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WchMÜ für Mckllff Erscheint , wöchentlich dreimal u. zwar Diens-' tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertelj. s Mk. 50 j)f., durch die Post bezogen s Mk. 55 Pf. Einzelne Nummern jO Pf. Wmndt, Naßen, Ziebenlkhn nn- die UmMM. Imtsblult Inserate werden Montags, Mittwochs und freitags bis spätestens Mittags s2 Uhr angenommen. Insertionspreis s O pf. pro dreige spaltene Lorpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorsirentamt zu Tharandt. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. 3. Sonnabend, den 5. Januar 18S5. Jur Fortsetzung der Neichstagssession. Binnen wenigen Tagen, am 8. Januar, nimmt der Reichs tag seine durch die parlamentarische Weihnachtspause unterbro chene Thätigkeit wieder auf, welcher Fortsetzung der Reichstags- sesston man gewiß mit berechtigter Spannung entgegen blicken darf. Denn der weitere Verlauf der Arbeiten des Parlamentes wird wohl bald genug zeigen, ob wir in Deutschland wirklich einer abermaligen ernsten politischen Crists entgegentreiben, oder ob die deshalb gehegten Befürchtungen unbegründet find. Gleich die erste größere Arbeit des Reichstages im neuen Jahre, die Generaldebatte über die sogenannte Umsturz-Vorlage, dürfte üb^r die fernere Gestaltung der Lage eine erstmalige Aufklärung bringen. Wohl ist die so bedeutsame Frage der Bekämpfung der Um- sturzbestrebungen bereits bei der allgemeinen Berathung des Etats gestreift worden, doch haben die betresfendeu Verhand lungen kein genügendes Licht auf die Aussichten der politisch wichtigsten Vorlage der ganzen Session zu werfen vermocht. Ein solcher Aufschluß steht ober zweifellos von der ersten Lesung der „Umsturz-Vorlage" zu erwarten, sie wird vermuthlich er kennen lassen, ob unv inwieweit auf eine Verständigung zwischen der Regierung und der Volksvertretung in diesem schwerwiegen den Probien gezählt werden kann. Noch ehe die „Umsturz-Vorlage" aus dem Schooße der Commission wieder an das Plenum zurückgelangt, wird der Reichstag voraussichtlich Gelegenheit haben, sich mit der anderen „brennenden Frage" seiner gegenwärtigen Sitzungsperiode zu beschäftigen, mit der Tabaksteuer-Vorlage. Eü muß schon jetzt als gewiß gelten, daß seitens eines Theiles der ReiLStagspar- teien energisch Stellung gegen diesen finanziell und wirthschaft- lich, wie in sozialpolitischer Beziehung bedeutungsvollen Gesetz entwurf genommen werden wird, mögen auch die Beweggründe dieser Opposition verschiedenartiger Natur sein. Auch diejenigen Personen, welche als der Tobakfabrikatsteuer im Interesse der notwendigen Stärkung der Reichsfinanzen im Allgemeinen ge neigt gelten, hegen wenigstens gegen diesen oder jenen Punkt des Projektes ernste Bedenken, so daß die Vertreter der Reichs regierung und der preußischen Negieiung bei der Verthkidigung der Tabaksteuer-Vorlage einen sehr schweren Stand haben werden. Eine nicht unbedenkliche Verschärfung würde aber die ganze Fiage der Tabakfabrikatsteuer erfahren, wenn es wahr sein sollte, was in verschiedenen Blättern behauptet wird, daß nämlich die Regierungen von Bayern, Baden und Hessen mit dem Ent würfe des Tabakfabrikatsteuergesetzes, wie er augenblicklich dcn BundeSrathsauSschüsftn zur Berathung unterliegt, keineswegs voll einverstanden sind. Vielmehr sollen sich in verschiedenen Punkten des Entwurfs Differenzen zwischen den genannten süd deutschen Regierungen und der Centralregierung ergeben hoben, es bedarf aber wohl keiner besonderen Versicherung, daß diese Meinungsverschiedenheiten, falls sie in der That bestehen, den parlamentarischen Boden für die Berathung der Tabaksteuer- Vorlage nicht günstiger gestalten werden. Eng verknüpft mit dem Schicksal des Tabaksteuergesetzes ist dasjenige der ebenfalls wieder im Reichstag,- eingebrachten Vorlage, belr. die Reform der Reichsfinanzen, das etwaige Scheitern des ersteren müßte auch jenes der letzteren Vorlage unbedingt nach sich ziehen. Weniger Schwierigkeiten sieben den ferneren größeren Vor lagen der Sesston, den neuen Justizgesetzentwürfen, wie den Vorlagen über die Börsenreform, über die Bekämpfung des un lauteren Wettbewerbes u. s. w. entgegen. Es sind also in dieser Beziebung von vornherein positive Früchte von der Thä tigkeit des Reichstages zu erhoffen, solern er eben zur vollstän digen Erledigung aller der betreffenden Vorlagen kommt. Frei lich gilt hierbei als eine wesentliche Voraussetzung, daß sich das Hous in dem nachweihnachtlichen Sessionsabschnitte endlich besser besetzt zeigt, als in den Sitzungen vor Weihnachten, sonststünde zu befürchten, daß das alte Uebel der Beschlußunfähigkeit des deutschen Bundesparlamentes aufs Empfindlichste dessen Arbeiten hemmen und schädigen würde. erspart bleiben werde. Da isttin erster Linie der alsZ festge gründetes Friedeusboüwerk schon in manchem kritischen Augen-! blick erprobte Dreibund der mitteleuropäischen Mächte, dessen Wirksamkeit extensiv wie intensiv sich ihren Einfluß aut die Geschicke der Welt ungeschmälert zu behaupten weiß. ^Weder der Kanzlerwechsel in Deutschland noch die inneren Wirren in Ungarn oder Italien haben an der Innigkeit der Beziehungen von Hof zu Hof, von Kabinet zu Kabinet, etwas zu ändern vermocht. Nach wie vor geht die Berliner Politik mit den leitenden Staatsmännern in Wien und Rom, dem Grafen Kalnoky und Signor Crispi, auf internationalem Gebiete, so weit die gemeinsamen Interessen der drei verbündeten Mächte in Betracht kommen, Hand in Hand. Und da das gemeinsame Interesse aller Betheiligten an der Erhaltung und Festigung des Friedens weitaus alle sekundären Fragen überwiegt, so bleibt auch die Wirkung dieselbe: nach wie vor beherrscht der mitteleuropäische Dreibund die Konjunktur und hält entgegen gesetzte Bestrebungen nachdrücklich in Schach. UebrigenS ge hört es nicht zu den wenigst werthvollen moralischen Errungen schaften des Dreibundes, daß seine Friedenspolitik sich all mählich die Sympathien so ziemlich aller maßgebenden Kreise auch außerhalb seines engeren Bereiches erworben hat. Heutigen Tages sind es nicht die Regierungen, von denen dem Frieden der Völker Gefahr droht, sondern diese Gefahren könnten sich höchstens aus dem Schooße der Völker heraus entwickeln. Sie sind gegeben in dem Streben der Umsturzparteicn nach der Herbeiführung eines allgemeinen Chaos. Es wäre mehr als Thorheit, anzunehmen, daß eine so vollständige Umkehrung des Bestehenden, ein so schroffer Bruch mit allem geschichtlich Ge wordenen und geschichtlich Ueberlieferten vor sich gehen könnte, obne die furchtbarsten Gewaltkrisen nach innen und nach außen. Der weitere Fortgang der Umsturzbewegung dürfte Staat und Gesellschaft nicht etwa vor die Alternative: Revolution oder Krieg stellen, sondern in seinen Fußtapfen werden Revolution und Krieg einherschreiten Indem also die von der Vernichtung durch den Umsturz bedrohten modernen Kulturfaktoren dem im Innern drohenden Feinde gegenüber sich zusammenschließen, er weisen sie den Völkern den größten Dienst. Der Frieden nach außen erscheint gesichert, wenn es gelingt, den Feind im Innern von weiteren Fortschritten zurückzuhalten. In diesem Zeichen wird die politische Aktion für den Frieden auch während des neuen Jahres kämpfen müssen, um zu siegen. Wir werden nächstens wieder in die alljährliche winterliche Hochfluth des parlamentarischen Lebens in Deutschland eintre^en. Am 8. Januar nimmt zunächst der Reichstag seine durch die Weiynochtsferien unterbrochenen Verhandlungen wieder auf; aber nur eine Woche später, am 15. Januar, tritt auch der preußische Landtag zu seiner neuen Session zusammen und in den folgenden Wochen dürften auch die meisten übrigen einzelstaatlichen Parlamente zur Eröffnung gelangen. Erfahrungs mäßig Pflegen die Arbeiten des Reichstages unter der gleich zeitigen Cvnkurrenz des preußischen Abgeordnetenhauses mehr oder weniger zu leiden, und dieser leidige Umstand wird sich gewiß auch diesmal geltend machen. Das einzige Mittel, welches er zur Zeit giebt, um die bedauerliche Cvnkurrenz möglichst wenig fühlbar zu machen, ist eine stets gute Besetzung des i Reichstags. Hoffentlich werden die Reichsboten zu den Sitz lungen im neuen Jahre endlich zahlreicher als bisher erscheinen, i waö auch schon im Hinblick auf die bevorstehenden wichtigen Verhandlungen des Reichstages nur dringend zu wünschen wäre, l— Als größere Vorlagen für die neue Landtagssession in Preußen werden genannt Gesetzentwürfe über die Gebühren und die ! Stempel, das in der vorigen Sesston nicht perfekt gewordene ^Gesetz über die Verpfändung von Kleinbahnen und selbstver- stündlich der Etat. Wir stehen dicht vor der Wiedereröffnung des Reichstags und es wird sich zunächst um die beiden Fragen der gesetz geberischen Abwehr der Umsturzbestrebungen und der Verstärkung der Disziplinargewalt im Reichstag handeln. Die Situation hat sich während der Weihnachtsferien in keiner Weise aufge klärt, Man hat nirgends etwas von Versammlungen und Wahlreden über die großen Tagesfragen gehört; weder hat sich Tagesgeschichte. Der politische Ausblick bei Beginn des neuen Jahres ist , vom Stanvpunkte der Friedensintcressenten kein entmutbigendcr. viel Entrüstung über die „Bedrohung der Freiheitsrechte des Störungen des Friedens sind im abgelaufenen Jahre, von den Volks," noch ein lebhafter Eifer für die vorgeschlagenen Ab- glücklich lokalistrt gebliebenen ostasiatischen Wirren abgesehen, l wehrmaßregeln gezeigt. Die Abstumpfung und Ermüdung des nirgends hervorgetreten, ebensowenig sind Anzeichen bemerkbar,! Volks tritt hierbei wieder recht deutlich zu tage. Daß es zu daß solche Störungen etwa im Anzuge begriffen wären. Im einer Krists bei diesem Anlaß nicht kommen wird, ist wohl Gegemheck, an allen Stellen, wo die Fäden der internationalen überwiegende Ansicht. Es wird voraussichtlich irgend eine Ver- Politik zusammenlaufen, bczw. von denen sie ausstrahlen, herrscht, ständigung erzielt werden, auf welcher Grundlage muß dahin- Uebereinstimmung in der Zuversicht, daß den Völkern binnen j gestellt bleiben. Die Dinge auf die Spitze zu treiben, hat keine absehbarer Frist die Heimsuchung eines kriegerischen Konflikts Partei ein Interesse. Zu unsicher wäre der Ausgang neuer Wahlen im gegenwärtigen Augenblick und keine Partei könnt dabei viel gewinnen. Auch die Entscheidung der zweiten großen Frage, die den Reichstag nächstens beschäftigen wird, der Steuer reform, ist noch so undurchsichtig wie je, aber mit großem Ver trauen wird man dieser Entscheidung nicht entgegensehen dürfen. Die Zusammensetzung des Reichstags ist nun einmal auf Un fruchtbarkeit und Stagnation angelegt, und es ist zu befürchten, daß dies nicht ein vorübergehender, sondern ein dauernder Zu stand ist. Die Tabaksteuervorlage wird, wie die „Nat.-Lib. Kon." hört, im Reichstage wohl noch etwas auf sich warten lasten. Es sind erst noch mancherlei Meinungsverschiedenheiten mit den süddeutschen Bundesstaaten, die an dem Tabaksbaue erheb lich betheiligt sind, zu überwinden, und es ist zweifelhaft, ob der Entwurf des Reichsschatzamtes nicht noch Abänderungen erfährt. Dem Vernehmen der „B. P. N." nach liegt eS in der Absicht, dem Reichstage eine Vorlage, sowohl betreffs der Branntweinbesteuerung als auch der Zuckcrbesteuerung, noch in der laufenden Session vorzulegen. Die Vorbereitungen für beide Novellen sollen soweit gefördert sein, daß diese binnen kurzem an den Bundesrath gelangen können. Bei der augen blicklichen Lage des landwirthschaftlichen Gewerbes ist kaum an zunehmen, daß die in Rede stehenden Novellen sich in der Richtung der Erhöhung der Einnahmen aus den beiden Pro duktionszweigen zu Gunsten der Reichskaste, als vielmehr Inder Richtung der Minderung des Preisdrucks bewegen werden, der infolge der allgemeinen Lage des Weltmarktes, der Zahlung von Prämien seitens auswärtiger Staaten und der bei uns in folge der Exportabnahme herrschenden Überproduktion emgetretenist. Stuttgart. Wie der „Staatsanzeiger von Württemberg" meldet, richtete der König anläßlich des Jahreswechsels folgen des Telegramm an den Kaiser: „Bei dem Jahreswechsel, zu dem ich Dir die innigsten herzlichsten Glückwünsche sende, ist es mir Bedürfniß, Dir nochmals den wärmsten Dank auszu sprechen für die unvergeßlich schönen Tage, welche ich im ab gelaufenen Jahre bei den Manövern in Ost- und Weflpreußen durch Deine Güte verleben durfte. Möge das anbrechende Jahr Dir und dem gejammten Vaterlande gute und segensreiche Tage bescheiden und mir die Freude einer erneuten persönlichen Begegnung bringen. Wilhelm." — Hier traf folgende Antwort des Kaisers ein: „Empfange den aufrichtigsten Dank für Dein freundliches Telegramm, dessen Inhalt mich mit warmer Freude erfüllt. Von ganzem Herzen erwidere ich Deine guten Wünsche für das kommende Jahr. Unvergeßlich find auch mir die Tage, die uns vergönnt waren, in treuer Kameradschaft zusammen zu verleben und mit Dir hoffe ich auf ein Wiedersehen im neuen Jahre, daß mit Gottes Hilfe und Deinem schönem Lande reichem Segen bringen möchte. Wilhelm." Der Jahreswechsel hat auch diesmal an verschiedenen Brennpunkten der europäischen Politik die üblichen Neujahrsan sprachen gezeitigt. Indessen ist in demselben, soweit sich die Meldungen hiervon übersehen lassen, weniger von der allge meinen Lage die Rede gewesen, als vielmehr von den inneren Verhältnissen der betreffenden Länder, wie dies namentlich von den Kundgebungen anläßlich der offiziellen Neujahrsempfänge am italienischen Hofe und in Budapest gelten darf; die inter nationalen Beziehungen scheinen eben nur bei den Wechselrcden zwischen den Präsidenten der französischen Republik und dem päpstlichen Nuntius berührt worden sein. Letzterer betonte in seiner Ansprache, daß, wie oft auch die Interessen der Nationen auseinandergingen, es doch ein höheres Interesse gebe, welches die Völker im Gefühle der Brüderlichkeit vereine, das Interesse des Friedens und der Gerechtigkeit. Die Erwiderung des Herrn Castmir-Perier war im ähnlichen Sinne gehalten und hob die Friedensliebe und den Wunsch Frankreichs hervor, sich gleich den übrigen Nationen ganz den Werken der Freiheit, Gerechtig keit und sozialen Brüderlichkeit zu widmen. Jedenfalls spricht gerade der Umstand, daß in den diesmaligen politischen Neu jahrskundgebungen die internationale Lage gestreift worden ist, als bei gleichen früheren Anlässen, dafür, wie sehr man all seitig in den maßgebenden Kreisen den europäischen Frieden für gesichert hält. Pest. Der Vorsitzende der Druckerei-Gesellschaft Athenäum, Ludwig Csery, Mitglied des hauptstädtischen MunizipalauSschuffes, wurde heute von dem Buchdruckergehilfen Kurucz, als er dessen Gesuch um Unterstützung zu lesen begann, durch zwei Revvlver- schüsse lebensgefährlich verletzt. Der Attentäter erschoßfichnach der That. Der offizielle Neujahrsempfang im Quirinal hat dem König Humbert Gelegenheit zu wiederholten Acußerungcn über