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chMatt K WilÄr» Mittwoch, den 14. März 1900. Beilage zu Nr. 32. Zusammenwirken vsn Heer und Flotte. Die Nothwendigkeit des Zusammenwirkens einer starken Flotte mit dem Heere im Kriegsfall erörtert General von Verdy im neuesten Heft der „Preußischen Jahrbücher". Vor allem ist es der dänische Krieg 1864 und der französi sche Krieg 1870/71, welche der Verfasser zum Gegenstand seiner Studie gemacht hat. Die Worte Moltkes: „So lange unsere Marine nicht eine Landung auf Seeland er möglicht, um den Frieden in Kopenhagen selbst zu diktieren, bleibt nur die Occupation der Jütischen Halbinsel, welche, um als Zwangsmittel zu wirken, eine länger dauernde sein muß, dann aber die diplomatische Intervention und eveut. das thatsächliche Einschreiten dritter Möchte hervorruft", zeigten den Mangel einer ausreichenden Flotte bereits bei den Vorbereitungen zum Kriege. Im Kriege selbst aber machte sich diese Schwäche zur See in äußerst nachtheiliger Weise für uns bemerkbar. Operationen zu Lande konnten auf die Mitwirkung der Flotte nicht gestützt werden. Alles scheiterte an der Unzu länglichkeit unserer See-Streitkräfte. Um eine Besetzung des gesammten Jütlandes zu vermeiden, sah sich die Armee gezwungen, gegen die Düppel-Stellung vorzugehen. Diese Stellung wäre für die Dänen unhaltbar gewesen, wenn unsere Flotte das Meer beherrscht hätte. Da dies nicht der Fall war, mußten wir uns auf die langwierige und schwierige Belagerung der dortigen Befestigungen einlassen. Ebensowenig wie bei der Eroberung der Düppel-Stellung vermochte sich die Flotte an der Wegnahme der Insel Alsen zu betheiligen. In dem deutsch-französischen Kriege werden die unzu reichende Vorbereitung, Unklarheiten in denAbsichten,Wechsel und Widersprüche in den Befehlen als Ursache für den Mißerfolg der französischen Flotte hingestellt. Infolge unserer eigenen unzureichenden Streitkräfte zur See waren wir gezwungen, zu Anfang des Krieges 70000 Mann in den Küsten-Distrikten gegen eine eventuelle Landung des Femdes und gegen Demonstrationen Dänemarks festzu- halten. Hieraus zieht der Verfasser die Lehre, daß, wenn me Starke der eigenen See-Streitkräfte nicht ausreicht, um durch ste eine völlige Sicherung der Häfen und Küsten er-- warten zu können, die Kräfte der Armee in einem beträcht lichen Umfange in Anspruch genommen werden können. Diese Zersplitterung der Kräfte kann aber unter Umständen von verhangnißvoller Wirkung sein. anders jedoch liegen die Verhältnisse, wenn eine starke Flotte eme Unterstützung für die Operationen der Armee zu bieten vermag, die von gewichtigem Einfluß sein kann. Die Armee wird dadurch ihren Operationskreis er weitern und infolge dessen schneller die Beendigung des Krieges herbeisühren. „Deshalb", so schließt der Verfasser, „müssen Armee und Flotte stets in Achtung gebietender Stärke erhalten bleiben, sollen sie ihre Aufgaben ganz er füllen. In Bezug auf die Flotte gilt es bei uns Zurück gebliebenes nachzuholen, und dies muß schnell als möglich und in völlig ausreichender Weise geschehen." Aurze Chronik. Das Wetter während siebzig Jahren. Aus Darm stadt wird der „Franks. Ztg." geschrieben: Eine interessante Statistik über die Temperaturverhältnisse der letzten 70 Jahre, seit 1830, hat das hiesige Katasteramt veröffentlicht. Wir hatten demnach während dieses Zeitraums die größte Hitze am 16. August 1881 mit 37,8 Grad Celsius; zwischen 36 und 37 Grad' hatten wir noch am 7. Juli 1845, 17. Juli 1852, 15. Juni 1858, 3. und 4. Juli 1859, 21. Juli 1865, 11. Juli 1870, 20. Juli 1881 und 18. August 1892. Die meisten dieser Jahre waren ganz vorzügliche Weinjahre. Die größte Kälte in diesem Zeitraum hatten wir am 31. Januar 1830 mit 24,9 Grad Celsius; über 20 Grad hatten wir noch am 27. December 1853, 8. December 1879 und 20. Januar 1894. In Prag fanden am Sonntag 11 Arbeiterversamm lungen statt, welche ruhig verliefen. Nach deren Schluß sammelten sich etwa 8000 Personen auf dem Wenzelsplatze an, um zu Gunsten der Kohlenarbeiter zu demonstriren. Um 5 Uhr Nachmittags kam es aus bisher noch unbe kannter Ursache zu einem Zusammenstoß mit den Polizei beamten, die mit Steinen beworfen und mit Stöcken und Fäusten geschlagen wurden. Ein Schneidergehilfe erhielt einen Säbelhieb über den Kopf. Sechs Perf onen wurden verhaftet. Schließlich wurde die Menge zerstreut und der Platz geräumt. Der Koh len streik dauert fort. Die Vertrauens- mänuerversammlung der Streikenden in Mährisch-Ostrau beschloß, gegen die allgemeine Erwartung, die Fortsetzung des Streikes. Ungarische Pferde für die englische Armee in Süd-Afrika. Aus Fiume, dem ungarischen Hafen am adriatischen Meer, wird der Post geschrieben: „Soeben ist von hier der englische Transpottdampfer „Mount Lebanon" mit 500 Pferden nach Süd-Afrika abgegangen, und jetzt liegt ein zweiter riesiger Dampfer, der „Glenmorven" im Hafen vor Anker, der 800 Pferde aufnimmt. Der Hafen bietet in Folge dessen ein ungemein bewegtes Bild. Hunderte von Menschen sind mit der Verladung beschäftigt: Ballen von gepreßtem Heu und Torf streu liegen am Strande, und Tausende von Neugierigen drängen sich herzu, um die Prozedur des Verladens zu beobachten, welche als eine der entsetzlichsten Thierquälereien betrachtet werden muß. Jedes Pferd wird in einem oben offenen Käfig aus Holz und Eisen gestellt, der dann von dem mächtigen Arm eines Dampf- krahns ergriffen und in den Bauch des Schiffes versenkt wird. Wie die Pferdekenner einmüthig versichern, ist es kaum denkbar, daß unter solchen Umständen, das Pferd kann sich in seinem Käfig weder umwenden, noch niederl-gen, mehr als der zehnte Theil den Bestimmungsort erreichen wird. Brünn, 13. März. In Rossitz wurde auf die Wohn ung eines nicht streikenden Bergarbeiters ein scharfer Schuß abgegeben, ohne daß indeß Jemand verletzt wurde. New-Jork, 12. März. In einem von Italienern bewohnten Miethshause in Newark (New Jersey) brach eine gewaltige Feuersbrunst aus, bei der, soweit bekannt ist, 15 Personen verbrannten, größtentheils Kinder. Das Feuer ist vermuthlich angelegt. Zella St. Blasii, 12. März. Der Dienstknecht, Fuhrmeister beim Landwirth Tolle in Schloßrippach, brachte vor einigen Tagen seinen Dienstherrn mit Geschirr zum Bahnhofe, kam aber nicht wieder nach Hause. Wahrschein lich hat er Pferd und Wagen verkauft und ist davon ge gangen. - Die Pest. Sydney, 11. März. Heute sind hier drei neue Fälle an Pest vorgekommen. Unter der Voerenflagge. Historischer Roman ans Transvaal. Aus den Erlebnissen eines Missionars. Von Willem de Ruyter. (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) II. An dem Rande des Grasfeldes, durch welches der Zug des Doktors Jameson seinen Weg suchte, lag auf einer kleinen Anhöhe die Missionsstation. In der Vertiefung, welche neben dem Hügel sich hinzog und das Bett des zur jetzigen Jahreszeit trockenen Vaal-Flufses enthielt, stand ein Kafferndorf. Von peinlicher Sauberkeit glänzte das schmucke, weiße Missionshäus chen, eine breite Veranda umzog dasselbe und geschmackvoll an gelegte Blumenbeete prangten trotz der heißen Jahreszeit in herrlicher Blüthe. Auf der Veranda saßen jetzt gegen späten Nachmittag der deutsche Missionar Halden, seine Frau und sein Missionsgehülfe und einziger Sohn Otto, außerdem ein zum Besuch anwesender alter Boer, Namens Jakobs. Dieser letztere war ein für die gesammte Welt beachtensmerther Mensch, denn er war es gewesen, welcher auf seiner Farm im Jahre 1867 die ersten Diamanten gefunden und das Diamantsieber für Südafrika heraufbeschworen. Betrügerische Englänser hatten chm damals die ersten gefundenen Steine für gute Worte als Glaskiejel abgeschwätzt und fast wäre der gutgläubige und offene Mann um sein bischen Hab und Gut betrogen worden, so ihn nicht der damals in dieser Gegend sich niederlafsende Mis sionar Halden durch Rath und That geschützt hätte und ihm semen Besitz gesichert. So kam es denn, das Jakobs durch Halten ein wohlhabender Mann geworden und seine Dankbarkeit gegen Halden äußerte ec in jeder Weise. Aber den Engländern gegenüber war seine bis dahin friedfertige Seele von tödtlichem Haß erfüllt. Zu schlecht und gemein hatte ihm deren Habgier mitgespielt. Seit einigen Tagen war er nun wieder bei Halden zu Besuch und war diesem und seiner Frau ein stets gern ge sehener Gast. Missionar Halden, ein Ostpreuße von Geburt, mar in der Berliner Mission ausgebildet und sein Vorgesetzter, der damalige Misstonsoirektor Wangemann lobte ihn als den eifrigsten Sendling seiner Anstalt. Von freimüthigen Geiste und reiner Herzenszüte getrieben, hatte er sich seit ungefähr dreißig Jahren in diese ferne Lage mit seiner Frau begeben. Meilenweit ohne jede fremde Hilse hatte er seinerzeit dagestanden, mühsam aus den fernen Mosibbergen das Holz für sein Haus sich mit Hilfe einiger Schwarzen geholt. Alles mußte er selbst sein, Maurer und Zimmermann, Baumeister und Ackerbauer, Schuster, Schneider, Schmied und Lehrer, denn die Griqüa- leute kamen zu dem weißen Mann und staunten sein Haus an, seine Gebräuche, seine Geräthe und wollten es begreifen lernen und da verkündete er ihnen, weshalb er zu ihnen gekommen und hatte die große Freude, daß aus den räuberischen, heidnischen Griqua- leuten ackerbauende, christliche Männer wurden. Er konnte mit gerechtem Stolz- zu jedem sagen: „Sieh, mein-Liebe ist mächtig gewesen, denn was Du hier stehst, hat das gute Wort geschaffen ohne Befehl —* Es war ein prächtiger Mann, dieserHalden, eine echte deutsche Reckengestalt. Der etwas durchgraute, starke blonde Vollbart umrahmte ein tief gebräuntes, energisches Ge sicht, aus welchem ein paar herrliche blaue Augen hinein in die Welt schauten. „Was wäre Afrika ohne uns Deutsche", das war sein Lieblingsthema und die ihm zuhörenden Boeren nickten bedächtig bejahend die Köpfe und fühlten sich als ebenso echte Deutsche, wie Missionar Halden. Auch heute war dieses Gesprächsthema wieder von ihm angeregt und Jakob's sagte ihm erwidernd: „Sieh mal, Halden, da behaupten diese Engländer stets uns stammverwandt zu sein. Dunnerkopje, das ist Heuchelei, denn soviel hab ich doch auch Verstand in meinem Boereu- schädel, daß ich gelernt hab, daß die Angelsachsen unsere ehe maligen Stammesgenoffen von den Dänen allesammt todtge- schlagen sind. Ein guter Holländer hat nichts mit ihnen stamm verwandt. Mich haben sie genug geschröpft und wenns nach mir ging, dann würde bald dec letzte von ihnen in Kapstadt landen. Gutes planen ste doch nicht. — Dunnerkopje, das ist mal wahr, und der faule Frieden von 1881 wird je eher je lieber eines Tages zu Ende sein." „Nun, nun, lieber Jakobs, rege Dich nicht aufl 's hat alles seine Licht- und Schattenseiten. Kann Dir leider nicht ganz Unrecht geben, aber so lange ste uns in Ruh lassen, mögen wir sie auch nicht beleidigen. Das kommt uns nicht zu. Sieh einmal, man erntet beim Feinde stets am Besten, wenn man ihm wohlthut. Diese Schwarzen da unten, wie haben ste mich gehaßt im Anfang, wie oft tönten mir ihre Kriegstrvmmeln in das Abendgebet hinein. Mehr denn einmal war ihnen mein Leben verwirkt. Hätte ich die Waffen ergriffen gegen ste, wir beide würden heute hier nicht sitzen. So aber trat ich ihnen unbewaffnet entgegen und ste schämten sich ihrer Feigheit, den einzelnen Mann, welcher friedfertig dastand, niederzumetzeln. So wurden wir schließlich Blutsfreunde und wehe dem, welcher mich heute antasten würde, diese Kriegstrommeln würden heute für mich lauter gellen, denn einst gegen mich. Und Du bist in Deinem Jakobsdaal nicht so sicher, denn ich hier." — „Magst ja in Deiner Weise recht haben, lieber Halden, aber diese Wilden sind auch nicht solche Bestien, wie diese Eng, länder. Haha" — laut lachte er auf — Dunnerkopje, diese Geldmacher, ich hab' als alter Boer nichts mit ihnen gemeinsam, „wären wir nicht die starken, kräftigen, bewaffneten Boern, der britische Löwe hätte uns längst mit seinen Klauen zerfetzt und statt auf unserer selbsterworbenen, freien Scholle zu sitzen, müßten wir den englischen Geldbeutel mit dem füllen, waS wir erarbeiten. Dunnerkopje, das Blut steigt mir in den Kops, wenn ich daran denke. Holla, steh einmal da" — er streckte die Hand nach dem Rande des Grasseldes hin — „da kommt Besuch und zwar eine ganze Gesellschaft. Dunnerkopje, will hoffen, es ist kein englisches Gesindel. 'S wär um die Pest zu holen —." Die Anwesenden standen auf und blickten nach der angedeuteten Gegend hin und sahen, daß daselbst zwei Ochsen wagen und acht bis zehn Berittene sich nahten. Auch im Dorf unten mußten die Ankommenden entdeckt sein, denn unter lautem Geschrei liefen die Schwarzen zusammen und ließen eine hölzerne Trommel erschallen. „Zieh die Fahne hoch, Otto, damit sie sehen, daß wir sie entdeckt haben," rief Halden seinem Sohne zu. „Hoch die Boerenflagge, myn Jong," rief Jakobs, „damit diese Fremden untere Farbe sehen. Möglich, daß so es Eng länder sind, ste uns ungeschoren lasten." Otto ging fort und wenige Augenblicke später entfaltete sich auf hoher Fahnenstange die Transvaalflage und zeigte den An kommenden ihre Farben. Es war dem Missionar und dem Boeren Jakobs fast einen Augenblick so, als stockten die Fremden und beriethen sich. Dann aber lößte sich ein einzelner Reiter aus dem Haufen und kam im gestreckten Galopp zu der Anhöhe. Wie er näher und näher kam, rief Jakobs aus: „Dunnerkopje, Tantje und Nietje, das ist Pit Thom. Pit Thom, der Farmer von Danielsknit. Vor sechs Wochen kam er bei mir durch, er reiste nach Colesberg, waS bringt er mit sich?" III. Pit Thom war die Anhöhe heraufgekommen, sprang vom Pferde und ging auf den ihm zunächst stehenden alten Jakobs zu. „Guten Tag, Oom Jakobs und guten Tag Vater Halden und Myfrouw Halden, ich bringe da eine Reisegesellschaft mit mir zurück. Wollen nach Potschefstroom und Prätoria, kommen vom Oranje. Traf sie unterwegs und reisen durch Griqua, um zu jagen." »So, was sind es für Landsleut, junger Thom?" frug Jakobs in gespanntem Ton. „Sind Engländer, drei Männer und eine Frau, Oom Jakobs," erwiderte Pit Thom. „So, na, was sagst Du nun, Halden. Mol ich den Düwel an de Wand, steiht he da," brummte zornig der alte Jakobs. „Sind anständige Leute. Bin mit ihnen seit einer Woche unterwegs. Kann nichts Gegentheiliges behaupten. Bitten hier auf der Station zu übernachten. Reisen morgen Abend weiter. Was meint Ihr, Vater Halden?" „Was soll der» meinen, Pit Thom," ergriff der alte Ja kobs von neuem das Wort. „Was soll der meinen? Bis jetzt gewährt bei uns der Aermste dem Reichen und der Reiche dem Aermsten jede Gastfreundschaft und so lange wir unter der Boerenflagge leben, wirds auch so bleiben. Eine andere Ant wort kannst Du doch nicht erwarten. Und Wild zum Jagen ist genug da, um ganz England zu beschäftigen, ohne daß wir neidisch sein brauchen. Unser Herrgott hat hier einen reichen Tisch gedeckt. Das, geh nur hin und melde." „Was die Missionsstation bieten kann, will ich geben, Pit Thom," sagte jetzt Halden, dann wandte er sich zurück an seinen Sohn und sprach zu diesem: „Otto, schick einen Diener ins Dorf hinunter, baß sie sich beruhigen, sind gute Freunde, welche kommen. Du, Anny, laß die Fremdenzimmer Herrichten." Pit Thom war wieder auf sein Pferd gesprungen und jagte in langem Galopp zu den Wartenden zurück. „Ein prächtiger Junge," sagte Jakobs zu Halden, „da fitzt jede Muskel wie Stahl. Ja, ja, so lange wir solche Burschen besitzen, braucht unsere Boerenflagge nicht zu sinken. Mir will es nur nicht so recht in den Kopf, was die hier zu jagen haben. Der Kaplöwe ist ein seltenes Wild und zum Zambest ist der Weg etwas weit. Werden wohl wieder Diamanten sein, die sie jagen wollen. Herr Gott, ist doch ein rechtes Unglück für uns, dieser Reichthum." „Nun, nun," erwiderte Missionar Halden, „es wird seit dem letzten Kriege Niemand gelüsten, sie mit Gewalt besitzen zu wollen." „Ha, Has glaube ich nicht, lieber Halden und meine sechs Jungens auch nicht. Und wir werden unsere Flinte nicht ver»