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heirateten Bauarbeiter Fröde aus Königstein und den 36jährigcn verheirateten Maurer König aus Leppersdorf haben. Beide befanden sich unter den Streikenden, welcher die beim Schulneubau in Radeberg beschäftigten, meist auswärtigen Arbeitswilligen zum Bahnhof begleiteten und sie durch allerhand Redensarten belästigten. Ganz be sonders taten sich hierbei Fröde und König hervor. Zurufe, wie „Sreikbrecher", „Haderlumpen", „Vagabunden" usw. waren ihnen geläufige Ausdrücke. Wegen dieser öffent lichen Beleidigung, sowie wegen Vergehens gegen § 153 der Reichsgewerbeordnung hatten sich die Genannten vor dem Schöffengericht zu verantworten. Die Angeklagten wollten von all' dem, dessen sie beschuldigt sind, nichts wissen und legten sich aufs Leugnen. Die Zeugenaussagen ergaben jedoch ein klares Bild und bestätigten die der Anklage zugrundeliegenden Tatsachen. Das Schöffengericht verurteilte Fröde zu 6 Wochen und König zu 5 Wochen Gefängnis. Ein eigenartiger Konflikt besteht zur Zett inner halb der Bürgerschaft z» Kamenz. Differenzen zwischen Schuldirektor und Lehrerkollegium führten dazu, daß letzteres diesmal die während des Forstfestes übliche Veranstaltung eines Lehrerschicßens ablehnte. Darauf verfügte der Schul ausschuß, daß nunmehr an diesem (sonst schulfreien) Tage Unterricht zu erteilen sei. Mit Recht befürchtet die an dem einzigartigen Feste hängende Bürgerschaft dadurch eine Beeinträchtigung desselben, und es hat sich vieler Kreise eine große Erregung bemächtigt, die zu scharfen Auseinander setzungen und mehrfachen Petitionen an den Rat um Beibe haltung des Festes in feiner bisherigen Gestalt führte. Die durch den Genuß von Kartoffelsalat erkrankten Arbeiter und Arbeiterinnen der C. G. Röderschen Offizin in Leipzig sind nun sämtlich wieder hergestellt, da die letzten Kranken aus dem Krankenhause entlassen wurden. Das wegeü fahrlässiger Körperverletzung gegen die Hausmeistersehefrau Ida Bergmann eingeleitet gewesene Strafverfahren ist, da sich eine Verfehlung der Frau hat nicht feststellen lassen, eingestellt worden. Aller dings sind die Erkrankungen tatsächlich durch den verab- folgten Kartoffelsalat entstanden. Frau Bergmann hat von der König!. Staatsanwaltschaft die Mitteilung erhalten, wonach die Gesundheitsschädlichkeit ihres Kartoffelsalates „dadurch bewirkt wurde, daß die jungen Kartoffeln nach Schälen und Zerschneiden in feine Scheiben in noch warmem Zustande, mit Tüchern bedeckt in einem ziemlich warmen Raume über Nacht stehen gelassen wurden und daß infolge dieser Wärme sich schädliche Keime, die beim Schälen durch die Hände an die Kartoffeln kamen, außer ordentlich rasch vermehren konnten." Es dürfte hieraus für jedermann die Lehre zu ziehen sein, ein derartiges Stehenlassen der Kartoffeln längere Zeit hindurch vor Ver mengung mit Essig und Oel zu vermeiden; es dürfte sich empfehlen, die Kartoffeln erst an dem Morgen, an dem sie mittags als Kartoffelsalat verabfolgt werden sollen, zu kochen und zu zerschneiden, und falls dies nicht angängig ist, für rasche Abkühlung und sehr kalte Aufbewahrung der gekochten und zerschnittenen Kartoffeln zu sorgen, womöglich sie auch sofort mit Essig und Oel zu versehen, da die Essigsäure der Keimbildung hinderlich ist. Wie noch in Erinnerung sei« dürfte, waren Kauf- mann William Gräfe und Schlachtüofsdirektor Franz Kögler in Chemnitz vom Schöffengericht zu einer Ge- fängnisstrafe von je 14Tagen verurteilt worden, weil sie widerrechtlich das Korund- und Schmirgelwerk des Dr. Schönherr in Furth, dessen Besuch verboten war, besichtigt hatten, und das Landgericht hatte auf eingelegte Berufung das Urteil bestätigt. Nunmehr ist durch die Gnade des Königs die Gefängnisstrafe in eine Geldstrafe von je 300 Mk. umgewandelt worden. In Teichnitz bei Bautzen mußte der 38 jährige Nahrungsnutznitßer Andreas Decke verhaftet werden, da er in runkenem Zustande seine Frau mit einem Stricke gewürgt und den Gcmeindevorstand, welcher Ruhe stiften wollte, am Kopfe blutig verletzt hatte. Unter dringendstem Verdacht, das Simonsche Kind aus Reichenbach umgebracht zu haben, wurde der Schieferdecker Strobel aus Rodewisch verhaftet und in das l Untersuchungsgefängnis zu Plauen eingeliefert. Strobel list mit seiner Frau in einen Scheidungsprozeß verwickelt. An jenem Sonntag, 25. Juni, soll Strobel bei den Simonschen Eheleuten gewesen sein, um sich Geld zu ver schaffen; seine Bitte wurde ihm jedoch abgeschlagen. Die Festnahme erfolgte aufVeranlassung derStaatsanwaltschaft. Jn Tetschen fanden zwei Schulknaben auf der Wiese neben dem Schloßteiche einen größeren schwarz ledernen Koffer und in der Nähe verstreut ein Kuvert mit dem Aufdruck: „Photographisches Atelier Bruno Wendsche, Dresden-N, Leipziger Str. 43", ferner ein Kuvert mit der geschriebenen Adresse: „H. S. E. Zitzmann, Dresden-N., Friedenstraße 14, pt", eine Zahnbürste, eine Rolle Zwirn und ein grsuleinenes Säckchen, wie solche von Geschäften und Banken zum Transport von größeren Mengen Münzen verwendet werden. Der obere Teil, der Bund, schien jedoch glatt abgeschnitten worden zu sein. Aus dem Teiche fischten die Knaben eine dunkelkarierte Mütze und ein Paar Manschetten. An dem Koffer klebte noch eine Revisionsmarke des Bodenbacher österreichischen Zollamts. Näheres über die Herkunft der Sachen zu ermitteln war nicht möglich, doch ist es wahrscheinlich, daß sie von einem Selbstmörder herrühren. In dem erwähnten Teiche wurde jedoch trotz umfassender Nachforschungen bisher keine Leiche gefunden. Vielfach wird aber trotzdem angenommen, daß dort vielleicht ein reichsdeutscher Defrau dant den Tod gesucht hat. Vermischtes. * Gibt es Veränderungen auf dem Monde? Die Erforschung des Mondes bietet mehr Schwierigkeiten, als man bei der geringen Entfernung dieses Weltkörpers von der Erde und bet der Leistungsfähigkeit unserer modernen Fernrohre denken sollte. Gerade bei der Planeten beobachtung aber leisten die größten Fernrohre nicht ent sprechend mehr als die kleineren. Das Bild wird ver waschen, und außerdem ist der Umstand hinderlich, daß man nur einen verhältnismäßig kleinen Teil der Mond oberfläche übersieht. Damit hängt auch die eigentlich überraschende Tatsache zusammen, daß man noch immer nicht, darüber ins Klare gekommen ist, ob die Oberfläche des MondeS noch jetzt Veränderungen erleidet oder ob sie in vollkommener Totenstarre in den einmal entstandenen Formen beharrt. Allerdings ist verschiedentlich von Astro- nomen mit aller Bestimmtheit behauptet worden, daß sie Veränderungen auf dem Mond wahrgenommen haben, aber bisher waren die Mondkarten nicht genau genug, als daß man eine sichere Bestätigung solcher Angaben hätte erbringen können. Neulich hat der französische Astronom Puiseux, der mit Professor Loewy, dem Leiter der Pariser Sternwarte, zusammen mit der Herausgabe eines großen photographischen Mondatlas beschäftigt ist, diese Frage gründlich erörtert. Er hat zu diesem Zweck alle zuverlässig überlieferten Beobachtungen geprüft von den ältesten bis auf die neuesten, die sich auf eine angebliche Aenderung des Durchmessers des Kraters Linnä bei Mondfinsternissen beziehen. Puiseux kommt zu dem Schluß, daß ein Beweis für wirkliche Veränderungen auf der Mondoberfläche bisher nicht erbracht worden ist. Er glaubt vielmehr, daß alle darauf bezüglichen Wahrnehmungen auf Augenfehlern be- ruhen, nämlich auf einem Wechsel in der Empfindlichkeit der Netzhaut bet der Beobachtung sehr feiner Objekte. Wenn Photographien, die während einer Mondfinsternis ausgenommen werden, Verschiedenheiten gegen die Auf nahmen bei vollem Licht aufweisen, so wäre das dadurch zu erklären, daß die Umstände bei beiden Arten der Auf nahme sehr verschieden sind. * Die Liebesbriefe eines Kanoniers. Die Treue der Soldatenliebe erfuhr jüngst eine rührende Be leuchtung in einer Verhandlung des bayerischen Kriegs gerichts. Ein Kanonier aus dem Fränkischen, der Held der Geschichte, nannte in der Heimat zwei Bräute sein eigen. Der einen hqtte er die Ehe zugcsagt, zumal das Mädchen ihn beim Militär unterstützte. Diese Liebe des Mädchens stärkte der brave Kanonier durch fehl interess ante Briefe, in denen er sich durch Schilderungen grau siger Ereignisse für ihre Gaben erkenntlich zeigte. Da erzählte er, er müsse nachts im einsamen Walde Posten stehen, furchtlos und treu, und das sei doch so gefährlich. Da kröchen Italiener mit langen Messern bewaffnet aus den Gebüschen auf den ahnungslosen Vaterlandsverteidiger zu, und irgend ein glücklicher Zufall müsse diesem das Leben retten. Er selbst habe mal so einen Italiener mausetot geschossen. — Diese Briefe wurden vor Gericht verlesen, weil es sich über den Geisteszustand des Kono- niers unterrichten wollte. Er gab dann auf Befragen die Antwort, daß an den Räubergeschichten kein wahres Wort sei, er habe aber die Korrespondenz mit der Heimat an genehm beleben wollen; auch seine Braut habe so interessante Briefe geschrieben. ... Zu einem Urteil kam es nicht, da das Gericht auch noch die beiden Bräute des Kanoniers über ihn hören möchten. ' Ein Riefengorilla. Schon zu wiederholten Malen war berichtet worden, daß am Oberlauf des Lom und des Sanga in Kamerun riesige Affen gesehen worden wären, die sogar Karawanen angegriffen haben sollten. Wenn diese Berichte allerhand Zweifeln begegneten, so sind sie jetzt durch die zwei Photographien bestätigt worden, die Eugene Brussaux der französischen Zeitschrift „La Nature" übersandt hat und die in dieser veröffentlicht werden. Das abgebildete Tier, das die Prüfung des Kopfes uud besonders des Schädels, des Gesichts und der Ohren als einen Gorilla erkennen läßt, unterscheidet sich jedoch von dem Gorilla, den man am Gabun trifft, durch seine riesige Größe. Es maß nicht weniger als 2,30 Meter, und der aufrechtsitzende Kadaver erreichte die Größe eines stehenden Eingeborenen. Es wurde in der Nähe von Quessou, dem Hauptorte am mittleren Sanga, getötet und gehörte zu einer Familie von drei Tieren, deren Fußspuren man deutlich unterscheiden konnte. Das Tier war auf der Brust und auf dem Bauche fast nackt, während seine Schultern und seine Schenkel mit dichten, langen Haaren bedeckt waren. Die Schulterbreite betrug 1,10 Meter, und die rechte Hand wog allein 2Vr Kilogramm. Man brauchte nicht weniger als acht Träger, um den halb zerlegten Ka daver des Riesen zu der Residenz zu schaffen; er wog 350 Kilogramm. Das Tier weist, auch abgesehen von seiner Größe, einige bemerkenswerte Unterschiede von den Gorillas am Gabun auf. Markt-Verieht. Dresden, 7. August. Produktenpreise. Preise in Mark. Wetter: Regen. Stimmung: Ruhig. Weizen, pro 1000 Kg. netto: Weißer, neuer 181—184, brauner, alter 76—78 Kg. 000 - 000 do. neuer 76-78 Kg. 180-184, russischer, rot, 181—192, do. weißer 186—193, amerikan. Kansas 000—000, argen tinischer 181 — 189. Roggen, pro 1000 Kilo, netto: sächsischer, alter, 74—76 Kg. 000—000, do. neuer 74—76 Kg. 149 — 154, preußischer neuer 159—161, russischer 161—164. Gerste, pro 1000 Kg. netto: säcks neue 000—OM, schief, und Posen, do 000—000, böhm. u. mähr, do 000—000. Futtergerste 132—142. Haser, pro 1000 Kg. netto: sächj. alt 000-OM, do. neu 152-155, schles. M0-0M, russ. 145—152. Mais, Pro 1M0 Kg. netto: Cinquanline 185—190, rum. MO—OM, russischer OM—006, La Plata gelber 137—139, do. abfallende Ware 000—000, amerikanischer mixed 137—140, amerik. mixed, abfallende Ware, 000—MO. Erbsen, pro 1000 Kg. netto: Saat- u. Futterw. 157—163. Wicken, pro 1000 Kg. netto: 175 —185. Buchweizen, pro 1000 Kg. netto: inl. u. fremd. 175—180. Oelsaaten, pro 1M0 Kg. netto: Winterraps, trocken, prompt OM—OM do. trocken, prompt August 210—220, Sept. 215—225. Winterrübsen 000—MO. Leinsaat, pro 1000 Kg. netto: feinste, besatzfrei: OM—MO, seine 240—245, mittlere 230 bis 240, La Plata 225—230, Bombay 235—240. Rüböl, pro 1M Kg. netto: (mit Faß) raffin. 53—. Rapskuchen, Pro 1M Kg. lauge 12,50, runde 12,M, Leinkuchen pro 1M Kg. I. Qualität 17,00, II. Qualität 16,M. Malz, pro 1M Kg. netto (ohne Sackt. 00—00. Weizenmehl, pro lM Kg. netto, ohne (Sack Dresdner Marken): exkl. der städtischen Abgabe: Kaiserauszug 30,00—30,50 Grieslerauszug 28,50—29,M Semmelmehl 27,50—28,00 Bäcketinundmehl 26,00—26,50 Griesler mundmehl 19,00—19,50, Pohlmehl 15,50—16,00. Roggenmehl, pro 1M Kg. netto ohne Sack (Dresdner Marlen), exklusive der städtischen Abgabe: Nr. 0 24,00-24,50, Nr. 0/1 23.00-23,50, Nr. 1 22,M- 22,50, Nr. 219,00-20,00, 3 16,00-17,00, Futtermehl 12,80 bis 13,00. Weizentleie pro 100 Kg. netto, ohne Sack, (Dresdner Marken) grobe 10,00—10,20, feine 10,00—10,20. Roggenlleie, pro 1M Kg. netto ohne Sack (Dresdner Marken): 11,50—11,80. (Feinste Ware über Notiz. > Die für Artikel pro 100 Kg. notierten Preise verstehen sich für Geschäfte unter 50M Kg. Alle anderen Notierungen, einschließlich der Notiz für Malz, gelten für Geschäfte von mindestens 10000 Kg. Auf dem Markte: Kattoffeln, Magdeburger (50 KZ) 3,80—4, desgl. neue, hiesige (50 KZ) 3,20, Heu in Gebund, neues (50 KZ.) 2,80 5,is 3,10, Roggenstroh, Fwgeldrusch (Schock) 30—33. niemand, aber er hatte eine förmliche Angst, es könne mal jemand ihm etwas hinterbringen. Denn, daß skan- daliert wurde, war ja sicher und natürlich! Ja — was ihm das Liebste am Leben war, das war nun fort: Konrad Kauffmann und seine Eva! Er dachte nie einzeln an einen von ihnen, immer an beide zusammen den ganzen Tag, die halbe Nacht! Jedes zehnte Wort, das im Hause fiel, hieß „Eva" oder „Ruck- chen" oder „'s gnäd'ge Freileinche". Und es war still im Hause geworden. Der Haupt mann fluchte höchstens alle Woche einmal. Er kaute mehr denn je weiche Makronen, und Mutter Finchen hatte dementsprechend, mehr denn je „die Hände voll" zu tun, was ihr schon am liebsten war, denn beschäftigungs los konnte sie nicht mehr dasitzen. Am stillsten von allen war aber Tante Alexandra geworden. Sie glitt wie ihre eigene Ahnfrau durchs Haus. Sie war mit dem Zu sammensturz ihrer großen Evapläne selbst mit eingestürzt. Sie war fügsam und in alles ergeben, wie ein zum Tode Verurteilter. Und nur wenn Mutter Finchen sich mal vergaß und nur mit blanken Augen von ihrem achttägigen Berliner Aufenthalt sprach, dann erhob sich Alexandra und ging wortlos hinaus, auf steiler Höhe wackelte dann nur ihr Chignonputz. Die Kränkung war noch zu allem hinzugekommen! Als die Bombe platzte, als es hieß: Eva geht nach Berlin! — da hatte Eva in letzter Lieblosigkeit erklärt: Aber Mama soll mich hinbringen, nicht Alexandra!" Und der ebenso lieblose Bruder, dessen Hause sie ihre Jahre opferte, hatte das Kind darin bestärkt: „Selbstverständlich, Mutter fährt mit dir." Und nun hatte Finchen, die sonst immer Ver tretung brauchte, nun hatte sie losgekonnt nun war der Hauptmann plötzlich bei Klinger „am besten aufgehoben". Und sie fuhr mit, Mutter, Finchen, und (das konnte eben Alexandra nicht fassen und verzeihen) es war eine fröhliche Fahrt gewesen! Ach ja, das herrliche Berlin! Daß sie das noch mal sehen sollte, daran hatte die mit der Welt abgeschlossene Frau Hauptmann nicht denken können. Ja, ja die Nucke! Die baute sich ihr Leben nun anders zurecht! An so etwas hätte sie denken sollen in ihren jungen Jahren! Du meine Zeit!! „Ja, die jnä'je Freileinche, die is wie so'n General. Wo die ihrer Nas' lang jeht, da weichen de Felder und de Wälder un' de Mannschaften! Platz da! sagt se, un' der Platz is da!" Dieses Charakteristikum stammte von Klinger. Der Hauptmann hatte dazu gelacht und gesagt: „Ja, Klinger, die geht auf den Marschallstab los, die hält sich beim Hauptmann nicht auf!" Im Westen Berlins, ganz nahe am Winterfeldplatz, hatte Eva von Loßnitz ihr Heim aufgeschlagen. Bei Frau Amtsgerichtsrat von Wetterbusch, einer Jugendfreundin des Hauses Coßnitz. Man wußte sich einstmals sogar zu erzählen, daß Coßnitz einen Posttag zu spät gekommen sei. Wetterbusch hatte den Abend vorher angehalten und das Ja wort erhalten. Man konnte nie wissen, ob der Einiger maßen dolle Coßnitz des ernst meinte oder nicht. Darum war sie den geraden, sicheren Pfad mit Wetterbusch ge gangen. Coßnitz hatte es der Freundin nicht nachgetragen. In ihre junge Ehe spielten seine flottesten Leutnantsjahre mit hinein, Zeiten in denen sein wenig stabiles Herz all- monatlich eine andere Bewohnerin bekam. Aber durch sein ganzes Leben hatte er so ein ganz kleines Faible für Suse von Wetterbusch bewahrt. Und eher war seine Ent- scheitung nicht besiegelt, ehe durch Frau Aline Kollmann die Verbindung hergestellt war und Frau von Wetterbusch sich entschloß das veranwortungsvolle Amt zu übernehmen, einer jungen „Knospe" durch die Fährnisse der Großstadt und eines Berufsstudiums durchsegeln zu helfen. Am Baum ihrer glücklichen zehnjährigen Ehe hatte es leider nicht geknospet, daher fühlte sie sich zu Anfang als Ziehmutter nicht so recht in ihrem Fahrwasser. Aber es ging dann doch flink genug. Bei Suse von Wetterbusch ging alles flink wie der Wind, das Reden, das Bewegen, das Wirtschaften und vor allen, vor allem voran das Geldausgeben. Sie war seit dem Hingang ihres sorgen den Wetterbusch eigentlich immer sehr „bedrängt" gewesen. Da half sie sich denn mit flinkem Entschluß: sie nahm eine größere Wohnung und gab Zimmer mit Morgenkaffee ab. Dafür bewohnte sie selbst drei Zimmer umsonst, ihren eigenen Morgenkaffee mit inbegriffen. Das genügte ihr, denn nun hatte sie genug „zum Vertun" übrig. Das „Vertun" war immer ihre Hauptbeschäftigung gewesen, natürlich relativ iu bescheidenen Grenzen. „Die großen Sachen verbieten sich von selbst, aber in Kleinigkeiten muß man nobel sein können!" das war ihr Motto. Eva war natürlich ihre Vollpensionärin. Sie hatte deshalb einer „mehrjährigen Dame" kündigen müssen. Bei ihr gab es überhaupt nur „mehrjährige". Sie nahm nur ihr aus Freundeskreisen persönlich empfohlene Leute auf und ließ die dann unbehelligt ihren Weg gehen, ohne sich irgendwie in ihre Angelegenheiten zu mischen. Deshalb fühlte sich jeder bei ihr wohl und wurde „mehrjährig" bis ihn die Verhältnisse abberiefen. Zwischen Eva und Suse von Wetterbusch stellte sich bald ein herzliches Verhältnis her. Evas heitere Seite ihres Temperaments trat etwas mehr in den Vordergrund. Ihr war nach einigen Monaten zumute, als hätte sie ihre melancholische Sehnsucht verloren, zu der ihre frühere Umgebung sie getrieben. Mit Frau Suse konnte auch wirklich niemand melancholisch und sentimental sein. Wetterbusch hatte sie die „Heitereitei" getauft und so hieß sie auch heute noch bei all ihren Freunden, deren sie zu Dutzenden besaß. (Fortsetzung folgt.)