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Zweites Blatt. MMlltt siir WilskW Warandt, Massen, SieöenteHn und die Amgegenden. Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruffs sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. j 62. Jahrg No 41 Sonnabend, den 4. April 1S03 Druck und Verlag von Martin Berger tn Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daielbst. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 M. 30 Pf., durch die Post bezogen lMk.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 15 Pfg. pro viergespaltene LorpuSzem. . Lokalblatt für LSilSdruft, Alttanneberg, Birkenhain, Blanken,tem, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Huynvors, Zkaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberyermsoors, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn« Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. . des wir ihn, bei dem wir sein sollen alle Zeit? Vergessen wir über dem Blick, was dahinten, strecken wir uns zu dem, was vorne ist? Der Glaube eilt, jagt, ringt, kämpft, weil er erwartet, nämlich auf die Erscheinung unseres Herrn Jesu Christi. Hast du recht gekämpft, so trägst du dann auf dem Haupte die Krone der Ehren, so wirst du offen bar werden als einer, der das ewige Leben ergriffen hat. Jesus „ist Alles in dem Streite". Ihn machet euch zum Bundesgenossen, ihr jungen, heute konfirmirten Christen. Mit ihm kämpfet, mit ihm sieget i ergriffen ist, eine wahre Bundesgenossenschaft aller bösen Geister gegen ihn ins Werk gesetzt wird. Nur nichts Entschiedenes! — Das ist die Losung der Welt! Nur keine völlige Uebergabe! — Das ist die Losung der großen Schar von Namenchristen. Nur ja nicht die Predigt von Buße und Bekehrung in den Vordergrund stellen, sie zum Kern und Stern aller Predigt machen! Die Seelen, die dem Christenthum entfremdet sind, kann man durch nichts weniger gewinnen, als dadurch, daß man die trüben Seite» des Christenthums zu stark hervorkehrtl — Höre, was Paulus sagt! Kämpfe! sagt Paulus, und: ergreife! Zum Christ sein gehört freilich ein mannhaftes Wollen, wie es nur der Geist des Herrn wirken kann. Und unsere Zeit ist eine Zeit, die voll allen anderen Geistes ist, aber nicht voll heiligen Geistes, und der darum das mannhafte Wollen ein fremdes Ding geworden ist. Aber gottlob giebt es auch derer noch genug, die da glauben und deren Leben regiert wird von dem Gesetz: Fortgerungen, durchgerungen bis zum Kleinod hin! Die recht ritterlich ringen hinieden mit Satan und seinen Helfershelfern, der Welt und ihrem Spott und Hab und dem Hausdieb, dem Feinde, dem schlimmsten, den man im eigenen Herzen beherbergt, dem eigenen Ich. Die wissen es auch wohl, wie schwer der Kampf ist. Die wissen aber auch, daß der Herr unserer Seligkeit ihn uns nicht erlassen kann, daß er ihn selber hat durchkämpfen müssen. Und die erfahrens auch: Aus einem Siege werden zwei andere geboren, daß deine Seele zuletzt voll Staunen ausrufen muß: Wie ist mirdenn? Jchfühls: Der Kampf macht mich zum guten Streiter. Und sein Siegespreis ist das ewige Leben. Dazu du auch berufen bist, sagt Paulus. Weißt du das? Sehen wir die Hand, die aus der Höhe und dem Heiligthume herabreicht, uns die Waffen darreicht, uns hilft? Sehen sich daran freuen. Eines Tages blieb die Tante weg. Sie hatte einer Einladung Folge leisten müssen. Von dem Tage ab kam sie überhaupt nie mehr zu dem Unterricht. Sie ließ sich durch Adelens Gesellschaftsdame ersetzen. Vielleicht. Novellette von Norbert Jacques. (Nachdruck verboten.) Der Privatdozent Hans Walter ertheille der Tochter ,. reichen Industriellen, der die moderne Villa in der Koblenzerstraße in Bonn besaß, Unterricht in der Literatur und Kunstgeschichte der neueren Zeit. Ein älterer Professor, der dem jungen Streber günstig geneigt war, hatte ihm diese einträgliche Stellung ver schafft. Anfangs fand der Unterricht stets in Gegenwart der Schwester der todten Mutter Adeles statt; die alte Dame vergaß nie, bereits nach der ersten Viertelstunde einzunicken, behielt aber trotzdem im Schlafe die strenge, überwachende Miene bei. Bald schien es den jungen Menschen, als fühlten sie immer eine Erleichterung, wenn die alte Frau einnickte, als könnten sie dann ungenirter, freier mit ihren Herzen die Schönheiten deS menschlichen Geistes aufsuchen und Ium Sonntage Kalmarum. 1. Tim. 6, 12: Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, ergreife das ewige Leben, dazu Du auch berufen bist. Die Welt ist eine Welt voll Kampfes. Kampf ist nicht bloß draußen auf den Schlachtfeldern, Kampf auch im kleinen Kreise des täglichen Lebens, Kampf wie oft sogar zwischen den vier Wänden des Hauses. Ja, das Leben ist voll mannigfaltiger Kämpfe, daß die meisten einen Kampf vergessen, den Kampf des Glaubens. Und das ist in allen Fällen der einzige, den der Apostel mit der ganzen heiligen Schrift einen guten Kampf nennt. Denn worum geht er? Nicht, wie die meisten jener Kämpfe, um nichtige Dinge, sondern um das Höchste, was es giebt, das ewige Leben, das Leben bei dem Herrn und mit dem Herrn. Das ist der Inbegriff alles Guten; darin ist enthalten der Friede, nach dem dein friedloses Herz verlangt, die Freude, nach der Du Dich sehnst, aller Reichthum, nach dem Du trachtest. Kämpfe, sagt der Apostel, und: ergreife. Denn das ewige Leben fällt keinem in den Schoß, wie ein reifer Apfel. Es geht auch nicht so, wie die büß- und be kehrungsscheue Welt es sich ausmalt, daß man durch all mähliches Besserwerden immer weiter kommen müsse und so allmählich ohne viel Mühe und Noth in den Himmel hineinwachse. Kämpfe! Ergreife! Das ist aus der Erfahrung des Apostels heraus geredet. Das ist ein Mann, der weiß, was „Christ sein" heißt; ein Mann, der den Jüngerstand Jesu mit all seiner Mühsal und Seeligkeit durchkostet hat und am Ziel seines Lebens von sich sagen konnte: „Ich habe einen guten Kampf gekämpft — Hinfort ist mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit;" ein Mann, der weiß, daß, sobald einer auf dem Wege gewesen ist, von Christo ergriffen zu werden, die Feinde der Seeligkeit nichts unversucht lassen, ihm die Ruhe zu verleiden, und daß, sobald gar einer wirklich von Christo i Rntonle. 144 Roman von ff. v. ^kelderrff-len. „Haken Sie es nickt gewußt, daß ick als eine lebendige Lüge umherging?" fragte sie endlich, nachdem sie sich wieder gefaßt halte. „Sie haben wohl aus Barmherzigkeit ge schwiegen, vielleicht gelächelt, wenn man mich mit Namen rief, der mir nicht gebührte. Und Sie sollten mir zürnen, Sie vor allen anderen Menschen, stand ich doch zwischen Ihnen und Ihrem Erbe. Aber das war es ja, deshalb war ich nöthig! O, können Sie e? begreifen, wie mich das innerlich packt und zerreißt, wenn ich mir sagen muß, nur des Gelder halber be hütete und liebte mich der Mann, den ich Vater nannte! Nicht einmal den Glauben an seine Liebe hat mir Melanie gelassen. Und sie wollte, ich sollte thun, als wüßte ich nichts davon. Was wäre denn ein Leben werth, das auf solcher Lüge aufgebaut und eine Liebe, die solche Probe nicht aus hielte! Äcb, ich Unglückliche, die Liebe hat die Probe nicht ausgehalten!" „Lassen Sie sich den Glauben an die Liebe ihres Vaters nicht rauben," sagte Sievert, dem ihr Schmerz unsäglich wehe that. „Jahre voll Sorgfalt und gegenseitiger Opfer, kleiner wie großer geben Ihnen ein Recht darauf. Ich weiß, Sie waren in seiner Liebe glücklich, halten, Sie fest daran. Antonie nickte still vor sich hin. „Und doch ist mir, als müßte ich mit meiner Liebe und Sehnsucht betteln gehen; es ist Niemand da, den ich zu lieben ein Recht habe. Und sande ich Jemand, so wären wir uns sremd, nichts bände uns aneinander, keine Erinnerung, keine gemeinsame Vergangen heit. Der Boden, auf dem das Schönste wurzelt, was ich je besessen, meine Kindheit, wäre ihm so fremd, wie er mir werden müßte, ginge es an. Aber er geht nicht, er ist auch das Einzige was mir bleibt." Sie bat, ob Sievert ihre Schmucksachen zu Gelve machen wolle. „Wir reisen zusammen, ich verlasse Sie nicht," sagte er. Ich bringe Sie nach dem Oienbofe zu ihren Verwandten, zu uns. Dort ist Ihre Heimaib." „Ihr Vater zürnt mir — Melanie sagte es mir." „Er weiß Alles und will Vaterstelle an Ihnen vertreten." Antonie fühlte in Sieverts Ton und Blick die Gewähr daiür. Die Zeit drängte. Beider Vorbereitungen waren getroffen, Sievert hatte für alles Nöthige gesorgt. Zu seiner lebhaften Unruhe bemerkte er Ruffeni, der auf der Straße Massa aus uud ab ging; er fürchtete, man wolle vielleicht Antonies Abreise verhindern. Er sagte nichts davon, hielt aber scharfen Umblick, als er mit Antonie nach der kleinen Marina hinab ging, wo ein Boot sie ausnehmen sollte. Mechanisch war Antonie neben ihm hingegangen; dort wo Sievert sie vom Scbiffe aus gesehen hatte, blieb sie stehen. Es war, als er wache sie aus tiefem Traum. Hier konnte sie den Weg sehen, der nach der Villa Cesarini führte. Sie schwankte, ihr Antlitz röthete sich, ihre Lippen stammelten ab gebrochene Worte. „Mein Gott!" schrie sie auf einmal auf, „bewahre mich, daß ich ihm nicht fluche. Ihm, der mich zu einer elenden Ausgestoßenen gemacht hat." Die Schiffer winkten von unten, Sievert trug sie halb die Stufen hinab. Da blieb sie noch einmal stehen, machte sich los und warf einen wilden, verzweifelten Blick hinauf. Die Kinder schrieen und lärmten, das Ran'chen der Wogen klang dazwischen, aber Alles wurde durch einen lauten Schrei übertönt. Ueber die Piazza der kleinen Marina zu stürmte Paul Cesarini, hinterdrein Carlo, Ruffeni und Beppo; Melanie folgte, so schnell sie konnte. Schon von sern ries Beppo, der Graf sei bewaffnet. galtet ihn, haltet ihn, er ist wahnsinnig!" schrie Carlo. Von allen Seiten eilten Leute herbei, doch Keiner wagte, Hand an ihn zu legen. ,Fettet Euch, er hat Waffen bei sich!" ries Melanie laut und gellend in deutscher Sprache hinab. „Antonie, Antonie, sie haben uns getrennt, aber ich kann nicht ohne Dich leben!" schrie Paul und stürzte wie ein Rasender nach dem kleinen Hafen hinab. Doch kaum sah el Sievert neben Antonie stehen, so stieß er einen Wutbschrel aus, hob den Revolver, den er gegen seine Verfolger bereit gehalten hatte nnd drückte los. Die Kugel ging zwischen Sievert nnd Antonie hindurch; im nächsten Augenblick richtete er die Waffe gegen sich selbst und sank blutüberströmt zu Boden, den brechenden Blick noch auf Antonie gehestet. Carlo beugte sich über den Sterbenden, nnd während Ruffeni und Beppo ihn aushoben, trug Sievert mit starken Armen die besinnungslos zusammengesunkene Antonie in die Barke. Nasch stießen die Schiffer ab, nnd das Boot batte schon den Dampfer erreicht, als man den leblo'en Körper Pauls in die Räume brachte, wo Antonie ein so kurzes Glück an seiner Seite gefunden hatte. 11. Capitel. Ueber das nordische Tiefland brauste der Wind nnd trug die salzige Lust weit in die Niederung hinein. Die Schwalben flogen emsig hin nnd her, und die Bienen summten über den blumigen Wiesen, die alten Weiden winkten mit ihren schwanken Zweigen, nnd in den knorrigen Eichen des Oienbofes sauste und psiff es wie ein lauter, stürmischer Willkommengrw'. Die alte Uhr am Fuße der breiten Holztreppe im Hausflur hob zum Schlagen aus und rief die Stunde laut durch das Hans, dann erklang der altmodische Walzer, nnd unter seinen Tönen schritt Matthias Wulff über den Hausflur und trat auf den Hof hinaus. Cr ging unter den Zweigen der Eichen hin, in denen der Wind so sreudig rauschte, daß es wie Jubelruf klang; seine Knice zitterten, sein Herz pochte laut, seine Augen waren trübe. Cr war hinausgegangen, um nach den Kästen zu sehen, die er erwartete. Ueber den Kirkeudeich her lamen zwei Gestalten, ein schlanker, hochgewachsener Mann und eine kleine, zierliche Frau, näher, immer näher — und Matthias hielt die Hand über die Augen. War das sein Sohn? War da? der Knabe, den er in dis Fremde geschickt, dieser ernst blickende Manu?