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Zweites Blatt. Hßaranbt, Hlossen, Sieömleßn und die Hlmgegenden. Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Aal. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. X Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Noitzsch, Rothschöuberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1M.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis lO Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. No. 1S». Druck und Verlag nun Martin Berger in Mlsdrufi. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Veraer daiel^ft. Donnerstag, Ken 19. Dezember 1991. 6». Jahrg. Dsrnrorchen. Weihuachtsnovelle von F. Sutau. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Weihnachten wird freilich bei uns nicht weiter ge feiert," sagte Elise jetzt, während sie mit den Strick nadeln ungemüthlich klapperte, ein Geräusch, welches Benno förmlich nervös machen konnte. „Wozu auch soll man sich da unnöthige Kosten und Unruhe machen," fuhr sie fort, „Kinder haben wir nicht." „Aber Elise, cs giebt so viele arme Kinder, denen Du eine Weihnachtsfreude machen könntest." „O, ich habe auch Geld genug gegeben zu all' den Weihuachtsbeschecrungen für die Armen. Du mußt mich nicht für ganz herzlos halten." „Das meine ich nicht," erwiderte Benno, „das kalte Geldspenden thut es aber nicht allein, selbst solche arme Kinder zu erfreuen, ihnen im eigenen Heim den Weih nachtsbaum anzuzünden, das, dächte ich, wäre für solche kinderlose Frauen, wie Du eine bist, eine schöne Mission." „Na, ick danke, da soll ich mir wohl solche fremden, schmutzigen Kinder in meine Stube kommen lassen, daß sie mir dann Alles volltrampeln! Fort mit Deinen Vor würfen, denn ich kann Dir viel größere Vorwürfe machen. Warum heirathcst Du nicht endlich? Dann könntest Du Dir ja Weihuachlsbescheerungen ganz nach Deinem Ge schmack veranstalten." „Das alte Lied," erwiderte Benno, „wie oft soll ich es Dir wiederholen, daß ich Susanne nicht vergessen kann. Ja, sie hatte den echten Sinn für die Poesie des Daseins, und ich bin überzeugt, wo sie auch weilen mag, sie hat den rechten Weihnachtszauber um sich verbreitet, und wenn sie ganz allein lebt, ein paar Menscheuherzen hat sie gewiß gefunden, denen sie den Christbaum anzündet und eine Weihnachtsfreude macht." Er stand auf, setzte sich an das Pianino, und wie nun seine traurigen Phantasien durch das Zimmer klangen, da rüttelte etwas gewaltsam an Frau Elisens Herz. Scheu sah sie den Bruder von der Seite au. War sie es nicht gewesen, sie allein, die sein Lebensglück zerstört? Wie anders würde dieses schöne, ernste Gesicht ausschaueu, wäre Susanne als treue Lebensgefährtin ihm zur Seite; welch' ein reiches, schönes Weihnachtsfest würde sie ihm bereiten, denn frohe Feste im Hause in's Leben zu rufen, das ver stand sie wie keine weiter. ... , Susanne und immer wieder Susanne, hämmerte es in Elisens Kopfe. Sollte Sie denn gar nicht loskommen von den Erinnerungen an sie? Nein, es war nicht mög lich, denn die schöne Melodie des Weihnachtsliedes: „Stille Nacht, heilige Nacht", die Benno jetzt spielte, zauberte ihr wieder Susannens tiefe Stimme vor; wie sie so fromm in jenen seligen Kinderjahren durch den alten Saal zu Hause erklungen, wenn der Weihuachtsbaum im Lichter- glanze strahlte. Denn ohne Susanne wurde damals ja kein Weibnachtsfest im Schlosse zu Falkenhausen gefeiert. Wie Thränen wollte es in den Auge» der jungen Frau aufsteigen, es wurde ihr klar und immer klarer, daß ihr Leben im Grunde doch recht arm war. ES war nicht allein die Poesie des Daseins, die ihr fehlte, nein, auch die rechte Liebe fehlte ihr, die Liebe, die sich zum Weih- nachtsfcste aller Orten so herrlich offenbart, die da schon lange Wochen vorher darauf sinnt, Andere zu er freuen. Elise hatte an nichts dergleichen gedacht, und morgen war der heilige Abend, und da saß nun ihr Bruder vor ihr, er war von seinem einsamen Gute gekommen, Weihnachten bei ihnen zu feiern, and was fand er nun hier? Nichts einer Spur von Festesschimmer, nichts als die schalste Alltäglichkeit. Da trat Elisens Gatte in das Zimmer. Herzlich be grüßte er den Schwager und bat ihn dann, weiter auf dem Pianino zu phantastren, Elise käme ja gar nicht mehr zum Spielen, und er höre es so gern. Nein, sie kam nicht mehr zu dergleichen, ihre häuslichen Beschäftigungen, ihr Stricken und Häkeln und Kaffeegesellschaften nahmen ihre ganze Zeit in Anspruch. Sie war aber sonst eine von den Musterfrauen, bei denen Alles wie am Schnürchen ging, nur wurde es anderen Leuten todtlangweilig dabei. Heute aber war Frau Elise doch etwas herabgestiegen von ihrer stolzen Proia. Sie sah plötzlich in erschreckender Klarheit, wie ungemüthlich, von welcher trostlosen Nüchtern heit ihr Musterhaushalt eigentlich war, und daß ihm trotz aller Ordnung und Peinlichkeit dennoch das Beste fehlte, Poesie und Gemüthlichkeit." „O hättest Du nur ein Tröpfchen von Susannens Phantasie!" halte ihr Bruder einmal, als sie ihn mit ihrer kleinlichen Weisheit und ihren klappernden Stricknadeln beinah bis zur Verzweiflung gebracht, ausgerufen. Sie hatte damals höhnisch gelacht und gemeint, die Poesie und Phantasie sei sehr etwas Ueberflüssiges. — Heute dachte sie anders darüber und empfand bitter den Mangel dieser Himmelsgabe. — „Du wirst mich auslachen, Elise," begann ihr Mann jetzt mit leiser Stimme; „als ich aber vorhin über den Weihnachtsmarkt ging, da packte mich auf einmal die Erinnerung an frühere, fröhliche Weihnachten meiner Kindzeit ganz gewaltsam und im Banne dieser Erinner ungen da habe ich eine Tanne gekauft und Wachslichter u1rd Konfekt. Ich dachte, man könnte doch auch einmal versuchen, ein wenig Weihnachten zu feiern, Benno muß natürlich hier bleiben, und wir könnten einige von den jüngeren Offizieren zum Weihnachtsabend cinladen." Verlegen und forschend sah der Hauptmann in das Gesicht seiner Frau, aber das geringschätzige Lächeln ob dieser seiner Kinderei, wie er fürchtete, war nicht darauf zu sehen. „Dann müßte ich morgen früh gleich die große Stube Heizen lassen", sagte sie, auf seine Fcstpläne ganz gefügig eingehend. „Und Karpfen will ich lieber heute schon be- stellen!" Wie ein frohes Staunen glitt es bei diesen Worten der Gattin über des Hauptmanns Züge. Das war javielmehr als er gehofft hatte! Woher diese Wandlung, fragte er sich verwundert. Hatte Benno sie vielleicht ins Gebet ge nommen und ihr einmal mit klaren Worten gesagt, was ihr trotz aller ihrer guten Eigenschaften fehlte, das echte Frauengemüth, das da in feiner, sinniger Weise über jede Häuslichkeit den Zauber des Behagens ausgießt. — Ach, vielleicht brachte das nahe Weihnachtsfest eine derartige Wandlung in ihr hervor, für ihn wäre das die herrlichste Festbcscheerung. Sie erschien ihm heute schon ganz anders, wie sie jetzt so geschäftig hin und her lief, um das Abendessen anzuordnen. Das Speisezimmer, sonst so nüchtern wie alle andern Gemächer, machte heute einen ganz anheimelnden Eindruck. Was war es nur? Aha, der silberne Thee- kesscl, der immer blank geputzt, aber unbenutzt auf dem Buffet stand, er war heruntergenommen, und das Wasser zischte und brodelte darin, das war es wohl. Seine Frau stand davor und bereitete seblst den Thee sorgsam und eigen, wie Alles, was sie that. „Alle Wetter, das ist ja ordentlich gemüthlich bei Euch!" lief Benno jetzt auch ganz verwundert. „Das ist doch etwas anders, als wenn man so ganz allein zu Haus seinen Thee trinkt, da verfolgen einen die trüben Gedanken förmlich. Der summende Theekessel ist doch wohl eine nur Einrichtung bei Euch?" „Eine ganz neue," erwiderte der Hauptmann und blickte schellmisch lächelnd auf seine Frau. Diese erröthete ein wenig, sah aber sehr glücklich dabei aus. Ach, dieses schelmische Lächeln hatte sie so lange nicht gesehen, und es kleidete den brünetten, bärtigen Mann doch so gut! Sie selbst wußte nicht, wie es gekommen, aber plötzlich hatte sie die Arme um ihn geschlungen, und nun flüsterte sie ganz leise und demüthig: „Es soll anders werden, Hans, ganz gewiß, ich will es versuchen, Dir unser Heim trauter und behaglicher zu machen, will auch wieder Klavier spielen in der Dämmerstunde, wie Du es so liebst. Hab nur Geduld mit mir, ich bin ja noch jung und kann mich noch ändern und morgen wollen wir or dentlich Weihnachten feiern!" „Ja, das wollen wir!" rief Ledendorf fröhlich und begann im übersprudelnden Glücksgesühl seine blonde Frau zu Herzen und zu küssen, als wären sie beide ein ganz jung vermähltes Pärchen. Benno war aufgestandcn und an das Fenster getreten; bekümmert schaute er auf das Straßengewühl unter ihm im Scheine der Gasflammen. Ob wohl einem von den vielen Menschen, die da so geschäftig wie die Ameisen hin und her liefen, so traurig und einsam zu Muthe war wie ihm. Die Einsamkeit, der er halte entfliehen wollen, sie schien ihm treu zu bleiben. Auch hier im Gewühl der großen Stadt. Ungestümer, heißer denn je erfaßte ihn die Sehnsucht nach der Jugendgeliebten. So am traulichen Theetisch mit ihr zu sitzen, hatte er einst geträumt vor langen Jahren. Wie lautete doch das Lied von Körner, das sie ihm, nach der leidenschaftlichen Komposition von Schumann, früher so oft hatte singen müssen. Wenn durch Berg und Thäler draußen Regen schauert, Stürme brausen, Schild und Fenster hell erklirren Uno in Nacht die Wand'rer irren, Ruht es sich so süß hier innen Aufgelöst in sel'ges Minnen; All der goldene Himmelsschimmer Fließt herein in's stille Zimmer. Reiches Leben, hab Erbarmen, Halt mich fest in linden Armen! Das harte Leben hatte aber kein Erbarmen mit ihnen gehabt, so oft Susanne es auch so süß und flehend gesungen, mitleidlos hatte es sie Beide, die sich doch so innig geliebt, getrennt. Wo war sie, wo weilte sie, Su sanne?! „O Susanne!" Hatte er den Namen voll ungestümer Sehnsucht laut gerufen? er mußte es wohl gethan haben, denn Elise stand auf einmal neben ihm und sagte, indem sie seine Hand erfaßte: „wir wollen sie suchen, Benno, wollen alle Hebel in Bewegung setzen, sie zu finden. O ich wollte, ich könnte sie Dir zuführen, ich, die ich allein an Allem schuld bin." Sie war wirklich ganz und gar verwandelt, die junge blonde Frau. Ein Strahl des himmlischen Weih nachtslichts war wohl in ihre Seele gefallen und diesem Glanz mußten all die harten,selbstsüchtigen Gedanken weichen die sonst ihr Thun und Handeln leiteten. (Fortsetzung folgt.) Auf Aulianrnhoh. Roman von Emilie Heinrichs. (35) (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) s Mit diesem Gedanken-Dialog schrittderDetectiv seinem Gasthof zu, wo Jakob Berg sich sträflich langweilte. Jener ließ Speise und Trankauftragen und theilte dem Burschen mit, daß er ihn in einer Stunde zu dem Rechtsanwalt bringen werde. „Ist das einer von der Polizei?" fragte Jakob zitternd. „So halb und halb gehört er dazu, das heißt, er ist Herr Dähn's Vertheidiger vor dem Schwurgericht. Der Herr Doktor wird dich hören, also sage die Wahrheit. Hier heißt es, keine Zusatze machen und nichts verschweigen von dem, was Du mir gestanden hast, da jedes Wort von Dir ausgeschrieben wird,"