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WMatt für Ms-ruff Thmndt, Uchen, Mtnlchn und die UMM-en. ImtsölM für die Agl. Amtshauptmannschaft Aleißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 'M. 55 Pfg. — Einzelne Nummern 10 Pfg. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittag 12 Uhr angenommen. — Jnser tionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. - Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. SS. ! Donnerstag, de« 8. November 18S4. Bekanntmachung. Dienstag, den 13. -ss. Mts., Mittags 12 Uhr findet im hiesigen Verhandlungssaale öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses statt. Die Tagesordnung ist aus dem Anschläge in hiesiger Hausflur zu ersehen. Meißen, am 5. November 1894. Königliche Amtshauptmannschaft. V»» 8vNr»vtvi». Tagesgefchichte. Berlin, 5. November. In der russischen Botschafts kapelle fand heute Nachmittag 2 Uhr ein Trauergottesdienst statt, dem der Kaiser, die Prinzen des Königlichen Hauses, die Prinzen der deutschen Fürstenhäuser, der Reichskanzler, der Staatssekretär Freiherr Marschall v. Bieberstein, das gesammte diplomatische Corps, die Staatsminister, die Generalität, die Kommandeure der Berliner Regimenter, das Offizierkorps des Alexanderregiments mit den vier umflorten Fahnen beiwohnten. Eine Ehrenkompagnie des Alexanderregiments war mit der Musik vor der Botschaft aufgestellt. Während des Gottes dienstes hielten der Kaiser und die übrigen Theilnehmer Fackeln. Der Kaiser stattete darauf der Gräfin Schuwalow einen Be such ab. Der Grund der Verschiebung der Einberufung des Reichs tages scheint ausschließlich in dem Wunsche des neuen Reichs kanzlers zu liegen, wenigstens die nothdürftigste Zeit für die Einarbeitung in die Angelegenheiten zu gewinnen, welche den Reichstag beschäftigen sollen. Hm und da auftauchende Ver muthungen, daß cs sich um materielle politische Hindernisse handle, dürften sich als grundlos erweisen. Da der 8. Dezember ein katholischer Feiertag ist, über den 15. Dezember hinaus aber der Reichstag erfahrungsgemäß kaum zusammengehalten werden kann, so würde dem Reichstage vor der Weihnachtspause nur eine knappe Arbeitswoche zur Verfügung stehen, und es könnte scheinen, als ob es sich unter diesen Umständen em pfohlen hätte, die Abgeordneten überhaupt nicht erst noch im alten Jahre nach Berlin zu bemühen. Die erwähnte Woche wird aber genügen, die Vorlage gegen die Umsturzbestrebungen in erster Lesung durchzuberathen und einer Kommission zu über weisen, und damit wird der Boden für eine ersprießliche In angriffnahme der übrigen Arbeiten nach Neujahr geebnet fein. In gewissen Kreisen hatte man eine obstruktionistische Behand lung der Umsturzangelegenheit geplant, um das Scheitern der selben desto wirksamer vorbereiten zu können. Namentlich dachte man die Generaldebatte über den Etat in dieser Richtung aus zubeuten, ebenso wie man im vorigen Jahre durch eine vier tägige Etatsdebatte das Terrain für die Finanzreform nicht ohne Erfolg von vornherein verdorben hatte. Zur Anwendung dieser Taktik wird sich indeß diesmal keine Gelegenheit bieten. Wie man hört, soll dem Reichstage bei seinem Zusammentritt die auf die llmsturzbestrebungen bezügliche Vorlage allein vorge legt werden; alles übrige Material, darunter also auch der Etat, wird erst im Januar nachfolgen. Während alle Welt darüber einig ist, daß das Reichs finanzwesen so wie es jetzt vorhanden ist, nicht lange mehr fort bestehen kann, ohne daß das Reich und die Eimelstaaten dar unter leiden, und selbst ein großer Theil des Centrums sich immer mit dem Gedanken der Herausziehung einer größeren Anzahl von Millionen aus der Tabaksteuer befreundet, bleibt allein die freisinnige Presse dabei, daß die Finanzen des Reichs in bester Ordnung seien, eine Neuerung also durchaus nicht nöthig sei. Wie hoch dabei die finanzpolitische Weisheit dieser Preßorgane einzuschätzen ist, zeigt ein Satz, den sich in diesen Tagen ein verbreitetes freisinniges Blatt leistete. Es schrieb: „Die ReichSfinanzcn haben sich bekanntlich im laufenden Jahre lehr viel günstiger gestaltet, als Graf Posadowsky glaubte an nehmen zu müssen und davon zieht auch der preußische Staats haushalt Nutzen." Das Blatt thut, als ob eine Erhöhung einzelner Einnahmezweigr des Reichs unbedingt eine Besserung des finanziellen Verhältnisses der Einzelstaaten zu dem letzteren mit sich bringen müßte. Wenn das der Fall wäre, dann brauchte die ganze Finanzreform, wie sie in der vorigen Reichs tagstagung vorgcschlagen war, nicht weiter erörtert zu werden. Aber leider ist dem nicht so. Die Einnahmen des Reichs können steigen und die Einzelstaaten trotzdem durch Matrikular- beilräge stärker belastet werden. Gerade die letzten Jahre bieten doch hierfür Beispiele in Hülle und Fülle. Man denke nur an das Jahr 1893 94, in welchem infolge der letzten Militär vorloge die Matrikularumlagen eine große Steigerung erfuhren. Das Reich hat in demselben Jahre einen Ueberschuß von 14 Millionen und mehr erzielt, und das ist es ja eben, was bei der heutigen Ordnung der Reichsfinanzverhältnisse am meisten der Abhilfe bedarf. Durch die Handelsverträge sind die Zoll einnahmen beträchtlich vermindert worden. Diese Zolleinnahmen werden abzüglich einer festen, dem Reiche verbleibenden Summe den Einzelstaaten überwiesen. Man hat also eine den letzteren zustehende Einnahme verkürzt. Man hat ferner die Ausgaben des Reichs durch die Aenderungen auf militärischem Gebiete stark gesteigert. Da zur Deckung dieser Mehrausgaben die Einnahmen des Reichs nicht ausreichten, so hat man einfach, wie das überhaupt sehr bequem im Reichsfinanzwesen ist, die Matrikularumlagen erhöht. Innerhalb der letzten vier Jahre hat man es also fertig gebracht, die Einnahmen der Einzel staaten zu vermindern, die ihnen aus dem finanziellen Ver- hältniß MM Reich erwachsenden Ausgaben aber zu erhöhen. Und wenn darauf hingewiesen und verlangt wird, daß wenigstens das Reich Anstalten machen soll, die ihm neu erwachsenden Ausgaben selbst zu tragen und nicht auf die Einzelstaaten abzuwälzen, dann kommen freisinnige Finanzpolitiker und be haupten, daß, wenn sich die Reichsfinanzen in einzelnen Ein nahmezweigen bessern, damit auch eine günstige Einwirkung auf die Finanzen der Einzelstaaten hervorgerufen wird. Ueber das Urtheil in dem Disziplinarprozeß gegen den Kanzler Leist hat sich in scharf abfälliger Weise ein hochge stellter Geistlicher ausgesprochen. Bei der am vergangenen Mittwoch in Hannover abgehaltenen Landeskonferenz für innere Mission betonte nämlich dec vom Berliner Centralausschusse delegirte Geh. Oberkonsistorialrath Dalton-Berlin mit besonderer Schärfe, daß den Bestrebungen des Vereins manchmal Schwierig keiten erwüchsen von solchen Seiten, von denen man es nicht erwartet habe. Mit Rücksicht auf den Kampf gegen die Un sittlichkeit sei es doch ein bedauerliches Vorkommniß, daß ein Gericht sich gefunden habe, welches in unseren Kolonien vor gekommene unerhörte Unsittlichkeiten, durch welche das Deutsche Reich in seinem Ansehen aufs Schwerste geschädigt wurde, nicht als ein mit den schwersten Strafen zu belegendes Vergehen be handelt und die Befürchtung erweckt habe, als solle eine be sondere Herrenmoral konstruirt werden. Aus Elsaß-Lot hringen schreibt man: „Es sprichtfür die allgemeine Beliebtheit, die sich der Statthalter Fürst von Hohenlohe hier im Lande erworben hat, daß die gesammte ein heimische Presse, einschließlich der klerikalen, sein Scheiden be dauert. Es wird dabei einstimmig auf das Wohlwollen hinge wiesen, welches er dem Lande entgegengebracht habe. Ihm sei es zu verdanken, daß nach den Protestwahlen das Land von schärferen Maßnahmen verschont geblieben sei. Bereits 1890 hätten die Reichstagswahlen, dank seiner Versöhnungspolitik,! einen starken Rückgang der protestlerischen Stimmen ergeben, und 1893 habe man dem Fürsten dadurch einen persönlichen Vertrauensbeweis gegeben, daß man seinen jüngsten Sohn Alexander im Kreise Weisenburg zum Reichstagsabgeordneten wählte. Mehrere Blätter lassen durchblicken, daß durch die Berufung des Fürsten in die höchste Stelle im Reiche dem Reichslande besondere Vortheile erwachsen können. Bis 'jetzt habe Elsaß-Lothringen mehr als einmal darunter zu leiden ge habt, daß man in den leitenden Kreisen Berlins in Unkennt- niß über die reichsländischen Verhältnisse gewesen sei. Es könne nur nützlich sein, wenn die Elsaß-Lothringer an maßgebender Stelle in das richtige Licht gestellt würden. Die Ernennung des Fürsten v. Hohenlohe-Langenburg zum Nachfolger im Statthalteramte berührt hier allgemein sympathisch. Die seitherige politische Vergangenheit und die ganze Persönlichkeit des Berufenen bürgt dafür, daß die Versöhnungspolitik, die in den letzten neun Jahren hier im Lande so günstige Erfolge er zielt bat, in derselben ruhigen und stetigen Weise weitergeführt werden wird. Als Süddeutscher wird er sich rasch in die Eigen art der hiesigen Bevölkerung einleben und unschwer das Ver trauen der letzteren erwerben können." Petersburg, 6. November. Der „Regierungsbote" veröffentlicht das Ceremonicll für die Ueberführung der Leiche des Kaisers Alexander aus Livadia nach Moskau und Peters burg. Die Leiche wird von Livadia nach Jalta getragen und von dort bis Sebastopol auf dem Kreuzer „Pamjat Merkurija" und weiter in einem besonderen Eisenbahn-Trauerzuge geführt. Vorher wird die Leiche in der großen Kirche von Livadia aus« gestelll werben. Am Kondukt werden der Kaiser, dieKaiserin- Wittwe, der Großfürst-Thronfolger Georg, die kaiserliche Braut, die Großfürstin Alexandra Feodorowna, die übrigen Mitglieder des Kaiserhauses und die in Livadia anwesenden Fürstlichkeiten theilnehmen. In Moskau wird die Leiche für einige Zeit in der Erzengel-Kathedrale aufgebahrt werden. Auf allen von dem Eisenbahn-Trauerzuge berührten Stationen werden sich die Geist lichkeit, die Vertreter der Behörden und der Stände einstnden und Lrauermessen daselbst gelesen werden. In Petersburg wird die Leiche vom Bahnhof zur Peter-PaulS-Kathedrale gebracht. — Wie ein Telegramm des „Regierungsboten" aus Livadia meldet, werden in den drei Städten, wo der Eisenbahnzug mit der Leiche des Kaisers Alexander halten wird, auf Rechnung des Kaisers die Armen gespeist werden. — Bei der Besprechung der glänzenden, cinmüthigen Beweise der Sympathie, die von Souveränen, Staatsoberhäuptern und Regierungen fremder Völker anläßlich des Todes Kaiser Alexander III. gegeben wurden, führt das „Journal de St. Pctersbourg" aus: Rußland nimmt dre Beweise der Sympathie mit aufrichtiger und bewegter Dank barkeit auf. Mn gerechtem Stolze konstatirt es überall den Rückschlag der schrecklichen Erschütterung, welche die Seele de» russischen Volts betroffen hat. Nicht minder gerührt und dank bar ist Rußland für die Wünsche, die man allerorten für das Wohl der neuen Regierung und für das Glück unseres jungen Kaisers ausgesprochen hat, dessen erstes an sein Volk gerichtetes Wort ein Wort des Friedens war. Ganz Rußland umgiebt unsern jungen Kaiser mit seiner Liebe und setzt auf ihn seine ganze Hoffnung. Ueber den äußeren Akt des Uebertritts der Prin zessin Alix zur orthodoxen Kirche wird folgendes mit- getheilt: Der Pope erwartet die Prinzessin bei der Kirchen- Pforte, beißt sie niederknieen und richtet an sie die die Frage: „Willst Du dem Glauben unserer Kirche getreu leben?" Die Prinzessin antwortet: „Ja". Der Pope: „Im Namen des Vaters und Sohnes und heiligen Geistes, Amen". Der Diacon: „Laßt uns beten". Der ganze Klerus: Eospoäins pomiluj („Gottes Segen"). Der Pope leg» der Prinzessin die Hände auf den Kopf und spricht: „In Deinem Namen, wahrhaftiger Cott und Herr, im Namen Deines einzigen Sohnes und im Namen Deines heiligen Geistes, blick nieder auf Deine Dienerin, die Prinzessin . . . ., die beschlossen hat, sich zu bergen in de« Mauern der orthodoxen Kirche und daselbst Schutz zu suchen. Vervollkommne sie im echten Glauben, erfülle ihre Hoffnung und ihre Liebe, bewirke, daß sie nach Deinem Willen handle, trage sie in Dein Buch des Lebens ein, vereine sie mit Deiner Heerde, erhöre ihr Gebet, freue Dich an ihrer Hände Werke und möge ihre Stimme den Ruhm Deines großen Namens durch alle Tage ihres Lebens tragen." Sodann wendet sich der Pope zur Prinzessin mit der Frage: „Wünschest Du die Aufnahme in die russisch - orthodoxe Kirche ?" Prinzessin: „Ich wünsche sie von ganzem Herzen". Der Pope: „Glaubst Du an den eulugen Gott, die heilige Dreieinigkeit, an Gott Vater, Sohn und den heiligen Geist, und neigst Du Dich vor ihm al« Deinem Gott und Herrn?" Prinzessin: „Ich glaube". Hierauf neigt sich die Prinzessin zur Erde und spricht: „Ich glaube an den einzigen Gott, den allmächtigen Vater". Der Pope: „Gelobt sei Dein Name, o Gott. Erleuchte jeden Menschen, der zum Lichte wandelt". (Zur Prinzessin): ^Sag' uns die Dogmen des orthodoxen Glaubens, seine Traditionell und Vorschriften". Dir Prinzessin gehorcht und wird hierauf vom Popen in die Kirche bis an den Tisch geleitet, auf welchem sich Gefäße mit geweihtem Oel befinden. Während dessen singt der Chor Psalmen. Die Prinzessin kniet vor dem Tische nieder; nach den Gebeten und Gesängen spricht der Pope zu