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AniMe imch die pariser DtÜWßMz. Von Paul L indenberg. (Nachdruck verboten.) Der Spanische Palast. — Monaco. — Schiveden. - Griechenland und Serbien. — Rumänien. — Die übrigen Pavillons. An Deutschland reiht sich, wenn wir weiter wandern, Spanien, das einen prächtigen Palast errichtet hat, der in seinen hellgelb gehaltenen Außenseiten viele bauliche Erinnerungen an die Schöpfungen der Renaissance zu einem gefälligen Ganzen verbindet und an das Schloß des Grafen von Monterey in SAamauca gemahnt. Das Innere mit der säulengetragenen Ehreuhalle und den Mbensälen, deren hvlzbekleidcte Wände mit schönen alten Gobelins bespannt sind, sowie den herrlichen kunstvollen Waffen aus dem Museum in Madrid, wirkt ebenso vor nehm wie ansprechend; von großem Interesse sind Klei dung und WaffeugeräthBoabdil's, des letzten Maureukönigs, dessen Gedenken in Sage und Dichtung noch heute weiter lebt. Nun folgt Mouaeo mit einer freundlichen und ge fälligen Villa, wie mau sie an den Gestaden des Mittel ländischen Meeres erblickt, nnr daß hier in die Vorderfront ein trutziger Thurm hineiugebaut ward, zur Eriuucrung daran, daß Monaco einst ein kräftiges Seeräubernest ge wesen. Es war nicht vorsichtig, solche Schalten herauf zubeschwören! Heute Hausen andere Räuber dort, uner bittlicher, raubgieriger, vernichtender, wie ehemals die Pi raten. Was die Villa birgt, ob Tabellen über die jähr lichen Selbstmorde in Monte Carlo oder nähere Angaben wieviel Glück dort jahrein jahraus zur Schande der ge summten Kulturwelt vernichtet wird, kann ich leider nicht vcrrathen — das Thor war stets geschlossen Acußerst ansprechend erschcintdcrPavillon Schwedens, aus dem ein von mehreren Thürmchen und Galerien um gebener, luftiger Thurm aufsteigt, der ebenso leicht ge formt ist, wie der ganze nur ans Holz bestehende über- mülhige Bau, dessen bunte Verzierungen, Fahnen und Wimpel so recht zu seiner flotten Gestaltung paffen. In ihren kleidsam-farbigen Trachten sind im Inneren mehrere niedliche Schwedinnen, mit Spitzklöppeln und Sticken be schäftigt, in reicher Weise ist sodann die vielfache Verwen dung des Holzes veranschaulicht, und mehrere Dioramen schildern die Naturschöuhcilm Schwedens im falben Glanz der Hellen Sommernächte. Ernst, fast lrntzig schaut der Pavillon Grieche nl ands drein, mir seinen Kuppeln und seinem kreuzförmigen Ban euer Kirche in byzantinischem Stil gleichend. Daß Kunst und Kunsthandwerke auch im heutigen Griechenland aui- merlpame Pflege finden, beweisen die reichhaltigen und sorgfältig zusammengestellteu Ausstellungen, unter tun Ge mälden herrscht die model ne französische Richtung vor; an eine große Vergangenheit gemahnen die aus dem XV. Jahrhundert b. Ehr. stammenden. Goldfunvc von Mycenae mit Krügen, Schüsseln, Schmucksachen und der golocnen Gesichtei mske eines Königs, die dem sogenannten Grabe des Agamemnon entnommen wurde. Wenn das heutige Grichenlm d sich auch gehörig, nicht gerade zu feinem Vortycil gegen das frühere geändert hat, der Wein ist ihm doch geblieben, und von ihm und seiner Bedeutung für Vann und Volk kündet mancher Theil in diesem Bane. Den langen Reigen der Bauten links der Seine schließt Serbiens Pavillon ab, gleichfalls in byzanti nischem Kirchenstil gehalten, von ernsten, doch dabei ein nehmenden Formen. Schmucksacheu in Gold- und Silber- Filigran, leichte Gewebe, Stickereien, Kostüme Teppiche, Waffen, Tabak, alles in dekorativem Aufbau, bilden den Inhalt. Hinter diesen, ihre Fronten dem Strome znkehrenden Pavillons erstreckr sich eine zweite Reihe von Bauten anderer Nationen, getrennt von den ersteren durch eine schattige Allee, die gern zu Promenaden benutzt wird. vUl sic von dein Serbischen Pavillon einbiegend, stoßen wir zunächst auf den großartig angelegten und mit hin gebender Sorgfalt ausgeführten Palast Rumäniens der Mit seiner Hanptknpvel und seinen beiden seitlichen Glockenthnrmen, den bunten und gewählten Außeuverzier- nnaen, dem umfassenden und doch Ganzen würdig „„gepaßten, dekorativen Beiwerk den Ltr^ rumänischen K rcheubanten des XVI. nud XVII. Jahchundcrts vor- sftich verkörpert. Beim Eintritt öffne sich eure mächtige, 2 hohen Säulen getragene Halle, die rechts und links Vvn weiten Sälen begrenzt wird, während eine breite mit Jahnen und Teppichen verzierte Treppe zu dein oberen S ockwerk sichet. Die Ausstellungsgegenstand sind un gemein Mannigfaltig und zeigen, auf wievieleu Gebieten unter der chatkräftigen, anspornmdcn tÄs nnd!n^??^henzollern-Königs überraschend Tuch- ltge-. und Werthvolles leistet, namentlich in industrieller, und im itarcs aer Hinsicht; aber auch das Kunstgewerbe, ^chulwewu, Buchhandel und Wissenschaften kommen voll zu ihrem Rell neben Wohlfahrtspflege und dem Ausbau der Eisenbahnen wie Hafenauiagcn. Die Schütze, welche der rumänuche Boden birgt: Metalle, Salz, Kohlen, Pe troleum ec., lernen wir iu ihrer Gewinnung und Ver- werlhung kennen; neben wftbareu alterthümlichenKirchen- geräthen in Gold und Silber sind neue schönheitsvolle Erzeugnisse der sehr gepflegten rumänischen Gold- undi Silberschmredeknnst ausgestellt, und die hohe künstlerisches Begabung der Königin von Rumänien tritt uns in einem von ihr geschriebenen und meisterhaft illustrirten Evan- gelieubuche entgegen. Der junge Staat hat sich die Aus stellung viel kosten lassen, aber sie wird gute Früchte tragen, sieht man doch, welch' ernsten Antheil das kraftreiche Land am friedlichen Wettkampfe der Völker nimmt. Sehr bescheiden tritt in engster Nachbarschaft Bulga rien auf, das in seinem hallenartigen Bau sich hauptsäch lich auf eine Ausstellung der Weine, Teppiche, Rosenesseuzen beschränkte neben der Vertretung einzelner Ministerien. Bulgarien betheiligt sich übrigens zum ersten Male an einer Weltausstellung, und in Anbetracht dessen verdienen seine Anstrengungen uno Opfer volle Anerkennung. Zierlich und originell mit seinem auf massivem Unter bau sich erhebenden Holzgestell aus Tannenstämmen er scheint der Pavillon Fin lands mit Ausstellungen des Forst- und Minenwesens, der Schulen, des Wegebaues; elegant, im einfacheren Stil der Spät-Renaissance tritt uns jener Luxemburgs entgegen, der Einzellheilen des alten Luxemburger Rathhauses, heute Großherzoglichen Palais, nachgebildet ist. Industrielle, landwirthschaftliche und kunstgewerbliche Ausstellungen füllen die freundlichen inneren Räume aus, einen breiten Platz nimmt das Schul wesen ein. Persien folgt mit einem schlichten Pavillon, der desto herrlichere Teppiche und Waffen, in Art von Bazaren ausgestellt, enthält, dann Portugal mit einem außen wie innen Fischerei und Schiffswesen verkörpernden schmäch tigen Bau, hieraus Peru mit einein nnr aus Eisen und Stein errichteten, einfachen Gebäude, das auch innen nichts merkwürdiges bietet, und endlich Dänemark mit einem liebenswürdigen Landhäuschen, wie es sich mit Anklängen au die Bauart des XVll. Jahrhunderts, wohlhabende Bürger gern in den Waldungen und an der See errichten. Auch die holzgetäfelten Zimmer innen sind traulich und behaglich; im Geschmack der Altvordern ausgestattet, laden sie, was auch ihr Zweck ist, zum Verweilen ein, und gern ruht man sich hier von der langen und ermüdenden, auf Schritt und Tritt Neues bietenden Wanderung durch die Straßen der Nationen aus! Der Tiger vsn Peking. Historischer Roman aus der chinesischen Gegenwart. Von M. von Enzius. (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten). was unser großer Meng von den Pflichten der Herrscher sagt: „Kieh und Tschao", so sagt er an einer Stelle, als er von diesen zwei Kaisern sprach, „verloren das Reich, weil sie das Herz des Polkes verloren hatten. Es giebt einen Weg, das Reich zu gewinnen, das ist: Das Herz des Volkes zu gewinnen. Biete nicht, was die Menschen ver abscheuen. Das Volk wendet sich zum Humanen, wie das Wasser nach unten eilt, wie das Wild in die Verborgenheit flüchtet." — „Humanität und Milde", so lehrt unser großer Meister, „sind die erfolgreichsten Tugenden des Regenten". Das klingt doch ganz anders, als Ihr Europäer es Euch von uns vorstellt." „Der Himmel" sagt Meng, „macht zwar die Regenten, denn er rüstet die Männer, denen man das Reich anver trauen darf, mit den geeigneten Anlagen aus. Insofern sind sie allerdings auch von Himmels Gnaden. Aber der Himmel hat auch ein Ohr für die gerechten Wünsche des Volkes. Ist ein Kaiser inhuman, so möge mau ihn absctzen, ihn verbrennen, ihn tödten." „Ja, so scharf spricht er über die Pflichten der Herrscher. „Wenn Noth im Volke herrscht, daun dürfen die Mächtigen kein üppiges Leben führen und keinen Prunk entfalten." Eines Tages sagte Meng zum Fürsten von Tschi: „Was soll man niit einem Menschen thun, der ihm an vertraute Kinder eines Frenndcs verwahrlosen läßt?" Der König antwortete: „Ihn tödten." Meng fragte weiter: „Was soll mit dem Oberrichter geschehen, der sein Amt nicht verwalten kann?" Der König antwortete: „Er muß entlassen werden." Meng fragte nun zuletzt: „Was hat zu geschehen, wenn im ganzen Königreich keine Ordnung herrscht?" Hier antwortete der König nicht mehr, sondern blickte^verlegen vor sich hin und sprach von anderen Dingen. So scharf haben unsere Weisen mit den Herrschern geredet. Ihr Europäer aber glaubt, wir Chinesen hätten immer auf dem Bauch vor den Herrschern gelegen nnd M Stirnen die Steinfließcn berührt, wenn wir nur die AdPch euies Herrschers vernahmen. Nein, nur wenn der Herrscher human ist, haben wir ihn zu achten, und höher als die Herrscher steht der Glanz der Weisheit, durch die der Himmel redet, denn bei uns steht der Geist am höchsten, nud uur der Diann von Geist hat dem Fürsten Rathschlüge zu ertheilen. Das ist des Himmels Wille. Ihr wundert Euch vielleicht manchmal und nennt es Aberglauben, wenn den Herrschern die Schuld an großen, allgemeinen Noth ständen beigemessen wird, aber auch das hängt mit unseren Anschauungen zusammen, daß der Himmel uns ein Zeichen giebt, daßdie Herrscher nichts taugen. DerHerrscher hatdafür zu sorgen,daß die Geister durch die vorgeschriebenen Opfer gün ¬ stig gestimmt bleiben. Sind alle Opfer rechtmäßig geleistetund entsteht dennoch Wafsersnoth oder Hnngersnoth, so mag man es mit anderen Geistern versuchen. Sonst aber ist der Fürst abzusetzen. Man vollstreckt daun gegen den Fürsten nur das Urtheil Gottes. Aber er ist auch abzu setzen, wenn er gegen die Gesetze der Humanität ver stößt, denn das Gedeihen des Volkes ist nach unsern Anschauungen der Zweck des Staates. Der Kaiser hat dafür zu sorgen, daß es dem Volke gut gehe und daß es Bildung empfange, denn, so sagt Meng, fettes Essen, warme Kleidung, behäbiges Wohnen ohne Belehrung nähern den Menschen dem Thiere. Sogar die Tödtung der Tyrannen rühmt Meng, wenn sie ihre Herrscherpflicht nicht gethan haben. So preist er einmal die That des Wu, der den Kaiser Tschao getödtet hat. „Denn," so sagt er, „ein inhumaner Mensch ist ein Räuber, ein Vergewaltiger des Rechws, ist ein Böscwich't, ein Räuber, und ein Bösewicht ist ein gemeiner Mann! Darum habe ich wohl gehöri, daß Wu, ein nichtswürdiges Subjekt, Tschao hiugerichtet hat, aber von einer Ermordung des Regenten Tschao weiß ich nichts." Und so wurde Kuug-tscheng nicht müde, Bredow immer und immer wieder von den, großen Meng zu er zählen und von der Freiheit der Chinesen in der Benr- theilung ihrer Herrscher. Vor allem war er aber als Chinese stolz darauf, daß in China nur der Geist und das Wissen entscheidend seien und daß alle Lehrmittel dem Volke frei zur Verfügung ständen. Der Unterricht und die Ausbildung werden Allen, die fähig sind, von dem Staate kostenlos gewährt. „Bei Euch in Europa, ich weiß es, würden diejenigen ausgelacht, die das vom Staate verlangen würden. Bei Euch in Europa können nur die Reichen ihren Kindern die Bildung zu theil werden lassen, die für das Leben nothwendig ist, daher kommt es, daß dort nur die Söhne der Reichen und Großen die hohen Staatsämter bekleiden können. Das Volk aber bleibt in Stumpfheit und Niedrigkeit." Und mit Stolz wies er auf seine eigene Geschichte hin. Er war Sohn armer, kleiner Lente. Seine Eltern hätten nicht einen Pfennig für seine Bildung ausgeben können, und dcnuoch war er jetzt schon durch drei Examina, in der Kreis-, Be zirks- und Provinzialhauptstadt gekommen nnd hatte bald die Anwartschaft, em Mandarin zu werden. Wenn die neue RezierunH erst aHgerichtet werde, dann wolle er mst daran arbeiten, der Welt zu beweisen, daß das altehr würdige China noch nicht todt sei. Es war Bredow interessant und lehrreich, in das Seelenleben der gebildeten Chinesen diesen Einblick ge winnen zu können und die Bewegung, die sich, in der Ge sellschaft „Vom großen Messer" ausdrückte, erschien ihm unter solchen Umständen noch bemevkeusweUher und er schreckender. Erschreckender zumal, nachdem er Li-Ping's Reden gehört, die dieser bei jeder passenden Gelegenheit anbrachte. Für Li-Piug, den Kriegsmann, war es eine ausgemachte Sache, daß China aggressiv vorgehen müsse und den Vor stoß gegen die Europäer wagen. Wenn der Koloß von vierhundert Millionen erst aus seinem viclhm«dertjährigen Schlafe erwacht sei und die starken Glieder rühren werde, dann müsse ein Zittern durch die abendländische Welt gehen. Er kannte die Kriegsgeschichte seines Landes nnd erinnerte mit Behagen daran, daß die Chinesen es ja ge wesen seien, die durch einen Vorstoß gegen die Hunnen die Ursache der Völkerwanderung geworden waren. Die Hunnen, die ein Schrecken für das ganze kultivirte Europa wurden, waren dem Drängen der Chinesen nicht gewachsen gewesen. Aus dem Munde seines Vaters, der ein reicher Theehändler war und viel mit den Russen zu thun gehabt, hatte er es ost gehört, daß bei den Russen eine Prrwhezeiuug im Schwange sei, es werden in nächster Zeit Cstmesenheere ihre Rößlein am Dnjeper und Don tränken. Warum, so setzte er grinse.H hinzu, sollte man nicht einmal den Spieß umdrehen, warum sollten nicht einmal auch die Chinesen einige europäische Häfen für ihren Handel in Besitz nehmen? Wenn sie erst einmal die nöthigen Kanonen und Flinten hätten, so würde sich schon das übrige finden, denn ein Volk von vierhundert Millionen, von einem einheitlichen Willen regiert, müsse doch eigentlich mehr leisten können, als die europäischen Mächte, nnter denen ein Staat auf den anderen eifer süchtig sei. Bredow, der sonst keine ängstliche Natur war, überlief es wie ein Schauergefühl, wenn er solche Gesinnung kennern lernte. Hier that sich ihm zum ersten Male der bewußte Wille von Asiaten kund und er mochte sich die Konsequenzen nicht ausmaleu, die aus einem Zusammen prall Asiens mit Europa entstehen konnten. Asien, die Mutter der Menschheit, im Kampfe mit ihren europäischen Kindern, es mußte eine furchtbare Zeit, eine Zeit der Götterdämmerung werden. Sollte wirklich noch einmal von Asiens Fluren die Gottesgeisel heranziehen? Nach solchen quälenden Gedanken erschien es ihm wie ein Frevel, daß er dazu auserseheu war, dicsm Söhne« Chinas die Kenntnisse beizubringeu, die sie einmal im Kampf mit seinen Landsleuten änwenden wollten, und es konnte ihm wenig zum Trost gereichen, daß auch die Staaten selbst ihre Instruktoren zur chinesischen Armee schickten und daß, wie San-lo ihm oft mit triumphirender