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MMM fiir NlsüE Sonnabend, den 24. August 1901 1. Beilage zu Nr. 100 der Schoner noch einmal, und in demselben Augenblicke bist »Was schreit der Mohrenkopf!" eiferte der Kapitän und stürzte auf den Neger los, „ein Wort noch, und ich erwürge Dich." „Kapitän Burcker," sprach Herr Monti, und trat auf ihn zu, „ich fordere Euch auf, das Schiff unverzüglich zu wenden. Wir kennen Eure Pläne, Ihr seid ein Elender." „Matrosen," rief auch ich, „gehorchet diesem Manne nicht mehr, er will das Schiff zu Grunde richten, um die Versicherungssumme zu unterschlagen. Es gilt unser aller Leben!" »Falsch, grundfalsch!" schrie Burcker. „Ihr seid Verleumder und Meutrer. Zu mir Kameraden, vergeßt nicht, daß ich Euer Kapitän bin. Kann ich auf Euch zählen?" „Ja, ja, auf Alle! Hurrah! D:r Kapitän!" In diesem Augenblick der Verwirrung stand der Schoner still, von einem furchtbaren Stoß erschüttert Alle standen schweigend da, Alle waren bleich geworden Nach einigen Sekunden feierlicher Erwartung folgte eine zweite Erschütterung, von einem fürchterlichen Gckrach be gleitet, dann stand das Schiff wieder still. Alle Segel waren aufgezogen; um das Schiff zu erleichtern, ward, was als Ladung darauf war, in die See geworfen; um sonst, der Schoner ward nicht flott. Der Mond war untergegangen, und finsterer und immer finsterer ward es um uns. Der Wind hatte sich wieder heftig erhoben, das Meer stieg, wüthendc Wogen peitschten den Kiel unseres Schoners: es war leicht vor auszusehen, daß es nicht lange dauern würde, dann müßte er in Stücke brechen. Der Kapitän befahl, die Schaluppe ins Meer hinauszulassen. Während er selbst mit all seinen Leuten daran arbeitete, erlaubte uns eine flüchtige Helle, in einiger Entfernung von uns einen Felsen zu unterscheiden, der etwas wie eine kleine Insel bildete. Die Schaluppe war schon zum Abstoßen bereit, da krachte ZUM 12. Sonntage nach Trinitatis. 1. Jvh. 1, 6: So wir sagen, daß wir Gemeinschaft niit ihm haben und wandeln in Finstcmiß, so Ingen wir und thun nicht die Wahrheit. Auf einen traurigen Unterschied macht der Aposte Johannes uns in diesem Worte aufmerksam, auf den so oft vorkommenden Unterschied zwischen Worten und Werken. Schon im gewöhnlichen Leben ist es bedauerlich, wenn dieser Unterschied besteht. Was macht das für einen Ein druck auf ein Kind, wenn die Mutter ihm eingeschärft hat, daß Lügen Sünde ist und das Kind ertappt die Mutter selbst bei einer Lüge, etwa in dem nicht seltenen Falle daß sie einem unwillkommenen Besuche sagen läßt, sie se nicht zu Hause. Dadurch wird die Hochachtung vor der Mutter zerstört und dem Kinde eine schmerzliche Enttäusch ung bereitet. Viel schwerer aber wiegt es, wenn die Welt solche Enttäuschungen erlebt bei den Christen. Dadurch kommt die Sache des Herrn in Mißkredit bei der Welt, daß cs so viele giebt, die das Christenlhum nur im Mnnde führen. Es giebt ja manche, bei denen besteht das Christenthum nur in Worten. In einer alten japanischen Sage wird eine Seele durch die Räume des Himmels geführt. Da ist auch ein Saal, in dem liegen auf großen Tischen lauter Zungen. Die Seele fragt, was das zu bedeuten habe und der Führer antwortet, das seien die Zungen, die auf Erden so fromm geredet hätten. Das Herz ist in der Verdammniß, nur die frommen Zungen sind im Himmel. Das ist eine sehr ernste Wahrheit. Sie weist uns hin auf de« traurigen Unterschied zwischen Worten und Werken. Aber es sind nicht nur die frommen Schwätzer, die die Sache Jesu schädigen. Auch Kinder Gottes geben manchmal berechtigten Anstoß, weil sich ihr Leben nicht deckt mit ihrem Bekennen. Wir haben Grund, sehr vorsichtig zu sein mit unserem Sprechen, aber noch viel vorsichtiger mit in unserem Wandel. Es ist keine gute Losung: Thut nach meinen Worten, aber nicht nach meinen Werken! Die rechte Losung für Kinder Gottes hat Gerhard Tarstrcgen ge prägt, wenn er wünscht: „In Wort und Werk und allen, Wesen Sei Jesus und sonst nichts zu lesen." Dann ist kein trauriger Unterschied mehr vorhanden, wenn Jesus unsere Worte und unsere Werke regiert, dann giebts selige Harmonie. keilen suchte er uns seine Dankbarkeit zu bezeigen: „Miß Harriet ein Engel sein, und er ihr dienen wollen auf den Knieen." In den ersten Wochen erfreuten wir uns eines herr lichen Wetters. Fast jeden Abend verplauderten wir auf deni Verdecke. Eines Abends, als wir im Hellen Mond schein so beisammen saßen, gewahrte ich Salomon, der sich mir verstohlen näherte und den Finger auf den auf geworfenen Mund legte, um mir Vorsicht zu empfehlen. Ich trat zu ihm: „nun, Salomon, was giebt es, hast Du mir etwas Besonderes zu sagen?" „Ja, ja, etwas sehr Wichtiges. — Aber ..." Hier stockte er und schaute mit Blicken voll unsäglicher Furcht um sich. „Fürchte nichts, der KapiEr schläft in seiner Hänge matte, und die Matrosen können uns nicht sehen." „Daun ich es sagen können. Ihr alle in großer Gefahr schweben . . . ., der Kapitän beschlossen haben, das Schiff zu Grunde zu richten. Vorige Nacht ich Ka-^ pitän Burcker und den Leutnant belauscht habe. Der Schoner versichert ist für viel Geld und enthält nichts, gar nichts. Gefüllt sind Kisten und Koffer mit Sand und Asche, mit im Geheimniß sein die ganze Mannschaft. Die Sandbank von Bahama . . . ." „Was machst Du verdammter Mohrenkopf. Weshalb nicht an Deiner Arbeit, faules Unthier?" Bei dem ersten Laut dieser Stimme hatte sich Salo mon davon gemacht, so schnell ihn nur seine Beine tragen wollten. Doch hatte er nicht einen Fußtritt vermeiden können, den ihm der rohe Kapitän versetzte, und der ihn fast zu Boden streckte. Ich aber wußte mich vor Staunen kaum zu fassen. Was ich soeben erfahren, g«b mir ein schreckliches Licht über alles, was mir bis dahin dunkel geblieben. Das ganze Benehmen des Kapitäns, unsere so plötzliche Abfahrt, dem widrigen Winde zu Trotz, waren mir jetzt kein Räthsel mehr. Ich faßte unsere ganze Lage aufmerksam ins Auge, und suchte nach Mitteln, den höllischen Plan des Kapitäns zu vereiteln. Sobald Miß Monti sich in ihre Kajüte zurückgezogen, setzte ich ihren Vater davon in Kenntniß. Nachdem wir uns lange berathen, kamen wir zu dem Beschlusse, Alles, was wir in dieser Lage thun wnnten, sei, daß wir die Ausführung von des Kapitäns Plan ruhig erwarteten, und dann aus den Umständen so viel Stutzen zögen, als «ur möglich sei. Drei Tage vergingen. Am Abend des vierten saßen wir Drei auf dem Verdecke. Ein frischer Wind wehte. Unser Schiff durchschnitt die Wogen nugcwöhnlich schnell, der Kapitän kam auf das Verdeck, griff nach der Sonde und warf sie mehrere Male aus. Unter der Mannschaft herrschte ein unheildrohendes Schweigen. Alle Matrosen waren auf das Verdeck gekommen und sahen ihren Ka pitän mit ausdrucksvollen Blicken an. Salomon hatte sich auf das Hinderdeck niedergekauert. Plötzlich schrie er laut auf: „Die Bank, die Bank, wir auf die Sandbank gerathcn, schon sehe ich ihre Riffe, wir werden festsitzen, gleich festsitzen!" „Na, überlege Dir die Sache," nickt Biermann, „Du bist mir zu jeder Stunde angenehm, das weiß Du ja. Sage 'mal, Karl, wie steht es eigentlich mit dem Mädel, der Friede? Siehst Du sie zuweilen?" . „Ja, Onkel. Ihre Stimme ist wundervoll. Ste kann früher vor die Oeffentlichkeit treten, als wir glaubten. Herr Rafaelli prophezeit ihr eine große Zukunft." „Ja, wunderhübsch ist das Frauenzimmer," bestätigt )er Alte aber — aber —" Aber — Onkel«" Doktor Wolffhardts Antlitz nimmt einen"gespannteu Ausdruck an, ei» unruhiges Licht erscheint M Mmm m NMiM. Roman von Emmy von Borgstede. (26) (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) ! her. — Wir Alle stürzten in die Schaluppe, nur Herr Monti - nicht, der seine Tochter meiner Obhut überließ, und noch - einmal in seine Kajüte zu dringen versuchen wollte, um ! daraus einige wichtige Papiere zu retten. Als er wieder über Trümmer und Segelwerk emporsticg, und in die Schaluppe springen wollte, faßte ihn eine ungeheure Woge und riß den unglücklichen Vater mit sich fort. Miß Monti fiel, als sie das sah, besinnunaslos nieder, der Kapitän ließ indeß das Thau kappen, und befahl auf die kleine Insel zuzusteuern. „Denken wir nicht mehr daran, den alten Mann zu retten, wir können von Glück sagen, wenn wir selbst davon kommen," sprach er. Die Matrosen ruderten auf das Angestrengteste, und wir erreichten glücklich die felsige Insel, aber als wir dort landeten, zerbarst die Schaluppe. Es herrschte noch immer so tiefe Dunkelheit, daß Niemand von uns versuchen konnte, die Beschaffenheit der Insel, die uns geborgen hatte, zu erforschen. Ich hatte Miß Harriet, die noch immer in tiefer Ohnmacht lag, in eine Höhe getragen, die sich glücklicher Weise dicht neben unserem Landungsplätze gefunden hatte. Endlich erwachte ssie aus ihrer Ohnmacht, und mußte die traurige Gewiß heit erhalten, daß ihr Vater nicht mehr sei. Ihr Schmerz war herzzerreißend. Nach Verlauf einer Stunde eilte Salomon voll Freude zu mir her; er hatte eines Menschen Hilferuf ge hört, und glaubte, Herr Monti lebe noch. Ich folgte ihm alsbald in der Richtung, die er mir bezeichnete, und wir riefen aus Leibeskräften, .... Eine Stimme, die ich im Augenblick erkannte, antwortete uns. Dem Himmel sei Dank, Herr Monti hatte sich gerettet. Er hatte sich an einem der Schiffstrümmer gehalten, und das Ufer ge wonnen. Jetzt mar er, das rief er uns zu, von uns durch einen kleinen Meerbusen getrennt, den er zu umgehen versuchen wollte. Obgleich die Entfernung kaum erlaubte, uns ihm verständlich zu machen, so suchte ich ihn doch davon abzu bringen, da ich es bei der Dunkelheit, die noch herrschte, für sehr gefährlich hielt, und eilte, nachdem ich ihn be stimmt hatte, zuvor ruhig den Tag abzuwarten, zu seiner Tochter, ihr die Glücksbotschaft von ihres Vaters Rettung zu bringen. Voll Ungeduld erwarteten wir den Tag. Endlich, endlich erschien er, und in seinem Lickte konnten wir Herrn Monti an dem andern User der Bucht sehen, deren Um fang wir etwa auf fünfhundert Fuß berechneten. Wir sahen ihn jetzt forteilen, um die Bucht zu umgehen, wäh rend Salomon ihm entgegen eilte. Noch war keine halbe Stunde vergangen, als der Neger allein und mit verstörter Miene zurückkam. „Wir uns irrten," schrie er, „keine Bucht sein, sondern ein Kanal, zwischen zwei getrennten Inseln!" Diese unerwartete Neuigkeit erweckte noch einmal die lebhafteste Unruhe in uns. Weder Herr Monti, noch ich konnten schwimmen, und die Schaluppe war so geborsten, und schadhaft, daß es unmöglich war, sie ein zweites Mal ins Meer zu lassen. (Schluß folgt.) in seinen Augen. . Na weißt Du, mein Junge, hübsch war es doch keinesfalls von der Friede, daß sie partout auf das ganze Geld bestand und die arme Adcltraut so zum Verkauf des Gutes zwang. Ich habe es ihr lange nachgetragen. Und die eigene Schwester noch dazu so zu quälen!" „Wir sind in dieser Sache, glaube ich, zu sehr Partei, um gerecht sein zu können", wirft Herr van der Straaten n seiner gütigen Art ein. „Daß Friede sich nach einem besserem Loose und Entfaltung ihrer Kräfte sehnte, cheint mir doch natürlich. Vielleicht hätte sie etwas mehr Rücksicht walten lassen können —" „Können — nein, Straaten, sage nicht können, sondern sie hatte es müssen!" fällt da Doktor Wolffhardt dem Sprech- nden schneidend und eisig in's Wort. „Was hilft die anze, göttliche Schönheit einer Diana, wenn das Herz von Eis ist! Warum aber erfahre ich diese Thatsachen erst heute?" Es klingt wie eine Anklage und des Mannes Antlitz Aapitän Burcker. Erzählung nach dem Englischen von W. Collina. (Nachdruck verboten^ Ich befand mich im Sommer des Jahres 1854 in Baltiniore, als mich unerwartet ein dringendes Geschäft nach St. Thomas berief. Ich suchte alsbald ein Schiff, das bereit war, nach diesem Orte abzugehen. Nur ein kleiner Schoner lag segelfertig vor Anker; die innere Ein richtung desselben war nichts weniger als bequem, und sein Kapitän hatte den Ruf eines mürrischen, unverträglichen Mannes. Da ich große Eile hatte, beschloß ich, auf dessen Schoner meine Reise zu machen. Ich ließ mein Gepäck an Bord tragen, und bat den Kapitän, mich zu benach richtigen, wenn er die Segel zu lichten gedenke. Ein junger Manu ist selten verlegen, wie er seine Tage hinbringen soll, ich verbrachte deren zwei in der angenehmen Aufregung, welche die Aussicht auf eine See reise veranlassen kann. In der zweiten Nacht hatte ich mich zur Ruhe gelegt, nachdem ich mich überzeugt, daß der Wind noch immer unserer Abfahrt entgegen sei; starkes Klopfen an meiner Thür weckte mich aus süßem Schlafe. Herr, der Schoner ist schon unter Segel, hieß es, die Anker werden gelichtet, der Kapitän Burcker läßt Ihnen sagen, Sie möchten unverzüglich an Bord kommen. Im Augenblick war ich aus dem Bette und kleidete mich in aller Eile an. Ein Kahn wartete meiner, und nach Verlauf einiger Minuten stand ich am Bord des Schoners. Der Kapitän war so beschäftigt, daß er meine Ankunft kaum zu bemerken schien. Ich blieb auf dem Verdeck bis wir den Hafen hinter uns hatten und im weiten Meere segelten. Der Wind blies uns noch immer entgegen. Vergeblich suchte ich mir zu enträthseln, was die ganze Abfahrt unter diesen ungünstigen Umständen bedeuten sollte. Als ick später in den Speisesaal trat, war ich ebenso überrascht als erfreut, daselbst eine sehr schöne junge Dame und einen alten Herrn zu finden, der ihr Vater zu sein schien. Ich wurde ihnen als Reisegefährte vorgestellt. Herr Monti war ein seiner Mann von reichem Wissen. Seine Tochter, Miß Harriet Monti, war in einer den Kreolinen durchaus eigenthümlichen Art schön. Ihren Vater liebte sie leidenschaftlich. „Sie hat nur mich noch auf der Welt," pflegte er mir oft zu sagen, „und ich, ich lebe nur für sie." — Kapitän Burcker blieb uns gegenüber stets kalt und zurückhaltend, mit seinen Leuten stand er dagegen auf vertrautem Fuße. Nur ein Neger, der zum Dienste der Kajüte an Bord war, war jeden Tag die unglückliche Zielscheibe seiner Brutalität. An den Schmerzen dieses Unglücklichen schien der Kapitän eine wahre Lust zu finden. Salomon, so hieß der Schwarze, erfüllte oft das ganze Schiff mit seinem kläglichen Geschrei, während sein Herr, - als ob er sich in seiner Grausamkeit berausche, mit stets brach er auseinander und die Wellen schossen über ihn verdoppelten Schlägen ans den Armen einhieb. Mehrere Male entrissen wir ihn den Händen des Schrecklichen, und so gewöhnte sich der arme Salomon, in uns seine Be schützer zu erblicken. Durch tausend kleine Aufmerksam-