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Zweites Blatt. Wamndt, Uossen, Siebenteln und die Umgegenden. Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. 2lmtsgericht und den Stadtrath zu MilsdrE sowie für das Kgl. Horstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für LStlsdruff, Allmnnrberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Huhndorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schnüedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Secligstadt, Specklsbausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jusertionspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Corpuszcile. »io. »48. unv Perlao von Marlin Berger in Wilsdruii. — Verantwortlich sür dis Redaktion Martin Berger daieliR. Sonnabend, den 14. Dezember ivn». Ium 5. Adventssonntage. Luk. I, 68: Gelobet sei der Herr, der Gott Israels, denn er hat besucht und er löset sein Volk. Wenn in einer Slaot die Nachricht cinlänft: „Der Kaiser kommt!" — dann beginnt ein eifriges Schaffen und Rüsten. Da wird kein Gclo gespart und keine Blühe ge scheut, um dem hohen Gaste einen würdigen Empfang za bereiten. Die ganze Stadt legt ein Festgewand an, um sich zu schmücken für den hohen Besuch. Hier ist noch von einem höheren Besuche die Rede. Der König aller Könige, der Herr, der Gott Israels, der will zum Besuch kommen. Die Adbentsglock.n läuien es mit festlichem Schalle: „Zion, dein König kommt z» dir!" Sein Volk will er besuchen. Was ist damit gemeint? Ach, als er damals vor 1800 Jahren Sein Lock besuchte, das Lolk Israel, da hat die überwiegende Mehrheit des Volkes ihn nicht ausgenommen. Johannes schreibt kurz und traurig: „Er kau, in Sein Eigcnth.un und die Seinen nahmen ihn nicht auf." Eie haben ihn ver'olgt mit ihrer Feindschaft, mit ihrem Haß, bis sie ihn da hatten, wo sie ihn haben wollten, OM Pfahl der Schande, am Kreuze. Was ist denn heute Sein Volk? Kann man nicht sagen, das ist das Loik, das sich nach seinem Namen nennt, das den Namen Christi trägt? Ganz gewiß! Aber wenn «r die Christenheit besucht, — wie wird er aufgeuommen? Ach, die allermeisten wissen nichts mit ihm anzufangen. Sie brauchen ihn nicht. Sie wollen ihn.nicht. „Wir wollen nicht, daß dieser über uns herrsche." Und man verweigert ihm den Einlaß nicht nur in den Häusern der Mnz ungläubigen Welt — anch viele kirchliche und fromme Snite wollen leinen Besuch nicht. Sie gehen wohl in die Echt, tmß er zu ihnen kommt, ins Haus und ins Herz, daß er die Zügel der Regierung in seine Hand nimmt, das wollen sie doch nicht. Denn dann müßten sie etwas fahren lassen, was ihnen so lieb ist: Ihre Sünden. Und davon können sie sich doch nicht gut trennen. Das ist ihnen Zu schwer. Ganz recht, wenn Jesus zum Besuch kommt, dann gjxhts eine Scheidung von der Sünde. Darum Mett Zacharias in unserem Textworte: Er hat besucht erlöset seinBolk. Das ist gerade das Köstliche, daß kommt, um zu befreien, um zu erlösen! M, liebe Seele, wenn jetzt in diesen Wochen dieAd- EsglgAn den hohen Besuch Jesu ankündigcn, dann, 'Jüste dich, ihn zu empfangen! Thu ihm auf! Laß wn eins Das giebt eiu fröhliches und seliges Weihnachts- Mt, wenn du in den Lobgesang des Zacharias einstimmen E"st, aus vollem Herzen: ' Llobet sei der Herr, der Gott Israels, denn er hat erlöset sein Volk! Gute Aameradschaft. Weihnachtsbilv von Friedrich Steck. (Nachdruck verboten.) . Alt beginnender Abenddämmerung des 24. Dezembers gen drei Wanderburschen ihre Straße. Voran schritten .sjch^wnder zwei alte Straßcntreter, deren stichelhaariges Mt^sie als echte Jsegrimme der Heerstraße kennzeich- >im; r dritte war ein junges Blut, noch nicht einge- Straßenleben mit seiner Abstumpfung alles am Menschen. < war eisig kalt. Der Nordwind trieb den Wan- « nadelscharfeu, feinen Schnee ins Gesicht. An d bkn der beiden Alten hingen kleine Eiszapfen ^a Acund herum; dem Jüngeren klapperten die Zähne . "Ai. Dem armen Burschen fror das Herz im Leibe. ? ^ft hatte eine blcigraue Färbung. Es wurde > k V der Ferne blinkten Helle Lichter. Die drei werburschcn zogen den Kopf tiefer zwischen die Schultern, die Ohren noch mit dem Rockkragen zu schützen. Die ^batten sie gekreuzt in die Rockärmel geschoben und ci den Knotenstock gegen die Brust gedrückt, wie einen .oling. Es sah eigenartig aus, wie sie beim Gang die Füße umeinander ungewöhnlich hoch zogen, als wagten sic nicht, sie ans den knirschenden Schnee wieder heradzusctzen. „Wir müssen sehen, daß wir iu's Stroh kommen", meinte der eine der beiden Alten, dessen Legitimations papiere ihn als Peter Strohmann auswiesen, in seinem Galgenhumor, „sonst grinst uns noch der Vollmond mit seinem KürviSgesicht an und ich kann nun einmal solch Nachtwächtergesicht nicht ausstehen." „Ich seh schon das rothe Gesicht über den Wald hervonnaulaffen; es siehi ans, als wenn sein Eigenthümer beschnapst wäre" brummte der andere, der sich Johann Schnack nannte. Eiligen Schrittes ging eiu Arbeiter an ihnen vorüber, der ein Tanuenbäumchen unter dem Arm trug. „Es ist Weihnachtsabend" sprach der junge Bursche. Es klang wie ein Seufzer. „Was kümmerts uns; mir wollen uns den Magen nicht mit Honigkuchen verderben! Und Karpfen esse ich eben so wohl nicht, wie Austern, weil mein Magen nun einmal nicht darauf eingerichtet ist", spöttelte Peter Stroh mann und Johann Schnack knurrte wie ein verstimmter Pudel dazu: „Pfingstabend märe mir lieber. Ich höre die Nachtigall lieber singen als Engel und sonstige Unbe kannte." Dem armen Jüngling »Hais Herz un Leibe! weh ob seiner unbedachten Aeußecung. Er hätte gerne! seinen eigenen Weg gewählt, aber der frierende, hungernde Wandeibursche hing noch am Leben, wenn'S auch noch so armselig, noch so freudlos war, und sehnte sich nach seinem Strohlager im nächsten Dorfe bei der fürchterlichen Kälte, die sein Blut zu erstarren drohte. Die Häuser und Häuschen waren erhellt, mehr er hellt als sonst — denn der Weihnachtsstern erhellt Häuschen und Herzen. Die drei Wanderburschen standen in der Durchfahrt des Wirthshauses. „Na, das Volk steht immer vor der Thür, mau mag sie öffnen, wann man will!" schalt der brummbärtige alre Hausknecht und verschwand dann wieder. Bald jedoch kehrte er mit einer Stalllalerne zurück. „So, nun man her mit den Papieren und dann in den Stall hinein; ich will auch meine Ruhe heule Abend haben." „Man nicht so verächtlich von unserm Schlafsaal reden, Herr Haushof- und Stallmeister, wir sind Frei herren und bei Kasse. Erst für fünf Pfennig Schluck, und daun, bitte, etwas mehr Achtung. Hier ist unser Pokal!" Der brummige Hausknecht verzog sein Gesicht zu einem Grinsen und nahm dann die ihm entgegen ge haltene Flasche aus der Hand des gravitätischen Peter Strohmann. Bevor der Hausknecht jedoch die gefüllte Flasche zurückgab, forderte er das Schlafgeld. Vornehm lächelnd antwortete Peter Strohmann: „Wir sind keine Bankiers, die mit der Zeche durchbrennen, aber doch, Kamerad Schnack, lege als Reisemarschall die Summe mal aus und buche sie in unserem Hotel-Konto" — „Der Haudwerksburschenstall", wie der Hausknecht den Schlafraum nannte, war nach Ansicht der beiden alten Kunden wohnlich. Frisches Stroh war in Menge vorhanden und in der Ecke stand sogar auf einer großen Kiste, die den Tisch vertrat, ein Krug mit Wasser. Der Schlafraum stand durch eine am Tage offen gehaltene Thür mit dem Kuhstall in Verbindung, daher war er angenehm warm. Der Hausknecht schloß nun die Thür ab und eine direkt auf den Hofplatz führende Thür auf, und entfernte sich durch diese, die drei Kunden sich selbst überlassend. Die Flasche mit dem Schluck ging von Hand zu Hand. Schon nach wenigen Augenblicken schliefen Strohmann und Schnack so süß in ihrem Strohlager, wie auf Eider- dunen. Nur der junge Kamerad konnte nicht einschlafen. Er wälzte sich unruhig auf seinem Lager hin und her; sein Herz ließ ihn nicht schlafen. — Es mar Weihnacht und im Herzen Franz Bauers war's auch Weih ¬ nacht — in seinem Herzen, aber auch nur in seinem Herzen — Seine Gedanken eilten zurück in die Zeit seiner glücklichen Kindheit — nur Kinder können so glücklich sein — in das ärmliche kleine Elternhaus, wo trotz der Aemulh doch auch der Weihnachtsengel Einkehr gehalten, und ihm, dem glücklichen Kinde, eiu Tannenbüumchen gebracht mit Kerzen und vielen bunten Sachen, wie sie ein frommes, theures Mutterherz in unendlicher Liebe — unendlicher Liebe für das geliebte Kind sucht und — findet. Wie weh that dem armen Jungen das Herz, hier im Hand werksburschenstall — — — Er richtete sich auf und trocknete seine Thränen mit dem Nockärmel von der Wange. Heil sluthetcu die Lichtwellen des Mondes durch das einzige kleine Fenster. Draußen war es tageshelle. In der Heiuiath Hane Franz Bauer am Weihnachtsabend mit vielen anderen fröhlichen Kindern Hinterm Fenster gesungen. — Konnte er denn noch fingen, so recht ans kindlicher Wcihnachtsstimmung singens Er versuchte es leise — ganz leise — schüchtern — O, ja, er konnte ja noch singen! Wie, wenn er, der keinen Pfennig besaß, und so hungrig war, wie, wenn er — jetzt wieder — wo einst in der Heimath — sänge und — — — Kuchen — Aepfel — Nüsse und gar ein — paar Pfennige -- ersänge Eine schöne, Helle Tenorstimme, zaghaft und zitternd erst, dann aber voll und rein, sang dort Hinterm Fenster eines kleinen Arveilerhäuschens: „Alle Jahre wieder kommt das Christuskind - —" Der Sänger schwieg. Die Thür ging auf und, verwundert über den schönen Gesang, trat eine Mutter in Begleitung fröhlich und neugierig darein schauender Kinder heraus mit einem Teller in der Hand. - „Kuchen, du lieber Gott, Kuchen?!" jubelte Franz in sich hinein. — Wie er schmeckte, no ch ganz so schön, wiedereinst wiedereinst bei Mutte rn — bei Muttern dereinst Der Sängergang von Haus zu Haus war sehr lohnend. Es gab Kuchen, Nüsse, Aepfel und Geld — blanke Groschen — Pfennige aus der Hand der Kinder — der glückliche Sänger konnte die Gaben nicht alle mehr bergen —; er mußte sie zu Hause bringen — zu Hause in den Haudwerksburschenstall. — — — Sein Glück wollte nicht enden am heiligen Abend. „Komm herein, mein Sohn, Du hast so schön gesungen, nun sollst Du auch mit uns essen; wir sind doch so allein, Vater und ich." Mil diesen treuherzigen Worten führte ein altes Mütterchen ihn in das schlichte Stübchen, wo würziger Tannenduft vom Weihnachtsbaum ihm entgegen strömte und ein reichliches Mahl ihm das Herz lachen machte. O, diese frommen, alten Leute, wie gut sie waren und wie lieb gegen den armen, jungen Wanderburschen! die Straße, wie kalt! — — Franz mußte essen, immer mehr essen. Muttern füllte immer wieder seinen Teller und dann dann falteten sie ihre allen, arbeitöschwieligen Hände und sprach ein Dankgebet. — Franz faltete auch seine Hände und betete mit — betete aus der Tiefe seines Herzens, wie er nie gebetet hatte. — Ihm wurde nach seinein Gebet so sonderbar um'S Herz; es war ihm, als wenn er auf einmal ein anderer Mensch geworden, kein zaghafter, schüchterner Mensch mehr mit scheuen Blicken und furchtsamen Herzen — nein, ein hoffnungsfreudiger Jüngling mit einem offenen Herzen, voller Lebensmuth. Franz mußte dem Alten Alles erzählen, was er auf dem Herzen hatte und als er treu sein Herz ausgeschüttct, da legte ihm der greise Hausvater seine Hund auf das blondlockige Haupt und sagte so menschenlieb: „Mein Sohn, Du bleibst nun ganz bei uns. Unser alter Hans hat Rheumatismus, der kann nicht mehr mithelfen und ich muß Hilfe in meinem Alter zu Hause und auf dem Acker haben. Du kommst mir grad zur rechten Zeil; ich habe Arbeit für Dich und auch Brot." Und Mütterchen setzte gutmüthig hinzu: „Jawohl und