Volltext Seite (XML)
MMN » MW Warandt, Nossen, Siebenteln und die Amgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruffs sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Huhndorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtsbausen, Taubenheini, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Lorpnszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Marlin Beraer daselbst. No. 108. I Donnerstag, den 12. September 1001. 60. Jahrg. Konkursverfahren. Das Konkursverfahren über das Vermögen des Drechslermeisters Karl Her mann Schuchardt, früher in Wilsdruff, jetzt in Potfchappel, wird nach Abhaltung' des Schlußtermines und nach Vollzug der «Lchlußvertheilung aufgehoben. Wilsdruff, den 5. September 1901. Asnigliches Amtsgericht. Bekanntmachung. Donnerstag, den 12. September d. I., Nachmittags 6 Uhr, öffentliche KlMgemMmtWilng. Die Tagesordnung hängt im Rathhause aus. Wilsdruff, den 11. September 1901. Der Bürgermeister. Kahlenberger. Allgemeiner deutscher Zimungstag. Der deutsche Jnnungs- und Handwerkertag, der in Gotha zusammengetreten ist, ist so stark besucht, daß eine förmliche Hotelnolh herrscht. Etwa 500 Delegirte sind aus allen Theilen des Reiches zusammengekommen, auch Vertreter von Reichs- und Staatsbehörden nahmen an den Berathungen Theil. Schon die Vorversammlung ver lief recht lebhaft, da von den verschiedensten Seiten An träge auf Vergrößerung der ohnedies schon 23, theilweise sehr ausgiebige Punkte enthaltenden Tagesordnung gestellt sind. Ein Antrag, bei Wahlen dahin zu wirken, daß mehr handwerkerfreundliche Kandidaten gewählt werden, ähnlich wie der Bund der Landwirthe wirkt, wurde abgelehnt. Eine sehr lebhafte Erörterung hatte der Antrag zur Folge, eine Erörterung über die Stellungnahme des deutschen Handwerkertages zum Zolltarifentwurf auf die Tagesord nung zu setzen. Der Vorstand hatte die Absicht aufgcgeben, dieses Thema zum Gegenstände der Erörterung zu machen. Von mehreren Seiten empfahl man diesen Beschluß des Vorstandes, da der Handwerkertag keine Veranlassung habe, sich in Widerspruch zur Regierung zu setzen. Wieder von andrer Seite wurde hervorgehoben, daß die Stellungnahme zum Zolltarif ja nicht verboten, daß sie aber Sache der einzelnen Innungen und Verbände sei. Nach langer er regter Erörterung wurde der Antrag, über die Zollfrage zu verhandeln, schließlich abgelehnt. Neber den Werth oder Iluwerth von Jnnungsausschüssen Meinungen aus zutauschen, wurde eine Commission uiedergesetzt. In der ersten Hauptversammlung begrüßte Ober meister Foster-Berlin die Anwesenden, insonderheit die Regierungsvertreter und sprach seine Genugthuung darüber aus, daß die Handwerker nun ein Organisationsgesetz hätten. Leider entspräche dasselbe nicht voll den Erwartungen, die man gehegt hätte. In Vertretung des Handelsministers begrüßte Geheimrath Hoffmann die Versammlung, wünschte den Berathungen besten Erfolg und betonte, daß dieselben jetzt dadurch besonderen Werth hätten, daß man sich über die Erfahrungen mit dem neuen Jnnungsgesetze aussprechen könnte. Das Andenken des verstorbenen Staatsimmsterv von Miquel ehrten die Versammelten durch Erheben von den Plätzen. Zum ersten Gegenstand der Tagesordnung ^.Die Abgrenzung von Fabrik und Handwerk" nahm der Buchdruckereibesitzer Mäser-Leipzig das Wort. Derselbe führte lebhafte Klage über die in dieser Frage ergangenen Entscheidungen des Reichsgerichts, die die Durchführung der Zwangsinnungen illusorisch machten. Die Auslegung, die das Gesetz in Preußen und Sachsen gefunden habe, sei geradezu eine Versündigung gegen das Handwerk. Jeder Groß- und Mittelbetrieb, der sich sträubt, der Innung an zugehören, erhalte heute Recht. An den höchsten Stellen scheint man nicht recht an die culturclle Bedeutung der Handwerkcrbewegung za glauben, und doch sei das Hand werk das einzige Bollwerk gegen die Sozialdemokratie! Hilfe sei nur noch von dem Kaiser zu erwarten, an den sich die Vertreter des Handwerks direkt wenden müßten. Während der von stürmischem Beifall aufgenommeuen Rede erschien der Verweser des Herzogtums, Erbprinz von Hohenlohe-Langenburg. Nach seiner Begrüßung durch den Vorsitzenden referirte Baumeister Feklisch-Berlin über die Organisation des deutschen Handwerks nach Handwerks kammern, Jnnungsverbänden und Jnnungsausschüssen. Redner machte die zügellose Gewerbefreiheit von 1869 für die Arbeiterbewegung und deren Folgen verantwortlich. Ueber die Frage der Regelung des Meisterprüfungswesens wurde eine Einigung noch nicht erzielt, sondern die De batte vertagt. Politische Rundschan. Der Kaiser hat seinen jüngsten Aufenthalt in Königsberg nicht ohne eine größere rednerische Kundgebung vorübergehen lassen. Am Montag Mittag erschien er mit der Kaiserin und dem Kronprinzen im Landeshause und nahm daselbst einen den Majestäten vom Grafen zu Eulenburg-Prauen dargebotenen Ehrentrunk entgegen. Hierbei hielt der Monarch eine längere Ansprache, in der er an die soeben in Königsberg begangene Er- inneruugsfeier der jetzt 200jährigen Erhebung Kurbranden- burgs zum Königreich Preußen anknüpfte und dann weiter der edlen Königin Luise, bereu Gedächtniß in diesen Tagen in der ostpreußischen Hauptstadt ja ebenfalls gefeiert worden ist, gedachte. Weiter berührte er das Hinscheiden der Kaiserin Friedrich und erinnerte ferner an Kaiser Wilhelm den Großen. Dann betonte er, wie auf seinen besonderen Befehl die Neichsinsignien zu den Königsberger Festtagen herbeigebracht worden seien, um hierdurch erneut zu be kunden, daß das Königthum Preußen und das deutsche Kaiserthum ihre Wurzeln in Königsberg und Ostpreußen hätten. Der erlauchte Redner bezeichnete im Anschlusse hieran die Festfeier vom 8. September als ein Symbol zur Erinnerung an die Bethätigung des preußischen König- thums von Gottes Gnaden und gedachte zugleich der guten wie schweren Tage, welche die Provinz Ostpreußen mit ihrem Königshause erlebt habe, wobei er namentlich auf die Zeiten der Befreiungskriege hiuwies. Die allerhöchste Kundgebung klang mit der Versicherung aus, daß die Krone Preußens allzeit den Schutz und die Förderung der In teressen Ostpreußens gewährleisten werde. Hierauf folgte die Enthüllung des Doppelgemäldes König Friedrich's I. und Kaiser Wilhelm's II., das der Kaiser der Provinz Ostpreußen geschenkt hat. — Am Montag Vormittag hatten die kaiserlichen Herrschaften und die anwesenden Prinzen des Königshauses an der feierlichen Einweihung der Königin Luise-Gedächtnißkirche theilgenommen, die unter dem Protektorat der Kaiserin erbaut worden ist. Um ^.2 Uhr Nachmittags erfolgte die Weiterreise des Kaisers von Königsberg nach Pillau, in welch' letzterer Hafenstadt sich daun der Monarch an Bord seiner Aacht „Hohenzollern" begab. An Bord derselben war der Reichskanzler Graf Bülow, aus Norderney über Berlin kommend, bereits am Montag Morgen eingetroffen. Um */z4 Uhr ging die „Hohenzollern" unter dem Salut der Strandbatterien und der Kriegsschiffe in See. Die Kaiserin ihrerseits begab sich im Laufe des Montag Nachmittag, begleitet vom Kronprinzen, von Königsberg nach Cadinen Letzterer reiste noch am Abend von Cadinen nach Berlin zurück. , , Kaiser Wilhelm über ferne Mutter. Berliner Blätter wollen aus guter Quelle wissen, daß der Kaiser am Tage vor seiner Abreise naH Königsberg Gelegenheit genommen habe, zu erklären, wie schmerzlich er von den unwahren und taktlosen Veröffentlichungen über die Kaiserin Friedrich berührt worden sei. Sein besonderes Mißfallen richtete sich gegen ein Berliner Blatt, das sich zur Ver breitung dieser sinnlosen Gerüchte hergegeben hatte. Der Kaiser fügte hinzu, es wäre doch wohl endlich Zeit, seine Mutter im Grabe ruhen zu lassen und sich lieber des vielen Guten zu erinnern, das sie gewollt und gethan habe. Man scheine noch immer nicht zu erkennen, was für eine vortreffliche Frau seine Mutter gewesen sei. Die verbreiteten Preßgerüchte, wonach sich an den neuen Zolltarif eine Reichsfinanzreform anschließen werde und wonach ferner die Regierung bei letzterer an geblicher Reform an eine Erhöhung der Reichssteuern denke, werden jetzt von der officiösen „Nordd. Allg. Ztg." als jeder tatsächlichen Grundlage entbehrend bezeichnet. Der bayerische Landtag ist auf den 27.September einberufen worden. Die „Judenschule". Während einer Gerichtsver handlung in einer rheinischen Stadt verwies der den Vorsitz führende Assessor einem Zeugen nichtjüdischen Glaubens sein allzulautes Benehmen mit den Worten: „Sie haben sich hier anständig zu betragen, oder glauben Sie vielleicht, Sie befinden sich in einer Judenschule? Wir sind hierin keiner Judenschule?" Durch diesen Vorgang fühlte sich der „Zeutralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens" gekränkt und wandte sich an die vorgesetzte Behörde, um dem Assessor aufzugeben, im amtlichen Sprach gebrauche Ausdrücke zu unterlassen, „welche geeignet sind, icrechtigte Gefühle einzelner Gerichtsangesessener, besonders in Bezug auf ihre Religion zu verletzen." Die Beschwerde hatte Erfolg; der zuständige Landgerichtspräsident er- theilte den Bescheid, es sei das Erforderliche veranlaßt worden, um den Ausdruck „Judenschule" künftig zu ver meiden. Eine solche Verordnung wäre nicht mehr als billig, denn es steht einem richterlichen Beamten, der doch die Unparteilichkeit in Person sein soll, schlecht an, in einer Amtshandlung die Gefühle eines, wenn auch geringen Theiles der Bevölkerung zu verletzen. Als Privatperson mag und soll er eine Meinung haben, welche immer er will. Das 2. Bataillon des 2. deutsch-ostasiatischen Infanterie-Regiments landet am 26. September in Triest, um dann mittels Sonderzuges über Wien nach der Heimath befördert zu werden. In Laibach und Cilli erfolgt auf Befehl des zuständigen österreichischen Korps- kommandos militärischer Empfang des Bataillons. In Thorn begann am Montag der Sensations- Prozeß gegen 60 polnische Gymnasiasten wegen Ge heimbündelei. Der ungarische Reichstag ist am Montag Vor mittag vom König inderOfenerHofburgmittels Thron rede geschlossen wordeu. Dieselbe wirft einen kurzen Rückblick auf die Ergebnisse der jetzt abgeschlossenen Le- gislaturperiode, gedenkt dankbar des gesetzgeberischen Aktes, durch welchen der ungarische Reichstag das Ge denken der Heimgegangenen Kaiserin und Königin Elisa beth ehrte, und bezeichnet die Beziehungen der Monarchie zu sämmtlichen Mächten als freundschaftliche. Olmütz, 10. Sept. In der letzten Nacht veranstalteten Deutschnationale vor dem erzbischöflichen Palais eine Katzenmusik unter den Rufen „Los von Rom!" — Eine solche Kinderei thut dem Ernste der Bewegung Abbruch. In Frankreich sind zur persönlichen Sicherheit des Czarenpaares bei dessen bevorstehender Anwesen heit die weitgehendsten Vorsichtsmaßregeln getroffen worden. So hat der Direktor der öffentlichen Sicherheit, Cavard, die Errichtung von Zuschauertribünen in den Straßen der Orte, welche die russischen Majestäten berühren werden, allgemein verboten. Diese Maßnahme scheint ganz streng gehandhabt werden zu sollen, denn selbst die Bitte des Bürgermeisters von Compisgne, doch wenigstens für die Senatoren, Deputirten und Bürgermeister des Nord-De partements eine Tribüne während des Czarenbesuches in Compisgne errichten zu dürfen, wurde abgeschlagen. Die italienische Regierung soll den französischen Behörden hundert