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Donnerstag, den 28. Januar 1804 Beilage zu Nr. 12 männlichen Teiles der Kund- Weit schlimmer war Boote Nnr an die ein am nicht unter Erde und Lava begraben worden war. war doch eine Stadt des Todes geworden. Was am des 8. Mai noch lebte, war umaetommen, mit Aus- Man Pompeji daß es Aber es Die letzten Cruze von 8t. Merce. Erzählung aus der Katastrophe auf der Insel Martinique von Tony Kellen. Mehrere tausend Personen flüchteten auf die Hügel rund uni St. Pierre, wo sie wenigstens vor dem Feuer und der erstickenden Glut sicher waren. Auch auf St. Vincent, der benachbarten englischen Antille, brach der dortige Vulkan, die Sousriere (der Schwefelbera) aus. Lava uuv Schlacken überschütteien das Land meilenweit im Umkreis. Das ganze Nordende der Insel wurde von Flammen abgefegt, während dicke, schwarze Qualmwolken den Himmel bedeckten. Auch dort kamen viele Menschen um, und mit ihnen wurden auch die Ueberreste der einstigen Urbewohner -- der Insel, die Kariben, vernichtet. Für die letzten ihres Stammes hätte die britische Negierung Sorge getragen. Diese Niederlassungen wurden völlig zerstört, und so ging die Sage in Erfüllung, daß die letzten des Karibenstammes ein mal durch Feuer vom Erdboden weggesegt würden. denen sie auf der Straße aus- Abend, ja oft sogar auch schon verließ! anderen Stellen bildeten sich Spalten und Täler. Der Aschenregen dauerte fort, man hörte noch immer oumpses Grollen, und von Zeit zu Zeit sah man Blitze Himmel aufleuchten, wie nach einem schrecklichen Gewitter. Der Vulkan blieb noch lange in Tätigkeit, aber Ueber 60 Geistliche und Schwestern hasten ebenfalls den Tod gesunden. Nnr der Bischof von Martin'qne, Msgr. de Cormont, weilte zur Zeit der Katastrohe in Paris und ver nahm dort mit Erschütterung das schreckliche Ende der blühen den Sadt. Allmählich kam von den benachbarten Inseln und aus Nord amerika Hülfe. Die Mannschaften, Soldaten und Gendarmen sammelten die Leichen. An eine Beerdigung so vieler Tausende war nicht zu denken. Bei der tropischen Hitze war zudem der Aus bruch ansteckender Krankheiten zu befürchten. Deshalb brachte, man die Leichen auf Scheiterhaufen und steckte diese an. Geistliche sprachen einige'Gebete und dann wurde wieder ein neuer Scheiterhaufen errichtet. Eine furchtbare Arbeit in dieser schaurigen Stätte des Todes, auf die sich noch von Zeit zu Zeit glühende Lavamassen Im Hasen war alles wie durch einen Wirbelwind zerripen und durcheinandergeworfen. Nnr das eiserne Tor des Zoll hauses stand noch. An der Katedrale fand man mehrere tausend Leichen; offenbar hatte die Menge sich beim Ausbruch der Kata strophe dorthin gedrängt. Dis Uhr des Hochitals war merk würdigerweise erhalten; sie war auf 7.,50 Uhr steheu geblieben. Die blühende Stadt mit ihrer Umgebung war in Grund und Boden vernichtet. Kirchen und öffentliche Gebäude, der prachtvolle botanische Garten, die Wohn- und Geschäftshäuser, die Lagerhäuser mit ihren großen Vorräten an Rum und anderen Kolouialerzeugnissen, alles war verwüstet unc> verbrannt. Die ganze Stadt bildete nur mehr einen mit einer hohen Aschenschicht bedeckten Trümmerhaufen, aus dem nur noch ein- ste war, den größten Schaden an ihrer Gesundheit nehmen konnte, wenn sie plötzlich von der Sache erführe, und so beantwortete sie diese Frage mit fester Stimme mit „Nein". Und nun kam das Unglück. Jener Adolf Müller hatte, da er selber nicht abkommen konnte, einen Bekannten ge schickt, der der Verhandlung beiwohnen mußte und dadurch erfahren, daß sie unter ihrem Eide wissentlich etwas falsches ausgesagt habe. Nun bestürmte er sie aufs Neue mit seinen Werbungen und drohte mit Denunziation, falls sie seiner Werbung kein Gehör schenke. Sie wies ihn als den Urheber ihres Unglücks mit Entrüstung ab und nun machte er seine Drohung wahr. Die Verhandlung vor dem Schwurgericht war nur kurz und Erna befand sich während der kurzen Stunde in einer Art Betäubung, denn was vorhergegangen, war weit entsetzlicher. Man hatte Erna aus dem Geschäft in Untersuchungshaft abgeführt, ohne ihr zu erlauben, ihre Mutter noch einmal zu sehen und sie schonend auf das vorzubereiten, was kommen sollte. Die Mitteilung davon eriolgte vom Geschäft aus in schonungslos brutaler Form Die Mutter erlitt einen Schlaganfall und starb, ohne daß es Erna gelungen wäre, sie noch einmal zu sehen. Erna verfiel in einen Zustand des Stumpfsinns, der ihr wohl tätig über vieles Entsetzliche hinweghalf. Sie beantwortete alle Fragen mit einer Gleichgültig keit, als ginge sie die ganze Sache nichts an. Dabei starrten ihre Augen ins Leere und aus ihrem Gesicht, ihren Lippen war jeder Blutstropfen gewichen. Die Zeugen, die Zuschauer, die Geschworenen, alle jammerten sie des jungen, schönen und vornehmen Geschöpfes, das einer ent ehrenden Strafe und dadurch dem moralischen Untergang entgegenging. Selbst der gestrenge Herr Staatsanwalt schien bewegt, und suchte bei seinem Plaidoyer nach Worten, was ihm sonst nie passierte. Er forderte die Geschworenen auf, die Schuldfrage zu bejahen, aber auch die Frage nach mildernden Umständen, da die Tat ja in schlechtver- standener Kindesliebe begangen sei. Der Verteidiger hielt eine lange sehr schöne Rede, die alle zu Tränen rührte — nur Erna hörte nichts. Gleichgiltig starrte sie ins Leere. Es war ja auch so gleichgiltig, ob die Strafe nach dem Anträge des Staatsanwalts auf ein Jahr Zuchthaus fest gesetzt oder ob die Tat nach der Absickt des Verteidigers als fahrlässiger Falscheio mit einigen Monaten Gefängnis gesühnt würde. Die Beratung der Geschworenen war nur kurz, die Geschworenen konnten zu ihrem eigenen größten Schmerze nicht anders, als die Schuldfrage auf wissentlichen Mein eid zu bejahen. Allerdings bejahten sie auch die Frage nach mildernden Umständen und so fiel das Urteil gemäß dem Anträge des Staatsanwaltes aus. Aber gleich nach der Verhandlung traten sie noch einmal zusammen und reichten ein Gnadengesuch an Len Landesherrn ein. Erna wurde abgeführt, ein Gerichtsdiener und ein Polizist ihr zur Seite. Auf dem Korridor stürzte ein Mensch mit unordentlicher Kleidung, wirrem Haar und schier wahnwitzig rollenden Augen auf Erna zu und wälzte sich vor ihr auf dem Boden. Es war der Verkäufer Aoolf Müller, von wahnwitziger Reue gefoltert. * „Gnade, Fräulein Erna, verzeihen Sie mir." Da fuhr Erna aus ihrer Stumpfheit auf. Einen Vermischtes. * Die Abenteuer des amerikanischen Majors. Ein in Berlin verhafteter, bereits mit Zuchthaus vor bestrafter Heiratsschwindler namens Max v. Schiemang, der wegen vollendeten und versuchten Betruges dem Unter suchungsrichter vorgeführt werden wird, hatte bei den Ber liner Damen viel Glück und lebte ausschließlich vom Schwindel. Seit Jahresfrist kann er auch nicht die Spur eines redlichen Erwerbes nachweisen. Da seine alte Uni form — er hatte schon früher seine Schwindeleien in Uni form verübt — schon zu bekannt war, so ließ er sich eine neue machen, eine dunkelblaue mit roten Aufschlägen und breiten Generalsstreifen. Dazu trug er eine Mütze und Lackstiefel. Da er früher Gefreiter bei der Artillerie war, so behielt er auch an seiner Phantasieuniform die platzende Granate als Abzeichen bei. Wenn er sich in dieser schönen Uniform — es sollte die eines amerikanischen Majors sein — den jungen Damen zeigte, „dann flogen sie ihm nur so an den Hals", wie er selbst mit Stolz erzählte. Kein Wunder, daß die Kriminalpolizei jetzt in seinem Koffer einige dreißig Photographien fand, die ihm hübsche junge Mädchen oder Frauen verehrt hatten. Der Major ver stand auch, gut zu erzählen. Einer Dame redete er vor, daß er für seine Regierung lauter politische Reisen mache, nach London, Petersburg usw. Bereitwillig gab sie ihm gegen das Versprechen, daß er sie heiraten werde, 150, 200 und mehr Mark, so oft er durch eine solche Reise in Verlegenheit geraten war. Das Merkwürdigste ist, daß sich niemand auch nur nach seiner Wohnung genauer er- kündigte. Die Damen begnügten sich damit, daß er ihnen sagte, er wohne im Hotel. Eine Kapitänswitwe hätte er beinahe um eine große Summe betrogen. Die Frau war schon auf der Bank, um 10000 Mk. für den „Major" zu holen, als der Prokurist ihr empfahl, doch vorsichtig zu sein. Sie ging nun nach dem Einwohnermeldeamte. Hier konnte man ihr keine Wohnung angeben, wies sie aber an die Kriminal polizei, wo ihr der Kommissar v. Treskow und Dr. Kopp die Augen öffneten, zumal da gegen Schiemang gerade der Verdacht des Mädchenhandels aufgetaucht war. Die Frau und ihre Tochter schüttelten aber ungläubig den Kopf und hielten es für unmöglich, daß ein Mann, der sich so in der Gesellschaft bewegen und so ergreifend spielen und singen könne, schon drei Jahre im Zuchthause gesessen habe. Erst als man ihnen sein Bild im Verbrecheralbum zeigte, waren sie überzeugt, und als man ihnen nun nach wies, daß der Mann drei Bräute zu gleicher Zeit hatte, verwandelte sich ihr Erstaunen in große Entrüstung. Sie hatten nun nichts mehr dagegen, daß die Kriminalpolizei den Schwindler festnehme, wenn er komme, um die lOOOO Mark zu empfangen. Zu dieser Fahrt opferte der Schwindler fast den ganzen Rest seiner Barschaft. Er warf sich in Veerrvteilt. Novellistische Skizze von Em. Seider. (Nachdruck verboten.) Sie hatte weder Glück, noch Stern auf dieser Erde, die arme Erna, denn sie war stolz und herb und das schickt sich nicht für ein Mädchen, das arm ist. Als ihr Vater, ein Arzt, plötzlich starb, stand die Mutter mittellos da und für Erna hieß es, einen Berus ergreifen. Als höhere Tochter hatte sie nichts gelernt, was für das praktische Leben zu brauchen gewesen wäre, und ihre Hoffnung, Schüler für den Unterricht im Zeichnen, Klavierspiel oder in fremden Sprachen zu finden, erwies sich vergeblich. Die Mutter konnte das Warten finanziell nicht länger aushalten und besaß auch nicht die Mittel, sie einen Kursus in Buch führung durchwachen zu lassen. So blieb ihr denn nichts anderes übrig, als eine Stellung als Verkäuferin in einem Augenblick noch kämpfte sie mit sich, dann reichte sie ihm die Hand und sagte mit fester Stimme: „Gehen Sie, möge Gott Ihnen verzeihen, wie ich Ihnen verzeihe." Da küßte er ihre Hände fieberhaft, trat bei Seite, zog blitzschnell einen Revolver, schoß sich in die Schläfe und wälzte sich verröchelnd am Boden. Da war es mit Ernas Fassung zu Ende. Mit einem Aufschrei sank sie ohnmächtig in die Armedes Gerichtsdieners. ergossen, begleitet von einem donnernden Getöse. Inzwischen gingen in den: nördlichen Teile der Insel große Veränderungen vor sich. Hügel stiegen plötzlich ans nnv großen Warenhause anzunehmen. Hatte ihr schon, als sie diesen Entschluß faßte, das Herz geblutet, so war doch das, was sie nun erleben mußte, weit schlimmer, als sie es sich hatte träumen lassen. Die dreisten Bemerkungen des — - - - . schäft, die Belästigungen, gesetzt war, sobald sie am am Mittag, das Geschäft hatte noch viel von der großen Dame an sich und konnte sich an den Ton, der unter diesen Mädchen herrschte, durch aus nicht gewöhnen. Die Nadelstiche, die sie von diesen Geschöpfen zu erdulden hatte, waren fast ebenso wider wärtig, wie die Unverschämtheiten der Kommis. Sie litt entsetzlich darunter. Nur einer der Verkäufer, ein Mensch von ungefähr 30 Jahren, war anders als alle andern. Er war höflich, artig und zuvorkommend in jeder Weise. Leider sollte sie bald erfahren, welche Absicht er dabei hatte. Er war sterblich in sie verliebt und wollte sie heiraten. Als sie ihn von seinem Wahne geheilt hatte, war er wie umge wandelt und wurde der schlimmste von allen ihren Quäl- geistern. Eines Tages fehlte ein Rest Stoff von wenigen Metern, der zu ihrem Ressort gehörte. Der ehemalige Verehrer, ' Adolf Müller hieß er, setzte es durch fortwährende Ver- oächtigungen durch, daß gegen Erna Anzeige erstattet wurde. Die Gerechtigkeit nahm ihren Lauf und der Richter mußte trotz eigenen Widerstrebens auf einen Tag Gefängnis erkennen. Mit Mühe und Pein gelang es ihr, die Sache vor ihrer Mutter zu verheimlichen und es bei den Redak tionen der Zeitungen, die in ihren Bekanntenkreisen ge- lesen wurden, zu erwirken, daß ihr Name in den Berichten über die traurige Gerichtsverhandlung nicht genannt wurde. Aber das Verhängnis erreichte sie dennoch. Sie wurde durch Zufall Zeugin einer Beamtenbeleidigungsaffäre und wurde Zwecks ihrer Vernehmung zum Termin gefordert. Ihre Mutter hatte den Vorgang ebenfalls mit angesehen und gehört und wurde ebenfalls als Zeugin geladen. Unglücklicherweise wurde sie vor ihrer Tochter vernommen und als Erna von dem Richter befragt wurde, ob sie schon bestraft sei, da fuhr es ihr lähmend durch alle Glieder, daß ja ihre Mutter anwesend sei und diese, leidend wie Heftigkeit hatten doch nachgelassen. Der Berg war nicht mehr so hoch wie früher. Er hatte bei der gewaltigen Explosion seinen Gipfel abgeworfen. Das Wasser des Sees war nach unten durchgebrochen und hatte die fürchterliche Explosion herbei- gesührt, die den Berg zerschmetterte und dadurch so namen loses Elend herbeigeführt. Auf dem nördlichen Teil der Insel brannten die Ortschaften noch, da es an Mannschaften fehlte, um das Feuer zu löschen. Auf dem ganzen Nordwesten der Insel erhoben sich nur noch vereinzelte,' auf Hügeln gelegene Ansiedelungen über der Wüste von Asche und Lava, die in wWM Stunden eine Jahrhundert« waren. Das niederrieselnde geschmolzene Gestein, glühende Asche, erstickende Schwcfeldünste und eine vernichtende Hitze wirkten zusammen, alles Leben binnen wenigen Augenblicken zu ver löschen. Der Kampf war kurz, aber wer könnte die Schrecken und Qualen der Unglücklichen schildern, die binnen wenigen Minuten aus dem Leben gerissen wurden? Reich und arm, Weiße, Neger und Mulatten lagen zerstreu! umher, verbrannt und verstümmelt, die meisten ganz entstellt. Die Unglücklichen waren meist eher an Erstickung gestorben, ehe die Flammen die Stadt erreichten. Die meisten hatten sich zur Erde geworfen, und unter der sengenden Glut waren ihnen die Kleider wie Zunder vom Leibe gefallen. Man fand die Angehörigen einzelner Familien, die sich enZ MMsM-Mten im Tode verein^ wie im aber noch der Neid der Kolle ginnen. Denn Erna war anders als die Anderen, sie VI. , Vie Stadt üer csüer. -^«gelang war Martinique von dichtem Nebel umhüllt. Auf dem Meere schwammen Schiffstrümmer und daneben Leichen, ein Bild des Entsetzens. Viele wurden von Haifischen verschlungen, andere von den Raubvögeln angesressen. Erst nach zehn Tagen gelang es, St. Pierre zu betreten. Das Feuer war fast misgebrannt, und überall bot sich ein furcht barer Anblick dar. Nirgends fand sich mehr ein lebendes Wesen, weder Mensch noch Der vor. Die Lava- nnd Schlammmassen, sowie der UM- WS-MWWu batten alles erstickt, Morgen nähme der wenigen, die durch Flucht dem Verderben entronnen zelnes Gemäuer emporragte. dachte allgemein, St. Pierre habe das Schicksal von und Herculanum geteilt, aher man sah nunmehr, ein französischer Kabeldampfer und mehrere brachten einige hundert Personen nach Dominica und den kleinen Felseninseln, die dieser Insel im Osten vorgelagert sind.