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R» t>2 «2. Jahrg Dienstag, Sen 22 September 1S03 j Vater zum Kompagniechef im ersten Garderegiment z. F. ! unter Beförderung zum Hauptmann ernannt worden. Gleichzeitig erfolgte die Beförderung des Kronprinzen Wilhelm in seiner bisherigen Stellung als Oberleutnant ä In suite des württembergischen Infanterieregiments No. 120 zum Hauptmann. Große Erregung hat in Ungarn der Armee befehl des Kaiser Franz Joseph am Schlüsse der galizischen Manöver hervorgerufen, da der greise Monarch in dieser Kundgebung die gegen Einheitlichkeit der österreichisch - ungarischen Armee gerichteten chauvinistischen Forderungen der ungarischen Oppositionspartei scharf und bestimmt zurückweist. Die liberale Regierungspartei wie die oppositionelle Khofsutpartci des ungarischen Abgeordneten hauses haben in schleunigst gefaßten Beschlüssen bereits Stellung gegen die allerhöchste Kundgebung genommen, ebenso die klerikale Volkspartei. Auch die Budapester Presse macht, abgesehen natürlich von den offiziösen Organen, einmütig Front gegen den Armeebefehl des Kaisers. Demnach scheint das Auftreten des greisen Monarchen zu Gunsten der Einheitlichkeit der Armee einen ernsten Konflikt zwischen der Krone und der ungarischen Nation nach sich ziehen zu wollen. In England bildet der Rücktritt des schier all mächtigen Kolonialministers Chamberlain das Ereignis des Tages. Die politischen Folgen des bedeutsamen Vor ganges lassen sich einstweilen noch nicht absehen, speziell muß dahingestellt bleiben, ob mit dem Ausscheiden Chamber lains, ferner des Finanzministers Ritchie und des Ministers für Indien, Lord Hamilton, aus dem Mimsterium Bal four die Kabinettskrisis ihren Höhepunkt überschritten hat. Neber die Nachfolger der drei zurückgetretenen Minister sind bereis allerlei Mutmaßungen und Kombinationen im Umlauf, doch scheint in dieser Beziehung noch nichts ent schieden zu sein. Ein Teil der Londoner Blätter äußert die Ansicht, daß der Rücktritt Chamberlains nur ein zeit- weiliger sein und daß das Ereignis vielleicht einen Um schwung in der öffentlichen Meinung Englands zu seinen Gunsten herbeiführen werde. Sämtliche Mächte beschlossen, in einer gemeinsamen Note Bulgarien zu ermahnen, von einem Kriege mit der Türkei cbzustehen. DieKämpfe inMazedonien zwischen den türkischen Truppen und den Jusurgentenbaudcn nehmen ihren Fort gang, ohne daß doch die eine oder die andere Partei endlich einen entscheidenden Vorteil davonzutragen vermöchte. Von türkischer Seite wird zwar immer wieder über die Vernichtung oder Zersprengung von Rebellenbanden be richtet, offenbar handelt es sich hierbei aber um Aufbau- schungen bescheidener türkischer Waffenerfolge. Ueber die drohende bewaffnete Auseinandersetzung der Türkei und Bulgarien liegen einstweilen widersprechende Meldungen vor. Dem Vernehmen nach wollen Rußland und Oesterreich- Ungarn wegen weiterer Reformen für Mazedonien vor- stellig beim Sultan werden. Eine Anzahl mazedonische Rebellen ist von den verfolgenden türkischen Truppen auf griechisches Gebiet gedrängt worden. Die Pforte regte bei den fremden Missionen in Konstantinopel anläßlich der Dynamitexplosion auf dem Dampfer „Vascapu" Maß nahmen zur Verhütung weiterer ähnlicher Katastrophen an. Die ausgetauchten Gerüchte über die angebliche Ermordung des Königs Peter von Serbien stellen sich als unbegründet heraus. Rurze Lhrsnik. Abgestürzt. Pontresina, 19. Sept. Der norwegische Professor Adolf Strenk stürzte bei einer Bergtour in eine Gletscherspalte und blieb tot. Raubmord. Budweis, 19. September. Im Walde bei Schweinitz wurde der Viehhändler Habermann ermordet und beraubt. Der Täter ist unbekannt. Gemeinsam in den Tod. Wie dem „Berl. L.-A." aus Speyer gemeldet wird, stürzte sich der Kanzleirat Halin aus Furcht vor einer Bestrafung mit seiner Frau in den Rhein. Halin rettete sich, seine Frau ertrank. Kslitisehe Run-scha«. Kaiser Wilhelm begab sich am Sonnabend vor mittag von der Wiener Hofburg nach dem Lainzer Tier garten und unternahm daselbst in Begleitung des Erz herzogs Franz Ferdinand eine Birschfahrt. Während dieser Zeit empfing Kaiser Franz Joseph den deutschen Reichskanzler Grafen Bülow in längerer Audienz. Mittags gab der österreichisch-ungarische Minister des Aeußeren Graf Goluctwwski ein Frühstück zu Ehren des Grafen Bülow. Abends fand bei dem deutschen Botschafter zu Ehren Kaiser Wilhelms ein Diner statt, zu welchem auch Kaiser Franz Josef erschienen war. Während des Mahles unterhielten sich die beiden Monarchen angeregt miteinander. Nach Beendigung der Tafel verabschiedete sich der öfter- reichische Kaiser vom Kaiser Wilhelm und kehrte in die Hofburg zurück, während letzterer noch einer musikalischen Aufführung m der Botschaft beiwohnte. Gegen Mitternacht traf Kaiser Wilhelm wieder in der Hofburg ein. — Dem Staatssekretär des ungarischen Houvedministeriums, Gro- mou, ist vom Kaiser Wilhelm der Kronenorden 1. Klasse verliehen worden. Der jüngste Besuch Kaiser Wilhelms amWiener Hofe hat noch am Tage der Ankunft des hohen Gastes in der österreichischen Hauptstadt den Austausch markanter Kundgebungen zwischen Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Joseph gezeitigt. Bei der Galatafel, welche am 18. Sep tember, abends 8 Uhr, in der Hofburg zu Ehren des deutschen Kaisers stattfand, brachte Kaiser Joseph einen herzlichen Trinkspruch auf Kaiser Wilhelm aus, in welchem der greise österreichische Herrscher seine Freude ausdrückle, den treuen kaiserlichen Freund und Bundesgenossen wiederum in Wien begrüßen zu können. Weiter betonte er, wie Kaiser Wilhelm bcreitwilligst dem von ihm (Kaiser Franz Joseph) geäußerten Wunsche des Wiedersehens entsprochen habe und wie hierdurch das so schon feste Gefüge der gegenseitigen Beziehungen gewiß nur eineKräftigungerfahren werde. Der deutsche Kaiser erwiderte mit einem Toast auf Kaiser Franz Joseph und sein Haus, in welchem er r für die Bewillkommnungsworte des österreichischen Kaisers ' glänzenden Empfang in Wien warm dankte. . Des Ferneren hob Kaiser Wilhelm seine Genugtuung hervor, abermals mit seinem Freund und Verbündeten zusammengetroffen zu sein, und wies schließlich in einer Sendung auf das enge politische und militä. Äffchen Deutschland und Oesterreich-Ungarn als den Hort des europäischen Friedens hin. — Die beiden Tnnkipruche bedürfen wohl kaum eines besonderen Kommentares, denn klar und bestimmt spiegelt sichln ihnen die unerschütterliche Fortdauer der innigen persönlichen . Freundschaft der Kaiser Fwnz Joseph und Wilhelm, wie auch das ihre beider fettigen Re,cheumschling^ band wieder. — Dem Galadiner folgte eine glänzende Festvorstellung im Hofopernhause nach, welcher die beiden Monarchen bis zu Ende beiwohnten. Bei ihrer Hinfahrt zum Opernhause wie bei ihrer Rückfahrt nach der Hofburg waren die Majestäten Gegenstand begeisterter Huldigungen ' seitens des versammelten Publikums. — Im Laufe des 18. September hatte Reichskanzler Graf Bülow eine 1'/, stündige Konferenz mit dem österreichisch-ungarischen Minister d-s Aeußeren, Grafen Goluchowski. Kaiser Wil helm selb tauschte mit Kaiser Franz Josef längere zeugenlosr che in der Hofburg aus. Beim Begrüßungs cercle unterhielt sich der kaiserliche Gast lebhaft mit dem österreichischen Ministerpräsidenten v. Körber und dem ge wesenen ungarischen Ministerpräsidenten Grafen Khuen- Hederwary. — Seinem österreichischen Infanterie-Regiment überbrachte Kaiser Wilhelm ein Gemälde als Geschenk, welche die Parade dieses Regiments vor König Wilhelm I. m Bertin im Jahre 1864 darstellt. An zahlreiche hervor- - ragende österreichische Persönlichkeiten verlieh er Ordens, dekorationen. Kaiser Franz Josef verlieh dem deutschen - Botschafter Grafen Wedel das Großkreuz des Stefans- ordens. Der deutsche Kronprinz ist von seinem Kaiserlichen Explosion. Düsseldorf, 18. Sept. Auf einem > Fabriketablissement in benachbarten Gerresheim wollte der leitende Ingenieur eine von ihm gemachte Erfindung prüfen. Der Versuch mißlang; es entstand eine Explosion, durch welche ein Arbeiter sofort getötet und der Ingenieur selbst schwer verletzt wurde. Grubenunglück. Aus Kassel, 19. September, meldet ein Telegramm: Im benachbarten KohlenbergwerkeMönche- bcrg wurden zwei Bergleute verschüttet, der eine getötet, der andere verletzt. Im Bergwerke Neukirchen wurde ein Bergmann durch Schachtsturz getötet. In Reval ist in einem Varietetheater eine Dame bei einer sog. Schleifenfahrt tödlich verunglückt. Ein starkes Erdbeben, und zwar das heftigste seit dem Jahre 1885, hat nach einem Telegramm aus Santiago (Kuba) dort Freitag vormittag stattge- fundeu. Tie Erschütterung war eine wellenförmige und dauerte 15 Sekunden. Die Einwohner stürzten aus die Straßen und schrien oder beteten. Ziegel wurden von den Dächern und Putz von den Häusern herabgeschleudert; mehrere Mauern sind eingestürzt. Im Hafen von Genua wurden 300 Kohlenarbeiter von ihren Arbeitgebern ausgesperrt. Die Eruption des Vesuvs dauert fort; der Lava fluß ist stärker geworden, strömt aber auf der Neapel ab gewendeten Seite zu Tal. Aus Agram wird gemeldet: Bei Glina in Karst flüchteten 4 Hirten während eines Gewitters unter einen Baum, in diesen fuhr ein Blitzstrahl und tötete alle vier Personen. Der deutsche Kronprinz besuchte am Sonntag zum ersten Male das Berliner Rathaus, um einer Sitzung des Ueberschwemmungs-Komitss beizuwohnen. Es fand feierlicher Empfang durch die Stadlbehörden statt. Von der Kirche in die Straßenbahn. Arges Pech erlitt in Berlin ein von der kirchlichen Trauung heimkehrendes Brauipaar, als dessen Kutscher an einem Straßenbahnwagen vorüberzufahren versuchte. Der elek trische Wagen rannte mit solcher Gewalt gegen die Braut- Eguipage, daß diese vollkommen zertrümmert wurde. Das Brauipaar blieb unverletzt und konnte, nachdem es sich von seinem Schreck erholt, in einer Droschke weiter fahren, der Kutscher erlitt eine schwere Arm-Verletzung. Das Oberlriegsgericht zu Berlin verurteilte im Revifionsprozeß den Unteroffizier vom 4. Garderegiment z. F. wegen unerhörter Solöatenmißhandlungen zu 3'/, Jahren Gefängnis und Degradation. In erster Instanz war Breitenbach zu 8 Jahren Gefängnis und Degradation verurteilt wurden. Auf die Ermittelung dreier verschwundener Kinder hat die Polizeibehörde von Hamburg jetzt eine Belohnung von 300 M. ausgesetzt. Es handelt sich hier bei um die Strafsache gegen die Ehefrau Elisabeth Wiese geb. Berkefeld, welche, wie s. Z. mitgeteilt, im April d. I. unter Beschuldigung des wiederholten Betruges, der schweren Kuppelei, des versuchten Gattenmordes, der versuchten Verleitung zum Meineid und des mehrfachen Mordes in das Hamburger Untersuchungsgefängnis eingeliefert wurde. Die Wiese befaßte sich in den letzten Monaten vor ihrer Verhaftung damit, Säuglinge unehelicher Geburten gegen Geldabfindung an sich zu bringen, indem sie den Müttern die falsche Tatsache vorspiegelte, sie sei in guten Verhält nissen und wolle die Kinder adoptieren. Den Umständen Amtsblatt für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Wi^druff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, KefselSdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutannebera, Niederwartha, OberhermSdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn. — Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, WeiStropp, Wildberg. nach muß aber angenommen werden, daß sie diese Adop tionsabsicht nicht hatte, und daß es ihr darauf ankam, die Abfindungssumme zu erschwindeln und sich der Kinder selbst möglichst bald zu entledigen. Sie hat außer anderen Kindern, die sie wieder zurückgab, drei Säuglinge, Wilhelm Karl Klotzsche, Bertha Blanck und Peter Schultheiß, an sich ge bracht. Diese drei Kinder sind verschwunden. DieWiese hat über den Verbleib der Kinder Angaben gemacht, die sich als unwahr hecausgestellt haben, und es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß sie die genannten Kinder, die ihr lästig wurden, vorsätzlich (wahrscheinlich mit Morphium) I getötet und die Leichen bei Seite geschafft hat. Um Licht MMatt fm Mskuff Hßarandt, Wossen, Siebenteßn und die Umgegenden. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezöge« 1M.54 Ps. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 15 Pfg. pro Viergespalteve KorpuSzeüe. Druck und Verla« von Marlin Berger in WWdrun. — Verantwortlich für die Redaktion Marrin Berger daielbk.