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- Erscheinungsdatum
- 1897-07-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782021922-189707170
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782021922-18970717
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782021922-18970717
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn ...
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-07
- Tag 1897-07-17
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Monat
1897-07
-
Jahr
1897
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aber al« einfache Magd, das litt sein Stolz nicht, auch fühlte das verhärtete Herz hin und wieder doch etwas wie Gewissens- bisse. So mußte denn Helene in das Haus des Onkels Zimmer mann ziehen und den täglichen Bosheiten der Mamsell Fort» mann zur Zielscheibe dienen. Im Anfang schien es, als übte das sanfte, freundliche Gemüth der Nichte einen heilsamen Ein fluß auf den Onkel Zimmermann und selbst die Einflüsterungen der alten Klatschbase schienen ihre Kraft verloren zu haben. Trina triumphirte, jetzt kam es darauf an, den bösen Geist deS Hauses zu bannen und alles konnte noch wieder gut werden. Helene sah ihrer Mutter doch gar zu ähnlich und Jan hatte im Grunde die Schwester Doris am liebsten gehabt. Wenn fle ihm so freundlich die gestopfte Pfeife mit brennendem Fidi bus reichte, schon des Morgens Hausrock und Pantoffel immer parat hielt, ihm die Nachrichten vorlas, dann war eS vorge- kommen, daß er freundlich genickt und sogar ihre Wange ge streichelt hotte. Helene war. also auf dem besten Wege, des Onkels Zimmermanns Liebling zu werden und damit nicht allein den Drachen aus dem Hause zu treiben, sondern auch Glück und Versöhnung hervorzurufen. Mamsell Fortmann sah die Gefahr herrannahen, eine Ge fahr, welche für sie nichts weniger als eine Existenzfrage war, denn mit ihrer Niederlage begann auch wieder für sie das traurige Loos des Bettelbrodes, das ihr fast überall, wie sie recht gut wußte, nur unwillig gereicht wurde. Zu diesem Loose wieder verdammt zu werden, nachdem sic das Befehlen, die behäbige Sorglosigkeit gewohnt geworden, nimmermehr, lieber den Wurm zertreten, der ihr den sonnigen Pfad verdunkeln wollte. Sie verdoppelte jetzt ihre Freundlichkeit gegen Helene, wie auch gegen Trina, welche kopfschüttelnd und mit einer gewissen Angst meinte, der alte Drache brüte irgend ein Unheil, die Freundlichkeit wäre ordentlich unheimlich. Wie sie jetzt mit rastlosem Eifer spionierte, ihre Argus augen verschärfte, Helenes Thun und Treiben überwachte, end lich mußte es ihr wohl gelingen, irgend etwas in den Augen des Onkels so rechtSchlimmes zu entdecken und sie dem Neffen nachzusenden. Von Trina hatte sie nichts zu fürchten, sie blieb doch immer nur Magd im Hause und konnte ja im Grunde auch nicht lange mehr leben. Sie konnte lange nichts entdecken, denn Helene war häuslich und fleißig, ihre Talente, als Musik und Malerei, schienen Onkel Jan Zimmermann ganz besonders zu gefallen; von dem armen Theodor schwieg sie klüglich, ob gleich Mamsell Fortmann ihr verschiedentlich mit der unschul digsten Miene der Welt den theilnehmenden Rath gegeben, des Onkels offenbare Gunst zu einer Versöhnung mit dem Neffen zu benützen. »Beileibe nicht, mein Kind," sagte Trina, der sie es mittheilte, »das hieße die ganze Suppe auf einmal für immer versalzen. Die Zeit von Theodor, von dem wir ja nicht ein mal etwas wissen, kommt auch, laß uns nur erst den Drachen aus dem Hause los sein. O ja, die böse Sieben weiß wohl was Eie Dir für einen Rath gegeben, dann wäre es zu Ende mit Dir bei dem Onkel." Und mochte es der guten, mitleidigen Helene das Herz auch abdrücken, sie schwieg, und Theodor schien in dem Hause deS einzigen Verwandten ganz vergessen zu sein. War er doch jetzt beinahe vier Jahre schon gänzlich verschollen. — Da brachte der Postbote eines schönen Tages der alten Trina einen Brief. Das war nun freilich ein Ereigniß, welches seit undenklichen Zeiten sich nicht zugetragen hatte. Onkel Jan Zimmermann war nicht zu Hause, als der Brief ankam, wohl aber hatte Mamsell Fortmann gesehen, wie der Briefträger ihr denselben eingehändigt. Sie kümmerte sich anscheinend nicht weiter um das seltsame Ereigniß, desto offener hatte sie Augen und Ohren, sie wußte den Brief selber lesen, weil sie den MuSje Theodor Kirner dahinter witterte. Und sie hatte richtig gewittert, der Brief kam von Theodor Körner, mit einer Einlage für Helene, worin er ihr einen kurzen Abriß seiner letzten Lebensjahre gab. »Was macht Onkel Brummbär?" schrieb er an Trina, »kann er sich noch immer mit dem Drachen ver tragen? Ich wünschte, mich an beiden nicht schöner zu rächen, als daß ich sie mit unlöslichen Banden zusammenkctten könnte; größere Strafe wäre für Onkel Jan auf Erden gar nicht zu ersinnen, er hätte da den leibhaftigen Vorgeschmack der Hölle, wo er doch endlich einmal mit seinem Drachen vereint schmoren wird ." Den Brief mußt Du verbrennen, Trina!" meinte Helene, eS ist hier im Hause nicht sicher, ich muß den meinigen auch opfern, so schwer es mir auch fallen wird." »Habe auch schon daran gedacht," seufzte Trina wehmüthig, »habe mir immer einen Brief gewünscht, und nun es endlich in Erfüllung gegangen ist, muß ich ihn vernichten. Aber es hilft nichts, in das Feuer muß er doch. — Du, Helene," diese hätte es um keinen Preis gelitten, daß die alte treue Seele »Sie" zu ihr gesagt, „mußt ihm auch nun wieder schreiben, tröste ihn nur, daß wir den alten Drachen doch noch aus dem Hause treiben. Du grundgütiger Gott, der Onkel Zimmer mann kann es wirklich nimmer verantworten, den armen Jungen, der weder Vater noch Mutter hat und doch nun einmal sein nächster Erbe und Anverwandter ist, so hartnäckig verstoßen zu haben. Was der arme Junge wohl ausgestanden haben mag in der Fremde, ohne Geld und ohne Freunde." Man kam nach dieser Jeremiade dann zu dem festen Ent schlusse, Theodors Briefe zu verbrennen und an demselben Abend die Antwort zu schreiben. Trina hatte wenig von der Kunst des Lesens und Schreibens profitirt — Helene konnte auch alles ganz gut allein besorgen, dazu müßen die Briefe noch aufgehoben werden, dann aber ohne Gnade mit ihnen ins Feuer. Hätten sie die Unglücksbriefe doch gleich auf der Stelle verbrannt! — Mit bleichem verstörten Gesicht kam Helene am nächsten Morgen zu Trina in die Küche und zog sie auf die Seite, indem sie flüsterte: »Ich bin bestohlen, aus meinem Nacht tische sind die Briefe fort — sind nirgends zu finden." Trina ließ vor Schreck die Mundtasse des Herrn fallen, daß sie in Scherben zersprang und machte durch diesen Unfall daS Unglück noch größer. »So hast Du die Schublade nicht verschlossen?" sagte Trina. »Ei natürlich habe ich das und doch sind sie fort; es muß jemand, den ich nicht nennen mag, einen zweiten Schlüssel dazu haben." »Kind, Kind! dann sind wir verloren," klagte die arme Trina, wenn der Drache die Briefe an Zimmermann abgiebt, setzt eS ein heiliges Donnerwetter im Hause, Gott behüte uns in Gnaden." „Ob der Herr keinen Kaffee bekomme!" tönte plötzlich die gellende Stimme der Mamsell Fortmann dazwischen — und an allen Gliedern zitternd flog Trina an den Herd, um den Kaffe fertig zu brauen und dann die Scherben der zerbrochenen Tasse bei Seite zu räumen. „Jesus Christus! des Herrn Mundtasse entzwei!" schrie Mamsell Fortmann, die Hände zusammenschlagend, »hat Sie das gethan, Trina?!" „Nun ja, das hätte Ihnen auch passiren können, Mam sell!" versetzte die Alte zornig. »Unglück kann jeder Mensch haben und wenn ich dem Herrn eine neue Tasse kaufe, brauchen Sie kein Geschrei zu machen." „Nur sachte, sachte, Trina! wir wollen uns darüber nicht erzürnen," sagte die Mamsell spöttisch, »der Herr hat auch schon nach Helene verlangt." Sie nahm dann das Brett mit dem Kaffeegeschirr und verließ mit einem triumphirenden Seitenblick nach Trina'e Kammer die Küche. »Nun zeige, daß Courage und den Kopfe auf der rechten Stelle hast, mein Kind!" sagte di-alte Trina mit fester Stimme, als Helene zagend aus der Kammer trat, »die Geschichte ist noch lange nicht so schlimm, als wie sie aussteht. Was können wir dafür, daß der Theodor uns geschrieben hat, schlimmer ist es noch, eine Diebin im Haus zu haben. Sei nur guten MutheS und sage Deine Meinung gerade heraus." Helene verließ sic mit einem Seufzer und ging langsamer als gewöhnlich in die Wohnstube, wo der Onkel Jan Zimmer mann in seinem Lehnstuhl saß und schon selber die Nachrichten studirte. Als Helene eintrat, verließ Mamsell Fortmann mit heuch lerischer Freundlichkeit das Zimmer. Onkel Jan Zimmermann blickte gar nicht aus, erwiderte auch nicht ihren Gruß. Das regte des jungen Mädchens Stolz auf, da es sich keiner Schuld bewußt war. „Soll ich vorlesen, Onkel?" fragte sie ruhig. „Ja, Du kannst mir etwas vorlesen," versetzte der finstere Mann nach einer Weile, indem er die Nachrichten aus den Tisch legte und sich kerzengerade aufrichtete, ein Zeichen, daß ein Sturm im Anzuge war, „hier dieses Schriftzeug lies' mar, ich kann nicht klug daraus werden." Es waren Theodors Briefe und ihre eigene Antwort, welche der Onkel Zimmermann ihr hinreichte und dieser Anblick, an statt sie muthlos und angstvoll zu machen, rief ihren ganzen Unwillen über eine solche infame Niederträchtigkeit hervor. „Ach, die gestohlenen Briefe," rief sie mit blitzenden Augen und ihre ganze Gestalt hob sich höher, „so werden Sie auch den Dieb kennen lernen, Onkel." „Und wenn ich der Dieb selber wäre?" sprach der Onkel. „Einer solchen Schlechtigkeit ist der Bruder meiner Mutter nicht fähig. Nein, Onkel, nicht Sie, sondern Mamsell Fort mann ist die Diebin, welche sich nicht entblödet, um ihre kläg liche Existent» zu sichern, sich zu einer strafbaren Handlung zu erniedrigen." Onkel Jan wurde blaß und roth in einer Minute. Wohl sühlte er das Niedrige und Strafbare dieser Handlung und das kühne Auftreten der Nichte war nahe daran, ihn zu versöhnen, gegen die Urheberin die Waffe zu kehren. Doch ein Blick auf die unglücklichen Briefe rief auch plötzlich ihren ganzen Inhalt und damit den alten, giftigen Zorn zurück. „Ereifere Dich nicht unnöthig," sagte er mit harter, rauher Stimme, »kannst bei mir Deine Thcaterkünste sparen. Die Mamsell Fortmann lasse nur aus dem Spiele, obgleich der Taugenichts, der Vagabund, mich schon mit ihr in der Hölle schmoren läßt, und Du mit sammt der Trina sie aus meinem Hause vertreiben wolltet, — damit er wieder zvrückkehren und den Onkel Brummbär mit irgend einem Drachen zusammen schmieden kann. O, der Herrgott ist doch gerecht, daß er das falsche Spiel zur rechten Zeit aufdeckt." „Onkel! versündigen Sie sich nicht an dem Namen Gottes, er sei mein Zeuge, daß wir an kein falsches Spiel gedacht. Ich will Theodor nicht entschuldigen, daß er in seinem Brief so viel Ungehöriges geschrieben! — er durfte das, trotz der Un gerechtigkeit, die Sie gegen ihn begangen, nicht thun. Und auch das habe ich in meiner Antwort ihm vorgehalten, oder sollte Mamsell Fortmann es überschlagen haben ?" sagte Helene. „Schweig mit der Fortmann — sie bleibt und Du gehst, — das ist mein letztes Wort." Onkel Jan war aufgesprungen und lief wild im Zimmer auf und ab. „Kannst dem Vagabunden nachlaufen," schrie er, mit den Armen umherfuchtelnd, „bin freilich Dein Vormund, kann aber Dir Freiheit und Reisegeld oben in den Kauf geben. — Geh', so weit die Füße Dich tragen, nur, daß ich nichts mehr von Euch zu hören bekomme." „Ich werde dieses Haus verlaffen, wo meine Mutter ge boren wurde, wo ihre Wiege stand," sprach Helene in fast feierlichem Tone, „ich verzeihe Ihnen, Onkel Jan, möge die Stunde niemals kommen, wo das Gewissen lauter spricht und die Reue Sie einsam findet." Rasch verließ sie die Stube, um sich zu der alten Trina in die Küche zu begeben, welche mit unsäglicher Angst des Aus ganges harrte. „Es ist alles verloren, Trina!" sagte Helene bleich und tonlos, »der böse Feind hat gesiegt, ich muß den Wanderstab hinaussetzen wie Theodor." „Dann will ich doch noch einmal mit ihm reden," ver setzte die Alte fest, „Diebe und Spione behält er im Hause, aber die eigenen Kinder — denn Ihr seid die leiblichen Kinder in des Großvaters Hause — jagt er in die Fremde hinaus. Mag er mich auch fortjagen — meinetwegen — aber die Wahrheit soll und muß er doch noch hören." (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. * Was ein russisches Kaiserschiff kostet. Als die Schiffs werste Burmeister und Wain in Kopenhagen den Bau des neuen russischen Kaiserschiffes „Standard" übernahm, wurde eine gewisse Summe festgesetzt, für welche die Werft sich ver pflichtete, das Schiff zu liefern. Später stellte es sich heraus, daß die Summe viel zu niedrig berechnet sei, und es entstand infolgedessen für die betreffende Aktiengesellschaft ein so bedeutender Verlust, daß diese keine Dividende an die Aktionäre bezahlen konnte. Der Direktor wandte sich daher an die russische Re gierung, um einen Schadenersatz zu erhalten. Zwar könne man einen solchen, hieß es, juristisch nicht beanspruchen. Die russi sche Regierung wünsche jedoch sicher nicht, daß die Aktiengesell schaft durch den Bau des Kaiserschiffes einen so bedeutenden Verlust erleide. Dieser Tage hat nun die Aktiengesellschaft den verlangten Schadenersatz, der nicht weniger als 1250000 Kronen beträgt, von Petersburg erhalten. Im ganzen wird das russische Kaiserschiff wohl über zehn Millionen Kronen gekostet haben. * Zum Besuche des deutschen Kaisers in Rußland wird aus Peterhof berichtet: Die umfassendsten Vorbereitungen werden zur Ankunft des Monarchen getroffen. Außer der vollständigen Erneuerung des Peterhofer Palais, in dem der Kaiser absteigen wird, arbeiten gegenwärtig 300 Arbeiter an der Olga-Insel, um ein großartiges Seetheater, verbunden mit einem Seeballet, auf schwimmender Bühne fertig zu stellen. Die Beleuchtung des prächtigen Schauspiels wird vom Grunde des Sees durch 60000 elektrische Kerzenstärken besorgt werden und dem Ganzen einen märchenhaften Zauber verleihen. Die Anlage ist mit großen Schwierigkeiten verknüpft. Jedenfalls dürfte die Wirkung alle Erwartungen übertreffen. Für das Seetheater, auf welchem die „Abenteuer des PeleuS" ausgefühct werden, wird eine Reihe hochbordiger, griechischer Dreiruderer gebaut, welche auf den blauen Fluthen des Peterhofer Sees ihrs Segel blähen sollen. Die Herrschaften werden dem Schauspiele von dem der Olga-Insel gegenüberliegenden Eilande, auf welchem sich ein kleines Schloß befindet, zusehen. * Neueste Witze aus den „Fliegenden Blättern". Galgen humor. Raubmörder (als er verhaftet wird zu seinem Spezi): „Leb' wohl, Schurschl — im Panoptikum sehen wir uns wieder!" — Abgeblitzt. Lebemann sver von einer reichen Erbin einen Korb erhält): „Sie weisen meinen Antrag ab? Nun gut . . . aber bedenken Sie, wenn ich jetzt zeitlebens unglücklich bin, so tragen Sie die Schuld!" — Sie: »Hm, die trag' ich immerhin lieber, als Ihre — Schulden!" — Frauenlogik. Mann: »Heute bin ich dem Verschinerungsverein beigetreten!" Frau: „Ach, das ist hübsch! Jetzt wirst Du mich aber hoffent lich auch nicht mehr länger mit dem alten, unmodernen Hut herumlaufen lassen!" — Wie die Alten sungen u. s. w. Pepi: „ . . . Grethel, ich will Dich heirathen!" Gretchen (schnippisch): „Kannst Du aber auch eine Frau mit drei Puppen ernähren?" — Bittere Wahrheit. Eine Dame findet, Morgens aus ihrem Hause in den Garten tretend, die Straßenlaterne herabgcrissen und in ein frisch angelegtes, arg verwüstetes Beet geworfen. Sie winkt einen vorübergehenden Schutzmann heran. „Das kann nur," bemerkte dieser, nachdem er sich die Verwüstung betrachtet, »ein gebildeter Mensch gethan haben — ein unge bildeter thät' sich schämen!" — Nichts Neues unter der Sonne. „Was haben Herr Baron jetzt vor?" — »Werde wieder 'mal Ben Akiba Bißchen Lügen strafen!" — Ein moderner Porträt, maler. A. „Haben Sie jetzt viel zu thun?" — Porträtmaler: „Ich arbeite Tag und Nacht — habe sogar ein Wartezimmer!" — Heikel. (Zwei Radfahrer, von denen der eine noch Anfänger, fahren aneinander vorbei.) A.: „Nun, wie ich sehe, geht es ja schon ganz gut, lieber Freund!" — B.: „Nicht wahr! Ich habe in der kurzen Zeit schon ganz erstaunliche Fort — oh — oh — yh (Mt von dem Veloziped). Nun, weißt Du, lieber Freund, reden darf ich holt noch nichts!" Vorschlag zur Güte. „. . . Aber Fräulein Melanie, wer wird denn wegen eines Kusses gleich so gekränkt sein! . . . Geben Sie mir doch einen Versöhnungskuß!" — Aus der Landpraxis. „Aber, Bader, etwas sollten S' doch für mein' Mann thun — es geht ihm gar so schlecht!" — „Hm — zu Ader hab' ich ihm schon ge- lass'n, g'schröpst hab' ich ihn auch schon — da könnt' ich ihm nur noch einen Zahn ausreiß'n!" — Instruktion. „Sahra, heut' wird der junge Veigelstvck um uns're Rebekka werben! Sei recht liebenswürdig, daß De mer nicht de Mitgift in de Höh' treibst!" — Was der Papa von der Reise mitgebracht hat. „Geh' her, Minna, mit den Kindern und macht den Mund auf! Ich werde jetzt die Pneumatik öffnen, die ich am Arlberg mit reinster Tirolerluft gefüllt hab'!" * Ueber ein hübsches Sängerstückchen wird der »Königsb. Hartung'schen Zeitung" geschrieben: War da in dem Dorfe B. eine Versteigerung durch einen Gerichtsvollzieher; die wenige Habe einer Wiltwc, alte Familienerbstücke aus besserer Zeit, waren, wie es hieß, durch unglückliche Spekulationen ihres Sohnes unter den Hammer gekommen, darunterauch eine Ziege, die Ernährerin der Greisin. „Zwölf Mark zum Ersten!" ver kündet der mitleidslose Mund des Auktionators — lautlose Stille im Haufen der kauflustigen Männer und Weiber — Spannung auf dem Gesichte des Bieters — „Zwölf Mark zum Zweiten!" — Aus dem nahegelegenen Gasthause ertönt lautes „Hallo". „Zwanzig Mark!" ruft im Chorus die herbei stürmende blau-weiß beschleifte Münnerschar. „Zwanzig Mark zum Ersten!" — „Dreißig Mark!" — „Vierzig Mark!" — „Vierzig Mark zum Ersten!" — „Fünfzig Mark!" — Bei dem Gebote: „Siebenzig Mark!" fällt der Hammer. Der Zuschlag ist den vom Elbinger Feste heimkehrenden Sängern zuertheilt worden. Das Horn der Ziege erfaßt der eine, zum Hügel rechts rettete er seine Beute. Vor der Hütte der Aus gepfändeten versammelt sich alles. Der Auktionsplatz ist leer und „Grüß Gott, grüß Gott mit Hellem Klang!" erschallt's von dem Hügel zu dem Manne des Gesetzes herüber. Weiber wischen mit groben Schürzen dos verrätherische Naß aus ihren Augen. Die Versteigerung ist aufgehoben und der Wittwe ver blieb für die Stunden der bittersten Noth von den blauen Wunder wirkenden Reichsscheinen noch mancher Groschen übrig. Bis in die späte Nacht hinein hatte die Ortschaft Feiertag, und ich glaube, nie im Leben und an keinem Orte haben Sänger schöner und herzerhebender gesungen, so sind Sie für ihre herrlichen Gottesgaben besser belohnt worden als hier. Nach dem Gesänge des schönen Liedes: „Zieh hinaus beim Morgen graun, will das Dorf verlassen!" verabschiedeten sich die Sänger,, und die alte Dorflinde, die in ihren Lebtagen dergleichen noch nie gehört und gesehen, rauschte leise und schüttelte Thautiopfcn auf die blau-weißen Schleifen der Sänger. Man erzählt, daß die Greisin von ihrer Hausthüre aus, geschmückt mit ihrer schwarzen Kirchgangshaube, mit gefalteten Händen noch lange den Blaubeschleiften nachgeschaut habe, bis das Meckern ihres neugeschenkten Lieblings sie an ihre Pflicht erinnerte. Man will wissen, daß die Sänger im Süden Westpreußens zu Hause sind,
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