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Wochenblatt für Wtwjs 2. Beilage zu Ro. 83. Sonnabend, den 17. Juli 1897. »WM»»»«!«««! ..I III Tetegraphiren ohne Draht. In der Technischen Hochschule zu Charlottenburg zeigte Geheimrath Professor Slaby seinen Zuhörern das Telegraphieren ohne Draht in mehreren Versuchen, die sämmtlich erfolgreich waren, und über die Bedeutung der Markonischen Erfindung für die Zukunft keinen Zweifel niehr ließen. Das Prinzip des Telegraphirens ohne Draht beruht nach den Ausführungen des Experimentators auf der Fortpflanzung elektrischer Stromwellen, die in einem besonders konstrmrten Raum entwickelt werden. Sie ver breiten sich über eine bestimmte Fläche und erzeugen in einem zweiten, in gewisser Entfernung aufgestellten Empfangsapparat elektrische Funken. Diese werden durch das Morse-Instrument gewissermassen übersetzt, und so entsteht, je nachdem man die Wirkung des Funkens durch längeren oder kürzeren Drnck regulirt, ein Strich oder ein Punkt. Mau hat sich bisher ausschließlich des englischen (Standard) Relais mit 12 Trockenelementen bedient; doch besitzt dieses lange nicht die Empfindlichkeit des Relais der deutschen Reichspost. Es erscheint allerdings wahr scheinlich, daß gerade diese übergroße Empfindlichkeit die Verwendung in diesem Falle ausschließt. Die bisher praktisch erreichte Fernwirkuug der elektrodynamischen und Jnduktionsvorgänge beträgt über zwei deutsche Meilen, und zwar werden diese elektrischen Wellen weder durch Bäume, Mauerwerk oder sonstige Gegenstände aufgehalten. Nachdem Professor Slaby in einem kleineren wohlge lungenen Versuch, bei dem sich der Apparat des Operators und der Empfangsapparat an den entgegengesetzten Enden des Hörsaales befanden, mit Zuhilfenahme des Morseschen Instruments den Namen „Markoui" telegraphirt hatte, ging er zu einem anderen, mit Spannung erwarteten Ex perimente über. Er ließ von einem über hundert Meter entfernten Hause in der Sophienstraße in Charlottenburg zu einer vorher bestimmten Zeit dem im Hörsaale aufge stellten Apparate ein Telegramm auf dem Luftwege über mitteln. Der Apparat schrieb die in der Sophienstraße aufgegebene Depesche mittelst des Schreibstifts nieder. Der Wortlaut war: „Es lebe der Kaiser!" Die zwischen der Sophienstraße und der Technischen Hochschule befind lichen Telegraphen- und Telephonleitungen vermochten nicht die Funktionen des Apparates zu schwäche». Sehr beachtet wurde noch, daß sich während der Thätigkeit des Marromschen Apparats am Telephonapparate ein Geräusch wahrnehmbar machte, ähnlich dem, das man beim Nahen des Gewitters vernimmt. Dieser Versuch wurde von den zahlreich erschienenen Zuhörern mit starkem Beifall gelohnt. Entweder wir vernichten sie, oder sie ver nichten uns! Mit diesen wenigen Worten hat der frühere Staats minister Herr von Puttkammer aus das anschaulichste das Verhältnis; des Staates zu der Sozialdemokratie gezeichnet. Es ist eine verhängnißvolle Illusion oder eine an Verraty streifende Jrrreführung, wenn von einzelnen Seiten be hauptet wird, die Sozialdemokratie sei eme „Reformpartei" Nicht nur die meisten Kundgebungen, sondern auch die hervorragendsten Thaten der Sozialdemokratie und ihre ganzen taktischen Ziele beweisen bis in die letzte Zelt hin ein, daß diese Partei die Staats- und Gesellschaftsordnung nicht reformiren, sondern vernichten will. Mag man immerhin — dank unserer militärischen Rüstung — an dem „Aberwitz" der Sozialdemokraten, eine blutige Re volution herbeizuführen, zu zweifeln berechtigt sein, so ist das ein schwacher Trost. Wenn die sozialdemokratische Agitation nur erst das platte Land revolutionirt, wenn sie nur erst die „Bajonette" gewonnen hätten, dann würde es ein „Aberwitz" sein, nicht an die Nähe einer Revolu tion zu glaubeu. In den letzten Jahren — nachdem das Sozialisten gesetz gefallen war — haben die sozialdemokratischen Führer sich bemüht, sich aller revolutionärer Phrasen zu enthalten; sie sind äußerst gemäßigt aufgetreten und haben — äußer lich — einen starken Strich zwischen sich und den Anarchi sten gezogen. Das ist richtig. Allein dies ist nnr aus taktischen Gründen geschehen, um der, über ihren Häuptern immer gleich einem Damoklesschwerte drohenden Wieder kehr eines gegen sie gerichteten Sondergesetzes abzuwenden und den Optimisten und Illusionisten unter den Politikern etwas vorzugaukeln. Ihre revolutionären Endziele hat die Partei ausdrücklich beibehalten; noch immer ist ihr Vorbild die Pariser Kommune, noch immer nennt die Sozialdemokratie sich revolutionär und hält an der Lehre fest, daß sich für die Arbeiter auf dem Boden der heutigen Staats- und Gesellschaftsordnung nichts erreichen lasse, daß erst ein „Kladderadatsch" kommen müsse, bevor ihre Ziele erreichbar wären. Von einer „Gleichberechtigung" oder „Ungefährlichkeit" der Sozialdemokratie wird man also erst reden dürfen, wenn dieselbe die Grundlagen der heutigen Staats- und Gesellschaftsordnung anerkennt. Das wird aber niemals geschehen, weil die Sozialdemokratie eben darauf ausgeht, diese Grundlagen zu vernichten. Wie widersinnig ist es beispielsweise und wie verwirrend wirkt es auf weite Volkskreise, wenn eine Partei, welche die Monarchie negirt, die unserem Kaiser selbst, in schroffster Form die schuldige Ehrerbietung verweigert/ in unserem monarchischen Staats wesen als berechtigt angesehen wird, weil kein gesetzliches Mittel vorhanden ist, derartige Untergrabungen der Monarchie zu verhindern. Wie widersinnig ist es, daß eine solche Richtung befugt ist, in Angelegenheiten, die das Wohl und Wehe unseres Staates und unserer Gesellschaft angehen, mit zu ratheu und zu thaten: Die Sozialdemokratie, die zielbewusst an der Unter grabung nicht nur der Monarchie, sondern auch der Au torität von Gesetz und Obrigkeit, und vor allem an der Vernichtung religiöser Gesinnung im Volke arbeitet, soll ungefährlich sein? Der Staat und seine treuen christlichen und monarchischen Bürger sollen es sich gefallen lassen müssen, daß die Sozialdemokraten in ihren Untergrabungs arbeiten weiter fortfahren, weil es angeblich kein',, Gewalt mittel" geben soll, womit man solchem verbrecherischen Treiben beikommen könnte? Das wäre doch der höchste Grad von Feigheit, wenn der Staat auf diesem Stand punkte stände. Giebt es keine Mittel, die Sozialdemokratie zu vernichten, so müssen sie geschaffen werden, trifft man bei dem ersten Versuch nicht das Richtige, so muß der Versuch wiederholt werden, bis die Vernichtung der Um stürzler erfolgt ist. Ist das etwa „ungefährlich" für den Bestand unseres Staatswesens, wenn die Sozialdemokratie offen und plan mäßig die aus der Schule entlassenen Knaben und Mäd chen an sich lockt, um den Schatz von Gottesglauben und Vaterlandsliebe, den die Lehrer in ihren Herzen aufge speichert haben, zu vernichten und die Kinder zu glaubens losem und vaterlandsfeindlichem Gesindel „heranzubilden" ? Die Gefahr, die gerade in dieser Agitation behufs Ver derbniß der Jugend liegt, zu leugnen, wird wohl niemand die Stirn haben. Und schon diese Gefahr, allein würde ein scharfes, gesetzliches Vorgehen gegen die Jugendver führer rechtfertigen. Oder sollten unsere Doktrinäre etwa der Meinung sein, auch in dieser ihrer Thätigkeit könnten die Sozialdemokraten nur durch „geistige Waffen" be kämpft werden? Man hört so viel von „geistigen Waffen" sprechen; aber nichts hat die Sozialdemokratie so stark gefördert, nichts hat für sie so viel Reklame gemacht, als dieser lärmende „geistige" Kampf, der so ganz und gar ohne jeden Erfolg geblieben ist. Uns deucht, daß, der Versuch, die Sozialdemokratie „geistig" zu bekämpfen oder gar ihren Anhang durch „Wohlwollen" und „Liebe" zn ge winnen, total fehlgeschlagen sei. Es ist einfach vermessen, auch heute noch auf so untaugliche Waffen hinzuweisen, nachdem sie sich in keiner Weise bewährt haben. Die sozialdemokratischen Führer zu bekehren ist unmöglich; man wird sich dazu entschließen müssen, sie zu vernichte», wenn sie nicht uns vernichten sollen. Technische Fortschritte. Linoleum für Kirchenfußböden. Es wird ge wiß den Herren Geistlichen und Kirchenvorständen interessant sein, zu erfahren, daß jetzt Linoleum mit stilvollen Mustern für Kirchen hergestellt wird. Das deutsche Liuoleumwerk „Hansa" zu Delmenhorst bei Bremen hat sich die dankens- werthe Aufgabe gestellt, solches anzufertigen in Rücksicht darauf, daß stets viel Nachfrage nach derartigen: Material bestand und es bisher an Mustern für kirchliche Zwecke gänzlich fehlte. Das Linoleum wird bekanntlich in der Nenzeit gern auch in Kirchen zum Belag der Steinplatten angewendet, nicht nur in Neubauten, sondern auch in alten Gotteshäusern, es hat sich als sehr zweckmäßig erwiesen, denn es ergiebt einen weichen geräuschlosen, dabei nicht glatten Fußboden, wie es ja für kirchliche Gebäude erwünscht ist, jedoch mangelte es stets an Mustern im kirchlichen Stil und es ward deshalb, um nicht stilwidrig zu werde::, das einfarbige braune Linoleum genommen, welches aber nicht znr Ausschmückung des Kircheninnern beitragen konnte. Der durch seine Thätigkeit auf den: Gebiete der kirchlichen Baukunst bekannte Architekt Altendorff in Leipzig hat nun die Zeichnungen zu den: neuen Linoleum für Kwchen ent worfen, sie halten sich an die mittelalterlichen, ausge brannten Thonplatten hergestellten, Mosaikfußboden und enthalten drei Farben in geschmackvoller Zusammenstellung, die eine gute Gesammtwirkung hervorbringen. Außerdem hat er dazu eine Randeinfassung komponirt, die der mit diesem Linoleum belegten Fußbodenfläche einen Abschluß verleiht, wie er, vom künstlerischen Standpunkte ausbe trachtet, wünschenswerth ist. Wir können behaupten, daß dieses Linoleum dazu geeignet ist, den kirchlichen Gebäuden zur Zierde zu dienen, selbstverständlich muß es regelrecht verlegt werde:: und es ist nöthig, daß eine solche Arbeit von geübter Hand ausgeführt wird, auch ist darauf zu sehen, daß der Untergrund vollständig trocken ist, da sonst Faulniß entsteht, ebenso muß eine starke Papierlage zwi schen Stein und Linoleum eingeschoben werden, um etwaige Unebenheit des Steinfußbodeus auszugleichen. Schließlich bemerken wir noch, daß das neue Linoleum für Kirchen etc. keinen höheren Preis besitzt, als jede andere Art dieses in der Neuzeit so schnell beliebt gewordenen Fußbodenbelags. Die ersehnte Spiritusglühlampe soll erfunden sein. Die „Zeitschrift der Landwirtschaftskammer für Schlesien" bringt unter dem Titel „Eine brauchbare Spiritus-Glühlampe für den Hausgebrauch" Abbildung und Beschreibung der von einem Dresdner R. Perlich er fundenen „Phöbuslampe von Beese u. Co.," welcher von dem Vereine der Spiritusfabrikanten Deutschlands der erste Preis zuerkanut und die seitdem noch wesentlich ver bessert sein soll, sowie ein Gutachten des Chemikers Dr. Heyduck, wonach diese kleine Tisch- und Hauslampe für Spiritusglühlicht in Betreff der Leuchtkraft und Billig keit allen vernünftigen Ansprüchen genügt. „Die Waffe gegen das Petroleum", heißt es in dem Artikel, „wäre somit geschmiedet und nun kommt es darauf an, sie aus giebig zu gebrauchen." Die schlesische Landwirthschafts- kammer hat bereits einstimmig beschlossen, in allen ihren Instituten diese Beleuchtung einzuführen und nun wird den Landwirthen empfohlen, diesem Beispiele zu folgen, und nur noch Spiritusglühlampem als Hochzeits-, Ge burtstags- und Weihuachtsgeschenke zu geben. Nach dem Gutachten ist die Handhabung der Lampe sehr einfach, der Verbrauch an Spiritus ist gering, der Preis des Brenners mit Glühkörper und Cylmder beträgt 8 Mark. Von Wichtigkeit ist es, daß kein Geruch beim Anzünden uud Auslöschen entsteht. Vermischtes. * Berlin. Ein Messerstecher erhielt durch Urtheil der vierten Strafkammer des Landgerichts I eine schwere Strafe. Am Abend des 3. Mai befand sich der Arbeiter Max Kanz mit mehreren Anderen in der Lothringerstraße. Er war angetrunken, und da regte sich die Rauflust in ihm. Der vorübergehende Arbeiter Kothe hatte das Unglück, Kanz zu streifen, Dieser rief „Hurrah! Nun wollen wir mal ioslegen!" zog sein Messer und jagte die Klinge dem Kothe in den Hals. Ein Blutstrahl entströmte der Wunde, der Gestochene hat in Lebensgefahr geschwebt. Das Gericht verurtheilte Kanz zu vier Jahren Gefängniß und öjährigem Ehrverlust. * Präparirte Blumen. „Aber, Nachbar, was thun Sie denn so spät noch im Garten?" — „Ja, schaun's, meine Frau ist so eifersüchtig und zupft den ganzen Tag Orakelblumen; da seh' ich des lieben Friedens willen jeden Abend die Blumen nach, damit alles gut ausgeht!" (Lust. B.) * Auf Umwegen. Mann (zu seiner Frau): „Der Kugel- wirth ist doch ein recht bedauernswerther Mensch. Sein Geschäft geht sehr schlecht, sein Weib ist krank, er hat viele kleine Kinder, außerdem ist er selber nicht sehr fest — geh', Luise, gieb mir mal' den Hausschlüssel, ich möcht' ihn doch heute besuchen!" * „Das Geheimnis der Bojarin." Unter dieser Spitz- marke berichten Pester Blätter: Im Kurhof des Kaiserbades machte vor einigen Tagen das Erscheinen von zwei sehr eleganten Damen in tiefer Trauer'durch die Vornehmheit ihres ganzen Wesens und durch die außerordentliche Schönheit der jüngeren großes Aufsehen. Die Neugierde der Kurgäste und Besucher wurde rege; allein alles, was man über die interressanten Gäste, die stets in französischer Sprache miteinander verkehrten, in Er fahrung bringen konnte, war, daß sie Mutter und Tochter feien, in einem benachbarten Gasthof wohnen, und daß die alte Dame wegen eines gichtischen Leidens die Kur gebraucht. Die Lebensweise der Damen war sehr einfach, trotzdem aber war es unzweifelhaft, daß sie sehr reich sein müssen, da ihre Freigebigkeit gegen das dienende Personal ganz außerordentlich war. Auch sonst waren sie Allen sehr sympathisch, namentlich die junge Dame, deren reizendes Antlitz durch die tiefe Melan cholie, die darüber gebreitet lag, unwillkürlich ein reges Mitgefühl erweckte. Als eme besondere Eigentbümlichkeit fiel es auf, daß ihre Hande immer und selbst beim Speisen in schwarze Hand schuhe gehüllt waren. Mittwoch traf in Pest ein eleganter junger Mann, dem man den Offizier ansah, ein und erschien mehr mals mit den Damen im Kurhof zum Speisen, Er ist rumänischer Kavallerievsfizier und der Verlobte des Fräuleins, die ihr Ja wort jedoch von dem glücklichen Ausgange einer Operation ab hängig macht, zu deren Vornahme sie die Reise nach Pest unternommen hat. Das Fräulein Hst nämlich sechs Finger an jeder Hand und will nicht heirathen, wenn es nicht gelingt, sie von dieser Anomalie zu befreien. Die Pester Professoren haben sich gegen die Vornahme der Amputation ausgesprochen, da sie davon eine Verunstaltung der Hände voraussehen, die weit schlimmer wäre als der gegenwärtige Zustand, der nur durch seine Ungewöhnlichkeit Befremden erregt. Der Offizier bietet alles auf, um den Entschluß des Fräuleins wankend zu machen und es zu bewegen, ihm die Hand zu reichen, deren Belitz ihn, wie er betheuert, auch mit sechs Fingern glücklich machen würde, allein di- Dame ist von ihrem Vorsatze nicht abzubringen. Dieser Tage erfuhr sie, daß in Paris ein Pro fessor sei, der derartige Operationen auf elektrokastischem Wege vornehme, und darauf sind die Damen dorthin abgereist, um dort die Operation vornehmen zu lasten, von deren Gelingen das Glück zweier junger Herzen abhängt. 8öMo mit 25°0 Nsbstt! M"»: täten in: Seiden-Damasten, bedruckter Foulard-Seide, glatter, gestreiter, karrierter Henneberg - Seide etc. porlo- unck stsusrfri in8 3au8. Muster umgehend. ZeiäenFÄbl-iken 6. Renneberg (k. u. ><. nom 2iiviefi. Wir können die Wurfmaschine von W. Mehlig in Hetzdorf allen Land wirthen auf's Beste empfehlen L. Burkhard, Mohorn, L. Hern, Reinsberg, Brauerei Wilsdruff, L. Liebschner, Grund.