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Weckatt str WilskE Beilage zu Nr. 92. Dienstag, den 7. August 1900. Der verstorbene Herzog Alfred von Sachsen-Koburg-Gotha und fein Nachfolger Herzog Karl Eduard. Wir bringen unsern Lesern das Bildniß des am Dienstag > dahingcschiedcnen Herzogs Alfred von Sacksen-Kobnrg- Gotha. Herzog Alfred ist d nrch seinen plötzlicken Tod vor langem Siechthum bewahrt worden. Es zeigten sich bei ihm Anzeichen eines gleichen Halsleidens, an 'welchem Kaiser Friedrich im Jahre 1888 verstarb. Herzog Alfred war "6 Jahre alt. Zur Thronfolge ist nun der noch unmündige, 16 Jahre alte Herzog Karl Eduard von Albany berufen, den wir ebenfalls im Bilde bringen. Er empfängt in der Obersekunda der Kadettenanstalt in Potsdam den Unterricht. Bis zu seiner Mündigkeit übt an seiner Stelle der Erb prinz Ernst zu Hohenlohe-Langenburg die Regierungsver wesung aus. wie häufig die Andersgläubigen! — merkwürdige Wißbegierde für die Geheimnisse des Orients! ungcn mit Teppichen und Waffen, lernen wir umfassend die heimischen Industrien kennen und schätzen, welche durch sorgsame geschichtliche, viele Erinnerungen an die Römer zeit vergeude Sammlungen und natnrhistorischeAusstellungen um den sich in mehreren Stockwerken Galerien mit be haglich zweckmäßigen Empfangsräumen ziehen, während sich unten ein Postbureau mit Schrankspinden für post lagernde Sendungen, ein Lese- und Nuhesaal rc. befinden. Die die Ausstellung besuchenden Amerikaner sollen hier ein Stück der Heimath antreffen, eine Stätte der Erholung und Ruhe, und sie machen gern davon Gebrauch. Schlicht und ruhig, dabei vornehm und gediegen be rührt uns Oesterreich in seinem Pavillon, der uns an zierliche, freundlich und gastfrei ausschauende Landschlöß chen des XVIII. Jahrhunderts gemahnt, die Wohnsitze des reichen österreichischen Adels; in den Nischen der Hauptfront des Palastes sind Springbrunnen angebracht mit spielenden Putten, als Verzierungen dienten vielfach Ma keil und Wappcuornamente, rechts und links an der Saulenbalustrade der Seine erheben sich springende Pferde, Nachbildungen jener auf den Terrassen von Belvedere. Mit gleich apartem Geschmack ist das Innere eingerichtet, in welchem man zunächst eine ebenso groß wie schön an gelegte Empfangshalle betritt, von der eine breite, deco- rativ verzierte Treppe zum ersten Stockwerk führt; unten wie oben mehrere Salons mit gewähltester Ausstattung, ein Saal der österreichischen Presse und eine Galerie der österreickischcn Telegraphen- und Post-Verwaltung, ferner Sonder-Ausstellungen der Stadt Wien, der österreichischen Bäder und der polnischen und böhmischen Maler, die zum Theil durch Meisterleistuugen vertreten sind. In engster Nachbarschaft haben Bosnien und Her zegowina einen eigenen Pavillon in Gestalt eines bosni schen Hauses, mit vielen orientalischen Anklängen, errichtet; in den nach außen gehenden unteren Hallen "arbeiten bos nische Handwerker allerhand niedliche silberne Filigrau- Schmucksachen und hämmern die Verzierungen an kupfernen Geräthschaftcn ans, andere fertigen Stickereien und Leder arbeiten an, die, gleich vom Werktische zum Verkauf ge stellt werden. Auch im Innern, luftig ausschauend mit seinen durchbrochenen Galerien und den reichen Ausschmück- Lvemouuev m Mtanina M ergänzt werden. Die eine Schmalseite der unteren Halle oon Otiomanische Reich durch ein sehr gelungenes Panorama von Serajcwo tallchliw als altersschwach hmgeUe . ... eingenommen, eine Eoje am Haupteingaugfüllt das prächtig ?erul^ rothen Ampeln erleuchtete Innere eines Ha- dEamcn von Emsal aus, den ergrauten Herrn des Hauses mit seinen ^bm^ m-i^Icrantcr wie nun'^E.M unverschleierten Pfleglingen zeigende o, wie sich « "^nrnmed M h ' hier Damen drängen aber auch die Herren zeigen Wenige Schritte und vom Reiche des Halbmondes gelangen wir zum Lande des Sternenbanners, zu den o jungten Staaten von Amerike, vertreten durch "'Eg emporwachsenden Palast, der an das '^Ecn Hauses", in Washington gemahnt uud ckie duiev Nl blendendem Weiß, und zwar vonamcri- lamschui Baumeistern nur ans amerikanischen Materialien, anigenihrt worden isn Nach der Seine zu liegt das Trmnchhportal M hohen Bogen die Rciterfigur Washington ihren Platz erhalten, oben aber thront auf einem von einem Viergespann gezogenen Wagen die Ge stalt der Freiheit. Von der nck auf dem schweren Haupt gebäude erhebenden Kuppel grüßt, in einer Höhe von über 50 Metern, von der Wclttugcl der goldene Frcihcitsadlcr herab — der ganze Ban wirkt trotz 1 einer nur schmalen Vorderseite wuchtig und anspruchsvoll. Betritt man das Innere so gelangt man in einen machtrgen Kuppelsaal, Daß blos mit Teppichen, unter Zuhülfenahme einiger weniger werthvoller alter Waffen, von ein paar Tischen mit Perlmuttercinlagen und mehreren Bronzeleuchtern die „höchste Molligkeit" über schvnhcitsvollster Gestaltung er zielt werden, kann, beweist das benachbarte Empfangsqe- mack des türkischen Botschafters in Paris Salih Munir Bey. Prunkhaft und von hohem Werth sind die auf Anordnung des Sultans ausgestellten Waffen und Uni formen der ^mutlcharen, der kaiserlichen Leibwache, denen sich erlesene Sckmncksachen, Stickereien, meisterhaft ge triebene Gcräthe ans Kupfer, mit Schildplatt und Elfen- dein eingelegte Möbel re. als Proben des hochentwickelten türkischen Kunstgewerbcs anschlicßen; überraschend zahl reiche gute Werke weist eine kleine Gemälde-Gallerie am, nur von türkischen Künstlern beschickt die erfolgreich in Paris studirt haben. In anderen Sälen stnd die Auf stellungen der Mienen, der Eisenbahnen, des staatlichen Baugewerbes (mit trefflichen Modellen, Planen und An sichten), des Jngenieurwesens, der Landwirtschaft, des Weinbaues in Palästina zc. vereint, die uns cm kleines Ungarn hat sich gleichfalls einen eigenen Pavillon geleistet, der, ernst und würdig durchgeführt, in einzelnen Theilen kirchlichen und weltlichen Stil vereint und mit seinem epheuumsponnenen grauen Gemäuer den täuschenden Eindruck eines Jahrhunderte alten Kastells mit klösterlichem Anban erweckt, welcher durch den arkadenumgebenden Hof mit schmaler Burgtreppe und durch die niedrigen, kleinen, hochgetäfelten Gemächer wie Säle, die durchweg alterthüm- lich ansgestattet sind, noch verlieft wird. Ein ganzes Mu seum ist hier untergebracht worden, bestehend aus zahlrei chen mit Ungarns Ruhmgeschichte eng verbundenen ge- schichtlichen Erinnerungen von größter Seltenheit und Kost barkeit, bei deren Anblick jedem Pußtensohne das Herz höher schlägt vor Stolz und Freude. MchM imE die Mcr MMssW. Von Paul Lindenberg. (Nachdruck verboten.) (Schluß.) Der Pavillon der Türkei. — Das Palais der Vereinigten Staaten. — OestenÄch. — Bosnien und Herzegowina. — Ungarn. Eine andere Erinnerung an den Kaiscrbcsuch finden wir im ersten Stockwerk, wo eine genaue Nachbildung jenes wundervollen vom Sultan dem Monarchen geschenkten ^.eppcchL aufgespannt ist, dcr in der kaiserlichen Teppich- fablst von Hereke gefertigt wurde und an welchem zehn Arbeiter vier Jahre hindurch gearbeitet haben; die Wieder holung ist übrigens für die Kleinigkeit von 25 000 Fres zu erstehen. Ein ganzer Saal ist mit den Teppichen der selben Manufaktur, die Mustergültiges leiste!, ausgestattet, und wer nur ein wenig Sinn hat (und wer hätte das nicht!) für die Farbenschönheit, den Glanz, den weichen Schmelz orienlalischer Teppiche, der kann sich hier nur schwer, sehr schwer trennen! Dev Tiger von Peking. Historischer Roman aus der chinesischen Gegenwart. Von M. von Enzius. (Fortsetzung.) (Nachdruck verbot«:). lV. Kapitel. Die Geschichte des Hauses Uuang-tschaug und der „goldenen Lilie" Kwang-tü. Es war vor ungefähr vierzig Jahren. Das gast freundliche Haus des Vice-Königs von Pe-tschili Auang- tschang bereitete sich zu einem festlichen Empfange vor. Eine außerordentliche russische Gesandtschaft, die dein mächtigen Vice-König ihre Referenz erweisen wollte, war zum Empfange angemeldet. Die große Ahnenhalle des gastlichen, reichen Manda- rinen-Hauses war aufs Festlichste geschmückt und vor dem Bilde des Stifters des Hauses war ein Altar errichtet, auf dem seit dem frühen Morgen eine zahllose Menge von Weihrauchkerzen abgebrannt wurde. Der Stifter dieses Hauses durfte auch in der That auf eine besondere Verehrung Anspruch erheben, denn er war zugleich Stifter derjenigen Dynastie, die dem Reiche der Mitte die Periode des größten Glückes und Wohl standes verschafft hatte, der Stifter der gepriesenen Ming- Dynastie. Es war Tscku-Nuang-tschang, als Kaiser „Tai-el-sn" genannt, dem hier göttliche Ehren gezollt wurden. Ein buddhistischer Priester von Hause aus, hatte er plötzlich die Mission in sich gefühlt, sein Volk von der Herrschaft des entarteten Mongolen-Kaiserhauses zu befreien und die Mission auch mit Glück zu Ende geführt. Nach dem er den letzten Kaiser dieser Dynastie entthront, schwang er sich selbst auf den erledigten Kaisersitz und regierte viele Jahre zu Nutz und Frommen seines Volkes. Er ward der Stammvater eines erfolgreichen Herr schergeschlechtes, das aber nach drei Jahrhunderten dennoch nicht dem traurigen Schicksal entging, von einem wiederum aus dem Norden ins Land dringenden Eroberervolke, den „Mandschu" vom Throne gestoßen zu werden, um der neuen Mandschu-, der „Tsing"-Dynastie Platz zu machen. Das Andenken an die gütige „Ming"-Dynastie blieb aber im Chinesenvolke immer noch lebendig und die Er innerung an sie konnte durch nichts ausgetilgt werden. So war denn auch Auang-tschang, der Vice-König von Pe-tschili eigentlich nicht nur wegen seiner hohen Mandarinenstellung, sondern auch ob seiner Herkunft ein allverehrter angesehener Mann, und das Volk nahm an seinein festlichen Hause einen regeren Antheil, als sonst an dem festlichen Hause der Mandarinen. Das Fest, das heute gefeiert wurde, hatte auch noch einen hohen politischen Zweck. Die außerordentliche Ge sandtschaft des russischen Ezaren erwies dem Vice-König die Huldigung ob des diplomatischen Geschicks, mit dem dieser hohe chinesische Würdenträger «ne Grenzstreitigkeit, die zwischen dein russischen und chinesischen Reiche wegen der Mongolei schwebte, zu einem für beide Theile befrie digenden Abschluß gebracht. In der Ahnenhalle war die glänzende Tafel zum Empfang und zur Bewirthung der fremden Gäste aufge richtet und das Haus Auang-tschang erstrahlte in Festes glanz. Die erlesensten chinesischen Gerichte wurden präsentirt und, wie üblich, auch der warme chinesische Wein dazu kredenzt, der die Festesstimmung bald aufs Höchste steigen ließ. Zu dieser russischen Delegation, die so geehrt und gefeiert wurde, gehörte auch ein junger russischer Fürst, Wladislaw Lentikoff, der tartarischen Ursprungs war und auch in seinein Aeußeren noch diesen tartarischen Typus ersichtlich zeigte. Er war es, der sich besonders von diesem gastfreund lichen Empfange in diesem hohen chinesischen Hause an- gemuthet fühlte, es war, wie wenn ihm eine geheimniß volle Macht des Blutes zu diesem ostasiatischen Fürsten- sprößling zog und als am Ende des Banketts Juang- tschang, um seine Gäste besonders zu ehren, den Fremden die Ueberraschung bot, sie das vollendete Guitarren-Spiel seiner Lieblingstochter Kwang-tü hören zu lassen, da fühlte sich der junge russische Fürst wie im Zaubertraum. Kwang-tü hatte sich, der chinesischen Sitte gemäß, vor den Gästen nicht gezeigt, aber ihr zartes wundersames Spiel schon bewegte das Herz des jungen Russen und gaukelte seiner Phantasie ein Märchenbild chinesischer Schönheit vor. Seine Erwartung wurde auch nicht getäuscht. Er suchte Gelegenheit, nach dem Bankett in den wenigen Tagen, die noch dem Aufenthalt der Delegation in Tientsin zu gemessen waren, sich dem Hause Auang-tschang zu nähern und sein Versuch war von Erfolg gekrönt. Er erblickte Kwang-tü und war bezaubert. Die Tochter des Vice-Königs war nicht nur nach chinesischen Begriffen eine Schönheit, sie konnte vielmehr auch nach abendländischen als sehr hübsch gelten. Ihr elfenbeinartiger Teint war apart und reizvoll, ihre mandel förmig geschnittenen dunklen Augen zeigten eine süße Melancholie und eine reine unberührte Seele, und ihre pechschwarzen Flechten vervollständigten das Bild eines