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der Bruder erhielt vom Oberkommando der ostafrikauischen Schutztruppe in Berlin die Mitteilung, daß oer Genannte infolge eines Unfalls a>U einer Löwenjagd unweit Tanga (Ostafrika) am 16. August verstorben sei. Der Herero-Anfstan-. In dem Aufstandsgebiete ist mau zurzeit noch auf der Verfolgung des Feindes begriffen, ohne daß es ge lungen ist, die flüchtenden Herero zu erreichen und in ein neues Gefecht zu verwickeln, Ueber die d er zeiti g e Kr iegs- lage wird von kolonialer Seite geschrieben: Die letzten Meldungen des Truppenkommandos aus Südwcstafrika ergeben, daß ein Abzug der Herero über eine der Grenzen des Schutzgebietes unmöglich ist und daß die Herero, wenn sie überhaupt einmal diesen Plan gehabt haben sollten, nicht mehr daran denken. Von ihrer panikartigen Flucht in östlicher Richtung sind sie bald abgekommen, da der Mangel an Wasser und Weide ihnen und ihren Tieren die größte Gefahr brachte. Sie haben ihre alten Wasser stellen im mittleren Südwestafrika wieder zu erreichen versucht. Dort wird der Kampf mit ihnen ausgefochten werden müssen. Zugleich ergaben die Meldungen, daß die Hauptmasse der Herero beisammen geblieben ist, nur ein einzelner kleiner Stamm wäre nach Süden abgerückt. Da durch wird ihre schließliche Unterwerfung erleichtert. Ausland. Keine größeren Manöver in Böhmen. Der Kaffer von Oesterreich hat verfügt, daß größere Manöver in Böhmen unterbleiben sollen und die Uebungen in den verschiedenen Korpsbereichen mit dem 31. August abzuschließen seien; die Truppen sollen nach Weisung der Korpskommandanten auf den kürzesten Wegen in ihre Garnisonen zurückkehrcn und die Urlauber und Reservisten baldmöglichst entlassen werden. Erbauliches von den österreichischen Divistons- Manövern. Bei Tolmezzo im südlichen Kärnten lagerten 2000 Mann nahe der italienischen Grenze im Gebirge. Diese Truppe blieb, nach einer Meldung aus Triest, Montag und Dienstag ohne Proviant. Die Offiziere gingen über die Grenze in das nächste italienische Dorf Timau, um dort zu speisen. Hierauf trugen Weiber aus vier italienischen Grenzdörfern alles vorrätige Brot und Fleisch über die Grenze zu den österreichischen Soldaten. Auch in der italienischen Finanzwachkaserne in Montccroce wurden viele österreichische Soldaten gespeist. Bankerotte Bischöfe in Ungarn. Zu dem finanziellen Zusammenbruch des Bischofs Jvankovics in Rosenau werden noch folgende Einzelheiten gemeldet: Zur Tilgung der Schulden des Bischofs Jvankovics waren nahezu 400000 Kronen not wendig. Das Kultusministerium nahm an, daß es gelungen sei, die finanziellen Verhältnisse des Bistums zu ordnen. Da strengte im November vorigen Jahres die Levens- versicherungsgesellschaft „Gresham" gegen den Bischof Jvankovics einen Prozeß auf 210000 Kr. an und ließ die bischöflichen Bezüge gerichtlich mit Beschlag belegen. Der Bischof hatte nämlich mit der genannten Gesellschaft ein Versicherungsgeschäft abgeschlossen, und zwar dermaßen, daß er 210000 Kronen mit der Verpflichtung behob, diesen Betrag in jährlichen Raten zu tilgen; doch blieben die Ratenzahlungen bereits im zweiten Jahre aus. Das Unterrichtsministerium betraute den Ministerialrat Emanuel Madach mit der Revision der bischöflichen Einkünfte. Hierbei wurde festgestellt, daß die persönlichen Schulden des Bischofs etwa 700000 Kronen betragen. Das Kultus ministerium machte nun dem Kaiser den Vorschlag einer Sequestration, was der Monarch auch am 19. d. M. an ordnete. Der Kurator wird mit der Inventaraufnahme bereits in den nächsten Tagen beginnen. Die Prüfung der Bücher dürfte mehrere Monate in Anspruch nehmen. — Jetzt wird ferner bekannt, daß auch der vor zwei Wochen verstorbene Erzbischof von Kalocsa, Georg Csafzka, trotz seiner enormen Einkünfte, die aus 120000 Kronen jährlich sowie in dem Erträgnis der erzbischöflichen Güter von zusammen 92000 Joch bestanden, ganz bedeutende Schulden hinterließ. Die Einrichtungen seiner Budapester Wohnung, der Kolacsaer Residenz und des Hajoser Kastells des Erzbischofs wurden bereits unmittetbar nach dessen Ableben gerichtlich versteigert. Der gesamte Nachlaß be steht in dem noch vorhandenen Meublement und einigen Bildern und Kunstgegenständen. In den Kassen des Erz bischofs fand man nahezu 50000 Kronen Bargeld, doch muß dieser Betrag zur Begleichung ebenso hoher, bereits seit längerer Zeit fälliger Schulden verwendet werden. Aus wohltnformierten Kreisen wird gemeldet, daß die Aufnahme der Hinterlassenschaft mit einem Defizit enden wird. lieber die Taufzeremonien am Zarenhofe erhält die „Franks. Ztg." folgende interessante Zuschrift: Die russische Taufe erfolgt sehr schnell nach der Ge- burt, so daß meist die Mutter dem Taufakt gar nicht bei wohnen kann. Diese Eile ergibt sich aus den eigentüm lichen Ansichten der griechisch-orientalischen Kirche über den Seelenzustand des neugeborenen Kindes. Sie be trachtet nämlich das unschuldige Wesen nicht nur als einen kleinen Heiden, wie es ja auch andere Kirchen tun, sondern als einen echten und rechten Teufelsbraten „OtrskLissa ot viavvola!" „Sage dich vom Teufel los!" sind die ersten Worte, womit sich der Priester an das unmündige Kind wendet. Pflichtgemäß antwortet der Taufvater für seinen Schutzbefohlenen: „Ich sage mich los!" Hierauf wendet der Priester sein Haupt zurück und speit aus. Bei ländlichen Taufen ahmt die ganze Gemeinde dem guten Beispiele nach und speit energisch dem weg- fahrenden Teufel nach. Bei Hofe aber, wo alles fein zugeht, unterläßt man derartiges. Nun beginnen die Priester ihre Gebete herzusagen. In zahllosen Modu- lattonen und Variationen ertönt das „Eospocli pomitui" pomolimsL" (Herr, erbarme Dich), und A Weihrauchwolken wirbeln malerisch in die Lüfte. N ch dieser einleitenden Handlung beginnt die eigentliche Taufe. Priester, Taufellern und Anwesende bewegen sich dreimal, im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes, in feierlicher Prozession um bas Tauf becken, in welches der Priester ein großes, strahlendes, goldenes Kreuz hineinlegt, um das Wasser zu weihen. Jetzt ergreift er das Kind und taucht es dreimal ganz ins Wasser unter und erteilt ihm zugleich den Namen, wobei ein Kreuzchen an den Hals gehängt wird. Damit ist aber die Taufhandlung noch lange nicht zu Ende. Es folgt eine zweite Prozession um das Taufbecken, diesmal mit brennenden Wachskerzen, um die spezielle Anwesenheit des heiligen Geistes im getauften Kinde auzudeuten. So- vann werden die verschiedensten Körperteile des Täuflings mit dem ,M>r", dem heiligen Oele der Russen, das aus 77 wohlriechenden Kräutern Arabiens bereitet wird, mit einem Pinsel bestrichen. Dazu ertönt fort und fort das „dospoäi pomilui" und „do8poäi pomolimsa". Gerüchte von dem Fall Port Arthurs sind wieder einmal nach London gedrungen. Sie stammen auch diesmal aus chinesischer Quelle und verdienen schon deshalb keinen Glauben. Die Londoner Meldung lautet: Aus Tientsin meldet eine Depesche des Evening Standard aus privater Quelle, die Japaner wären am Donnerstag früh bei den Jtzeshan-Forts in den eigentlichen Festungs bezirk von Port Arthur eingedrungen und hätten den Peyushan-Paradeplatz besetzt, wobei sie schwere Verluste erlitten. Seitdem wären fortgesetzt japanische Truppen in den inneren Festungscayon eingedrungen. — An amt licher japanischer Stelle liegt keinerlei Bestätigung dieser Meldung vor. — Jetzt erfährt man endlich auch etwas über das Schicksal der russischen Flotte, über deren Schicksal nach der Schlacht von Port Arthur man bisher noch im unklaren war. Und zwar wird die Rückkehr der russischen Flotte nach Port Arthur bestätigt. Ein amtliches Telegramm aus Petersburg meldet darüber nach dem Bericht des Fürsten Uchtomski an den Kaiser: Am 10. August verließ das ganze Geschwader, bestehend aus den Panzerschiffen „Zessarewitsch", „Retwisan", „Peres wet", „Pobjeda", „Poltawa", „Ssewastopol", den Kreuzern „Askold", „Diana", „Pallada", „Nowik" und acht Tor pedobooten PortArthur, um nach Wladiwostok durchzubrechen. Nachdem das Geschwader die Minensperre ohne Unfall passiert hatte, stieß es 20 Seemeilen von Port Arthur auf das japanische Geschwader, mit dem es sich in einen Kampf einließ, der 1?/z Stunden dauerte. Dic russischen Schiffe erlitten keine besonderen Beschädigungen. Um 5 Uhr nach mittags eröffnete der Feind auf eine Entfernung von 36 Kabellängen den Kampf von neuem, der bis 7^ Uhr dauerte. Gegen Ende des Kampfes schied der „Zessare- wilsch" aus, dessen Steuer wahrscheinlich beschädigt worden war und signalisierte, der Admiral übergibt das Kommando. Da auf dem Panzerschiff „Pereswet" beide Stangen ge brochen waren, da ich aber alles an Bord hatte, um Tages- wie Nachtsignale geben zu können, befestigte ich an den Geländerstangen der Kommandobrücke das Signal: Mir folgen! Jchglaube, daßntchtalle Schiffe es lesen konnten. Da ich viele Tote und Verwundete an Bord hatte und die Artillerie, der Schiffskörper und die elektrischen Anlagen ernstlich beschädigt waren, beschloß ich, nach Port Arthur zurückzukehren. Mit mir fuhren die Panzer schiffe „Retwisan", „Pobjeda", „Poltawa", „Ssewastopol", „Zessarewitsch" und der Kreuzer „Pallada". Das Panzer schiff „Zcssarewitsch" fuhr als letztes mit mittlerer Ge schwindigkeit. Der Dunkelheit wegen und wegen beständiger Torpedoangriffe, zu deren Abwehr zeitweilig der Kurs ge ändert werden mußte, trennten sich die Schiffe und bei Tagesanbruch befanden sich vor Port Arthur die Panzer schiffe „Retwisan", „Ssewastopol", „Pereswet", „Pobjeda", „Poltawa", der Kreuzer „Pallada" und drei Torpedo boote. Im Kampfe fielen zwei Offiziere; der Kapitän ersten Ranges Boismann wurde schwer verwundet, blieb aber trotzdem noch 20 Minuten auf der Kommandobrücke bis zum Einlaufen seines Schiffes in den Haien, außerdem wurde ein Leutnant schwer verwundet. 38 Mann sind getötet, 21 Offiziere und 286 Mann verwundet, davon 50 schwer. Die Schiffe werden jetzt repariert. An dem Kampfe nahmen von japanischen Schiffen teil: Vier Panzer schiffe erster und eines zweiter Klasse, vier Panzerkreuzer, vier gedeckte Kreuzer, fünf kleine Kreuzer und 60 Torpedo boote. In Abwesenheit des Kontreadmirals Witthöft übernahm ich das Kommando des Port Arthur-Geschwaders. Die Eheaffaire eines Burengenerals. Der bekannte Burengeneral Ben Viljoen, der augen blicklich auf der Ausstellung St. Louis den Besuchern die Burenkämpfe vorführt, ist von seiner Frau, die in Johannes burg lebt, verklagt worden. Im September 1890 heiratete er die Dame, die sich darüber beschwert, daß er sie im Jahre 1903 böswillig verließ und ihr bis zum Beginn dieses Jahres nicht mehr als 8 Pfd. Sterl. 10 Sch. pro Monat zur Unterhaltung für sie selbst und ihre drei Kinder aus zahlen ließ. Diese Summe setzte der General seit Be ginn dieses Jahres auf 7 Pfd. Sterl, zurück, trotzdem in Johannesburg dieser Betrag für den Lebensunterhalt kaum ausrcicht. Frau Viljoen erfuhr, daß ihr Mann, von dessen Aufenthaltsort sie bisher nicht informiert war, in St. Lovis im Ueberfluß lebt und sie verlangt, daß er sie mit seinen Kindern zu sich nimmt. Dem General wurde vom Gericht befohlen, die Familie zu sich zu nehmen, widrigenfalls man der Frau das Recht zuerkennen würde, sich scheiden zu lassen, unter gleichzeitiger Ver urteilung des Generals, für den Unterhalt der Familie eine gerichtlich festzusetzende Summe zu bezahlen. Aurze Chronik. Der Düngerhaufen als Brutmaschine. In einem Weimar benachbarten Dorf hörte jüngst ein Land- Wirt auf seinem Hofe die Stimme eines kleinen Hühnchens. Er geht dem Schalle nach und nähert sich vorsichtig seinem Düngerhaufen. Da er näher kommt, merkt er, daß die Stimme aus dem Dünger kommt. Vorsichtig be seitigt er die obere Schicht, und da liegt es da, das kleine Hühnchen und die Schale dabei. Ein Huhn hatte jeden- falls auf dem Dünger ein Ei verloren. Nachdem es mit Dünger überdeckt war, trat der Dünger eben in ferne Funktion als Brutmaschine. Daß der Dünger Eier ausbrüten kann (seine Zersetzung bewirkt eine gleichmäßige Wärme) war überdies auch schon den alten Griechen und Römern bekannt. Zermalmt. Essen (Ruhr), 26. Aug. Auf derGe- werkschaft Deutscher Kaiser geritten zwei Italiener in das Getriebe einer Wasserhaltungsmaschineund wurden zermalmt. Abgestürzt. Mailand, 26. Aug. Im Sesiatale sind 2 junge Italienerinnen abgestürzt und waren sofort tot Die Opfer spanischer Schwindler. Wien 26 Aug. Ein Viehhändler und ein Restaurateur aus Posen wurden von der dortigen Polizei angehalten, weil sie ver sucht hatten, einen gefälschten Scheck der mexikanischen Bank in Höhe von 25000 Francs einzulösen. Als jedoch Recherchen ergaben, daß sie spanischen Schwindlern in die Hände gefallen waren, wurden sie wieder freiqelassen. Stolz will ich den Spanier. Das „Bahr. Vaterland" ist in einem Streit mit dem ultramontanen „Bayr. Kurier" von diesem als Wisch bezeichnet worden, worauf das Siglblatt erklärt, nur der Neid habe das dem „Kurier" eingegeben, denn: Nicht einmal da, wo stehet: „Hier!" Findet der Wanderer den „Kurier". Mn modernes Hochzeitspaar. Wiesloch, 26. August. Ein Pärchen, das sich auf der „Hochzeitreise" befand, begab sich, weil es vollständig mittellos war, auf das Rathaus in Walldorf, um auf der Stadtkasse die Mittel zur Fortsetzung bezw. Beendigung der unterbrochenen Hochzeitsreise in Empfang zu nehmen. Zufällig waren die Väter der Stadt zu einer Sitzung auf dem Rathause anwesend. Da aber im Voranschlag für diesen hochmodernen Zweck noch keine Mittel vorgesehen waren, so konnte leider die Stadtkasse zur Auszahlung eines angemessenen Be trages nicht angewiesen werden. Um jedoch das reiselustige Pärchen nicht unverrichteter Weise abziehen zu lassen, veranstalteten die Stadtväter am grünen Tisch eine Samm lung, mit deren Ertrag das Hochzeitspaar vergnügt die Reise fortsetzen konnte. — Das war nett vom grünen Tische! Eine große Seltenheit. Gestern feierten in Klein-Lengden die Zwilliugsvrüber Heinrich und August Meyer ihren hundertsten Geburtstag. Die beiden Hundert jährigen sind geiund und munter und gedenken noch manches Jahr sich des irdischen Daseins zu erfreuen. Ein Petrolenmlager in Flammen. Ein Riesen brand eines Petroleumlagers iano am Freitag nachmittag bei dem belgischen Städtchen Hoboken statt, das in nächster Nähe Antwerpens an der Schelde liegt. Die Explosion erfolgte unter dem Druck von Petroleumgasen. Das Petroleum entzündete sich an einer in der Nähe befindlichen Feldschmiede. Man schätzt die brennende Menge auf 100000 Kubikmeter. Die Petroleums-Waggons und -Schuppen stehen in Flammen. Ein starker, gegen die Schelde hin wehender Wind begünstigt das Feuer; es be steht keine Gefahr für die Quais in Antwerpen, aber die in der Nähe von Hoboken festgrmachten Schiffe verlassen ihre Liegeplätze. Beim Ausbruch des Brandes waren 80 Arbeiter in Tätigkeit, von denen 6 verschwunden sind. Vier Arbeiter erlitten schwere Verletzungen. Die An strengungen der Feuerwehr und Soldaten beschränkten sich auf den Schutz der benachbarten Gebäude. Von 40 Petroleumbehältern stehen 38 m Flammen. Das Uebcr- greifen des Feuers auf die beiden übrigen Behälter wird jeden Augenblick erwartet. Die Verluste an Menschenleben sind noch nicht genau festzustellen. Man depeschiert darüber: Antwerpen, 27. Aug. Von den seil dem Ausbruch des Brandes in Hoboken vermißten 6 Arbeitern hat man bisher 4 aufgefunden, die vom Feuer vollständig verkohlt waren. Die Hitze ist so groß, daß der Siraßenbelag auf 25 Meter glüht. Mehreren Arbeitern gelang es, im Petroleum schwimmend, sich zu retten. Die Zahl der Toten wird auf 7 angegeben. Jedoch läuft das Gerücht, daß außer dem 1 Frau mit 2 Kindern, sowie 2 Arbeiter einer be nachbarten Fabrik verbrannt seien. Außer englischen Ver sicherungen werden sich auch deutsche in den Schaden zu teilen haben. In später Abendstunde scheint es gelungen zu sein, den Brand zu beschränken. Der Schaden wird auf 10 Millionen bewertet. Ein Riesendiebstahl ist bei einem Pariser Juwelier des Boulevard des Capacines auf äußerst geschickte Weise begangen worden. Ueber dem Laden des Juweliers war seit kurzem eine Wohnung zu vermieten, nebenbei bemerkt 5 Zimmer für einen jährlichen Mietpreis von 9000 Francs. Vor einigen Tagen stellte sich bei dem Haushüter ein elegant gekleideter Herr vor, der das Lokal besichtigte, und da der Hausherr keine Reparaturen vornehmen wollte, am Tage darauf mit einem Architekten wiederkam, da er auf eigene Kosten das Lokal in Ordnung bringen lassen wolle. Der angebliche Ingenieur nahm gemütlich den Plan der Wohnung auf und vermutlich auch einen Abdruck des Schlüssellochs; außerdem stellte er die elektrische Signalleitung ab. In dec Nacht kamen die Diebe wieder, öffneten mit falschen Schlüsseln die Tür des ersten Stockwerkes, nahmen fünf Latten des Parkettbodens heraus und drangen durch die Oeffnung. Sie leerten dann in aller Gemütsruhe das ganze Lokal des Juweliers. Sämtliche Schmucksachen wurden fein säuberlich aus den Etuis genommen, zu Paketen gebunden und hinaufbefördert. Die Arbeit scheint fünf Stunden gedauert zu haben. Dann zogen die Einbrecher ruhig mit ihrer Beute ab, und am anderen Morgen fanden die Angestellten des Juweliers einen vollständig geleerten Laden vor. Der Besitzer schätzt die gestohlenen Waren auf 150000 Francs. Er ist gegen Diebstahl versichert, denn vor nunmehr 17 Jahren ist er schon einmal in ähnlicher Weise, in einem Laden des Boulevard la Made leine, bestohlen worden, und zwar um 350000 Francs, und damals war er nicht versichert. Von den Einbrechern hat man vorläufig keine Spur. Aus Ktadt und Land. Wilsdruff, 29. August 1904. - Telegraphenanstalten nnd Fernsprech-