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WeMM für Wilskliss Marandt, Maßen, Sieöentehn und die Amgegendm. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttannrberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne,Sachsdo rf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, — Seeligstadt, Specklsbausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg- pro oiergespaüene Lorpnszeile. .. nnd Perla« v»n Marrin Berger in Wilsdrun. — Bemntworüich für die Redaknon Markin Beiqer daieN-n No. 83. f Dienstag, den 1«. Juli L«»1. «». Jahrg. politische Rundschau. Der Kaiser hat am Sonnabend Odde, die erste Station seiner diesjährigen Nordlandsfahrt, wieder verlassen und seine Tour mit der „Hohenzollern" weiter nordwärts fortgesetzt. Während seines mehrtägigen Aufent- Halles in Odde unternahm der Monarch von dort aus wiederholt Ausflüge, die durchweg vom günstigsten Wetter begleitet waren. . Die Kaiserin ist mit den sie begleiten kaiser. Uchen Prinzen mit der Dacht „Iduna" in Glücksburg zu einem Besuch der Frau Herzogin Karoline Mathilde von Schleswig-Holstein eingetroffen. Der geplante Aufent halt der kaiserlichen Herrschaften auf Schloß Wilhelms höhe bei Cassel ist bis auf Weiteres verschoben worden. Der Reichskanzler Graf Bülow soll sich nach übereinstimmenden Versicherungen von verschiedenen Seiten von der Nothwendigkeit und Nützlichkeit der Diäten für die Reichstagsabgeordneten überzeugt und seine Geneigtheit, die Reichstagsdiäten zuzugestehen, ausgesprochen haben. Sollte dem wirklich der Fall sein, so darf man Wohl annehmen, daß der Bundesrath unter dem Einflüsse des Kanzlers dem bekannten Diätenantrage des Centrums zustimmen wird, zumal derselbe ja vom Reichstage mit großer Mehrheit genehmigt worden ist. Der Bundesrath hat allerdings vor seiner Sommervertagung nicht mehr Zeit gefunden, sich mit dem Diälenantrage zu befassen, so daß die Entscheidung in dieser Angelegenheit bis zur nächsten Session der genannten Körperschaft verschoben bleibt. Hoffentlich findet dann aber die Diätenfrage ihre entgiltige Lösung im Sinne der Rcichstagsmehrheit, wo mit diese parlamentarische Seeschlange glücklich aus der Welt geschafft sein würde. Die börsenfreundliche „Voss. Ztg." erblickt in den Vorgängen der jüngsten Wochen das Spiegelbild einer von oben herab sich vollziehenden Rückwärtskonzentrirung. Das sei eine Procedur, die mit schmerzlosen Zuckungen verknüpft, aber doch das einzige Mittel zur Gesundung der Gesammtlage sei. Die Banken müßten sich ihrer eigenen Haut wehren, indem sie in erster Reihe ihre eigene Liquidität aufbessern. Wer durch die dabei angewendeten Zwangsmittel zu Schaden kommt, für den mag es eine neue Lehre sein, Geschäfte in Wertpapieren nicht mit fremden Mitteln zu machen. Aber auch die industriellen Institute, die in guten Zeiten allzusehr an Vcrgrößerungssucht gelitten haben und, auf die Banken gestutzt, ihren Kredit allzureichlich in Anspruch genommen haben, empfangen eine schmerzliche Lehre, wenn ihnen seitens dieser Banken in Zeiten der gewaltsamen Ein schränkung die bisher im reichsten Maße dargebotenen Mittel entzogen oder verringert werden. An den Banken aber ist es, durch rückhaltsloseste Offenheit in Gestalt von baldigst zu veröffentlichenden Halbjahrsbilanzen zu er- welsen, welche Fortschritte in dem abgelaufenen Halbjahr ihre Bemühungen zur Herbeiführung einer größern Liqui- dltat gemacht haben. Solche Ziffern werden mehr als alle schonen Worte geeignet sein, daß übertriebene Miß trauen über die Lage des deutschen Bankenthums im In- und Auslande zu beschwichtigen. Die große Elektrizitätsgesellschaft Schuckert in Nürnberg, welche bisher 14°/„ Dividende gezahlt hatte, läßt in diesem Jahre ihre Gläubiger also wirklich ganz leer ausgehen ^osolge der durch die Dresdener Platten erlittenen Verluste ist das Werk hochzufrieden, wenn es sich nur gerade noch über Wasser erhält. So bittere Enttäuschungen Hütte noch vor wenigen Wochen kein Mensch für möglich gehalten. Jetzt aber, wo es Tag für Tag die Konkurse nur so hagelt, muß man sich auf Alks gefaßt machen Viel sauer erfpartes Geld geht verloren, viel tüchtige Arbeiter werden brotlos. Und all' dies Unglück nur, weil einige wenige Personen gewissen- los genug waren, das in sie gesetzte Vertrauen schmählich zu mißbrauchen und fremdes Geld zu verschlemmen und z» verschwenden. Wenn nun auch die größten und allge- Mn anerkannten Banken die Finanzkrise überdauern werden, so daß der Krach allemand, wie er besonders in französischen Blättern fortgesetzt mit großer Begeisterung dargestellt wird, nicht entfernt die niederschmetternde Be deutung gewinnen kann, die ihm von unsern guten Freunden jenseits der Vogesen gewünscht und prophezeit wird, so war die Lehre doch bitter genug, um nicht wieder vergessen zu werden. Vor dem Landgericht zu Posen hat am 11. Juni ein großer politischer Prozeß wegen polnischerGe- heimbündelci begonnen. Es sind dieses Hochverraths- vergcheus im Ganzen 13 polnische Herren, theils deutsche, thcilS österreichische und russische Untcrthanen, angcklagt, doch hat sich die Mehrzahl von ihnen ins Ausland ge flüchtet. Die Angeklagten sind sämmtlich „Akademiker" und zwar Studirende an verschiedenen deutschen Universi- täten und technischen Hochschulen; sie gehören nach ihrem eigenen Geständniß alle der 1896 gegründeten national- polnisch-demokratischen Partei an und sind zugleich Mit glieder des Vereins der polnischen Jugend. Die Anklage bezeichnet es als das Ziel des letzteren, die polnische Ju gend zu organisiren und sie im Geheimen darauf vorzu- bcreiten, daß nötyigenfalls mit Gewaltmitteln die früheren polnischen Landestheile zu einem unabhängigen Reiche zu vereinigen seien. Auch sollen Beziehungen zwischen dem Polnischen Jugcndverein und den Geheimvcrbindungen unter den polnischen Gymnasiasten bestanden haben. Die Angklage stützt sich auf aufgefangene Briefschaften, Pro klamationen, Rundschreiben und andere Beweismittel der Staatsanwaltschaft. Im Sachsenwalde bei Friedrichsruh hat am Freitag Nachmittag die feierliche Einweihung des dort errichteten Bismarck-Thurmes in Gegenwart einer gröberen Festversammlung, an ihrer Spitze Fürst und Fürstin Herbert Bismarck, stattgefunden. Dte italienische Regierung hat bei der Pforte der Errichtung italienischer Postämter in Albanien durchgcsetzt. Bis jetzt gab es in dieser türkischen Grenz- Provinz nur österreichisch-ungarische Postämter. Das große Problem des lenkbaren Luftschiffes scheint jetzt in Frankreich seiner Verwirklichung näher ge- bracht zu werden. In St. Cloud bei Paris unternahm der Luftschiffer Santos Dumont mit einem von ihm er fundenen Luftschiff, bei allerdings fast windstillem Wetter, wiederholte Auffahrten, von denen er stets an seinem Aus gangspunkte wieder eintraf. Am Sonnabend gedachte Santos Dumont sich durch eine Fahrt mit seinem Luft schiff um den 100000 Francspreis zu bewerben, den der Großindustrielle Henri Deutsch für das erste lenkbare Luftschiff gestiftet hat. — Der Erfinder hat aber inzwischen nach seiner glücklich verlaufenen Fahrt den auf ihn ge- fallenen 100,000 Francs-Preis abgelehnt. Die von Konstantinopel aus drohende Pestge fahr scheint von den zuständigen Stellen für nicht so ernst erachtet zu werden, denn laut einer Meldung aus Konstantinopel vom 12. Juli ist am genannten Tage der Verkehr der Orientexpreßzüge wieder ausgenommen worden. Der Rrieg mit China. Die Räumung Chinas ist zwar zum großen Theil vollzogen, immerhin aber entbehrt es nicht des Interesses, zu hören, welchen Eindruck sie auf die in Ostasien lebenden Europäer gemacht hat. Aus Shanghai schreibt man dazu unter dem 2. Juni: „Nach fast zwölfmonatlicher Okkupation Chinas fangen die Truppen der Verbündeten jetzt an, das Land zu räumen und nach Hause zurückzukehren. Wenn man die Frage beantworten will, was die Armee der Verbündeten denn eigentlich in China zu Stande gebracht hat, so ist es er forderlich, sich für einen Augenblick die Situation ins Ge- dächtniß zu rufen, welche das Hinaussenden dieser Truppen nothwendig machte, und damit die heutige Lage zu ver gleichen. Obwohl längst nicht Alles geschehen ist, was hätte gethan werden können, wird doch der Wiedereinzug von Frieden und Ruhe von allen Seiten freudig begrüßt. Recht und Ordnung scheinen wieder eingesetzt zu werden, wofür die schnelle Unterdrückung des letzten schwachen Ausbruches von Unruhen ein befriedigender Beweis ist. Man darf heute ohne Uebertreibung behaupten, daß der chinesische Hof sobald nicht wieder mit dem Feuer spielen und sich die Finger verbrennen wird. Die herrschenden Klassen in China haben sich überzeugt, daß China mit den „fremden Teufeln" nicht nach Belieben umspringen kann, sondern sich nach gewissen internationalen Gebräuchen und Gesetzen zu richten hat. Dies ist ein großer Schritt vorwärts, und vielleicht dauert es jetzt gegen alle Erwart ung gar nicht mehr so lange, bis der Chinese sich rück haltlos dem Einflüsse des Auslandes hingiebt und den Fremden nicht mehr als Feind, sondern als guten Freund betrachtet. — Mit der Auflösung der verbündeten Armee schließt die interessanteste internationale Episode ab, welche die Well jemals gesehen hat." Die neuesten Depeschen lauten: Peking, 13. Juli. Ein aus Vertretern der Mächte und den kommerziellen Körperschaften in Shanghai ge bildeter Ausschuß Hal sich über einen Plan geeinigt, die Schifffahrtsberhältnisse auf dem Wusung zu verbessern. Wahrscheinlich nehmen die Gesandten in die Friedensbe dingungen auch die Forderung der Regulirung des Wusung- flusses auf. Die Fahrrinne soll so erweitert werden, daß auch die großen Pacificdampser mit 28 Fuß Tiefgang vor Shanghai ankern können, statt 20 Meilen stromabwärts. Zur Durchführung des Werkes sind 750000 Psd. Sterling erforderlich, ebenso bedeutende jährliche Aufwendungen, um die Arbeiten in Stand zu halten. Ferner soll die Schifffahrt auf dem Peiho nach Tientsin verbessert werden. Die verhältnißmäßig geringen Kosten hierfür sollen durch einen Zuschlag zu den Lokalabgaben gedeckl werden. Peking, 12. Juli. Prinz Tschun ist heute nach Deutschland abgereist. Am Bahnhof war der deutsche Gesandte und eine deutsche Ehrenwache anwesend. Der Prinz geht in Shanghai an Bord des Lloyodampfers „Bayern", der ihn nach Genua bringt, von wo er mit der Eisenbahn nach Berlin fährt. Der Lransvaalkrieg. Eine hübsche Probe von Heuchelei entwickelt die „Times" in einem Telegramm, in welchem sie der Forder ung anderer Blätter nach drastischen Maßregeln gegen die Boeren widerspricht. Es ist darin die Rede davon, daß England den Krieg in Südafrika mit einer Humanität geführt habe, die unübertroffen in der Geschichte dastche. Was für eine eiserne Stirn muß man haben, um Ange sichts der von Miß Emilie Hobhouse ergreifend geschilderten Barbareien und der in amtlichen Schriftstücken der Boeren enthaltenen Mittheilungen über englische Kriegsführung von Humanität des englischen Verhaltens gegen die Boeren zu sprechen! Wenn etwas im Stande wäre, den Zorn der gesitteten Welt über die haarsträubenden Un- Menschlichkeiten der Engländer zu steigern, so ist es diese heuchlerische Selbstberäucherung, mit der man der Welt einen blauen Dunst vormachen möchte. Man vergleiche nur damit die nachstehende schlichte Erzählung unerhörter Kriegsgreuel, die in einem Briefe eines auf der Heimreise befindlichen englischen Invaliden an seine Eltern in London enthalten ist: „Ich stand mit meinem verbundenen Arm auf Posten. Line junge Boerin — von Hunger entstellt und entkräftet — chlich sich an meine Seite. Ein Sergeant hatte sie zwingen vollen, und als sie sich nicht geben wollte, hatte er ihre beiden Kinder, ein Mädchen von zwei Jahren und einen Säugling, mit sich in sein Zelt genommen mit der Drohung, die Kinoer verhungern zu lassen, wenn sie sich nicht fügen würde. (!!) Sie bezeichnete mir das Zell des Sergeanten, der - wie ich wußte — diese Nacht auf Patrouille ge- chickt war. Als wir uns dem Zelte näherten, hörten wir daraus ein schwaches, klägliches Wimmern — wie aus veiter Ferne kommend — an unser Ohr schallen. Wir anden das älteste in der Ecke des Zeltes nackt und frierend und kaum noch im Stande, sich zu bewegen. Von ihm kam das klägliche Winseln. Das Baby aber fanden wir