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4 Else kühlte daraus ihr verweintes Gesicht mit frisch^ Wasser, ordnete ihr Haar und legte wieder das einfache, dünn Wollenkleid an. Als sie eben mit ihrer Toilette fertig w"" kehrte der Knecht zurück und nannte ihr die Straße und Ha"^ nummer, wo der junge Baron wohnte. Sie bat ihn noch, zu Niemandem von ihrem Vorhabt zu reden und eilte fort. Else kannte den jungen Offizier schon von Jugend a"^ Manche heitere Stunde hatte der junge Herr mit seiner Schweif und der lustigen Spree-Nixe, ivic er ihre Alters- uud SP"" genossin zu nennen pflegte, zugcbracht. Else hatte sich erinnert, daß der alte Herr von Bai^ ° nicht dc Endliche eine Sinnestäuschung als vorliegend an und wandte sich nicht mehr um. Else sah ihm starren Blickes nach, bis er im Menschen gewühl verschwunden war. Dann wankte sie in die Kajüte und sank, krampfhaft schluchzend, auf das Sopha. Stüber schien ihr folgen zu wollen, aber August, die An gelruthe mit dem dickeren Ende nach oben haltend, vertrat ihm drohend den Weg. „Schafskopf," schrie Stüber ihn wüthend an, „mache Matz!" Doch August, welcher ihm an Kraft überlegen war, und eS jetzt nichl, wie bei jenem Wirthshaus-Renkontre mit meh reren Gegnern zu thun hatte, packte ihn mit beiden Händen und stieß ihn mit Gewalt vom Schiff, so daß er durch das Quaigitter auf die Straße hinüber balanziren mußte. Stüber erkannte erst jetzt seinen Gegner wieder. Aus seinen Augen loderte wilder Zorn, seine Hände ballten sich, junger, feingekleideter Herr stehen geblieben war und sie unverwandt und mit dem Ausdruck lebhaften Staunens angeblickt hatte. Der von ihrer Hand geworfene Papierball flog, über den Schiffsrand hinweg, gerade vor die Füße des Fremden, der ihn schnell aufhob und entfaltete. In diesem Moment wurde Else seiner gewahr. Sofort huschte über ihr hübsches Gesicht dunkle Röthe, welcher tiefe Blässe folgte, während sie die Hände wie flehend erhob und schmerzlich ausrief: „Erich!" „Du, Else — in dieser Umgebung?" fragte er mit strengem Blick. „Scheeren Sie sich fort," trat Stüber frech dazwischen. „Was geht's Sie an, wenn ich mit meiner Braut einen kleinen Streit habe!" Der Herr warf noch einen Blick auf das Papier in seiner Hand und sagte kühl: „Ah, so steht es? Ver zeihen Sie, Fräulein Lade mann, daß ich gestört habe!" In förmlicher Weise den Hut lüftend, eilte er weiter. Es war ihm so, als ob sein Name noch einmal von Elsen's Stimme gerufen wurde. Doch er nahm lieber „Die Verlobung seiner Tochter Else mit Herrn Wilhelm Stüber aus Berlin erlaubt sich hierdurch allen geehrten Verwandten und Bekannten ganz ergebenst anzuzeigen Karl Lademann, Eigenthümer, Schiffshändler und Gemeindevertreter. Karpendorf, im Mai 188 . ." „Das ist infam!" schluchzte Else laut auf. „Die beiden Alten haben es so miteinander verabredet," fuhr Stüber achselzuckend fort. „Nächsten Donnerstag, am Himmelfahrtstag, soll die Verlobung sein, da sollen die Karten abgeschickt werden. Wir müssen uns schon fügen, sträub' Dich nicht mehr, mein Mäuschen, schnell, ein Küßchen her!" Else schrie angstvoll auf, stieß den Zudringlichen, unter Aufbietung ihrer ganzen Kraft, von sich und schleuderte das zusammcngcknitterte Papier unter den Zeichen heftigen Wider willens hinter ihm her. Es war ihr ganz entgangen, daß an dem Ouaigitter ein „Müßig!" Nach dem Gemälde von O. Piltz. (S. 7.) A einzig Aspekt ho ^en ließ ... Jetzt glichen ?en, sei Insten z brechen?" „Nein, nein; Sie som" nur die Adresse eines Herr»' den ich kenne und aufsucht will, ermitteln. In Karpes dorf wohnt, wie Sie wE wissen, der Baron v. Bancks Der Sohn desselben du" hier als Offizier. Könnt" Sie dessen Wohnung in Erfahrung bringen?" „Das wird nicht schwer sein, darüber werde ich in Kommandantur, die ganz in der Nähe ist, Auskunft erhalten> August legte die Angelruthe hin und machte sich sof"^ auf den Weg. und er machte einen Ansatz, um über das Gitter zurück zu voltigiren und den Bootsknecht zu attaquiren. Da er aber einen Schutzmann ganz in der Nähe bemerkte, bezwang er sich, warf dem Rothbart nur noch ein häßliches Schimpfwort zu und entfernte sich. Else hatte an jenem Abend, als sie ihren Verlobten iS Garten an der Jannowitzbrücke in Gesellschaft der fremden Dame erblickte, Thränen leidenschaftlichster, heftigster Eifersucht geweint und sich geschworen, das Andenken an den Treulose" für immer aus ihrem Herzen zu reißen. Als sie ihn heute so plötzlich wiedersah und dabei vor ihm in einer so erniedrigen den Umgebung erscheinen mußte, da vergaß sie die Kränkung- die sie von ihm erlitten zu haben glaubte und gab sich dt Selbsttäuschung hin, als hätte sie ihn eben erst verloren und als trüge sie allein die Schuld daran. Wie eine schützende Schildwache postirte August sich vor die Kajütenthür. Das herzzerreißende Weinen des jungen Mädchens, die ihm so schön und begehrensiverth, wie keine An dere auf der Welt, vorge kommen war, auf deren Besitz er aber für immer verzichte" mußte, machte ihm das Herl so weich, daß ein verdächtigt Naß in seine Augenwinkel trat, während er die bN artigsten Verwünschungen- die er nur ersinnen konnte- gegen Stüber vor sich hi"' murmelte. Erleichtert athmete er aus- als das heftige Schluchze" aufhörte. Else hatte sich erhobt und starrte eine Zeit la"tz wie geistesabwesend vor siH hin. Endlich fiel ihr Bä" auf die Gestalt des Knechts Sie ries ihn heran und frag" bittend: „Mein lieber August- wollen Sie mir einen fallen thun?" „Gern, mein liebes Fräuleinchen," erwiderte t mit dem innigsten Ausdr"" seiner wasscrblauen Augc"- „befehlen Sie nur, ich th"' Alles für Sie. Soll ich dc<" Stüber die Knochen zt' - ?gerichtet- "°hnr auss Else i