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- Erscheinungsdatum
- 1894-11-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782021922-189411138
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782021922-18941113
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782021922-18941113
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn ...
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Jahr
1894
-
Monat
1894-11
- Tag 1894-11-13
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Monat
1894-11
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Jahr
1894
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der Denkart der beiden Gegner in Ostasien tritt in dieser Cha rakteristik recht klar hervor. Auf der einen Seite der höchste Opfermuth und die höchste Begeisterung, auf der anderen Stumpf sinn, ein überraschender Mangel am nationalem Bewußtsein und, um es milde auszudrücken, Widerwillen gegen das Waffenhand werk. Der Ausgang des Kampfes konnte unter solchen Um ständen nicht zweifelhaft sein. Aber nicht nur nach der oben gekennzeichneten Richtung unterscheidet sich Japan vortheilhaft von China. Die europäische Kultur ist in Japan viel tiefer eingedrungen, als man selbst in der letzten Zeit noch annahm, und hat auch die sittlichen Anschauungen in erfreulicher Weise beeinflußt. Es drückt sich dies in der Kriegsführung der Ja paner aus, die in dem vom 22. September datirten Tagesbe fehl des Kriegsministers Oyama charaktensirt wird. Japan ist dem Benin zum Rothen Kreuz im Juni 1882 beigetreten, und seine Soldaten sind bereits dahin unterwiesen worden, daß sie solche Gegner, die durch Krankheit und Wunden gefechlsunfähig geworden, freundlich zu behandeln und ihnen zu helfen haben. Vaterländisches. Wilsdruff. Saison-Theater. Heute gelangt die Ge sangsposse „Vom Märchenland ins Erdenreich", oder: „Die schwer errungenen Bräute und die Macht der Liebe" zur Auf führung. Der Besuch dieses Stückes ist sehr zu empfehlen. — Auch an dieser Stelle machen wir besonders auf den heute stattfindendcn Familienabend des gemeinnützigen Vereins aufmerksam. Wie wir hören, ist es dem Vorstande gelungen, berühmte Größen auf dem Gebiete der Bauchrednerei, Deklamation und Coupletsängerei zu gewinnen. Daß auch die ernste Tvnmuse gebührende Anerkennung findet, bemerken wir besonders. Jedem Besucher wird gewiß etwas geboten werden. — Es kommt noch immer recht häufig vor, Laß durch Lohnfuhrwerke, Botenfrauen u. s. w. dem § 1 des Postgesetzes zuwider verschlossene Briefe von einem Orte mit Postanstalt gegen Bezahlung befördert werden. Die Absender und Be förderer bedenken meist nicht, daß sie sich dadurch einer straf baren Post- und Portoübertretung schuldig machen. Da viel seitig Unkenntniß der gesetzlichen Bestimmungen die Ursache hierzu sein mag, so geben wir den Wortlaut des § 1 des ge dachten Gesetzes theilweise wieder: „Die Beförderung 1. aller versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Briefe, 2. aller Zeitungen politischen Inhalts, welche öfter als einmal wöchentlich erscheinen, gegen Bezahlung von Orten mit einer Postanstalt nach anderen Orten mit einer Postanstalt des In- oder Aus landes auf andere Weise, als durch die Post ist verboten. Hinsichtlich der politischen Zeitungen erstreckt dieses Verbot sich nicht auf den zweimaligen Umkreis ihres Ursprungsortes. Un verschlossene Briefe, welche in versiegelten zugenähten oder sonst verschlossenen Packeten befördert werden, sind den ver schlossenen Briefen gleich zu achten. Es ist jedoch gestattet, versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Packeten, welche auf andere Weise, als durch die Post befördert werden, solche Briefe, Fakturen, Preiskourante, Rechnungen und ähnliche Schrift stücke beizufügen, welche den Inhalt des Packeis betreffen." Im gewöhnlichen Leben wird meist als „Brief" nur eine schriftliche Mitthcilung aufgefaßt; im Sinne des Postregals aber sind auch solche Briefe postzwangspflichtig, deren Inhalt nicht in schriftlichen Mittheilungen, sondern aus Zeitungen, Bildern, Rechnungen besteht. Gleichgiltig ist im Weiteren auch die Form des Verschlusses. Ein solcher ist vorhanden bei einer Vor kehrung, welche das Erkennen des Inhalts und das Hinzuge langen zu demselben, nur unter Ueberwindung eines gewissen Hemmnisses und unter Entwickelung einer besonderer, unter den Begriff der Eröffnung des Verschlusses fallenden Thätigkeit möglich macht. Die jetzt vielfach verbreitete Ansicht, daß ver schlossene Briefe, deren Ecken beschnitten sind, als nicht ver schlossen, also auch dem Postzwange nicht unterliegend zu be trachten seien, ist unrichtig. Auch eine einfache Umschnürung kann u. A. einen Verschluß bilden. Der Postzwang gilt aber nur für den Fall, daß die Beförderung gegen Bezahlung erfolgt. Nicht aber ist erforderlich, daß die Bezahlung in baarem Gelbe erfolge, vielmehr bildet jede vermögensrechtliche Gegenleistung eine Bezahlung im Sinne des Postge;etzes; auch kommt es nicht darauf an, wer das Entgelt für die Beförderung her- giebt, ob der Absender oder der Empfänger. Wenn Jemand einen Brief, in dem der Absender Waaren bestellt, unentgeltlich befördert, auf dem Rückwege die bestellten Waarcn mitnimmt und dann von dem Absender eine Vergütung erhält, so ist auch darin eine Briefbeförderung „gegen Bezahlung" zu erblicken, so bald nur nach Lage der Umstände anzunehmen ist, daß jene Vergütung zugleich die Bezahlung für die Beförderung des Briefes mit enthält. Packete unterliegen dem Postzwange nicht. Nicht aber dürfen Packete, deren Beförderung nicht durch die Post, sondern auf andere Weise erfolgt, also Bahnsendungen, z. B., Briefe beigefügt werden. Hingegen ist nach H 2 des Postgesetzes die Beförderung von Briefen und politischen Zeitungen (8 gegen Bezahlung durch erpresse Boten oder Fuhren ge stattet. Es darf ein solcher Erpresser aber nur von einem Ab sender abgeschickt sein, und sich nur in Anlaß und zum Zwecke der Ausrichtung dieses Besörderungsauftrags von einem Orte zum anderen begeben, auch dem Postzwange unterliegende Ge genstände weder von Anderen mitnehmen noch für Andere zu rückbringen. Uebrigens ist besonders darauf hinzuweisen, daß im ersten Rückfalle die Strafe verdoppelt, bei ferneren Rück fällen aber auf das Vierfache erhöht wird. — Am Abend des 8. November hielten die Studirenden der Forstakademie im Saale des „Deutschen Hauses" in Tharandt einen von nah und fern zahlreich besuchten Kom mers zu Ehren des Akademiedirektor« Or. Neumeister ab. Vorher fand ein Fackelzug statt, der sich vom Schützenhause aus durch die Straßen Tharandts bewegte. Vor der Akademie, der Wohnung des neuernannten Oberförsters Groß und des Amts richters Ür. Hucho nahm der Zug Aufstellung, um durch eine Deputation Beglückwünschungen darzubringen. Der Akademie direktor Or. Neumeister hielt von der Freitreppe der Akademie aus an die Studentenschaft eine weithin vernehmbare'Ansprache, die mit einem Hoch auf die Akademie schloß. — Königstein, 10. November. In der gestrigen ge meinschaftlichen Sitzung des Rathes und der Stadtverordneten wurde einstimmig die Errichtung eines Elektrizitätswerkes auf dem ehemals Döring'schen Mühlengrundstückes, welches vor einiger Zeit in den Besitz der Stadt übergegangen ist, beschlossen. — In Chemnitz hat der dort vor Kurzem verstorbene Kaufmann Karl Bernhardt Leonhard das dortige Hospital St. Georg testamentarisch als Universalerben eingesetzt. Die dem Hospitale zugefallene Erbschaft soll die Summe von mindestens 150000 betragen. Der Verstorbene war unverheirathet; er hat durch diese edle That sich ein bleibendes Denkmal gesetzt. — Ein Opfer des Spiels wurde der Geschirrführer Ernst Hermann Schürer in Rautenkranz bei Auerbach i. V. Der selbe hatte sich am „Tippen" betheiligt und vermuthlich größere Verluste erlitten, welche ihm so zu Herzen gingen, daß er sich durch Erhängen das Leben nahm. Schürer hinterläßt Frau und 7 Kinder. — Hochbetagt starb dieser Tage in Niederoderwitz bei Zittau ein armer Weber, Namens Wilhelm Wauer, der in der ganzen Gegend Lie größte Achtung genoß infolge einer Heiden thal, die er während der furchtbaren Hochfluth am 14. Juni 1880 vollbrachte. Wauer, der damals bereits ein öOjähriger Greis war, rette an jenem Schreckenstage 11 Menschenlebenaus einem von den Wogen bereits hochumflutheten und dem Einsturz nahen Hause. Kaum war ihm diese edle Rettung sthat ge lungen, als sich Wauer wieder opfermüthig in die Gefahr stürzte, um die geringen, sauer erworbenen Ersparnisse einer armen alten Frau, die ihn flehentlich bat, aus der bereits in allen Fugen krachenden Wohnung zu holen. Wauer, dessen That um so mehr zu bewundern ist, als er selbst von schwächlichem Körper war, erhielt damals die silberne Rettungsmedaille und ein Ehrendiplom als äußere Anerkennung für sein todesmuthiges Eingreifen. Nie in seinem Leben hat Wauer indessen die Rettungsmedaille getragen; sein schlichter Sinn war zufrieden damit, daß ihm sein Rettungswerk gelungen und daß seine Mit bürger ihn, der Aermsten einen, achteten und ehrten. Auf seinen Sarg aber hatte man ihm jetzt den wohlverdienten Ehrenschmuck gelegt, als man ihn zur ewigen Ruhe bettete. Manche Thräne aufrichtiger Trauer ist ihm nachgeweint worden. — Die „Z. M.-Z." meldet aus Waltersdorf bei Zittau: Am Montag Abend zwischen 8 und 9 Uhr drangen plötzlich drei vermummte Männer in die Gaststube des Restau rants „zur Waldesecke" im Ortstheile Herrenwalde ein. Der Wirth schlief auf dem Sopha, während seine Frau und Tochter am Tische saßen. Gäste waren nicht anwesend. Die frechen Ein dringlinge verlangten unter schweren Androhungen alles vor handene Geld. Der Wirth stürzte sich auf einen derselben, wurde aber bald von den Dreien überwältigt und durch fürchter liche Schläge gemißhandelt. Alsbald fiel auch ein Schuß aus einer Pistole; denselben hatte einer der drei Patrone als Schreck schuß abgefeuert. Nach weiteren Drohungen raubten alsdann die Eindringlinge den ganzen Inhalt des im Schanktische be findlichen Geldkastens, der zum Glück nur aus etwa 20 Mark bestand. Hierauf entfernten sich die gefährlichen Gesellen. Dieselben hatten sich auch das Gesicht vollständig mit Glanz leinwand überzogen. Der Wirth hat sich bis jetzt noch nicht wieder vollständig erholt. — In Großschöna wurde am 5. d. M. der auf dem Rittergute Heinewalde bedienstete Hermann Weber dem König!. Amtsgerichte als Brandstifter einzeliefert. Derselbe hat am Montag früh gegen vier Uhr, nachdem er vorher zur Tanz musik gewesenist, versucht, das Seibt'sche Wohnhaus im Nieder dorfe anzuzünden. Bei diesem nichtswürdigen Vorhaben wurde Weber aber von seiner Schwester und einem anderen jungen Mädchen, welche von einem Ballvergnügcn heimkehrten, beobachtet und gelang es auf das Lärmschlagen der beiden Mädchen, den Hausbewohnern, das Feuer im Entstehen zu ersticken. In der selben Nacht sind im Niederdorfe auch eine Anzahl junger Straßenbäume in rohester Weise an und zerschnittten worden. Die öffentliche Meinung schreibt auch diese gemeine That dem Weber zu. Weber ist übrigens dieselbe Person, die voriges Jah wegen eines auf Station Scheibe verübten Eisenbahnfrevcls in Untersuchung sich befand, aber frei gesprochen wurde. Im Banne des Goldes. Original-Roman von Gustav Lange. (Fortsetzung.) Unberechtigter Nachdruck verboten „Der Vogel ist ausgeflogen," wetterte er ingrimmig vor sich hin. „Wahrscheinlich hat er Wind bekommen, oberer soll mir nicht entkommen, sofern er noch in Paris sich aufhält. Nachdem er sich eingehend überzeugt, daß in den Räumen, soweit sie zugänglich, wirklich keine Spur von dem Besitzer Blank zu entdecken war, entschloß er sich, das Haus einer gründlichen Durchsuchung zu unterwerfen. Die in dem Woyngemach und auch sonst herrschende Unordnung ließ auf den ersten Blick er kennen, daß es von seinem Bewohner in größter Eile verlassen worden; alle Gegenstände lagen in möglichster Unordnung durch einander und zerstreut umher; Stück für Stück wanderte durch die Hand des Geheimpolizisten, nichts entging seiner Aufmerk samkeit und je länger er in dem Raume weilte, desto bestimm ter kam er zu der Ueberzeugung, daß er sich in einer Falsch münzerwerkstätte befand; da waren die verschiedenen Formen, Schmelztiegel und Metalle, alles war noch vorhanden, weil es Blank wahrscheinlich nicht mehr möglich gewesen, alle diese ver dächtigen Gegenstände zu verbergen, oder mit sich zu nehmen, aber um so größer war auch der Aerger, die Wuth und Ent täuschung des Geheimpolizisten, wenn er daran dachte, zu spät gekommen zu sein, denn anstatt Belohnung zu ernten, mußte er jetzt mit der Möglichkeit rechnen, vielleicht gar Tadel und Vorwürfe von seinen Vorgesetzten zu erhalten, weil er es unter lassen, noch gestern Abend zur Verhaftung des Flüchtlings zu schreiten und sich durch eine einfache verschlossene Thür von dieser Pflicht hatte abhalten lassen. Wären all die heimlichen Flüche und Verwünschungen in Erfüllung gegangen, die von dem Ge heimpolizisten ausgestoßen, auf das Haupt des flüchtigen Falsch münzers herabhagelten, so hätte dieser sich schwerlich noch einer Stunde seines Daseins zu erfreuen gehabt. Anfangs hatte der Geheimpolizist immer noch die Hoffnung, Valentin Blank könne noch einmal zurückkehren oder vielleicht gar nur auf kurze Zeit zu irgend welchem Zwecke seine Woh nung verlassen haben, aber es schwand auch diese, denn Stunde auf Stunde verrann und schon gab es keinen Winkel im ganzen Hause mehr, den er nicht ein oder mehrere Male durchstöbert, und so gab er es schließlich auf, hier länger auf die Rückkehr Valentin Blanks zu warten, denn es galt nun auch so schnell wie möglich, über dessen Verbleib Nachforschungen anzustellen und mußte er daher dem Staatsprokurator Meldung von dem Vorfall erstatten, damit dieser die nöthigen Anordnungen zur Ergreifung des Falschmünzers treffen konnte. Er selbst wollte § alle geheimen Verbrecherschlupfwinkel und Pariser Spelunken! durchsuchen, um möglicherweise das Versehene wieder einzuholen und vielleicht doch noch eine Belohung zu verdienen, stand doch auch sein Ruf, einer der gewiegtesten und schlauesten Geheim polizisten von Paris zu sein, auf dem Spiele. Noch nie in seinem Leben war ihm Aehnliches passirt, den MlssUhäter schon so gut wie sicher in seinem Netze zu haben und doch noch ent ¬ schlüpft; natürlich suchte er einen Theil des Mißerfolges auf den Gerichtsboten abzuwälzen und redete sich ein, daß, wenn dieser gestern Abend nicht dabei gewesen, er sicher die Verhaftung des Deutschen vorgenommen haben würde. Der Geheimpolizist verließ das Haus wieder, weniger zu versichtlich auf einen großen Erfolg wie er es betreten, um sich zum Staatsprokurator zu begeben; da er das Haus unverschlossen gefunden, so unterließ auch er es, dasselbe zu verschließen, be sonders auch deshalb, Weiler doch bald mit den Gerichtspersonen zur Aufnahme des Thatbestandes zurückkehren würde. War Valentin Blank wirklich verschwunden, war er viel leicht gar schon aus Paris geflohen, als der Geheimpolizist an diesem Morgen so eifrig nach ihm fahndete? Das war nicht der Fall; noch am gestrigen Abend, wo sich ihm und dies nicht ohne Grund durch die Wahrnehmung, daß Jemand in seine Wohnung einzudringen versucht, der Ge danke aufgedrängt, durch irgend einen Umstand sei sein so sorg sam gehütetes Geheimniß zur Kenmniß Unberufener gelangt und drohe ihm daher die größte Gefahr, hatte er den Entschluß gefaßt, ohne Zaudern den Ort seiner Zuflucht, seine Wohnung zu verlassen. Nachdem er sich von dem ersten Schreck erholt und die Besonnenheit die Oberhand wieder bei ihm gewonnen, schickte er sich an, die Vorbereitungen zu seiner Flucht zu treffen. Wenn es ihm auch vorläufig noch ein Räthsel war, auf welche Weise er einen Verdacht auf sich gelenkt und wie weit seine verbrecherische Thätigkeit zur Kenntniß anderer gelangt, und ob der oder die Personen, die bei ihm einzudringen versucht, wirk lich schon Sendlinge der Polizei waren, so durfte er doch keine Zeit verlieren, wollte er sich nicht der Möglichkeit aussetzen, blindlings in die Gefahr zu laufen. Es war zwar noch nicht anzunehmen, daß sein Haus schon umstellt, denn sonst würde sich der geheimnißvolle Vorgang vor der Thür seine« Wohnge maches nicht so ruhig abgespielt haben, es war ja auch nicht ausgeschlossen, daß es vielleicht gar Diebe waren, die hier ein zudringen versucht, in der Hoffnung Schätze zu finden. Zu allen diesen Erwägungen blieb ihm indeß keine Zeit; er mußte fort, noch dieser Nacht, noch in dieser Stunde; wenn es ihm nur erst gelungen, unbemerkt aus dem Hause zu entkommen, dann war er der größten Gefahr entronnen; es konnte ihm dann nicht mehr schwer fallen, sich einige Tage verborgen zu halten und schließlich für immer Paris zu verlassen und heimlich nach Deutschland zu fliehen, in seiner Heimath, die er als junger hoffnungsfreudiger und thatenlustiger Mann verlassen und die er jetzt, wo er am Abend seines Lebens stand, als ein aus der Gemeinschaft der ehrlichen Menschen ausgestoßener Flüchtling betreten wollte. Welch eine ereignißschwere Zeit für ihn lag zwischen dem Tage seiner Flucht nach England und der jetzt beabsichtigten Rückkehr nach Deutschland; wieviel Kummer, Herzeleid und Enttäuschungen hatte er diesem langen Zeiträume nicht erfahren und hatte das Schicksal zuweilen mit rauher Hand in sein Leben eingegriffen, frohe Hoffnungen unbarmherzig zerstörend. Es waren dies schmerzliche Erinnerungen für ihn, aber noch schmerzlicher war der Gedanke nicht ohne einen großen Theil der eigenen Schuld das Facit eines verfehlten Lebens ziehen zu müssen. Wenn ihm selbst auch nichts an seiner Sicherheit lag, wie er überhaupt des Lebens überdrüssig war, aber der Gedanke an Bianca, sein Kind, mit welcher Liebe hing er an ihr und was würde ihr Schicksal sein, wenn er den Muth fand, durch eigene Hand sich den Tod zn geben und von dieser grausamen unbarm herzigen Welt zu scheiden, die doch für manchen armen Eroen- pilger nur eine fortgesetzte Kette von Leiden darstellt. Es wußte zwar kein Mensch, daß sie seine Tochter war und es würde sie vielleicht auch Niemand in Verbindung mit dem Falschmünzer und Selbstmörder gebracht haben, aber sie selbst mußte die Ge wißheit von der Verwirrung ihres Vaters, die ihr doch nicht verschwiegen bleiben würde, mit Schrecken erfüllen, obgleich ihr kein Vorwurf darüber gemacht werden konnte, einen Theil der Schuld zu tragen, daß ihr Va^er zum Verbrecher geworden, denn sie war aufgewachsen in dem Glauben, dieser sei ein reicher Mann, vielleicht war ihr noch nicht einmal der Gedanke ge kommen, ihre kostspieligen Launen und zu große Inanspruchnahme seiner Unterstützungen könne dessen Reichlbum untergraben. Das Bild seines Kindes, der halb Paris in Huldigung zu Füßen lag, das Ebenbild seiner so früh verstorbenen Gattin, welches in diesem Augenblick des bangen Zweifels, der trostlosen Hoffnung vor ihm aufstieg erweckte aus« Neue den Selbster haltungstrieb in Valentin Blank, ließ ihn für den Augenblick noch nicht ganz verzagen, gleich einem Ertrinkenden, der sich in der höchsten Gefahr zu einer Rettung gleichsam an einen Stroh halm an.uklammern versucht. War im ersten Augenblicke auch alles so überraschend über ihn gekommen, so war Blank doch nicht ganz unvorbereitet, da er stets mit der Möglichkeit hotte rechnen müssen, daß sein Ver brechen doch einmal ans Tageslicht kommen und sich das Sprich wort „es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch an die Sonne" sich auch ihm bewahrheiten würde. Vor allem mußte er jetzt bei seiner Flucht darauf bedacht sein, durch Unkenntlich keit einer Entdeckung vorzubeugen und zu einer Metamophose nöthigen Gegenstände hielt er stets bereit. Nicht ohne Anstrengung schob er den schweren Schrank etwas von der Holztäfelung der Wand und drückte auf ein nur schwer von der dunklen Wand zu unterscheidendes kleines eisernes Plättchen, welches noch dazu an einer Stelle angebracht, wo eS am wenigsten ins Auge fiel. Ein Theil der Täfelung bewegte sich bei Seite und eine kleine Oeffnung in der Wand entstand, der Blank eine Perrücke, ein Fläschchen mit einer dunklen Flüs sigkeit und eine blaue Brille entnahm und holte dann die noch auf dem Tische liegenden Lederbeutel mit den gefälschten Mün zen herbei. Wie mancher Schweißtropfen hing daran und welche Mühe hatte ihm die Anfertigung derselben gekostet, aber durfte eS jetzt nicht mehr wagen, dieselben zu verausgaben und so schwer es ihm auch ankam, er mußte sie hier in der Wandöffnung ver bergen, wo sie von einem Uneingeweihten nicht zu leicht zu finden waren; die anderen zu seinem unerlaubten Gewerbe nöthigen Gegenstände noch hier zu veibergen war nicht möglich, da Ler Naum zu klein. Auf ähnliche Weis.: wie die Oeffnung geschah auch der Verschluß deö Versteckes wieder und um eine Ent deckung noch mehr zu erschweren, rückte er den Schrank wieder an diesen Theil der Wand. Mit fieberhafter Eile ging er jetzt daran, sich zu verkleiden. Der Bart wurde dunkel gefärbt; die dichte Perrücke ersetzte daS fehlende Haupthaar, dann hüllte er sich in einen weiten Mantel und die blaue Brille vervollständigte die Verkleidung.
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