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Wamndt, Uossen, Siebentehn und die Umgegenden. Amtsblatt für die Agl. AmLshauptmannschafL Gleißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruffs sowie für das Agl. Zorstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde Mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bet Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn. Seeligstadt, Spechtsbausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1M. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnserttonspreis 15 Pfg. pro viergespaltene LorpuSzelle. Druck und Verlag von Martin Berger tn Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Marttu Berger daselbst. No. S6. Sonnabend, den 15. August 1SV3. 62. Jahrg. Auf Blatt 55 des hiesigen Handelsregisters ist heute eingetragen worden, daß die Herrn Karl Ewald Peukert ertheilte Prokura und die Firma Clemens Kuh« erloschen ist. Wilsdruff, den 13. August 1903. Königliches Amtsgericht. Zm pariser WnW-AilM. Die unglücklichen Opfer der Pariser Eisenbahnkata. strophe sind bestattet, an gewaltigen Zuläufen hat es ihnen nicht gefehlt, es sind auch zahlreiche schöne Reden an ihren Grabern gehalten worden, aber bei der vom Staatsanwalt eingeleiteten Untersuchung wird sicher nicht viel yerauS- kommen. Es sind schon eine Menge Worte gemacht, es werden noch mehr gemacht werden, aber der Schlendrian der Untergrundbahn wird genau ebenso unbestraft bleiben, wie manches Andere unbestraft geblieben ist. Und dieser Schlendrian ^rägt an der Größe des Unglücks ganz ent schieden die Schuld, wenn auch der Zufall das Malheur selbst eingeleitet hat. Alle Versuche, einander weiß zu waschen, werden da nichts nützen. — Daß die Untergrund bahnen eine ziemlich kritische Sache sind, zeigen Betracht- ringen von fachmännischer Seite in der Berliner „Post", die gewiß volles Interesse beanspruchen können. Es heißt da: „lieber die erste direkte Ursache des Unfalls gehen die Meinungen noch auseinander. In Paris glaubt man die Schuld für das Unglück auf Kurzschluß zurückführen zu müssen, die deutschen Fachleute vermuthen, daß das zur Umhüllung und zur Isolation der Leitungen verwendete Material bei den Pariser Wagen nicht feuersicher genug war, und machen daraufaufmerksam, daß bei den Berliner Wagen nach dieser Seite hin ausreichende Vorsichtsmaß regeln getroffen seien. Man wird gern annehmen, daß unsere deutsche Industrie, wie schon oftmals, besser ge arbeitet hat, als die fremde, aber für absolut ausgeschlossen können wir trotzdem einen Brand auch der deutschen Wagen nicht halten. Denn dabei kommt es zu oft auf gar nicht übersehbare Kleinigkeiten an. Und ob dann das feuersicher imprägnirte Holz, aus dem die Fahrerstände hergestellt sind, und der feuersichere Asbestschiefer, mit welchem die Innenwände der Wagen bekleidet sind, schlechter brennen werden, als die Pariser, bei denen man einen Brand gleich falls kür ausgeschlossen gehalten hatte, mag dahingestellt bleiben. Wir haben nach dieser Richtung hin denn doch schon bedenkliche Erfahrungen gemacht und wollen nicht vergessen daß uns in Peking das Asbcsthaus des Gencral- Feldmarschalls Graf Waldersee verbrannt ist, der Hals über Kopf aus dem Fenster flüchten mußte. . . Es Wird nie gelingen, trotz aller Vorsicht solche Unfälle aus- zuschließen, und viel wichtiger ist darum die Frage, ob ein solcher Betrieb derart eingerichtet ist, daß ein Zwischenfall dieser Art auf seinen Heerd beschränkt bleibt Bei den Kämpfen um den Ausgang begegnen wir hier derselben feigen gallischen Brutalität, wie beim Brande der Oper, wo Männer die schwachen Frauen und Kinder mederschlugen und niedertraten, um nur schnell den Ausgang zu gewinnen, ein trauriges Zerrbild der einstigen französischen, so hoch- gepriesenen Ritterlichkeit. Es scheint auch bei diesem Brand nicht viel anders zugegangen zu sein, denn es wird aus drücklich berichtet, daß unter den Verunglückten sich beson ders viel Frauen und Kinder befanden. Offenbar sind nach dieser Seite hin, was die schnelle Entleerung der unterirdischen Räume betrifft, die Einrichtungen der Berliner Untergrundbahn der Pariser überlegen, und cs ist dieser Punkt daher ruhiger zu betrachten. Hingegen ist der von außenher in die Tunnels fallende Lichtschimmer auch in Berlin völlig unzureichend, und es ist nicht verständlich, wie man dies Licht für ausreichend hat erachten können. Milten im Tunnel wirkt diese Lichtquelle gar nicht und Unglück kann sich ebenso gut in der Mitte und nicht olos aw Aus- und Eingang des Tunnels ereignen. Ferner wuß die Möglichkeit der Berührung mit der Stromzuleit ung unbedingt beseitigt werden; es muß eine Schutzvor- rlchtung an dieser Schiene angebracht werden, die ein mrektes Berühren derselben verhindert, die Stromabnahme durch einen Spalt aber trotzdem gestattet." Wie man aus diesen sehr ruhigen Darlegungen ersieht, ist die Frage der elektrischen Bahnen überhaupt mit dem Pariser Unglück in ein neues Stadium getreten, es wird von den Ueber- wachungs-Behörden manche Vervollkommnung gefordert werden müssen. Es heißt: Durch Schaden wirv man klug! Das Gelvausgeben dafür mag ganz gewiß weh thuu, aber zu vermeiden ist cs beim besten Willen nicht. Sslitische Run-schan. Kaiser Wilhelm ist von seiner diesjährigen Nord landsfahrt, welche auch diesmal ungemein genußreich für den erlauchten Monarchen und ohne irgendwelche störenden Zwischenfälle verlief, wieder nach seiner bevor zugten Sommerrcsidenz, dem neuen Palais bei Potsdam zurückgekehrt. Am Mittwoch in den ersten Abendstunden erfolgte seine Wiederankunft daselbst, nachdem er auf der Wildparkstation von dem Kronprinzen empfangen worden war. Am Nachmittag zuvor war auch die Kaiserin von ihrem Sommeraufemhalt in Cadinen und den im Anschlusse hieran ausgeführten Besuchen im schlesischen und posenschen Ueberschwemmungsgebiete wieder im neuen Palais ein getroffen. Die Rückkehr des Kaisers von seiner norwegischen Reise wird zweifellos dazu beitragen, den Pulsschlag in den inneren Angelegenheiten des Reiches und Preußens, welcher sich in der sommerlichen Hundstags- zeit merklich verlangsamt hatte, allmählich wieder zu be schleunigen. Zunächst hat am Donnerstag der längst angekündigteKronrath stattgefunden, wie die offizielle Bezeichnung einer unter persönlichem Vorsitz des Kaisers und Königs vorsichgehenden Sitzung des preußischen Staats ministeriums lautet. Der Kronrath galt der zur Unter stützung der Hochwasserkalamitosen in Schlesien, Posen und Westpreußen, sowie zur Bekämpfung künftiger Hoch wassergefahren geplanten Maßnahmen. Vielfach wurden indessen auch politische Wirkungen vom Kronrath erwartet, namentlich glaubt n an, daß er in seinen Folgen zum thaisächlichen Rücktritt des einstweilen beurlaubten Ministers des Innern, Freiherr» von Hammerstein, führen werde. Vermuthlich hat sich der Kronrath auch mit der Frage des Termins für die Neuwahlen zum preußischen Land tage und weiter des Zeitpunkts der Einberufung des neu zu wählenden Parlaments beschäftigt, zumal da der kommende Landtag seine Zustimmung zur staatlichen Hilfs aktion für die Ueberschwemmten zu geben haben wird. Die Ursachen der Mehrausgaben im deutschen Reichs haushalt 1904. Bei der noch ungünstigen wirth- schaftlichen Lage ist die halbamtliche Ankündigung, daß Erhöhungen im Reichshaushalt in den Ausgaben unver meidlich geworden sind, eine höchst unerfreuliche Ueber- raschung für die Kassen der Bundesstaaten und die Steuer zahler gewesen. Glücklicher Weise ist die Mehrausgabe aber nicht sehr groß und betrifft eben Mehrleistungen, die naturgemäß wachsen müssen. Dann kann man auch sicher sein, daß der Reichstag und die Regierung noch mit der größten Sparsamkeit die Mehrausgaben zu ermäßigen suchen werven; trotzdem wird eine Erhöhung der Aus gaben an verschiedenen Stellen des Etats nicht zu ver meiden sein. In erster Linie kommen dabei diejenigen Posten in Betracht, die ihrer Natur nach jedes Jahr eine Steigerung erfahren. Dazu gehört einmal der Reichszu schuß für die Jnvaliditäts- und Altersversicherung. All mählich ist diese Etatsposition, die anfänglich klein war, auf nahezu 41 Millionen Mark gestiegen. Sie hat im Durchschnitt Jahressteigerungen von zwischen 3 und 4 Millionen erfahren. Von 1901 auf 1902 betrug die Er höhung ausnahmsweise über 4 Millionen Mark, von 1902 auf 1903 nahezu 2,7 Millionen. Man wird jeden falls nicht fehlgehen, wenn man annimmt, daß sie sich auch im nächsten Etat in der Höhe von 3 Millionen Mark bewegen wird. Ein weiterer stetig steigender Posten ist die Reichsschuld. Von 1901 auf 1902 betrug die Er höhung 5,4 Millionen Mark, von 1902 auf 1903 etwas über 6 Mill. Mark. Die Reichsschuld dürfte, nachdem sie inzwischen auf die Höhe von 3 Milliarden gelangt ist, weiter steigen. Selbstverständlich wird sich damit die Zinsenlast erhöhen, und sonach ist zu erwarten, daß auch im nächsten Reichshaushaltsetat eine Ausgabensteigerung für die Reichsschuld sich vorfindet. Auch der allgemeine Pensionsfonds hat in den letzten Jahren ständig eine Erhöhung der Ausgaben aufzuweisen gehabt und zwar eben fo, wie der Zuschuß der Jnvaliditäts. und Alters versicherung, um Beiträge zwischen 3 und 4 Millionen Mark. Es ist, wenn auch vielleicht von der künftigen Steigerung nicht die gleiche Höhe inne gehalten wird, schwerlich anzunehmen, daß die Erhöhung für 1904 in Fortfall kommen könnte. Ein anderer Posten, der in den letzten Jahren unter den Ausgaben Erweiterungen auf wies, war der für den Reichsinvalidenfonds. Von 1901 auf 1902 betrug die Erhöhung gar nahezu 16 Millionen Mark, jedoch war sie auf die im Jahre 1901 beschlossene Besserung der Bezüge der Kriegsmvaliden- und Hinter bliebenen zurückzuführen. Die Nachwirkungen davon ver ursachten für 1903 noch eine Ausgabensteigerung von nahezu 1^ Millionen Mark. Albert v. Levetzow, der verdiente Präsident des deutschen Reichstages in den Legislaturperioden 1881 bis 1884 und 1888—1895 ist auf seinem neumärkischen Gute Gossow im 70. Lebensjahre gestorben. Albert v. Levetzow, welcher außerdem auch Mitglied des preußischen Staatsrathes, sowie des Herrenhauses, und viele Jahre Landesdirektor der Provinz Brandenburg war, gehörte der konservativen Partei an, er war jedoch bei allen Parteien wegen der Lauterkeit seiner Gesinnung, seiner persönlichen Ehrenhaftigkeit und versöhnlichen Auftretens im politischen und parlamentarischen Leben geachtet und beliebt. —Der altenburgische Staatsminister von Helldorf wird noch im laufenden Jahre in den Ruhestand treten; als sein muth- maßlicher Nachfolger gilt Geh. Staatsralh Borris. In der sozialdemokratischen Partei beginnt man sich immer lebhafter mit der Frage einer Theilnahme der Partei an den kommenden Landtagswahlen zu be schäftigen. Es bekämpfen sich hierbei zwei Strömungen, deren eine für eine kräftige Betheiligung der „Genossen" an den Landtagswahlen ist, während die andere Ström ung ein Eingreifen der Sozialdemokratie in die Landtags- wahlbeweguug als nutzlos für die Partei verwirft. Letzterer Anschauung scheinen namentlich die älteren sozialistischen Führer zu huldigen. Denn Bebel und Singer z. B. haben die angebotene sozialistische Kandidatur für Breslau ab gelehnt. Der „Volksmacht" zufolge herrscht bei der Leitung der sozialdemokratischen Partei die Ansicht vor, es soll wegen Arbeitsüberlastung möglichst keinem Abgeordneten ein Doppelmandat anvertraut werden; vielmehr wolle mau neue Kräfte in den Landtag zu wählen suchen. Die Tschechinrung der Aemter in Deutsch böhmen wird trotz aller Klagen und Beschwerden der Deutschen von der Landesregierung systematisch weiter betrieben. Kürz lich mußte das Stadtverordncten-Kollegium der rein deutschen Stadt Karlsbad sich eingehend mit diesen Ver hältnissen beschäftigen und in aller Form Protest gegen die tschechisirende Arbeit der Regierung einlegen. Darnach sind beim Postamt in Karlsbad, welches hier in erster Linie in Betracht kommt, nicht weniger als 61 tschechische Beamte eingestellt. Im Steueramt sitzen neun Tschechen und auch im Zollamt sind sie bereits untergebracht. Und das in einer Stadt, wo es außer diesen Beamten über haupt keine Tschechen giebt. Den tschechischen Zeitungen sind das freilich viel zu wenig tschechische Beamte, sie meinen, es müßten noch viel mehr sein. In der neuen ungarischen Cabinetskrisis ist noch nichts entschieden; der bisherige Ministerpräsident Graf