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WenM sm Msdmß Tharandt. Nassen. Menlehn nnd die Umgegenden. rL- Imlsölnll für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk. 55 Pf Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Psg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. No. 83. Sonnabend, den 17. IM 18S7. Mittwoch, de« 21. dies. Monats, 11 Uhr Bormittags wird inSachs-ors 1 Kleiderschrank öffentlich versteigert. Bieterversammlnng in dem Gasthofe zu Sachsdorf. Wilsdruff, den 13. Juli 1897. Sekr. Busch, Ger.-Vollz. Montag, den 19. dies. Monats, 11 Uhr Bormittags gelangt in Grumbach 1 Schwein zur Versteigerung. Versammlung der Bieter im Gasthofe zu Grumbach. Wilsdruff, am 16. Juli 1897. Sekr. Busch, Ger.-Vollz. Zum 5. Sonntage nach Trinitatis. Luk. 15, 2: Dieser nimmt die Sünder an. Ein Wort schweren Tadels für den Rabbi von Na zareth aus dem Munde der Schriftgelehrten und Pharisäer. Wie durfte ein Gesetzeslehrer sich mit Zöllnern und Sün dern einlassen, außer daß er sie strafte und verdammte. Jede Berührung mit ihnen machte unrein, und nun aß er gar noch mit ihnen! — Jesus war offenbar der Mann nicht für die Aristokraten der Geburt und des Geistes. Jesus ist — im tiefstem Sinne des Wortes — der Mann der kleinen Leute. Wollen die Hohen und Großen, die Gelehrten und Gebildeten sich dem Gefolge des HErrn anschließen, so müssen sie zuvor klein werden in ihren eigenen Augen. Klein wird ein Mensch durch das Bewußt sein seiner Schuld und die Erkenntnis seiner Ohnmacht. Wer nicht fühlt, wie arm und elend sein Leben ist im Berglciche mit dem, was er sein sollte, wer nicht spürt, das er noch nie sein Bestes gethan hat und es auch nie fertig bringt es zu thun, wer satt und selbst zufrieden ist, der ist Nicht geschickt für tue Nachfolge Jesu Christi. Mit dem kann Jesus nichts anfangen, und der kann mit Jesn auch nichts anfangen. „Dies Marterbild voll Blut und Pein — stets hat's die Seele mir verletzt", bekannte der Dichter Robert Prutz von dem Gekreuzigten, und seine Gesinnungsgenossen sprechen auch heute noch im Tone des Tadels von des Menschen Sohn: Dieser nimmt die Sünder an! Und doch ist gerade das der höchste Ruhm des un vergleichlichen Nazareners, daß Er der Heiland und Er retter der Sünder ist. Wäre Er es nicht — wo wolltest du hin mit deinen! blutenden Herzen, mit deinen, brennenden Gewissen, mit deinen qualvollen Erinnerungen, die kein Wandel der Zeit auszulöschen im Stande ist? Wohin sollen die in die Irre gegangenen Schafe sich flüchten, wie soll der verlorene Sohn den Heimweg finden? Die heilige reine Gestalt Jesu Christi stellt sich mitten in den Weg der Sünder und breitet ihnen die Arme ent gegen. Er hat die Macht, die Sünden zu vergeben, Er hat das Recht, die bedrückten Herzen aller ihrer Schuld los und ledig zu sprechen, und Er hat mit der Macht und dem Rechte auch den Willen, es zu thun Christen, die ihr von Ihm begnadigt, aus Sündern Gottes Kinder geworden seid, seid nicht so schweigsam über der erfahrenen Huld. Jesus nimmt die Sünder au, saget doch dies Trostwort allen! Ruft es aber nicht nur in die Gefäng nisse hinein nnd in die Magdalenen-Asyle, sagt es auch in den Salons und in den Sälen der mordernen Gesell schaft. Denn auch unter den Reichen giebt's Arme, für die der Heiland der Rechte ist, der Tröster, der Für sprecher, der Erlöser. „Dieser nimmt die Sünder an." Lagesgeschichte. Berlin, 14. Juli. Ein hier aus Odde eingegangenes Telegramm von gestern Vormittag meldet: Der Kaiser, dessen Besserung stetig fortschreitet, gedenkt auch heute noch vor Odde zu bleiben. — Aus Tegernsee erfährt der „Berl. Börs.-Cour.", daß die Kaiserin mit tiefer Be wegung die Nachrichten von den Unglücksfällen entgegen nahm, die sich anläßlich der kaiserlichen Nordlandfahrt diesmal ereigneten. Auf die erste Kunde vom Unfall des Kaisers, so schonend sie gefaßt war, so beruhigend sie lautete, war die Kaiserin sehr geneigt, nach Norwegen abzureisen die weiteren guten Nachrichten ließen es als unnöthig erscheinen. Die Mittheilung der „Köln. Volksztg.", der Kaiser habe in Travemünde zu den Staatssekretären und Ministern gesagt, der Reichskanzler gedenke ihn im Herbste zu ver lassen, können die „Münchener Neuesten Nachrichten" als unzutreffend erklären. Das Wiener „Fremdenblatt" meldet, daß anläßlich des Unfalles des deutschen Kaisers sich Kaiser Franz Joseph theilnahmsvoll nach dem Befinden des- werde Kaiser Wilhelm sofort nachgesandt werden. Dieser Antwort war die Meldung beigefügt, daß das Befinden des deutschen Kaisers andauernd zufriedenstellend sei. Die jetzt feststehende Mitreise des präsumtiven Staats sekretärs im Auswärtigen Amt Freiherrn v. Bülow mit dem Reichskanzler Fürsten zu Hohenlohe nach Petersburg in Begleitung des Kaisers dürfte leicht so gedeutet werden, als ob, weil sie Anfangs nicht in Frage zu stehen schien, mit einem Male wieder ein anderer Wind in den höheren Regionen eingesetzt hätte. Dies ist, so schreibt die „M. Pol. Korr.", in keiner Weise der Fall. Die Frage einer Mitreise Bülows konnte erst dann über haupt in Frage kommen, nachdem den auswärtigen Höfen und insbesondere also auch dem kaiserlich russischen der bevorstehende Personenwechsel an der Spitze des Aus wärtigen Amtes bekannt gegeben war. Dies ist inzwischen geschehen, der zukünftige Staatssekretär hat sich soeben in Wien dem Kaiser von Oesterreich, König von Ungarn Franz Joseph vorgestellt, und es ist selstverständlich, daß er bei nächster Gelegenheit auch in Petersburg seine Auf wartung machen und mit den dortigen Spitzen der Aus wärtigen Leitung persönlich Fühlung zu suchen Veranlassung nehmen werde. Von russischer Seite ist der Wuusch kundgegeben worden, daß dies in Zusammenhang mit der Reise des Kaisers und des Reichskanzlers nach Peters burg im nächsten Monat geschehe und so erklärt sich die jetzt mit einem Riale erfolgte Ankündigung der Mitreise des Herrn v. Bülow mit dein Reichskanzler, die Anfangs in Abrede gestellt wurde aus Gründen der Etiquette. Der italienische Minister des Auswärtigen, Visconti Venosta, hat das Bedürfniß empfunden, sich über die aus wärtige Politik Italiens in großen Zügen zu äußern. In der That wurde die von der italienischen Regierung hinsichtlich auswärtiger Fragen seit längerer Zeit gezeigte parlamentarische Zurückhaltung von nachtheiligem Einflüsse auf die Stelluug Italiens als Großmacht. Während sich unsere Parlamente, einer Gewohnheit aus der Zeit des Fürsten Bismarck folgend, in der Regierung überlasten, bei passender Gelegenheit Erklärungen über schwebende Fragen sowohl wie über die allgemeine Richtung der Politik abzugeben, ist es in parlamentarisch regierten Ländern üblich, daß die Parlamente sich auch mit aus wärtigen Fragen in eingehendster Weise beschäftigen. In dieser Hinsicht steht die italienische Deputirtenkammer hinter der französischen Kammer und dem englischen Unterhaus nicht viel zurück. Es mußte daher auffallen, daß m den letzten Monaten die italienischen Kammern sich über die auswärtige Politik fast gar nicht ausließen. Wohl laßt es sich verstehen und billigen, daß Italien sich von den schweren Schlägen, die dieses Land in den letzten Jahren betroffen haben, zunächst zu erholen sucht und deshalb die Aufmerksamkeit vor allem der Regelung der inneren Ver hältnisse znwendet. Wenn aber die Abwendung von der auswärtigen Politik zu weit geht, so kann das der Groß machtstellung Italiens nicht günstig sein, da alsdann leicht der Eindruck erweckt wird, daß die dem Lande ungünstigen Ereignisse der letzten Jahre dasselbe in solchem Grade geschwächt haben, daß es auf eine Geltendmachung des ihm gebührenden Einflusses auf dem Gebiete der inter nationalen Politik verzichten müsse. Einen besonderen Anlaß, sich über die auswärtige Politik Italiens zu äußern, fand Visconti Venosta in dem üblen Eindrücke, den es hier und da in Deutschland hervorgerufen hat, daß der Kriegsminister kürzlich bei einer Gelegenheit, die es nahe gelegt hätte, den Dreibund zu erwähnen, dieses vermieden hatte. In deutschen Blättern wurde hierbei festgestellt, daß das Kabinet Rudini die Erwähnung der Bündnisse fast ängstlich vermeide. Der Kriegsminister wehrte diesen Vorwurf zwar gegenüber dem Vertreter eines römischen Blättes ab, ohne jedoch von Unrichtigkeit jener Annahme vollkommen überzeugen zu können. Des halb wohl ergriff der Minister des Auswärtigen am den Bündnissen treu bleibeu werde, um den Frieden welcher von großem, immerwährendem Interesse für Italien sei, aufrecht zu erhalten. Diese Erklärung wird nicht ver fehlen, in Deutschland und überall, wo man dem Friedens- büudniste sympathisch gegenübersteht, einen guten Eindruck zu machen. Die nach den günstigen ministeriellen Ver änderungen eingetretene vorläufige politische Ruhe in Deutschland wird durch die in kommender Woche erfolgende Wiederaufnahme der Verhandlungen des preußischen Land tages nochmals auf kurze Zeit unterbrochen werden. Es handelt sich in der Hauptsache nur noch um die endgiltige parlamentarische Entscheidung in Sachen der Vereinsge setz-Novelle. Das Herrenhaus muß seine Gesammtab- stimmung über die Vorlage in der Form, welche dem Entwürfe des neuen Veretnsgesetzes durch die Herrenhaus beschlüsse verliehen worden ist, wiederholen, während das Abgeordnetenhaus seinerseits Stellung zu der vom anderen Hause abgeänderten Vorlage zu nehmen hat, wird dieselbe hierbei abgelehnt, so wäre die Vereinsgesetz-Novelle defini tiv gefallen. Auch die Haltung der nationalliberalen Fraktion des Abgeordnetenhauses bei dieser allseitig mit Spannung erwarteten Entscheidung kommt es an, fällt auch nur ein Bruchtheil der Nationalliberalen zu Gunsten der Herrenhausbeschlüsse „um", so würde dies natürlich das Zustandekommen der abgeänderten Vereinsgesetz-No- velle bedeuten, da die beiden konservativen Fraktionen des Abgeordnetenhauses für sie stimmen werden. Inwieweit die bekannte Kundgebung des Vorstandes der nordwest lichen Gruppe des Vereins deuscher Eisen- und Stahlin dustrieller für die Vereinsgesetz-Novelle in der Herrenhaus fassung auf eine etwaige Schwenkung nach rechts von Einfluß sein würde, dies wird jedoch erst die entscheidende Abstimmung des Abgeordnetenhauses über die Vereinsge setz-Novelle zeigen. Dem bisherigen Regenten von Lippe-Detmold, dem Prinzen Adolf von Schaumburg-Lippe, Schwager des Kaisers, ist beim Niederlegen seines Amtes der Dank des Kaisers für die hingebende Treue, mit der er die Regentschaft des Fürstenthums geführt, in herzlichen Worten telegraphisch ausgesprochen worden. Gleichzeitig mit dem Prinzen Adolf ist auch der seitherige Kabinets- miuister von Lippe-Detmold, v. Oertzen aus seiner Stellung geschieden, die angesichts des ergangenen Schieds- spruches in der lippe'schen Thronfolgefrage unhaltbar ge worden war. Der neue Regent und künftige Fürst von Lippe, Graf Ernst zur Lippe-Biesterfeld, hat die Regent schaft mit einer kernigen Proklamation angetreten, in welcher er gelobt, die ihm zukommenden neuen Pflichten gegen das lippe'sche Land und Volk wie gegen das Reich getreulich erfüllen zu wollen und in der er sämmtliche Beamte des Fürstenthums in ihren Stellungen bestätigt. Die sozialdemokratische politische Presse Deutschlands ist zur Zeit durch 73Zeitungen vertreten. Davon erscheinen 39 täglich, 15 wöchentlich dreimal, 9 zweimal, 7 einmal, 1 monatlich einmal und 2 monatlich zweimal. Unter ihnen befinden sich zwei Witzblätter und ein illustrirtes Unterhaltungsblatt. Außerdem erscheinen noch 54 im sozialdemokratischen Geiste gehaltene Gewerk schaftsblätter. In Sachsen werden sechs politische und sieben gewerkschaftliche sozialdemokratische Zeitungen her ausgegeben. Mainz, 15. Juli Der Mühlenbesitzer Thomas in Nieder-Olm, der eines Vergehens wegen verhaftet werden sollte, schoß auf den Gendarmeriewachtmeister und den Polizeidiener. Ersterer wurde tödtlich, letzterer leicht verletzt. Nilvingen (bei Diedenhofen), 15. Juli. Gestern Nachmittag stürzte auf der „Friedenshütte" ein Gewölbe des im Bau begriffen Hochofens ein. Mehrere Arbeiter wurden verschüttet. Bis Nachmittag waren vier Schwer verletzte zu Tage gefördert. Wie viel Arbeiter begraben sind, ließ sich noch nicht feststellen. Die Rettungsarbeiten