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Drittes Blatt. chMM für MW Marandt, Aossm, Sieöml'eßn und die Amgegenden. Amtsblatt öie Agl. Atntshauptmannschast Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. U S7. Jahrg »io. 148 Sonnabend, den 16. Dezember 18SN Lokalblatt für Wilsdruff, Alltamieberq, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Oswalde mit Landberg. Huhndorf, Kausbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neu- tanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Rshrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothscböuberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalbe, Sora, Steinbach bei Kesselsdors, Steinbach b. Moborn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Heiut wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Pog bezöge« 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. Ium 5. Advent. 1. Joh. 4, 14: Wir haben gesehen und zeugen, daß der Vater den Sohn gesandt Hai zum Heiland der Welt. ,^er Mann, «der im Stalle geboren, in einer Arbeiter- ^ng aufgezogen ward, der auf Erden nicht hatte, ffein Haupt hinlegen konnte, der als Empörer auf Mstatt ein blutiges und schmähliches Ende fand — ^re der Retter der Welt? Ei, gehl mir mit solcher l sagte in den Tagen des Johannes der Geist des Hrifts, der in der Welt war, und den die Well ) ich glaube kein Wort davon! Aber der alte ?I, der letzte der Augenzeugen einer großen seligen sandte sich um, ehe er ins Grab stieg, und hob die 'zum Eide: Wir haben gesehen und zeugen, .der Vater den Sohn gesandt hat zum Kd der Welt. .Der Greis ging schlafen und es kam eine neue Zeit, gewaltigen Kämpfen verstummte der Geist des Krists. Was Johannes sterbend bezeugt hatte, ward Überzeugung der Millionen. Das Kreuz kam zu vor der Dornenkrone des Gekreuzigten warfen M und Gewaltige ihre Kronen in den Staub. Und Jahrhundert sagte es dem andern: Der Mann von Kh mit dem Haupte voll Blut und Wunden ist der der Welt. Die Welt glaubte es. Mieder kam eine neue Zeit. Der Geist des Wider- 5 war aus langem Schlafe erwacht und regte sich M. Er verderbte die gute Saat des Evangeliums ' allerlei Unkraut und Dörnen. Als die Reformatoren fanden sie den Acker verwüstet und hatten volle Aber eins hatte der Geist des Widerchrists doch "getastet gelassen: den Namen, der über alle Namen Uneins in tausend Dingen war die Welt doch darin eins: Jesus, der Nazarener, ist der Retter der Welt! Mas ist nun auch anders geworden. Zwar aus den getrennten Heerlagern des evangelischen und des Aschen Glaubens erschallt auch heule noch einmüthi g Hosianna dem Sohne Davids! Die Form mag ver- sii lauten. Hier heißt es: Meinen Jesum laß ich Dort tönt es: Gelobt sei Jesus Christus in §eit! Der Inhalt ist doch derselbe, und mögen wir sonst befehden müssen - darin reichen ernste Pro ben ernsten Katholiken die Hand: Jesus, der Nazarener, t Retter der Welt. Aber in beiden Lagern und außer beiden predigt »eist des Widerchrists heute laut und ungescheut, das Mum sei Märe und Märchen, weiter nichts! Der Mzigte wird vom Throne entfernt, von der Rechten Katers entsetzt und zum gewöhnlichen Menschen de- Die Form der Absetzung ist verschieden, bald Mslos, wie bei den Propheten des Materialismus, schonend und mit Beobachtung einer gewissen Pietät, d "ii manchen Gelehrten. Millionen hören die Botschaft Hunderttausende glauben ihr, glaubeu: Jesus, der "^uer, ist nicht mehr der Retter der Welt! Armer Johannes! Was hilft Dir Deine feierliche KNg angesichts Deines Grabes — sie trauen Dir " Du bist ein Schwärmer gewesen, ein in den An zügen Deiner Zeit befangener Mensch. — Wunderbar, °eu Alten schaareu sich doch immer noch „Sieben- und wohl mehr und lauschen seiner Kunde und M ein: Wir haben gesehen und zeugen, gor Vater den Sohn gesandt hat zum and der Welt. Was Johannes gesehen, das m it "UH geschaut und müssen es bezeugen bis zu ^Mn Athemzuge: Jesus, der Nazarener, ist dennoch, H der Retter der Welt! Aeberraschiingen. Eine Humoreske von Hans Wald. (Nachdruck verboten). „Ich dm kein Freund von Ueberraschungen und will nicht überrascht sein!* fuhr Herr Karl Freilag, seines Zeichens ehemaliger Wollwaarenfabrikant, seine Frau und seine Tochter an, als die Letzteren vor seinen Ohren einen erhöhten HaushaltS- Etat mit „Weihnachts-Ueberraschungen* begründeten. — „Na, willst Du uns vielleicht nicht lieber gleich hinauswerfen?" sagte Frau Charlotte darauf erbittert. .Komm, Bertha!" Sie gingen, aber die drei Doppelkconen, die jetzt aus Herrn Freitag'« Hand auf den Familientijch klirrten und dann auf den Fußboden rollten, nahmen sie mit. Der Hausherr warf ihnen einen wüthenden Blick nach. Wie es so mit den Menschen gehl. Karl Freitag war von Charakter weich, wie seine Wolle, gewesen und es Jahre lang geblieben, trotzdem er seinen heißesten Wunsch, Kommerzien rat) oder doch wenigstens Kommissionsrath zu werden, unerfüllt sah. Als er sich aber vom Geschäft zurückgezogen, war er bärbeißig geworden, wie sein Nachbar, der in Schweinsborsten und Bürsten seinen Lebensunterhalt suchte. An diesem Ueber- gang vom Weichen zum Rauhen und Bissigen war ober nicht« Anderes Schuld, als Ueberraschungen, die er seit dem Fehl schlägen aller Versuche dazu nicht mehr ausstehen konnte, auch wenn sie noch so gut gemeint waren. Es war ihm freilich auch unfreundlich dabei gegangen. Daß er einmal seine Frau Charlotte mit einem prächtigen Hasenbraten überraschen wollte, aber dafür den Mastochsen eines Bauern erschoß, als er dem Hasen noch einen fristen Rehbock beifügen zu können vermeinte, war schon wenig an genehm. Indessen peinlich war e« geradezu, als bei Herrn Freitag« Aufstellung al« St^dtverordneterkandidat das Votum das überraschende Resultat von neun Stimmen ergab, während sein Rival, der Bürstenfabrikont, deren über dreihundert erhielt. Nachdem noch einiges dieser Art passtrt war, mochte Karl Freitag von gar keiner Ueberraschung mehr wissen. Und heute hotte Frau Charlotte schon wieder damit be gonnen: Der Parquel-Boden des Familicnz'mmers war ge wichst, zu des Gemahls freudiger Ueberraschung natürlich, aber als dieser Biedermann die Wanduhr aufzsthen wollte, dabei auf einen Stuhl stieg und sich etwas nach vorne beugte, rutschte der Stuhl aus, Freitag fiel und zerschlug im Fall eine auf einem Tischchen stehende Krystallkaroffe, deren Glas ihm den Daumen der rechten Hand zerschnitt. Zum Trost wollte die beunruhigte Frau den Gatten mit seinem Leibgericht überraschen, aber das war, da starker Wind den Rauch IN die Küche trieb, nicht vorschriftsmäßig gerathen, und so war Karl Freitag s Zorn erst recht erwacht. „Zum Kuckuck, ich will nicht überrascht fein!* schrie er. .Alle« geht dann verkehrt!" — „Wo bleibt da die Poesie im Leben?" seufzte Frau Charlotte. — „Ach was, ein guter Schnaps zum Frühstück ist mir lieber als olle Poesie!" Sprach's und schritt fürbaß. — „Ach, Mama, Papa ist schrecklich," seufzte Fräulein Bertha, als sich die Thür hinter dem prosaischen Vater geschloffen hatte. Karl Freitag kam auf seinem Aerger-Vertilgungs-Spazier- gange an seinem ehemaligen Geschäft vorüber. Dort stand der junge Buchhalter, dem der frühere Besitzer seinem Nachfolger überlassen hatte, unter der Hausthür und grüßte respektvoll. „Ein forscher junger Mann! Wenn der mein Junge gewesen wäre, hätte ich die Fabrik heute noch. War überhaupt ein Esel, sie so billig zu verkaufen. Wenn der Reinhold Geld gehabt hätte, hätte ich ihn auch als Compagnon angenommen. Er kennt die Branche. Aber gar kein Geld?" Er ging brummend weiter. Er hätte die blühende Fabrik behalten sollen, war doch jetzt mitunter recht langweilig. Oder die Frauensleute kamen mit ihren thörichten Ueberraschungen! Sollte er selbst etwa der Compagnon seines Nachfolgers werden? Der plante große Erweiterungen, für die indessen das eigene Kapital nicht genügte. Andeutungen waren schon von ihm ge ¬ macht! Damit war Karl Freitag in die Nähe seines Wohn hauses zurückgekommen. „Diener, Herr Nachbar!" Der Borstenhändler von drüben ging vorbei. Er strahlte. Freitag schaute auf. Alle Hagel, das war ja eine scheußliche Ueberraschung: Da flüsterten an der Ecke der Sohn vom Borstenhändler und seine Bertha. Jetzt stieben sie auseinander, aber Karl Freitag wußte genug. „Ihr wißt wohl gar nicht, was Ihr an Ueberraschungen Alles ausdenken sollt! Dies ist wohl eine von den sogenannten poetischen? Schauderhaft! Heult nicht! Draus wird nichts! Ey' die Bertha den jungen Borstenmenschen nimmt, kann sie zehnmal den Reinhold aus der Fabrik zum Mann kriegen. Der kann was! Aber solch' Borstenmensch, und zum Stadt- rath machen sie ihn gar. . . ." „Oh, Du guter Papa! Du verstehst aber zu überraschen!" Bertha flog dem Redenden an den Hols. „Reinhold und ich find ja schon lange einig, wir fürchteten bloö, wir dachten. ." „Ja, Karl, solche Ueberraschung, wie Du eben, bekommt nicht leicht Jemand fertig," lobte Frau Charlotte. Karl Freitag hatte sich schnell gefaßt, er erinnerte sich auch seines Selbstgespräches von vorhin, und so sprach er würdevoll: „Wenn mal überrascht werden soll, besorg' ich's. Merkt's Euch. Und dem Reinhold kannst Du sagen, daß er an meiner Stelle Compagnon werden soll." „Der von drüben fragte ja nur, ob ich in einer Theater vorstellung mitwirken wolle," erklärte Bertha. „Und da wolltest Du mich wohl als eine Künstlerin auf den Brettern, die die Welt bedeuten, perplex machen? Lern' rin gutes Stück Fleisch ordentlich braten, ist mir lieber. Basta!" Das Gold der Sünde. Roman von Emilie Heinrichs. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Unbesorgt, mein Lieber!" lächelte Wolff cynisch, „ich werde diese niemals aus den Augen verlieren, nur möchte ich vor allen Dingen die Menschlichkeit walten lassen." Frank brach in ein lautes Gelächter aus, m welches Wolff nach Kräften mit einstimmte. „Liebster, Sie rühren mich bis zu Thränen," rief der Procurlfl, als er endlich wieder zu Athem kam, „associiren Sie sich doch mit Hamlet, dann ist der Spaß vollständig." „Nun genug," sprach Wolff, „ich werde mir die Dame mit dem imponirenden Eindruck auch einmal besehen und sie zur Uebergade auffordern; cs wird ihre eigene Schuld sein, wenn wir gegen sic in's Feld rücken." So früh, als es sich nur irgend mit der Schicklichkeit ver trug, begab sich Dr. Wolff zu der Wittwe Steinhöser. Er war überrascht von ihrer Erscheinung, obgleich sie ihm im schlichten Hauskleide entgegentrat. Mit der Artigkeit eines geschulten Weltmannes bat er um Entschuldigung und gab vor, von Eginhard Stcinhöser abge sandt zu sein. Die kluge Frau war auf ihrer Hut, das Antlitz des Notars, welches den Stempel der Sinnlichkeit zu ausgeprägt trug, er regte eine widerliche Empfindung in ihr. Jetzt hatte sie die Ueberzeugung, daß der Fremde vom vorhergehenden Abend ebenso gewiß ein Spion ihres Schwagers war, als der Mann, welcher vor ihr stand. „Eginhard Steinhöfer," wiederholte sie mit gutgcspieltem Erstaunen, „das muß ein Jrrthum sein, mein Herr! Der Name ist mir völlig unbekannt." „E>, ei, Frau Steinhöfer! Dieser Name wäre Ihnen unbekannt?" fragte Wolff lächelnd, „doch ich verstehe Sie recht wohl. Sie fürchten nicht mit Unrecht die Verfolgung Ihres reichen Schwager«. Ein Mann, welcher den eigenen Bruder, Ihren Gatten, Madame! aus dem Herzen der Mutter zu ver drängen, ja selbst aus dem Gedächsmß der Menschen zu löschen vermochte, ist gefährlich genug, von Ihnen gefürchtet zu werden." Wolff beobachtete genau den Eindruck, welchen diese Worte