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Die Feuerbestattung in Sachsen. An die Stadträte und Stadtverordneten von 143 sächsischen Städten haben (wie schon kurz erwähnt) die 15 sächsischen Feuerbestattungs-Vereine setzt ein Rundschreiben gerichtet, in welchem die Stadverwaltungeu gebeten werden, sich der schon angekündigten Petition an die zweite Kammer des sächsischen Landtags anzu schließen. In der Petition wird der Landtag ersucht, bei der Staatsregierung dafür eintreten zu wollen, daß die Feuerbestattung im Königreich Sachsen als zulässig anerkannt und die Genehmigung zur Errichtung von Krematorien und Kolumbarien erteilt werde. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, daß die Zahl der Feuerbestattungsvereine in Deutschland gegen- wärttg 94 betrage, mit 28764 Mitglieder. Dann heißt es weiter: Die Zahl der Einäscherungen hat ebenfalls von Jahr zu Jahr zugenommen. So haben in den 9 deutschen Krematorien im Jahre 1904 über 1400 Einäscherungen stattgefunden, gegen 1074 im Jahre 1903 und 861 im Jahre 1902. Daß in hygienischer und volkswirtschaft licher Hinsicht die Feuerbestattung wesentliche Vorzüge vor dem Erdgrab besitzt, bedarf keines Beweises, ist auch in früheren Petitionen der sächsischen Feuerbestattungsvereine des näheren erörtert worden. Für die Befürchtung, daß die Feuerbestattung dem christlichen Gewissen zuwiderlaufe und „schweres Aergernis" bereiten werde, liegt nicht der geringste Anlaß vor. Unrichtig ist es auch, daß die Feuerbestattung dem Geist des Christentums entgegensteht. Es ist längst aner kannt, z. B. auch von der Eisenacher Kirchenkonferenz im Jahre 1898, daß die Feuerbestattung „keinem Gebote Gottes, keinem Artikel des christlichen Glaubens zuwiderläuft." Sowohl die katholische, als auch die protestantische Kirche haben dies anerkennen müssen. Demzufolge ist auch das Erbbegräbnis kein Dogma, sondern nur eine Sitte, die zu einer christlichen erst wurde, als Karl der Große dem Clerus das Monopol der Beerdigung der Leichen verlieh. Sitten können und müssen sich aber ändern mit der fortschreitenden Erkennt, nis und der dadurch bedingten Aenderung der Kultur verhältnisse. Es ist auch nicht „die Kirche" schlechtweg, welche die Gefährdung des christlichen Glaubens durch die Feuer bestattung befürchtet, sondern es sind die Vertreter jener Richtung aller Konfessionen, welche in der Ausbreitung der Feuerbestattung eine Untergrabung der kirchlichen Autorität erblicken. Daß es auch Geistliche gibt, die diese Befürch tung nicht haben, beweist die Petition an Auslassungen mehrerer hervorragender Theologen. Wenn wir noch hinzufügen, daß die Feier in der Kapelle eines Krematoriums durch würdige Ausschmückung eines geschützten Raumes, Orgelspiel und Chorgesang viel weihevoller gestaltet werden kann, als es am offenen Grabe jemals möglich ist, so ist es wohl unwiderleglich klar, daß einerseits die Form der Bestattung mit der Religion nichts zu tun hat, andererseits das religiöse Bedürfnis auch bei der Feuerbestattung vollauf befriedigt werden kann. Von evangelischen Geistlichen, die infolge eigner letzt williger Verfügung feuerbestattet wurden, seien genannt: Generalsuperintendent v. Schwarz und Superintendent v. Seydel in Gotha Konsistorialpräsident Pfarrer Leblois in Straßburg i. E. usw. Eine Anzahl von Krematorien sind durch evangelische Geistliche eingeweiht worden. Aus allem Vorhergesagten geht wohl klar hervor, daß für die Kirche kein Anlaß vorliegt, die Feuerbestattung zu bekämpfen. In ärztlichen Kreisen treten die ärztlichen Standes. Organisationen zurzeit in eine Besprechung über die Feuer- bestattungsfrage ein. So hat der Münchner ärztliche Bezirksverein vor kurzem einstimmig folgende Resolution gefaßt: „Die Feuerbestattung besitzt in hygienischer und volkswirtschaftlicher Beziehung wesentliche Vorzüge vor dem Begräbnis. Zur Notwendigkeit wird sie in Zeiten verheerender Volksseuchen. Darum spricht sich der ärztliche Bezirksverein München für die alsbaldige Erbauung von Leichenöfcn aus". Ferner hat die Aerztekammer für den Regierungsbezirk Leipzig einstimmig folgenden Antrag angenommen: „Die Aerztekammer erklärt die Zulassung der fakul tativen Feuerbestattung und die Genehmigung zur Erbauung von Leichenöfen für wünschenswert." In Deutschland sind zurzeit folgende 9 Krematorien im Betriebe: in Gotha, Heidelberg, Hamburg, Jena, Offen bach, Mannheim, Eisenach, Mainz und Karlsruhe. Im Bau begriffen sind die Krematorien: in Bremen, Heilbronn, Stuttgart und Darmstadt. Im Königreich Württemberg ist die Feuerbestattung in den letzten Wochen landesgesetziich geregelt worden und der Stuttgarter Verein für Feuerbestattung hat die behörd liche Genehmigung zur Erbauung eines Krematoriums und Kolumbariums erhalten. Durch die obigen Ausführungen glauben die Vereine für Feuerbestattung im Königreich Sachsen nunmehr den Nachweis geführt zu hoben, daß auch für das Königreich Sachsen kein Bedenken mehr besteht, die fakultative Feuer- bestattung zu genehmigen, und erlauben sich, „die Hohe Ständeversammlung nochmals und ergebenst um Annahme obigen Antrags zu bitten." Lslitische Rundschau. Wilsdruff, 31. Juli 1905. Deutsches Reich. Ein deutsch-französischer Grenzzwischenfaü im Hinterlande von Kamerun ereignete sich auf dem Gebiet von Missum-Missum, das, wie die Gesellschaft Süd-Kamerun feststellt, stets als deutsch gegolten hat. Im April 1905 erhielt jedoch der Faktoreileiter durch den französischen Regierungs- beamten Roussari den Befehl, die Faktorei bis zum 9. Mai zu räumen, da die Grenzaufnahmen der Franzosen ergeben hätten, daß der Ort sich auf fran zösischem Boden befände. Da er damals ohne deutschen Schutz war, mußte der Faktoreileiter sich vorläufig fügen. Am 27. April teilte ihm ein senegalischer Unteroffizier der Franzosen mit, daß ihm schon vom 2. Mai ab der Ein kauf von Lebensmitteln untersagt sei. Am 30 April er klärte derselbe Unteroffizier, er hätte von Herrn Noufsari Befehl erhalten, die Leute der Gesellschaft nötigenfalls mit Gewalt zur Räumung am darauffolgenden Tage (1. Mai) zu zwingen. Auf die Erwiderung, daß ursprünglich eine Frist bis zum 9. Mai gesetzt sei und es nicht möglich sei, eher zu räumen, ließ der Unteroffizier seine Soldaten antreten und die der Gesellschaft gehörigen Sachen auS den Baulichkeiten entfernen. Die Angestellten der Gesell schaft wurden sogar tätlich von den senegalischen Soldaten angegriffen und gewaltsam entfernt, wobei sich der schwarze Unteroffizier die Bemerkung erlaubte, „daß es keine Kunst sei, eine Weißen zu erschießen." Als Haupt mann Scheunemann einige Tage darauf in der Gegend erschien, hat er wieder Besitz von der stets als deutsch betrachteten Faktorei Missum-Missum ergriffen. Dabei ist es offenbar zu einem Gefecht gekommen, worüber die Gesellschaft jedoch noch keine bestimmten Nachrichten hat. Sie behauptet ferner, daß die Franzosen an den Grenz, orten mehrfach die von den deutschen Offizieren gehißten Flaggen, wenn die Niederlassungen wegen mangelnder Truppen ohne Schutz waren, wieder heruntergeholt, sogar gelegentlich zerrissen und dadurch das deutsche Ansehen bei den Eingeborenen erheblich herabgesetzt haben. Die amt. liche Aufklärung wird ja nunmehr wohl nicht ausbleibeu. Amtliche Nachichten liegen aber, wie die „Köln. Ztg." mit teilt, in Berlin noch nicht vor. Missum-Missum werde aber als auf deutschem Gebiet liegend angesehen. Ein neuer Nachschub zur Verstärkung -er Kampfkraft unserer Truppen in SL-Westarika sowie zur Auffüllung des Pferdebestaudes der Schutztruppe hat am Sonnabend die Ausreise nach dem fernen Kriegs, schauplatz angetreten. Am Petersen.Kai in Hamburg ging es seit früher Morgenstunde sehr lebhaft her. In zwei Militär-Sonder- Zügen trafen die Truppen, 22 Offiziere bezw. Militär- beamte in Offiziersrang, 9 Unteroffiziere und 280 Mann — hier ein. Zu ihrer Aufnahme lag der Postdampfer „Lulu Bohlen" der Wörmann-Linie bereit. Alle Schiffe der Wörmann-Linie und der deutschen Ostafrika-Linie hatten über die Toppen geflaggt. Die Einschiffung der Truppen ging ohne Zeitversäumnis vor sich. Den Kriegern wurde sofort ein Frühmahl geboten, damit sie sich nach den Strapazen der nächtlichen Fahrt erholen konnten. Während dessen trafen auch schon die Eisenbahnzüge mit den ins. gesamt 500 Pferden am Petersen-Kai ein. In über raschend kurzer Zeit war die An-Bord-Schaffung der vielen Tiere geschehen: auf zwei breiten Stegen wurden die Pferde vom Kai auf Deck des Dampfers und von dort auf drei Treppen in die Stallungen geführt. Der Komandierende General von Bock hielt, nachdem die Einschiffung beendet war, eine Ansprache, in der er an die Heldentaten er- Goldsucher. Roman von Edela Rüst. ,, (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Kläre wollte ihn intimer für sich haben, und tippte mit dem Finger gegen die reichverputzte bronzemontierte Tür des oberen Schränkchens. „Ist hier noch etwas Feines drin?" »Nichts!" , , Konrad drehte den Schlüssel um und öffnete. „Die Pracht ist nur von außen — innen alles leer." „ Dabei viel ihm ein, daß unten im Schrank die hell- Schühchen standen, die auf ein paar neue Tram- pelchen warteten. Ihm viel die Szene ein, die sich kurz vorher mit Eva abgespielt, und er sah nach ihr hin, ob sie sähe wo er stand und auch daran zurückdächte. Und Eva sah hinüber, sah wie Kläre sich um ihn be mühte und dachte: „Warum nimmt er sie nicht? Sie betet ihn doch an, ihn und die gute Partie!" Aber Konrads Blick blieb an der ganzen geliebten Gestalt hängen, und es stieg in ihm auf, daß es eine zu armestlige Rache wäre, in einem Atemzuge seine große treue Liebe niedcrzuwürgen und seine Verlobung mit einer „Aushülfe" zu proklamieren. Daß es eine Rache wäre, die Nur ihn selbst in ihren Folgen träfe und ganz vernichten Müßte! Doch es wurde ruhiger in ihm, als er diesen Ge. danken zu Ende gedacht, ruhiger und kühler — er schloß in sich etwas ab und zog den Schlüssel davon, aber er warf ihn nicht blindlings ins Wasser, er legte ihn bei Seite, er hob ihn auf. Kläre hielt eins der Nippes in der Hand und wollte eine Erklärung haben. „Kind, ich bin kein Porzellanformer, ich kann dir das nicht sagen." „Ei, hier unten im Schrank ist da auch nichts drin?" „Nein." „So schließ doch mal auf, wo ist denn der Schlüssel?" „Ich weiß es nicht!" „Ach, du wirst schon wissen. Vielleicht paßt der von oben, das ist immer so, warte doch." Beide hatten zu gleicher Zeit nach dem oberen Schlüssel gegriffen. Konrad in Todesangst, der Schlüssel könne wirklich vielleicht auch unten passen und sein liebes kleines, Heiligtum, die Schühchen, könnten profanen Blicken aus gesetzt sein, packte derb zu und rieß Kläre das Schlüsselchen aus den Fingern, die sich eigenwillig darum krallten. „Gib her." . . . „Aber warum soll ich nicht" . . . „Du hast jetzt genug spioniert." „Aber Konrad! Den ganzen Finger hast du mir zerbrochen — es tut furchtbar weh, au . . . au. . .!" „Na komm', wir trinken noch eins darauf, daß der Finger wieder heil wird, und — hier vor Zeugen: wer von uns zuerst Hochzeit macht, Cousinchen, dem gehört dies grüne Mobiliar! Prosit!" „Was sagt er da von Hochzeit? Hör doch Julchen, Konrad und Klärchen reden ja da von Hochzeit!" Die Topftante war strahlend aufgesprungen. „Wer von uns beiden zuerst Hochzeit macht?!" stieß Klärchen in plötzlicher Erstarrung all ihrer Lebensgeister hervor. „Na ja, also beeile dich - da machst du doch ein gutes Geschäft!" sagte Konrad gutmütig. Er wollte sie wenigstens etwas entschädigen für die große Enttäuschung, die er ihr eben bereitet hatte. „Was Kinder, was redet ihr immerzu von Hochzeit? Märchens Mutter war jetzt dicht an das junge Paar herangesegclt. „Wir sind ganz einig, liebe Tante — es handelt sich nur um Hochzeilsmöbel, hoffentlich kann Kläre sie recht bald abholen lasten." Die Topftaute wußte nicht, sollte sie lachen sie sich blamiert, oder war ihr Kind blamiert oder was war überhaupt los? . . . Es war mitlerweile recht laut geworden, die alten Herren zechten tapfer darauf los und qualmten nach Herzenslust, und die Damen nippten an ihrer Bowle und zupften Weinbeeren von den Stengelchen, alles redete und lachte durcheinander, und die Abendschatten fielen tiefer und breiter über das gemütliche Gurshaus weg. Eva stand zuletzt allein auf den Balkon und starrte in die an- geherbstelten Bäume. „Wenn's doch erst Winter wäre!" dachte sie — „dann wüßt' ich doch vielleicht, was aus mir würde!" Da schien es ihr in den flackernden Zwielicht, als senkten die bunten Wipfel ihre Blätterpracht zur Erde und als zöge durch die kräftigen Neste ein leises Stöhnen, das zu volleren Trauermelodien anschwoll: „Dann sind wir nicht mehr, und du wirst dich freuen über unseren Tod!" Eva faltete ihre schlanken Hände auf der Balkon- brüstnng. War das das Leben? Alles immer nur für mich, heißt die Losung! ES ist schönes Wetter, sagen wir am Morgen, wenn die Sonne scheint und wir ins Freie wollen. Für uns ist schön Wetter, für uns lacht die Welt! Und ein paar Stunden von uns entfernt ergießt sich viel- leicht ein Wolkenbruch, nud Hunderten von Herzen ist etwas Liebes verregnet! Was macht das? Für mich lacht die Welt, für mich ist schönes Wetter — das gilt allein! Strebte nicht ihre eigene Sehnsucht hinaus, über alles weg, was ihr ein Hindernis hätte fein müssen? Hinderte der kranke Vater ihre Sehnsucht, ihr Wollen und ihre festen Entschlüsse? Das Elternhaus, dem sie die Sonne war — mochte es dunkel sein, wenn sie nur fortfliegen konnte! Hinderte sie die Erkenntnis, daß ein gutes, treues Mannesherz um sie brach? Hinderte sie das volle Ver stehen, daß sie auch dieses Haus, das ihr doch lieb und teuer war, des Lichtes beraubte, wenn sie ging? Nichts hiel^' ihre Sehnsucht auf — nichts! Der Dran ,