? Alle diese Fragen müßten uns eigentlich erst beantwortet werden, ehe wir an die fried fertigen Absichten „jenseits" der Vogesen glauben können. Gewiß haben auch wir ein Interesse daran, mit puderen «Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzet»an, Lichtensiein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langenleuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhai« Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. Filialen: in Sustadlwaldenburg bei Herr» Otto Förster; inLallenberg beiHrn.Strmap Wirker Fr. Herm. Richler; in Kaufimgev kr Herrn Fr. Janafchek; in Langenchursdorf Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herr» Wi, Helm Dadler; in Wolkenburg bei Herr« Herm. Wildenhain; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. mit Mulay Hafid in den Zustand der Ordnung zurückkehre, wenn er die Ordnung sichert. Aber das hängt weniger von uns, als von ihm und von Deutschland ab. Man kennt unser Ziel. Was wollen Jene?" Die „Frankfurter Zeitung", auch eine von jenen Zeitun gen, die den Schritt der deutschen Regierung bemängelten, begleitet diese Zeilen mit folgender Ausführung: „Die Antwort auf diese vielen Fragen ist sehr einfach: Wir sind mit allem einverstanden, wenn Frankreich klar und unzweideutig zeigt, daß es auf die Erlangung von Sonder vorteilen in Marokko verzichtet." Auch wir möchten uns dieser Ausführung bedingungslos anschließen. Aber so einfach, wie sie hier von Herrn Gervais geschildert wird, ist die Sache doch nicht. Erstens lag es gar nicht in der Absicht der französischen Regierung, Mulay Hafid als rechtmäßigen Herrscher Marokkos anzuerkennen, sonst hätte man nicht den Wachssultan Aziz so lange protegiert und bis zum äußersten in seiner Sache, selbst mit Waffengewalt unterstützt. Daß Frankreich ursprünglich die Absicht gehabt hat, Ma rokko seinen algerischen Besitzungen als Kolonien einzuver leiben, wird Herr Gervais wohl schwerlich leugnen können, wie er ebenso wenig leugnen kann,, daß die mit England geschlossene Entente cordiale trotz der trüben Erinnungen an die Faschodaniederlage sich mit seiner Spitze nur gegen Deutschland richten kann. Um Marokko die Ruhe wiederzugebcn, hätte es gar nicht einer solch gewaltigen Machteutfallung Frankreichs bedurft. Man hatte sich die „Eroberung" Marokkos doch einfacher Vorgestellt. Wenn man in Frankreich allen Abenteuern einen Riegel vorschieben will, warum erkannte man dann Mulay Hafid nicht gleich an, als man sah, daß ihn die überwiegende Mehr heit des marokkanischen Volkes als alleinigen und recht mäßigen Sultan anerkannte? Warum mußte man erst Deutschlands Geduld auf das Aeußcrstc anstrengen? Hat nicht die deutsche Regierung lange genug die etwas zu weit ausgedehnte Auslegung der Algesirasakte stillschweigend ge duldet, selbst nichts gegen die kostspielige Expedition in Casa blanca eingewendct, trotzdem deutsche Untertanen und Schutz befohlene in der gröblichsten Weise von der trunkenen fran zösischen Soldateska insultiert worden sind, deutsches Eigen tum zerstört und deutsche Schutzbriefe zerrissen wurden? Wenn in Frankreich das Gerechtigkcils- und Billigkeits gefühl so vorherrschend ist, wie Herr Gervais es darstellt, warum gönnt man denn Deutschland nicht auch seinen An teil a» der marokkanischen Sonne, den cs auf Grund seiner Umso komischer wirkt daher die Antwort des französischen Kriegsbudgetberichterstatters, des Abgeordneten Gervais, an den deutschen Reichstagsabgeordnetcn Erzberger, der an Herrn Gervais eine Einladung ergehen ließ, sich über die Hauptfragen der Marokkoangclcgenheit auszulaffen. Herr Gervais schreibt in einem sehr auffällig gedruckten Artikel des „Matin" nach der „Frankfurter Ztg." Folgendes: "Die dringende Marokko-Frage bietet mir den gewünschten Anlaß, auf die Einladung Herrn Erzbergers mich über die Hauptfragen auszulaffen. Entente cordiale, die ja bei Leibe nicht etwa gegen Deutsch land gerichtet sein soll, nichts anderes getan, als Realpolitik getrieben, die Algesirasakte nach Gutdünken soweit wie mög lich ausgedehnt, und Deutschland mehr als einmal dadurch arg brüskiert. Das war gewiß keine Jdealpolitik. einschließlich Deutschlands, arbeiten. Will Deutschland da gegen auch weiterhin in diesem Konzerte sich durch seine be sondere Haltung auszeichnen und allein mit einigen Mächten Beziehungen unterhalten, die nur zu oft gereizt sind und die die unmittelbare Zukunft gefährlich und die weitere ungewiß machen? Frankreich, das mit Europa solidarisch bleibt und in allen Punkten mit Spannung einig ist, das an der Akte von Algesiras festhalten und von der Sorge beseelt ist, die Achtung vor allen Interessen im Schcrifenreiche ohne jede Unterscheidung zu sichern, wird mit ruhiger Zuversicht in der Verteidigung seiner Rechte (d. h. „der angemaßten". An merk. d. V.) und der Erfüllung seiner Pflichten fortfahren, das heißt, in der Beschwichtigung Marokkos und dem Welt frieden. Will Deutschland sich diesem Werke anschließen, das Europa heiß hcrbeiwünscht, oder will es dieses Werk be kämpfen? Witterungsbericht, ausgenommen am 15. September, Nachm. 3 Uhr. Barometerstand 766 will reduziert auf den Meeresspiegel. Thermometerstand -j- 18° O. (Morgens 8 Uhr -j- 12° O. Tiefste Nachttemperatur -j- 10,5° 6.) Feuchtigketlt» -ehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 54°/y. Taupunkt -j- 9° 6. Windrichtung: Südwest. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis früh 7 Uhr: 0,^ mw Daher Witterungsanssichten für den 16. September: Halbheiteres bis wolkenloses Wetter. U«'usprecher Nr. S. dem Wortschwalle des Herrn Gervais folgen will, „bittere Erinnerungen", auch wir haben ein Jena und Austerlitz, wie die Franzosen ihr Sedan bekommen hüben. Wir werden die von unseren Vätern errungenen Vorteile nicht so leicht preisgeben. Daran denkt in Deutschland kein Mensch, aus genommen vielleicht einige sozialdemokratische Tollköpfe, denen es aber auch nicht ernst ist mit solchen Zugeständnissen. Früher legte man in Frankreich seine ganzen Revanche hoffnungen auf die deutsche Sozialdemokratie; nachdem man aber bei der letzten Reichstagswahl gesehen hat, daß in nationalen Dingen das deutsche Volk geschloffen hinter seinem Kaiser steht, hat man diese Hoffnung preisgegeben. Heute hofft man auf Deutschlands Ueberschuldung und erwartet davon einen finanziellen Zusammenbruch, der die französischen Hoffnungen wieder neu beleben könne. Daß aber von einer Verschuldung Deutschlands und seiner Eiuzel- staaten gar keine Rede sein kann, zeigt uns eine Gegenüber stellung der Vermögensverhältnisse der einzelnen Länder. Deutschland hat in der Gesamtsumme rund 19 Milliarden Mark Staatsschulden. Will man aber eine wirkliche kauf männische Bilanz ziehen, dann muß man den vorhandenen Schulden das vorhandene Vermögen gcgenüberstellen. In dieser Beziehung steht Deutschland, das die einzelnen Bundes staaten in sich greift, welche für die Reichsschulden Garan tien leisten müssen, viel glänzender da als Frankreich. Allein die preußischen Staatseisenbahnen repräsentieren nach einer vorsichtigen Berechnung des Finanzministers von Rheinbaben ein Aktivvermögen von über 19 Milliarden Mark, wodurch schon die gesamte Reichs- und Staatsschuld des Deutschen Reiches gedeckt ist. Dazu kommen noch die Werte der Einzelstaaten, der Besitz an Domänen, Forsten und Bergwerken, das Anlagekapital der Post, Telegraphen- und Telcfonleitung, der Bernsteinwerkc, Porzellanmanufak- luren, Mineralbrunnen und Bäder, der Banken und Münz- betricbe rc. Alles in Allem steht den Schulden des Reiches und der Einzelstaaten eine Summe an Aktiven gegenüber, durch die erstere beinahe doppelt gedeckt wird. Nimmt man aber die Höhe unseres gesamten Nationalvermögens von 200 Milliarden Mark, so macht die deutsche Nationalschuld noch nicht 10 Prozent desselben aus. Das „reiche" Frankreich aber hat ein Nationalvermögen von nur 190 Milliarden Mk., dem eine Staatsschuld von rund 24 Milliarden Mk., also 12,7 Prozent, gegenübesteht. Dabei hat aber Frankreich nur ein staatliches Aktivvermögen von 3,4 Milliarden Mk., sodaß also die französische National schuld nur etwa ein Sechstel gedeckt ist. Wir können also den Vergleich mit dem „reichen" Frankreich auch in dieser Beziehung ganz gut aushallcn. Das ist zwar bitter für die Franzosen, aber wahr. , Bootswain. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser und die Kaiserin machten am Montag mit den Prinzen Adalbert und Oskar einen Spaziergang. Später hörte der Kaiser die Vorträge des Finanzministers und des Stellvertreters des Chefs des Zivilkabinetts. Für die deutsch- TrWetn« täglich mit Ausnahme der Tage n«ch Soun- und Festtagen. A-r«h«e von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Bormittags'/. 11 Uhr Ler «bonnementsvrei» beträgt vierteliähr- Uq i Mk. «O Ps., monattich 55 W Aurelne Nrn. iO Pf. Inserate pro Zeil« 1» Pf., für auswärts 15 Pf. ihrem vernünftigen Urteil, ihrer Weisheit und ihrem Ge- j Herr Erzberger hat mich gefragt, ich habe geantwortet, rechtigkeits- und Billigkeitsgefühle die Vorbedingungen dazu, Unser glühender Wunsch zielt darauf ab, daß alles schnell dieses erste und ernste Problem zwischen Frankreich und Deutschland möglichst schnell aus dem Wege zu räumen. Wir haben in Marokko nur das Ziel, mit Europa zusammen- zuarbeilen, um diesem Lande die Ruhe zurückzugeben und die unparteiische Entwicklung aller dortigen Interessen zu sichern. Wir wollen aufrichtig allen Abenteuern einen Riegel vor schieben. Unser Interesse ist das Interesse Europas. Unsere Wünsche zielen darauf ab, daß nichts zur Zeit, noch später seine Rnhc störe, weiter wollen wir nichts. Teilt Deutsch land dieses Gefühl? Die Politik Frankreichs im Hinblicke aus die inneren Bewegungen in Marokko kann nur die vom Parlamente bekräftigte sein, nämlich die Neutralität. Mulay Hafid hat den Sieg davongetragen. (Das hat aber lange gedauert, den Franzosen diese Erkenntniv beizubringcn! An- mcrk. d. V.) Es handelt sich um seine offizielle Anerkennung.: Wir nehmen sie im Prinzipc an. Aber wir wollen Mulay Hafid mit Europa für Europa anerkennen. Will Deutsch land ihn nicht in erster Linie gegen Frankreich anerkennen? Wir halten uns streng an die Akte von Ulgefirav. Aber^ wenn diese Akte Europa bindet, so bindet pe auch den sul-> tan voll Marokko. Wenn sic die Unabhängigkeit und die Souveräuetät des Scheriscnrcichcs proklamiert, so hat andererseits ein Gegenstück stipulicrt, nämlich die Verpfllch-: tungen dieses Reiches Europa gegenüber. Nimmt Deutschland nur den "ersten Teil der Akte von cklgefiras an und nicht den zweiten? Wir haben mit Eng- ders ^""Ue cordiale geschlossen, (gegen wen denn an- Deutschland? Anmerk. d. B.), die cm . . H Übliches Ziel ha,, mir beanspruchen, Licht über, nur um die Finsternis zu ver scheuchen "dber der Klarheit offener Situation an der all- memen Eintracht zu arbeiten. Behauptet Deutschland, daß es mit uns Nickst zu einem Einvernehmen gelangen kann, sowoh hmfichtlich der Losung des marokkanischen Problems, wie aller anderen, die m Europa auftauchcn können, solange es nicht ohne Eiland und vielleicht gegen dieses geht? Wir erachten, daß wir für die gegen unsere Landsleute und gegen unsere ^ntercyen begangenen Schädigungen auf ge wisse Kompensierungen Anspruch haben. Will" Deutschland etwa, daß dieses Recht der Sühne, das mit Mäßigung und Gerechtigkeit ausgeübt wird, uns verweigert werde? Das sind Fragen, die sich von selbst stellen, die ich stelle, da ich, das wird sich doch jeder selbst sagen, in absolutem, völligem Einvernehmen mit denen bin, die die Verantwortung der Macht haben, die Fragen, die ich an Herrn Erzberger und das deutsche Volk stelle. Hat Deutschland nicht ein wesentliches Interesse daran, über die Fragen mit dem Be-